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Insidious (2010)

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Insidious, USA 2010 • 102 Min • Regie: James Wan • Drehbuch: Leigh Whannell • Mit: Patrick Wilson, Rose Byrne, Barbara Hershey, Angus Sampson, Ty Simpkins, Andrew Astor, Lin Shaye, Leigh Whannell • Kamera: David M. Brewer, John R. Leonetti • Musik: Joseph Bishara FSK: ab 16 Jahren • Verleih: Central Film Kinostart: 21.07.2011

 

„This is an old fashion creepy chiller“ – mit diesen vielversprechenden Worten hat „Saw“-Schöpfer James Wan seine neueste Arbeit „Insidious“, welche er erneut in Zusammenarbeit mit seinem Freund und Drehbuchautor Leigh Whannell realisiert hat, bei der letztjährigen Premiere auf dem Toronto International Film Festival angekündigt. Und Recht soll der Regisseur mit seiner Beschreibung behalten: Das Werk, welches mit einem schleichend-bedrohlichen Tempo beginnt, verweist in seiner ersten Hälfte recht offensichtlich auf solche Klassiker wie William Friedkins „Der Exorzist“ (1973) oder Tobe Hoopers „Poltergeist“ (1982) und dürfte vor allem Horrorfreunde begeistern, die die gepflegte Gänsehaut dem exzessiven Blutbad vorziehen. Unglücklich mit dem Ergebnis ihrer Universal Pictures-Kollaboration – dem trotz aller kreativer Differenzen sehr stimmungsvoll umgesetzten Gruselfilm „Dead Silence“ (2007) -, hat sich das Regie/Autoren-Duo diesmal das Ziel gesetzt, dem Publikum seinen definitiven Beitrag zum Genre zu präsentieren. Während sich viele moderne Filmemacher damit zufrieden geben, die altbekannten Zutaten stur Punkt für Punkt abzuhaken und den Zuschauern damit letztlich ein lediglich lauwarmes Süppchen vorzusetzen, weben die sich selbst auch klar als Fans bekennenden Kreativköpfe äußerst geschickt einige wahrlich abgefahrene Ideen (wer hat zuvor schon Dämonen zu dem Tiny Tim-Song „Tiptoe Through The Tulips“ tanzen gesehen…?) in ihr Spukhaus-Grundgerüst ein und verpassen der Story zusätzlich an der richtigen Stelle eine gemeine Wendung. Ein Gebot, welches beim Verfassen des Drehbuchs einen besonderen Stellenwert eingenommen hat, verleiht dem Schocker eine weitere, erfrischende Effektivität: „No False Scares“, diese Bemerkung hat Leigh Whannell laut eigener Angaben ganz oben auf die Liste der sich selbst auferlegten Spielregeln beim Schreiben gesetzt. Die Aufmerksamkeit des Publikums sollte nicht – wie dies bei so vielen anderen Produktionen der Fall ist – durch plötzlich aus Schränken auf die Protagonisten herabspringende Katzen künstlich aufrecht erhalten werden, sondern aus dem unheimlichen Geschehen selbst erwachsen. Wenn sich der Schrecken schließlich anbahnt, ergreift dieser die Zuschauer dann auch wirklich eiskalt im Genick. Um nun ihre eigene Vision des Stoffes ohne die ständige Beschattung und Manipulation durch eine höhere Institution umsetzen zu können, haben Wan/Whannell den großen Hollywood-Studios zunächst den Rücken gekehrt (Wan hat nach „Dead Silence“ außerdem noch für Twentieth Century Fox 2007 den gelungenen Rache-Thriller „Death Sentence – Todesurteil“ abgedreht), um nach dem Megahit „Saw“ erneut den Independent-Weg zu beschreiten. Der Tausch eines Riesenbudgets gegen das Maximum an kreativer Eigenständigkeit hat sich an den US-Kinokassen bereits ausgezahlt: Seine lächerlichen Entstehungskosten von etwa anderthalb Millionen Dollar hat der von „Paranormal Activity“-Regisseur Oren Peli mitproduzierte „Insidious“ bereits um ein Vielfaches wieder eingespielt.

Das junge Ehepaar Renai (Rose Byrne, „Sunshine“) und Josh Lambert (Patrick Wilson, „Hard Candy“) hat mit seinen drei Kindern gerade erst ein schickes Haus in einem ruhigen Vorort bezogen, als sich in diesem zunächst unscheinbare Vorfälle ereignen: Frisch einsortierte Bücher liegen plötzlich neben dem Regal…kein Grund zur Panik, diesen Unfug wird wohl bestimmt einer der kleinen Racker veranstaltet haben! Als jedoch ihr achtjähriger Sohn Dalton (Ty Simpkins hat bereits in „Little Children“ Patrick Wilsons Filmsohn verkörpert) auf dem dunklen Dachboden von einer Leiter stürzt und daraufhin in ein mysteriöses Koma fällt, bricht für die glückliche Familie nicht nur die heile Welt zusammen – auch der Spuk im Gebäude nimmt nun angsteinflössende Ausmaße an. Es scheint so, als ob das Kind ein Opfer von finsteren Mächten geworden ist, die nun auch seinen Angehörigen das blanke Grauen lehren wollen. Da selbst der kurz darauf unternommene Umzug in ein neues Anwesen die bedrohlichen Erscheinungen nicht zu verbannen vermag und auch Daltons Zustand keine Besserung zeigt, bittet das Paar in völliger Verzweiflung das Medium Elise Rainier (Lin Shaye, „Verrückt nach Mary“) und ihre beiden Assistenten (als Ghostbusters geben sich Angus Sampson und Leigh Whannell selbst die Ehre) um Hilfe. Doch deren Untersuchungsergebnisse stellen für die Lamberts keine Beruhigung dar: „Es ist nicht das Haus, das besessen ist…“

Insidious bedeutet übersetzt heimtückisch oder hinterlistig – warum das Duo nun ausgerechnet dieses Adjektiv als Titel für seinen aktuellen Film ausgewählt hat, soll allerdings nicht bereits vorweg genommen werden. Nur so viel: Wenn man den bereits erwähnten „Poltergeist“ nehmen, der anfangs familienfreundlichen Stimmung einige deftige Terroreinlagen hinzufügen und die um zusätzliche, interessante Aspekte bereicherte Geschichte weiterspinnen würde, wäre man in etwa bei dem angelangt, was sich die Köpfe von James Wan und Leigh Whannell mit „Insidious“ ausgesponnen haben – ein moderner, hinterhälter Spukhorror für eine neue Zuschauergeneration. Möglicherweise wird sich der Aufbau des Werkes für manchen Zuschauer als ein wenig problematisch herausstellen. Nach der besuchten Pressevorführung hat ein Kritikerkollege bereits angemerkt, dass ihm der ruhige Anfang des Films gut gefallen habe, während die deutlich effektlastigere, zweite Hälfte für ihn nicht recht funktionierte. Diese Ansicht teilt der Rezensent nachdrücklich nicht. Zugegebenermaßen baut der Regisseur zu Beginn eine sehr dichte Atmosphäre auf, die im Vergleich zum furiosen weiteren Verlauf eher auf subtilen Grusel setzt – allerdings dient der Einstieg auch eher einer Einladung zu einer finsteren Reise in eine unbekannte Ferne. Voraussetzung ist natürlich, man lässt sich auf das dort präsentierte Reich dann auch wirklich ein…

„Insidious“ besitzt neben glaubhaften Figuren (die für eine solch kleine Genreproduktion ungewöhnlich von durchaus prominenten Gesichtern verkörpert werden) zudem etwas, das im aktuellen Fantastischen Kino leider oftmals zu kurz kommt: Er verwurzelt seine Story in einer eigenen Mythologie, in deren Kontext sich auch das abschließende Drittel, das neben David Lynchs Albtraumbildern auch deutlich Wes Cravens „Nightmare – Mörderische Träume“ (1984) zitiert, unmittelbar und homogen mit dem vorherigen Part zusammenfügt. Wie bereits erwähnt, haben sich die Verantwortlichen bewusst dafür entschieden, das Werk im Rahmen einer Low Budget-Produktion fertig zu stellen. Ein Beschluss, der sich tatsächlich extrem positiv auf das Gänsehaut-erzeugende und streckenweise auch recht humorvolle Resultat niedergeschlagen hat. Der Film wirkt völlig ungezwungen, kommt löblicherweise ohne unnötigen CGI-Schnickschnack aus und man merkt diesem förmlich zu jeder Sekunde an, dass hier Fans mit einer echten Leidenschaft für das Genre ans Werk gegangen sind – die irrwitzigen Einfälle sprudeln geradezu aus diesem hervor. Ein wenig hat man als Zuschauer ein Gefühl, wie wenn man nach dem Martinssingen einen bunten Sack prall mit Süßigkeiten in der Hand hält, aus welchem einem vielleicht nicht jeder Schokoriegel gleich gut schmeckt, aber man letztlich dennoch hochzufrieden mit der Gesamtausbeute ist. Ähnlich wie Sam Raimis „Drag Me to Hell“ (2009) ist „Insidious“ ein Film, der rund 100 Minuten Spaß und Schrecken garantiert, aber dabei ganz sicher keinen intellektuellen Anspruch erhebt. Darauf sollte man sich einstellen, wenn man eine Karte für die wilde Geisterbahnfahrt löst. James Wan und Leigh Whannell ist es hier definitiv gelungen, den Horror der Siebziger und frühen Achtziger auf sympathische Weise zu würdigen und diesem zugleich frischen (oder besser: eiskalten) Atem einzuhauchen. „Insidious“ ist eine willkommen fantasievolle Bereicherung für ein langsam in Kunstblut und Splatter zu ertrinken drohendes Genre.

 

Kritik im Original erschienen bei mannbeisstfilm.de


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Blue Valentine (2010)

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Blue Valentine (2010) Filmkritik

Blue Valentine, USA 2010 • 112 Min • Regie: Derek Cianfrance • Drehbuch: Derek Cianfrance, Joey Curtis & Cami Delavigne • Mit: Ryan Gosling, Michelle Williams, Faith Wladyka, John Doman, Mike Vogel • Kamera: Andrij Parekh • Musik: Grizzly Bear FSK: ab 12 Jahren • Verleih: Senator Film Kinostart: 04.08.2011 

 

„I feel like men are more romantic than women. When we get married we marry, like, one girl, 'cause we’re resistant the whole way until we meet one girl and we think I’d be an idiot if I didn’t marry this girl she’s so great. But it seems like girls get to a place where they just kinda pick the best option… 'Oh he’s got a good job.' I mean they spend their whole life looking for Prince Charming and then they marry the guy who’s got a good job and is gonna stick around.”

 

Schmerzhafte Wahrheit – und zwar mehr als nur ein kleines Stückchen – steckt in den knapp zwei Stunden Spielzeit von „Blue Valentine“, dem zweiten Spielfilm von Derek Cianfrance („Brother Tied“). Es ist ein Werk, das sich nicht scheut, das Unangenehme in Bilder und Worte zu verpacken. Aber vor allem eines, das den Zuschauern tief unter die Haut kriecht und so schnell nicht wieder verschwinden will. Filme über Beziehungen gibt es in der weiten Kinolandschaft so einige. Viele davon sind kitschig, manche tatsächlich romantisch – aber nur wenige trauen sich, in die schwärzesten Tiefen des Themas einzutauchen. Was ist Liebe, wo und wie beginnt sie? Könnte wirklich ein einzelner Blick der Grund für das Bündnis zweier Menschen sein? Oder basiert diese romantische Vorstellung nur auf einem Gefühl, möglicherweise einem Trugschluss? Der Möbelpacker Dean (Ryan Gosling, „Half Nelson“) sieht bei einem Auftrag in einem Altersheim die attraktive Cindy (Michelle Williams, „Brokeback Mountain“). Er stellt sich vor, startet eine kurze Konversation und übergibt ihr seine Karte. Die Ambition für seinen Annährungsversuch nahm Dean aus einem Gefühl heraus – dem Gefühl, die Frau gegenüber bereits irgendwie zu kennen. Nachdem er in sie hineingeschaut hat. Der erwartete Anruf Cindys bleibt aus, doch in einem Bus treffen sich die Beiden zufällig wieder. Dean lässt während einer nächtlichen Gesangseinlage seinen Charme spielen und sein Funke springt endlich auf seine Angebetete über. Der unschuldige Beginn endet ungeplant in Cindys Schwangerschaft und die frisch Verliebten beschließen zu heiraten…

Eine Beziehung oder Ehe ist nichts, was man erlernen könnte. Sie ist wie ein Sprung ins kalte Wasser und die wichtigste Frage, die man sich zuvor wohl stellen sollte, ist, ob man sich gegenseitig vertraut. Und ob man sich selbst und seinen Gefühlen vertrauen kann. Auch Cindy stellt sich diese Frage. Sie hat in der Vergangenheit Auseinandersetzungen zwischen ihren Eltern erlebt, die sie an der Beständigkeit von Gefühlen zweifeln lassen. Dennoch geht sie das Wagnis ein und gibt ihr Ja-Wort – „in guten wie in schlechten Zeiten“. Die schlechten Zeiten kommen. Heimtückisch, schleichend. Als wäre die Liebe eine Krankheit, die ihre Träger irgendwann unerwartet in die Knie zwingt. Was zunächst romantisch und voller Leidenschaft beginnt, endet in einem kühlen, toten Nichts. Verdeutlicht wird der Kontrast zwischen dem Auf und Ab der Beziehung durch den Wechsel von Szenen von verschiedenen zeitlichen Eckpunkten. „Blue Valentine“ beginnt irgendwo am Scheitelpunkt, vielleicht auch kurz danach. Die Kälte, welche sämtliche Gefühle zu verschlingen droht, stellt Regisseur Cianfrance sinnbildlich in einer unmenschlich-sterilen, blau beleuchteten Motel-Suite, in welcher sich das Paar eigentlich erneut lieben wollte und welche Dean treffend als „Roboter-Vagina“ bezeichnet, dar. Dort tritt die traurige Wahrheit erstmals in aller Härte zu Tage und die Beiden müssen erkennen, dass das Verfallsdatum ihrer Liebe abgelaufen zu sein scheint – was bleibt ist die Fassade. Enttäuschung und Frust nehmen nun die ehemaligen Plätze von Leidenschaft und Aufopferung ein. Und das unschuldige Opfer der dysfunktionalen Ehe bleibt, wie so oft, das Kind…

Es ist allerdings nicht so, dass Derek Cianfrance seine Figuren als aktive Täter zeichnet oder eine besondere Schuldzuweisung vermittelt. Cindy und Dean sind zwei absolut realistisch gezeichnete, sympathische Menschen, mit denen man sich als Zuschauer hundertprozentig identifizieren kann. Gerade deshalb trifft einen das Werk dann auch dort so erbarmungslos, wo es richtig wehtut. Dieselbe Geschichte, dieselben Fehler könnten einem auch selbst begegnen – keine Frage. Vor der Macht der eigenen Gefühlswelt ist schließlich niemand gefeilt. Beide Partner kämpfen, beide verlieren. In diesem Fall ist das so. Cindy ist enttäuscht über Deans Verlust an Ehrgeiz, mit welchem er ihr vor der Ehe so sehr imponiert hat, während er sein Potential und seine Vorhaben für ein trautes Familienleben über Bord geworfen hat. Absolut sagenhaft sind in „Blue Valentine“ die schauspielerischen Leistungen ausgefallen, die auch das Herzstück der Produktion bilden. Michelle Williams hat sich mit ihrer mutigen Darstellung dann auch ihre zweite Oscar-Nominierung nach „Brokeback Mountain“ redlich verdient, während Ryan Gosling unverständlicherweise ignoriert worden ist. Nach Ansicht des Rezensenten hat der Mime nämlich nicht nur die beste männliche Performance des vergangenen Kinojahres abgeliefert, sondern stellt generell den überzeugendsten Schauspieler seiner Generation dar. Was das gerade mal eine Millionen US-Dollar teure Werk selbst angeht, so hätte man auch hier trotz starker Konkurrenz mehr Anerkennung von Seiten der Academy erwarten können – doch das ist schließlich ein anderes Thema. Zählen soll unterm Strich allein, ob sich „Blue Valentine“ als intensive Filmerfahrung bezeichnen lässt. Und das ist definitiv der Fall – mit Nachdruck. Wenn es schon sonst niemand tut, vergibt zumindest der Schreiber den Titel „Film des Jahres“ für dieses bitter-süße Independent-Meisterwerk.

 

Kritik im Original erschienen bei mannbeisstfilm.de


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Black Swan (2010)

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Black Swan, USA 2010 • 108 Min • Regie: Darren Aronofsky • Drehbuch: Mark Heyman, Andres Heinz & John J. McLaughlin • Mit: Natalie Portman, Vincent Cassel, Mila Kunis, Barbara Hershey, Winona Ryder • Kamera: Matthew Libatique • Musik: Clint Mansell FSK: ab 16 Jahren • Verleih: 20th Century Fox Kinostart: 20.01.2011 • Website

 

„I had the craziest dream last night about a girl who has turned into a swan, but her prince falls for the wrong girl and she kills herself.”

 

Perfektion heisst der Dämon, der die attraktive Nina besitzt und sie gnadenlos antreibt. Nina ist Mitglied eines New Yorker Ballett-Ensembles und soll nun in einer Neuauflage des Tschaikowski-Stücks „Schwanensee“ sowohl die Rolle des weißen als auch die des schwarzen Schwans übernehmen. Obwohl die junge Frau aufgrund ihrer Tanztechnik für den weißen Schwan prädestiniert erscheint, fehlt ihr dennoch das düstere und ungezügelte Naturell für den schwarzen Schwan.

Gleich zu Beginn von „Black Swan“, der inzwischen fünften Spielfilm-Arbeit des renommierten Independent-Regisseurs Darren Aronofsky, werden wir in den Alltag der aufopferungsvollen aber schüchternen Ballerina, welche durchweg brillant von der völlig zu Recht für ihre Performance für den Golden Globe nominierten Natalie Portman („Hautnah“) verkörpert wird, eingeführt, welcher in erster Linie vom sowohl physisch als auch psychisch harten Training und ihrer Mutter Erica (Barbara Hershey, „Entity“) dominiert wird. Erica hat ihre eigene Ballett-Karriere für das Leben ihrer Tochter an den Nagel gehängt und opfert nun jede Minute ihrer Zeit, um Nina auf dem Weg zu dem Erfolg zu unterstützen, in dessen Genuss sie nie gekommen ist. Allerdings erscheint das Engagement der Mutter übertrieben und irgendwie unheimlich – sehr bald wird nämlich deutlich, dass Ninas rosa-rotes und mit Plüschtieren übersätes Domizil eher einer Isolationszelle für die unschuldige Prinzessin als einem gemütlichen Zuhause gleichkommt. Die perfekte Fassade Ninas beginnt letztlich zu bröckeln, als der zuständige Bühnen-Regisseur Thomas Leroy (Vincent Cassel, „Die purpurnen Flüsse“, „Irreversible“), dem der zweifelhafte Ruf eines Wolfes, der alle seine Starletts früher oder später in sein Bett zerrt, vorauseilt, sein neues Talent mit der sexuellen Natur des schwarzen Schwans konfrontiert und in der Gestalt der anziehenden Lily (Mila Kunis, „The Book Of Eli“) außerdem Ninas stärkste Konkurrentin auf der Bildfläche erscheint, welche offensichtlich all das verkörpert, was Nina für ihre Doppelrolle fehlt…

Wie in allen Filmen Aronofskys zuvor („Pi“, „Requiem for a Dream“, „The Fountain“, „The Wrestler“), rückt der Regisseur auch in „Black Swan“ die Obsession seiner Hauptfigur in den Mittelpunkt einer Geschichte, über der man schon zu Anfang fatalistisch das schwebende Damokles-Schwert erahnt und die sich zunächst bedrohlich-langsam wie eine Spirale in einen schwarzen Abgrund bohrt. Aronofsky lässt uns sein neuestes Werk aus der Sicht Ninas erleben – zumindest liegt der Verdacht mehr als nahe, dass die Schreckensbilder, die wir ebenso wie die psychisch wenig stabile Frau vermehrt wahrnehmen, nicht etwa vom Satan höchstpersönlich entsandt worden sind, sondern ihrer eigenen Großhirnrinde entstammen. Denn selbst wenn inzwischen Genre-Fanzine „Black Swan“ gern als den nächsten großen Schocker anpreisen und durchaus Anspielungen auf frühe De Palma-Arbeiten auszumachen sind, sowie ganz offensichtlich Bezug auf Polanskis Paranoia-Studien „Ekel“ (1965) und „Der Mieter“ (1976) genommen wird: Passender lässt sich der eigenwillige aber absolut grandiose Film als ein psychologischer (meinetwegen Horror-)Thriller klassifizieren, dessen übersinnliche Elemente allerdings zur Veranschaulichung der innerlichen Metamorphose der Hauptfigur dienen. Darren Aronofsky geht dabei mit einer ähnlichen Technik wie bei seinem Drama „Requiem for a Dream“ vor – oder hat dort etwa irgendein Zuschauer ernsthaft geglaubt, dass Ellen Burstyns Charakter tatsächlich von einem menschenfressenden Kühlschrank verfolgt wird…? Eben.

Sehr viele Parallelen weist „Black Swan“ auch zu seinem Vorgänger „The Wrestler“ auf. Bei diesem Umstand handelt es sich allerdings keineswegs um einen Zufall, denn ursprünglich sollten in der Tat die beiden Geschichten zu einem einzigen Film verwoben werden. Dieses Vorhaben ist nun letztlich zugunsten zweier Werke, die aber zusammen gesehen durchaus ein interessantes Gesamtbild ergeben, verworfen worden. Obwohl beide Filme den Aufstieg und Fall von Vertretern unterschiedlicher Kunstformen behandeln, fühlt sich „Black Swan“ stilistisch wesentlich kühler und steriler als sein Gegenpart an – die Tragik von Tschaikowskis Schwanensee findet in Aronofskys Werk vor allem hinter der Bühne statt: Die Liebe des Prinzen, die in dem Ballett-Stück den Bann des weißen Schwans brechen könnte, findet in Ninas Leben keine Entsprechung. Fraglich bleibt, ob es der von der Mutter abgeschotteten, labilen Frau überhaupt jemals möglich gewesen ist, soziale Kontakte abseits des Theaters zu knüpfen. Vermutlich nicht. Nahezu alle äußeren Einflüsse scheinen Nina zu verängstigen, vor allem die sexuellen Anspielungen ihres Regisseurs verunsichern sie und setzen unter ihrer Oberfläche eine gefährliche Lawine ins Rollen. Irgendjemand scheint sie zu verfolgen – ist es tatsächlich Lily, die auf Nina eine eigenartige Faszination ausübt, oder ist die kalte Hand in ihrem Nacken womöglich ihre eigene? Wir hören ferne Geräusche und Stimmen und werden Zeuge von bizarren Szenarien…doch existieren diese überhaupt außerhalb des Kopfes der Hauptdarstellerin? Ein merkwürdiger Ausschlag am Rücken sowie die finsteren Reflektionen ihrer selbst in Spiegeln oder anderen Menschen – wie zum Beispiel in ihrer verbitterten Vorgängerin Beth (Winona Ryder) – dienen als Vorboten ihres scheinbar unausweichlichen Schicksals: Der schwarze Schwan droht aus der Ballerina hervorzubrechen.

„Black Swan“ beginnt zwar schleichend und elegant, aber bläst schließlich zum Aronofsky-typischen, hysterischen Crescendo, bei welchem einem Irrsinn und Genialität wie von einem Tornado aufgewirbelt um Augen und Ohren fegen.In erster Linie gehört das Werk ganz und gar seinen Hauptdarstellerinnen Portman und Kunis, die über ihre vorherigen Leistungen hinauswachsen und zweifellos Jahresbesten-Performances an den Tag legen. Matthew Libatiques flexible Kameraarbeit klebt deshalb stets nah an den Figuren und scheint manchmal gar mit der Leichtigkeit eines Ballett-Partners um diese zu tanzen. Der Bipolarität der Geschichte Rechnung tragend, steuert auch Aronofsky die Perfektion seines Films durch die technisch versierte Komposition des betörend ästhetischen bis ungezügelt wilden Bildmaterials an. Sowohl der weiße wie auch der schwarze Schwan finden inszenatorisch ihr Pendant. Ob nun die dezenten aber dennoch effektiven Horror-Elemente, der gelegentlich durchschimmernde, groteske Humor oder die schlüpfrige Einlage zwischen Natalie Portman und Mila Kunis, welche im Vorfeld bereits für einige Aufmerksamkeit gesorgt hat, nicht doch zu viel des Guten für die eher konservative Academy sein könnten, bleibt noch abzuwarten.Aber Preisregen hin oder her: „Black Swan“ gehört einfach zum Faszinierendsten und Besten, was in diesem Jahr über die Leinwände geflimmert ist.

 

Kritik im Original erschienen bei mannbeisstfilm.de


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Buried – Lebend begraben (2010)

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Buried, E/USA/F 2010 • 95 Min • Regie: Rodrigo Cortés • Drehbuch: Chris Sparling • Mit: Ryan Reynolds, Robert Paterson, José Luis García Pérez, Stephen Tobolowsky, Samantha Mathis • Kamera: Eduard Grau • Musik: Víctor Reyes FSK: ab 16 Jahren • Verleih: Ascot Filmverleih Kinostart: 04.11.2010 • Website

 

Buried - Lebend begraben 1Ein unerfülltes Wunschprojekt von Meisterregisseur Alfred Hitchcock ist es bekanntlich gewesen, einen Film zu inszenieren, dessen gesamtes Setting sich auf eine einzelne Telefonzelle beschränkt. Diese Grundidee ist freilich weit vor der Herrschaft der Mobiltelefone entstanden. Als schließlich Joel Schumacher mit dem packenden Thriller „Nicht auflegen!“ (2002) die nun fertige Vorlage von Larry Cohen für die große Leinwand aufbereitet hat, hatte sich die weite Welt der Telekommunikation bereits arg gewandelt: Nur ein geringer Teil der Bevölkerung dieses Planeten nutzt nun noch unterwegs die altmodischen Münzfernsprecher, während die Mehrheit eher bequem schnurlos per Handy mit Freunden und Bekannten quasselt. Diese Errungenschaft ließ sich selbstverständlich nicht in dem in der Gegenwart angesiedelten Film verleugnen, weshalb das ursprünglich noch minimalistischere Konzept auch einige dramaturgische Tücken durch die technischen Fortschritte zu umgehen verstand. Vielleicht kann man nun behaupten, dass „Buried“, ein kleines aber extrem gemeines Independent-Biest vom spanischen Newcomer Rodrigo Cortés („The Contestant – Der Kandidat“, 2007), noch eher den Geist des verstorbenen Suspense-Genies atmet, als das erwähnte, vergleichsweise hippe Werk.

Buried - Lebend begraben 2Zwar kommt auch hier das aus der heutigen Gesellschaft kaum wegzudenkende Mobiltelefon zum Einsatz – es bleibt aber für den Protagonisten Paul Conroy (Ryan Reynolds) in einer schweißtreibend aussichtslosen Situation tatsächlich auch die einzige Kommunikations-möglichkeit mit der Außenwelt. Und was ist denn bitte ein in der glühenden Hitze vergrabener Sarg mit einem lebenden Menschen und einem Handy als Inhalt anderes als eine Telefonzelle der morbidesten Art? Nach dem Erwachen und der darauf folgenden ersten Panikattacke, beginnt Paul seine Gedanken zu sortieren und erinnert sich an den Vorfall, der ihn vermutlich in seine missliche Lage versetzt hat: Während eines Jobs als Truck-Fahrer im Irak ist sein Konvoi in einen terroristischen Hinterhalt geraten und er von den Verantwortlichen überwältigt und bewusstlos geschlagen worden. Um Hilfe zu bekommen greift der verzweifelte Mann in seinem stickigen Grab schließlich zu dem einzigen primär nützlichen Objekt, das man mit ihm in der hölzernen Kiste gelassen hat – einem Handy. Doch der Empfang ist schlecht, der Akku nur halb geladen und einige Teilnehmer am Ende der Notruf-Leitungen stellen sich als enttäuschend wenig kooperativ heraus. Außerdem läuft die Zeit davon, der Sauerstoff wird knapp und Zweifel an den Möglichkeiten seiner Rettung verätzen langsam Pauls Gehirn…

Buried - Lebend begraben 3„Buried“ ist ein auf Zelluloid gebannter Albtraum. Ein Schauderstück, das selbst Edgar Allan Poe noch heute die ewige Ruhe rauben würde. Im Prinzip sogar ein etwas anderer Torture-Porn, der den blutrünstigen „Hostel“-Szenarien die psychischen Qualen des Protagonisten gegenüberstellt. Vor allem ist dieses Werk aber ein Experiment. Weniger in Bezug auf seine bewusst reduzierte und überschaubare Story, als vielmehr hinsichtlich seiner geradezu einmaligen Ausführung. Cortés gelingt tatsächlich das Kunststück, das Geschehen ohne Rückblenden oder andere Kompromisse lediglich auf den Klaustrophobie-erzeugenden Schauplatz zu beschränken und trotzdem die Zuschauer permanent bei der Stange zu halten. Da Pauls Charakter und die – im wahrsten Sinne des Wortes – erdrückende Atmosphäre die einzigen direkten Bezugspunkte für das Publikum darstellen, sind natürlich die Fähigkeiten von Hauptdarsteller Reynolds und die von Kameramann Eduard Grau in besonderem Maße gefordert gewesen. Während Grau der engen Todesfalle (für die Dreharbeiten sind spezielle Särge mit unterschiedlichen Maßen abgefertigt worden) durch geschickte Bildeinstellungen und dezente Tricks fast schon ein monströses Eigenleben verleiht, kann der zuvor eher auf schwache Rollen in Produktionen der Marke „Blade: Trinity“ (2004) oder „Selbst ist die Braut“ (2009) abonnierte Ryan Reynolds hier wirklich zeigen, welch großes schauspielerisches Potential doch in ihm schlummert. Man darf an dieser Stelle auch nicht vergessen, dass der Mime zwangsläufig die gesamte Aufmerksamkeit der Zuschauer auf sich zieht (die Information, ob einige der Telefon-Sprecher später noch persönlich in Erscheinung treten, würde schließlich einen großen Spoiler darstellen) und sämtliches emotionales Gewicht und Identifikationspotential allein auf seinen Schultern lastet. Auch wenn man in „Buried“ keine ausführliche Vorgeschichte präsentiert bekommt, hat man wohl selten eine solch enge Beziehung mit einer Filmfigur aufbauen können wie hier. Diese rund 90 Minuten Spielzeit gehören einfach einzig und allein Paul Conroy.

Der einzige Kritikpunkt, den man dem ansonsten mutigen und innovativen Werk ankreiden könnte ist, dass das sehr fesselnde Mysterium relativ schnell seinen Schleier lüftet und nun eine ebenso ernüchternde wie erschütternde Klarheit herrscht. Dass Rodrigo Cortés ein Stück des inhaltlichen Gewichts auf die formale Seite der Waage verlagern musste, um die Stimmung nicht bereits in einem Verwirrspiel zu ersticken, erscheint allerdings wiederum plausibel. Wer sich also von „Buried“ einen verzwickten Thriller erhofft, wird in dieser Hinsicht durchaus enttäuscht werden: Im weiteren Verlauf entpuppt sich der Film als überaus potentes Survival-Drama, in welchem das zynische Spiel mit der Hoffnung des Protagonisten einen großen Teil der quälenden Spannung ausmacht. Abschließend bleibt noch festzuhalten, dass diese beängstigende cineastische Erfahrung ihre volle Wirkung nur im dunklen Kinosaal entfalten wird.

Also: Anschauen…und das Atmen nicht vergessen!

 

Kritik im Original erschienen bei mannbeisstfilm.de


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Rampage – Anklage Massenmord (1987)

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Rampage, USA 1987 • 97 Min • Regie & Drehbuch: William Friedkin • Mit: Michael Biehn, Alex McArthur, Nicholas Campbell, Deborah Van Valkenburgh, Art LaFleur • Kamera: Robert D. Yeoman • Musik: Ennio Morricone • FSK: ab 16 Jahren

 

Charles Reece ist ein Mann, der vermutlich niemandem sonderlich auffallen würde, wenn er mit seiner Sonnenbrille und roten Regenjacke durch einen sauberen Vorort spaziert. Dennoch ist er der Täter mehrerer, unvorstellbar grausamer Morde – unter den Opfern auch ein wenige Jahre altes Kind. Am hellichten Tag betritt er einfach die Häuser von Familien, zieht emotionslos eine Pistole und erschießt die anwesenden Menschen, bevor sie überhaupt ahnen, wie ihnen geschieht. Dann schlitzt er ihre Leichen in aller Ruhe nahezu fachmännisch auf, entnimmt Organe und trinkt ihr Blut …

So unglaublich diese Geschichte auch klingt: Inspiriert worden ist sie von den realen Taten des Serienmörders Richard Trenton Chase, der Ende der 70er Jahre in Kalifornien sechs Menschen auf eben diese Weise getötet hat und schließlich von der Polizei dingfest gemacht werden konnte. Nach seiner Festnahme offenbahrte Chase den Ermittlern paranoide Wahnvorstellungen – Nazi-Ufos, die ihn angeblich zu seinen Verbrechen angestiftet hätten und ihn vergiften würden. Um sein eigenes Blut vor einer Verpulverung zu bewahren, habe er das der Opfer trinken müssen. Vor Gericht ist er von der Jury für schuldig befunden und schließlich zum Tod in der Gaskammer verurteilt worden. Bevor es jedoch zu der Vollstreckung kam, hat Chase, der als Vampir von Sacramento bekannt wurde, in seiner Zelle mit einer Überdosis Antidepressiva Selbstmord begangen.

Wie bereits eingangs erwähnt, diente dessen Person als Vorlage für die Figur des Charlie Reece, dessen Geschichte der Autor William P. Wood in seinem Roman „Rampage“ verarbeitet hat, auf welchem wiederum der gleichnamige Thriller von William Friedkin basiert. Entstanden ist die Filmadaption bereits 1987. Aufgrund des Bankrotts der produzierenden „De Laurentiis Entertainment Group“ sollte es jedoch ganze fünf Jahre dauern, bis das Werk seinen Weg auf die US-amerikanischen Leinwände finden würde. Hierzulande tauchte es 1990 unter dem Titel „Anklage Massenmord“ ohne vorherigen Kinoeinsatz still und leise in den Regalen der Videotheken ab und dürfte bei den wenigsten Kunden großes Aufsehen erregt haben. Tatsächlich sind die Release-Umstände des Films mehr als bedauerlich, denn die extrem unangenehme und deprimierende Geschichte gehört nach dem Meisterwerk „Der Exorzist“ (1973) zum Intensivsten, was Regisseur Friedkin seinen Zuschauern je „zugemutet“ hat. Das liegt zum einen daran, dass er hier nicht versucht, einen Horrorfilm voll billiger Ekel-Momente zu erschaffen, sondern den provokanten Fall von verschiedenen Blickwinkeln beleuchtet: Von dem des Täters, denen der Opfer und dem des Staatsanwaltes Anthony Fraser. Letzterer wird von dem zuvor aus James Camerons „Terminator“ (1984) und „Aliens – Die Rückkehr“ (1986) bekannten Michael Biehn verkörpert, der in seiner Rolle als Gegner der Todesstrafe, dessen Überzeugungen durch die bestialischen Taten erschüttert werden, die wohl überzeugendste Leistung seiner Karriere abgeliefert hat. Auch Alex McArthur, der dem unheimlichen Charlie Reece sein Gesicht leiht, beeindruckt durch eine undurchsichtige Performance, die dem Publikum bis zum Schluss die Entscheidung schwer macht, ob sich unter dessen ruhiger Hülle ein schwer kranker Psychopath oder ein eiskalt berechnender Killer verbirgt. Um allerdings zunächst überhaupt einen emotionalen Berührungspunkt zu der Geschichte zu schaffen, führt Friedkin auch die Trauer des Familienvaters Gene Tippetts (Royce D. Applegate) vor Augen, der zusammen mit seinem jungen Sohn Andrew (Whit Hertford) die verstümmelte Leiche seiner Frau findet. Die Szenen mit der auf grausame Weise auseinandergerissenen Familie gehören zu den mitreißendsten Momenten des Werkes, sie verursachen sowohl bei Fraser als auch bei den Zuschauern eine wachsende Wut auf das freundlich dreinschauende Scheusal auf der Anklagebank. Man will das Monster leiden und sterben sehen.

Angemerkt sei kurz, dass diese Rezension auf der deutschen VHS-Version basiert. Aufgrund einer mit der Zeit persönlich veränderten Sichtweise bezüglich des Themas Todesstrafe hat der Regisseur einige Szenen für den US-Release umgeschnitten und ein anderes Ende gewählt. Inwiefern sich die beiden Fassungen im Vergleich genau unterscheiden, ist an dieser Stelle nicht bekannt. Trotz der am Schluss spürbaren Ablehnung einer Exekution darf man das Werk nicht als pathetischen Moralzeigefinger abtun. Schon beachtlich ist die Nüchternheit, mit der während der Gerichtsszenen die Fakten vorgeführt werden, welche nach den gezeigten Grausamkeiten eben kein völlig befriedigendes Ende zulassen. „Rampage“ ist erschütterndes Drama, harter Schocker und packender Justizthriller zugleich – und dabei in erster Linie ein ganz schön schwer verdaulicher Brocken von Film. In der letzten Einstellung zeigt Friedkin Witwer Tippetts mit seinem Sohn auf einem Rummelplatz. Sie wollen vergessen, dem erlebten Schrecken entrinnen. Dann leitet Ennio Morricones beunruhigender Soundtrack den Abspann ein. Doch für die Zuschauer läuft der Film im Kopf noch weiter …

Kritik im Original erschienen bei mannbeisstfilm.de


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https://youtu.be/PRP7x7AU4DY

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