The Marvels, USA 2023 • 105 Min • Regie: Nia DaCosta • Mit: Brie Larson, Iman Vellani, Teyonah Parris, Samuel L. Jackson, Zawe Ashton • FSK: ab 12 Jahren • Kinostart: 8.11.2023 • Deutsche Website
Handlung
Der Weg zur Hölle ist mit guten Vorsätzen gepflastert. Carol Danvers alias Captain Marvel (Brie Larson) hat es sicherlich gut gemeint, als sie die Oberste Intelligenz zerstört hat, um das Volk der Kree von ihrem Joch zu befreien. Doch der Plan ging nach hinten los und brachte Carol unter den Kree den Namen "Die Vernichterin" ein, denn ohne die Führung der Obersten Intelligenz wurde ihre Gesellschaft durch Bürgerkriege zerrissen. Erst Dar-Benn (Zawe Ashton) konnte nach Ronans (Lee Pace) Tod ihr Volk wieder zusammenbringen, jedoch nicht bevor der sein Heimatplanet Hala infolge der Kriege sämtliche Ressourcen verloren hat und nahezu unbewohnbar wurde. Um Hala wiederherzustellen, zapft Dar-Benn natürliche Ressourcen anderer Planeten wie Wasser und Luft ohne Rücksicht auf Verluste ab. Dafür setzt sie ein Quantum Band ein, ein uraltes Artefakt. Um seine volle Macht nutzen zu können, fehlt ihr jedoch das zweite Quantum Band. Das befindet sich ausgerechnet am Handgelenk von Captain Marvels größtem Fangirl Kamala Khan (Iman Vellani) aus New Jersey, die selbst kürzlich erst ihre Superkräfte entdeckt und sich Ms. Marvel getauft hat. Dar-Benns Nutzung des Quantum Bands hat zur Folge, dass die lichtbasierten Kräfte von Kamala, Carol und Monica Rambeau (Teyonah Parris), der erwachsenen Tochter von Carols bester Freundin Maria (Lashana Lynch), miteinander verknüpft werden, sodass jedes Mal, wenn eine von ihnen sie einsetzt, sie unwillkürlich die Plätze tauschen. Das Trio muss lernen, mit dieser Komplikation umzugehen und sie zu einer Stärke zu machen, um Dar-Benn aufzuhalten, bevor sie unabsichtlich das gesamte Raum-Zeit-Kontinuum zerstört.
Kritik
"Höher, schneller, weiter." So lautet das Motto von Carol Danvers und prangt mit dem Zusatz „Gemeinsam“ auch auf dem Plakat ihres zweiten Nicht-mehr-Solo-Abenteuers The Marvels, das viereinhalb Jahre nach ihrem MCU-Einstand Captain Marvel in die Kinos kommt. Es könnte aber auch der Schlachtruf von Marvel Studios sein, denn wenn es der größten Blockbuster-Fabrik Hollywoods an etwas nicht mangelt, dann an großen Ambitionen. Mehr als zehn Jahre lang dominierte Disney mit Marvel das Mainstream-Kino und die weltweiten Kinocharts. Der Erfolg gipfelte 2019 nach 22 Filmen mit Avengers: Endgame, dem etwas gelungen war, woran Star Wars – Der Aufstieg Skywalkers und die letzte Staffel von "Game of Thrones" im selben Jahr noch gescheitert sind: Ein mitreißendes Finale, das die meisten Fans begeisterte und kaum Wünsche offen ließ. Der Lohn dafür war der umsatzstärkste Film aller Zeiten (bis die Wiederaufführung von James Camerons Avatar in China ihn wieder von der Spitze gestoßen hat).
Natürlich gab es auch in den ersten drei Marvel-Phasen einige Höhen und Tiefen, letztere bewegten sich jedoch immer noch auf einem hohen Niveau. Doch als Marvel nach der Corona-Zwangspause zurückgekehrt ist, zeigte sich erste Risse in der perfekten Hülle. Eternals wurde zum ersten MCU-Film mit bestenfalls gemischten Kritiken. Ein Overkill an Marvel-Serien bei Disney+, die zu Pflichtaufgaben wurden, um weiter am Ball zu bleiben, machte das Marvel-Erlebnis für viele anstrengend und nach einer ziellosen Phase Vier fehlte der Durchblick, wo es eigentlich hingeht. Ant-Man and the Wasp: Quantumania sollte es richten, doch stattdessen wurde der heiß erwartete Auftakt zu Phase Fünf zu MCUs erstem richtigem Flop an den Kinokassen und in der Kritik. Auch die rechtlichen Probleme des Kang-Darstellers Jonathan Majors, den das Studio als neuen Oberbösewicht für die Multiverse Saga aufbauen wollte, bringen Marvel in eine Zwickmühle.
Mit Guardians of the Galaxy Vol. 3 feierte Marvel im Sommer wieder einen großen Erfolg, für das Gesamt-MCU ist er als ein in sich weitgehend abgeschlossener Film und Abschied von bisherigen Guardians nicht von so großer Bedeutung. Hingegen ist The Marvels eine wichtige Feuerprobe: Erstmals sollen in Marvel-Serien eingeführte Heldinnen als Hauptfiguren den Sprung auf die große Leinwand machen. Um sich abzusichern, bekommen Kamala Khan und Monica Rambeau natürlich Captain Marvel an ihre Seite, deren erster Film zu einem Milliardenhit wurde. Doch die Vorzeichen sind seit einigen Wochen alarmierend: Die Vorverkaufszahlen sind schwach und weit unter allen MCU-Filmen der letzten Jahre. Es hilft auch nicht, dass die Stars wegen des aktuellen Schauspielerstreiks für ihren Film nicht werben dürfen. Berichte von Konflikten am Set, mehrfache Startverschiebungen, die überraschend kurze Laufzeit und allgemein sinkendes Vertrauen in die einst sichere Marvel-Qualität lassen viele Zuschauer erst einmal zögern, bevor sie ihr Ticket holen.
Während es immer noch zu früh ist, um etwas zu den kommerziellen Aussichten des Films sagen zu können, ist die Skepsis hinsichtlich der Qualität des Films bedingt gerechtfertigt. The Marvels ist keine Vollkatastrophe, die einige befürchten (bzw. sich erhoffen), doch es ist einer der unbedeutendsten MCU-Filme. Natürlich wird nach 33 Filmen das Rad nicht neu erfunden und nicht jeder Streifen wird ein Feuerwerk an Originalität und Innovation sein, doch selten fühlte sich ein Film aus dem Marvel Cinematic Universe so redundant an wie The Marvels. Wieder einmal verfolgt eine Schurkin ein hehres Ziel ohne Rücksicht auf Verluste und Kollateralschäden und bedroht das gesamte Universum. Ja, das kennt man. Eine Bedrohung dieses Ausmaßes ist aber schwer ernst zu nehmen, wenn zugleich Kamalas Eltern in einer Szene Kree-Krieger mit Wischmopp bekämpfen. Der Grat zwischen lustig und lächerlich ist sehr schmal.
Das Konzept, dass die Heldinnen unfreiwillig Plätze tauschen, wenn sie ihre Kräfte einsetzen, ist zunächst interessant und sorgt für einige kreative Actionsequenzen, bis man merkt, dass es keinerlei interne Konsistenz gibt, wann das passiert und wann nicht. Natürlich erhebe ich nicht den Anspruch, dass diese Filme realistisch sind, sehr wohl aber, dass sie die Regeln befolgen, die sie selbst aufstellen. Stattdessen bleibt der Plätzetausch-Effekt arbiträr.
Zawe Ashton – im echten Leben übrigens die Partnerin von Loki-Darsteller Tom Hiddleston – ist sicherlich eine gute Schauspielerin, doch die abgedroschene Rolle tut ihr keinen Gefallen. Erstaunlich blass ist diesmal auch die ansonsten meist herausragende Oscarpreisträgerin Brie Larson. Im ersten Film noch voller Elan und Energie, wirkt sie trotz des dramatischen Potenzials ihrer Rolle durch die Schuld und die Verantwortung, die Carol auf sich geladen hat, geradezu lustlos und lethargisch. Ähnlich unauffällig bleibt auch Teyonah Parris als Monica. Spürbare Chemie zwischen den drei Hauptdarstellerinnen sucht man leider vergeblich. Vom Wow-Moment, wenn die drei endlich zusammen kämpfen, den Kevin Feige einst schwärmend mit der ersten gemeinsamen Aufstellung der Avengers in New York verglichen hat, ist auch keine Spur.
Der strahlende Lichtblick im Cast ist Iman Vellani, die dieselbe ansteckende liebenswerte Fangirl-Energie, mit der sie bereits in Ms. Marvel Herzen eroberte, auch auf die Leinwand verbreitet. Sie ist der eigentliche Star der Show und verdient einen besseren Film als The Marvels. Hoffentlich wird sie dennoch eine lange Zukunft im MCU haben.
Es ist nichts richtig schlecht an The Marvels, aber auch wenig so richtig gut. Ein kurioser Ausflug zu einem Planeten, dessen Einwohner offenbar in einer Bollywood-Welt leben und nur durch Gesang und Tanz kommunizieren, ist eine erfrischende Abwechslung aus der Monotonie, endet jedoch abrupt und ohne jegliches Nachspiel. Das süße Flerken Goose ist wieder einmal ein Highlight und sorgt mit einer Szene, die auf ein bestimmtes Musical (oder dessen groteske Verfilmung) anspielt, für den größten Lacher des Films.
Wer mit niedrigen Erwartungen reingeht und von einem Marvel-Film nicht mehr als ein paar Gags und nette Action erwartet, wird genau das bekommen. Die Effekte sind immerhin deutlich polierter und runder als beim dritten Ant-Man-Film und die ungewöhnlich kurze Laufzeit (der Abspann beginnt nach 95 Minuten!) sorgt für ein angenehm flottes Tempo ohne jegliche Hänger. Es ist aber kein Film, der lange in Erinnerung bleiben wird. Für Gesprächsstoff und Vorfreude werden sicherlich die allerletzte Szene und die (einzige) Abspannszene sorgen, die für die Haupthandlung des Films jedoch unerheblich sind.
Fazit
Das Experiment, die Kino- und Serienwelten des MCU miteinander zu verbinden, ist nur zum Teil gelungen. Mit der gleichen ansteckenden Fangirl-Energie wie in ihrer eigenen Disney+-Serie stiehlt Iman Vellani als Kamala Khan in The Marvels ihren beiden älteren Co-Stars die Show, während die sonst herausragende Brie Larson trotz des dramatischen Potenzials ihrer Rolle über weite Strecken steif und desinteressiert wirkt. Ansonsten erwartet die Fans kurzweilige (und erfrischend kurze) Unterhaltung nach Schema F, die sich anfühlt, als sei man mittendrin in eine überlange Folge einer schon lange laufenden und etwas redundanten Fernsehserie eingestiegen. Es ist bezeichnend, dass die beiden Szenen, über die in nächster Zeit vermutlich am meisten geredet werden wird, kaum etwas mit der Haupthandlung zu tun haben.


























Obwohl die Barbie-Puppe 1959 erstmals auf den Markt kam und ihre Beliebtheit nie merklich nachgelassen hat, hat Mattel erst 2001 angefangen, animierte Barbie-Filme direkt fürs Heimkino zu produzieren. Das Potenzial einer Realverfilmung erkannte der Spielwarenhersteller bereits 2009, es vergingen jedoch mehr als zehn Jahre, bis jemand den richtigen Ansatz gefunden hat. In der Zeit durchlief der Barbie-Realfilm mehrere Studios (Universal, Sony), Regisseurinnen (Alethea Jones, Patty Jenkins), Autorinnen (Lindsey Beer, Jenny Bicks, Olivia Milch, Diablo Cody) und Hauptdarstellerinnen (Anne Hathaway, Amy Schumer), bis er bei Warner Bros. und in den Händen der oscarnominierten Filmemacherin Greta Gerwig, ihres Partners Noah Baumbach und der Hauptdarstellerin und Produzentin Margot Robbie gelandet ist. Die Rückschläge haben sich jedoch gelohnt: Ich kann guten Gewissens sagen, dass man sich für diesen Film vermutlich keine bessere Kombination des Talents vor und hinter der Kamera vorstellen könnte.
Nach ihren ersten beiden als "Bester Film" bei den Oscars nominierten Regiearbeiten Lady Bird und Little Women zementiert Barbie Gerwig als eine der besten neuen Regisseurinnen und Erzählerinnen starker Frauengeschichten Hollywoods. Barbie ist ihre bislang größte Herausforderung. Wie überwindet man die Skepsis und die Häme über die Ankündigung eines Barbie-Realfilms und wird zugleich den Erwartungen an den ersten Kinofilm über eins der berühmtesten Spielzeuge aller Zeiten gerecht? Gerwig zeigt wie. Das Drehbuch, das sie gemeinsam mit Baumbach verfasst hat, enthält zahlreiche Seitenhiebe auf Barbies und Kens zum Teil bizarre Geschichte (es gab einen Sugar Daddy Ken?!), reichlich Kritik an den absurden und zum Teil paradoxen gesellschaftlichen Erwartungen an Frauen und Konsumkritik, ist aber keine Moralpredigt. Außerdem macht sich der Film weder über Barbie selbst oder noch über die Leute, die mit ihr aufgewachsen sind, lustig. Gelegentlich trägt Gerwig etwas dick auf, doch ich bin sicher, dass diverse Szenen, insbesondere America Ferreras wütender Monolog im dritten Akt, vielen Zuschauerinnen aus der Seele spricht.
Gerwigs Barbie-Welt mag pink sein, doch ihre Figuren haben viele Schattierungen. Barbie ist eine Emanzipationsgeschichte, doch nicht nur von Barbie selbst, sondern vor allem von Ken. Wie viele andere junge Männer, die nie lernten, mit ihren Emotionen umzugehen, kanalisiert er den Frust, die Wut, vor allem aber tief verborgene Verletzlichkeit über mangelnde Beachtung in stupides Machotum, bevor er endlich aus dem Schatten (und der Friendzone) seiner Dauerfreundin heraustreten und sich selbst finden kann. Ryan Gosling liefert in der Rolle eine der besten Performances seiner gesamten Karriere ab und wäre die Academy gegenüber Comedyrollen nicht voreingenommen, wäre er jetzt schon ein sicherer Kandidat für mindestens eine Oscarnominierung. Als Ken traut er sich, albern und lächerlich zu sein, bevor er eine komplexe Entwicklung durchmacht. Seine Powerballade "I’m just Ken" ist jetzt schon ein Klassiker und dürfte einer der eingängigsten Filmsongs des Jahres bleiben. Nach der Sichtung des Films bleiben jedenfalls keinerlei Zweifel übrig, weshalb ein für seine komplexen Indie-Rollen bekannter Schauspieler als Barbies nichtssagender Freund besetzt wurde.
Während Gosling als Ken vermutlich die größte Überraschung des Films ist, lässt sich Margot Robbie von ihrem Leinwandpartner nie überschatten. Gab es an Goslings Besetzung als Ken noch einige Zweifel im Vorfeld, wirkte Robbie von Anfang an perfekt als ultimative Barbie aus Fleisch und Blut und der Eindruck täuschte nicht. Wie gut sie der Rolle der makellosen Blondine optisch entspricht, wird in einer Szene sogar selbst zum kleinen Meta-Gag, eingeworfen von Helen Mirrens Erzählerin aus dem Off. Doch natürlich wurde Robbie nicht (nur) wegen ihres Aussehens in der Rolle besetzt und ihre Barbie erlebt auch ein Wechselbad der Gefühle, bis sie lernt, was es heißt, eine echte Frau zu sein.
Aus der riesigen Nebenbesetzung sind vor allem America Ferrera als überforderte Mutter und Mattel-Angestellte, Kate McKinnon als aufgeklärte komische Barbie, Michael Cera als Kens verzweifelter bester Freund Allan und natürlich Will Ferrell als profitorientierter Mattel-CEO, der aufrichtig an vermeintliche Gleichberechtigung in seinem offensichtlich männerdominierten Unternehmen glaubt, hervorzuheben. Hut ab an Mattel, dass sie diese (und etliche andere) Gags auf eigene Kosten durchgewunken haben.
Nachdem die ersten vier Missionen ihre Macher und einen Großteil ihrer Besetzungen von Film zu Film wechselten, schlug die Reihe ab dem fünften Teil unter der Ägide von Regisseur und Drehbuchautor Christopher McQuarrie einen neuen Kurs ein. McQuarrie, der als Regisseur, Autor oder Produzent an nahezu allen Tom-Cruise-Filmen der letzten 15 Jahre beteiligt war und bereits das Drehbuch zu 
Letztlich sind die beiden jedoch auch nur Instrumente des eigentlichen, körperlosen Antagonisten. Über McQuarries Entscheidung, eine KI zum Bösweicht des neuen Films zu machen, kann man sich streiten. Einerseits legt er seinen Finger damit mehr auf den Puls der Zeit, als er beim Schreiben des Drehbuchs vor über drei Jahren vermuten konnte, andererseits ist eine KI als Gegner zwar übermächtig, aber nicht so packend wie ein Fiesling aus Fleisch und Blut, auch wenn McQuarrie sie wie eine digitale Version von Saurons Auge zu personifizieren versucht. Aber zum Glück gibt es ja noch Morales.
Der bedauerliche Nebeneffekt von Atwells toller neuer Figur ist jedoch, dass Rebecca Fergusons Rolle gegenüber dem Vorgänger noch weiter reduziert wurde. Es scheint, als würde das Franchise nur eine starke zentrale Frauenfigur auf einmal vertragen. In ihren wenigen Szenen erinnert Ferguson jedoch auch daran, weshalb sie neben McQuarrie das Beste war, was der Reihe seit Teil 5 passiert ist.
Der größte Verdienst des Films ist jedoch, wie durchgehend temporeich er während seiner mehr als zweieinhalbstündigen Laufzeit bleibt. Entsprechend dem Trend immer längerer Blockbuster-Sequels ist Dead Reckoning Teil eins auch der längste Teil seiner Reihe, doch im Gegensatz zu 
























