După dealuri, RO/BE/FR 2012 • 152 Min • Regie: Cristian Mungiu • Mit: Cosmina Stratan, Cristina Flutur, Valeriu Andriutã • FSK: ab 12 Jahren • Kinostart: 14.11.2013 • Deutsche Website
Handlung
Voichita (Cosmina Stratan) und Alina (Cristina Flutur) wachsen gemeinsam in einem rumänischen Heim auf. Dort verbindet die beiden nicht nur eine enge Freundschaft, sondern auch eine romantische Beziehung. Ihre Wege trennen sich, nachdem Alina als junge Frau adoptiert wird und später nach Deutschland zieht, um dort Arbeit zu finden. Voichita wendet sich Gott zu und geht als Novizin in ein ländliches Kloster. Alina hat ihre Freundin und große Liebe jedoch nie vergessen und kehrt nach Rumänien zurück, um sie nach Deutschland fortzubringen. Voichita darf ihre sehr weltlich veranlagte Freundin in ihrem Zimmer im Kloster zeitweise unterbringen, obwohl Ungläubige eigentlich unerwünscht sind. Alinas tränenreiches Wiedersehen mit ihrer einstigen Liebhaberin weicht jedoch schnell dem Frust. Die schüchterne Voichita scheint im orthodoxen Kloster ihre Bestimmung gefunden zu haben und diese lässt natürlich keine Gefühle gegenüber einer anderen Frau zu. Voichita sorgt sich um ihre Freundin, für die der rigoros durchstrukturierte Alltag im Kloster so fremd ist wie das Leben auf einem anderen Planeten. Doch an Weggehen ist für Voichita nicht zu denken, insbesondere nachdem der Pater (Valeriu Andriuţă), von den Nonnen ehrfurchtvoll "Tati" genannt (Rumänisch für "Papa"), ihr klargemacht hat, dass es keinen Weg zurück gibt, sollte sie das Kloster einmal verlassen. Von den Zurückweisungen ihrer Freundin enttäuscht, lehnt sich die emotional labile Alina verbal und physisch gegen die autoritäre Ordnung auf. Nach einem kurzen Klinikaufenthalt darf sie ins Kloster zurückkehren. Überzeugt, dass nur der Weg zu Gott ihr helfen kann, greift der Pater letztlich zu drastischen Mitteln und beschwört eine Tragödie herauf.
Kritik
Eine Frage im Fragenkatalog zur Interventionsprüfung in meinem Psychologiestudium war, den Unterschied zwischen Psychotherapie und Exorzismus zu erklären. Lässt man das jeweils zugrunde liegende wissenschaftliche bzw. Glaubenskonstrukt außen vor, gibt es zwischen den beiden erstaunlich viele Ähnlichkeiten. Bei beiden wird versucht, durch eine festgelegte Vorgehensweise eine Person von einem geistigen Leiden zu erlösen. Teil der richtigen Antwort war jedoch, dass eine Psychotherapie in der Regel nicht zu Qualen und körperlichen Schäden an der behandelten Person führt. Welche Ausmaße dies bei einem Exorzismus annehmen kann und dass dahinter dennoch der aufrichtige Wunsch liegt, einer Person zu helfen, zeigt Cristian Mungius bei den 65. Filmfestspielen in Cannes mehrfach ausgezeichnetes Drama Jenseits der Hügel. Darin dramatisiert Mungiu lose einen wahren Fall des Exorzismus in einem abgelegenen Kloster in Rumänien im Jahr 2005, der international Schlagzeilen machte und ins Bewusstsein rief, dass diese Praktiken nicht nur Stoff von Hollywood-Horrorfilmen sind, sondern in weniger aufgeklärten Gegenden bis heute Anwendung finden.
Jede Geschichte hat zwei Seiten. Diese Ansicht hat sich die Filmindustrie schon lange zu Herzen genommen. So beruhten sowohl der erfolgreiche US-Horrorfilm Der Exorzismus von Emily Rose als auch Hans-Christian Schmids deutsches Drama Requiem lose auf dem Fall der an Epilepsie leidenden, religiösen Studentin Annelise Michel, die 1976 in Bayern zu Tode exorziert wurde. Während die US-Version die Möglichkeit übernatürlicher Mächte in den Vordergrund stellte, war Requiem eine Auseinandersetzung mit dem Religionswahn, der letztlich zum Tod der jungen Frau führte. Letztes Jahr erschien Xavier Gens' generischer und spannungsarmer Exorzismushorror The Crucifixion, der sich vom eingangs genannten rumänischen Fall inspirieren ließ, daraus jedoch eine Geschichte mit echten Dämonen machte. Bereits vier Jahre zuvor kam jedoch schon Jenseits der Hügel in unsere Kinos, dessen nüchterne und sehr realistische Darstellung des fehlgeleiteten Glaubens deutlich erschreckender ist als jegliche Effekthascherei, die The Crucifixion aufgetischt hat.
Mungiu wählt nicht den einfachen Weg in seinem Film, indem er die Kirche und ihre Rituale verteufelt. Sein Drehbuch zeigt Verständnis, gar gewisse Sympathie für alle Figuren, auch wenn sie Dinge tun, die auf Außenstehende befremdlich oder falsch wirken. Der Pater, der den Exorzismus letztlich durchführt, wird nicht als ein irrer, unvernünftiger Fanatiker gezeigt, sondern als ein Mann, der seiner Berufung voll und ganz ergeben und in seinem Glauben fest verankert ist. Als Alina ihren ersten Anfall bekommt, greift er nicht direkt zum Rosenkranz und Weihwasser, sondern lässt gleich den Krankenwagen rufen, und wenn die anderen Nonnen anfangen, diverse Vorkommnisse wie einen hohlen Holzscheit oder ausbleibende Eier bei den Hühnern als Zeichen einer bösen Präsenz zu deuten, weist er das als albernen Aberglauben zurück. Weder er noch die Nonnen in dem Film sind böswillig, sondern geleitet von ihrem (Irr)Glauben, nur Gutes tun zu vollen. Wie man so schön sagt: Der Weg zur Hölle ist mit guten Vorsätzen gepflastert.
Die Schuld wird im Film nicht einseitig auf das Kloster und die Religion abgeladen. Mungius Fokus ist viel weitreichender. Auf der Anklagebank sitzen die maroden gesellschaftlichen Strukturen, die die tragische Situation wenn nicht herbeigeführen, dann zumindest begünstigen. Voichita und Alina hatten schon keinen guten Start ins Leben. Dass die Zustände in einem rumänischen Waisenhaus nicht optimal sind, kann man sich gut vorstellen. Systematische Misshandlung, körperlich wie möglicherweise sexuell, wird im Film angedeutet. Ebenso wie Alinas wahrscheinliche psychische Erkrankung (in der Klinik gibt sie zu, gelegentlich Stimmen zu hören). Für den richtigen Umgang mit dieser fehlen aber offenbar die Kapazitäten und vielleicht auch die richtige Aufklärung. Das Kloster wiederum erfüllt als Versorger der Armen im Nachbarsdorf die Funktion, die eigentlich vom Staat getragen werden sollte.
Die schüchterne, weitäugige Voichita ist genau so eine tragische Figur wie Alina. Erst wurde sie von der Gesellschaft alleingelassen, dann verließ auch ihre Freundin sie, auf der Suche nach einem besseren Leben im Westen. Im Kloster fühlt sie sich erstmals in ihrem Leben zugehörig; in der Gemeinschaft der Gleichgesinnten findet sie endlich eine Familie und eine Berufung. Ein Umstand, den die nach ihrer Rückkehr verschmähte Alina nicht glauben kann oder will. Die in Cannes mit dem Darstellerpreis prämierten Cosmina Stratan und Cristina Flutur sind herausragend in ihren Rollen. Obwohl der Film auf jegliche expliziten Darstellungen ihrer einstigen Zuneigung verzichtet (von einer zweckdienlichen Massageszene abgesehen), spürt man noch die Chemie, die sie teilen, die aber die neue Barriere zwischen ihnen nicht überwinden kann. Die Rettung scheint für beide so nah und doch so fern zu sein.
Als vermutlich bekanntester Vertreter der rumänischen Nouvelle Vague bleibt Mungiu seinem kühlen naturalistischen Stil in Jenseits der Hügel treu, wie man ihn schon in seinem bekanntesten Film, dem mit einer Goldenen Palme ausgezeichneten Abtreibungsdrama 4 Monate, 3 Wochen und 2 Tage, gesehen hat. Lange Einstellungen mit statischer Kamera, die den ungeschönten Alltag in rauen Bildern einfangen, und die Abwesenheit von jeglicher Filmmusik machen Jenseits der Hügel mit seinen 150 Minuten Laufzeit zu einem fordernden, jedoch bereichernden Erlebnis. Das langsame Erzähltempo, einschließlich vieler Wiederholungen (Alina will dass Voichita mit ihr mitkommt, Voichita lehnt ab, Alina rebelliert, soll aus dem Kloster geworfen werden, darf nach Voichitas Bitten doch bleiben, und noch mal von vorne), ist zugegebenermaßen anstrengend und man hätte den Mittelteil straffen können, ohne viel von der Kernaussage zu verlieren. Die Redundanz unterstreicht jedoch die Monotonie des Alltags der Nonnen. Die Tristesse des Lebens im heruntergekommenen Kloster ist in jeder Aufnahme zu spüren. In ihrem Trainingsanzug und Sportschuhen ist Alina darin ein Fremdkörper. Kleine Details, die auf den ersten Blick vielleicht überflüssig erscheinen, weil sie nichts zur Haupthandlung beitragen – ein mitgehörtes Telefonat oder das Gespräch zweier Polizisten miteinander – tragen zur Erschaffung eines authentischen, in sich stimmigen Mikrokosmos bei, in dem sich der Film befindet.
Wie seinen beiden Protagonistinnen macht es Mungiu den Zuschauern auf nicht einfach, weder mit seiner nüchternen Darbietung noch mit der Suche nach den Schuldigen. Wer sich auf diesen Film einlässt, muss mitdenken und mitleiden.
Fazit
Im Geiste von Ken Loach malt Cristian Mungui mit Jenseits der Hügel erneut ein unschmeichelhaftes, sozialkritisches Portrait seines Heimatlandes am Beispiel zweier verlorener junger Seelen. Dabei verzichtet er auf explizite Religionskritik, sondern nähert sich allen seinen Figuren mit ausgewogenem Verständnis. Der dokumentarische Filmstil und die ausufernde Laufzeit sind fordernd, das Gesamterlebnis jedoch bereichernd.




Doch Kilgraves Tod hat auch eine Lücke hinterlassen, die zu füllen eine der größten Herausforderungen der zweiten Season werden dürfte. Die gesamte erste Staffel wurde vom Psychoduell zwischen Jessica und Kilgrave angetrieben. Während es vordergründig darum ging, einen hochgefährlichen, narzisstischen Kriminellen, mit der Macht, alle seinem Willen folgen zu lassen, aufzuhalten, widmete sich die erste Staffel auch der posttraumatischen Belastungsstörung bei Missbrauchsopfern – nicht gerade ein Thema, das man bei einer Superheldenserie erwarten würde. Denn nichts Anderes tat Kilgrave seinen Marionetten an, indem er sie ihres Willens beraubte. Für Jessica war der Kampf gegen ihn auch ihre Art der Traumaverarbeitung. Dieser rote Faden zog sich von der ersten bis zur letzten Folge durch und auch wenn Kilgrave nicht zu sehen war, war er durch seine Kraft stets omnipräsent. Am besten wurde dies durch eine der letzten Szenen der ersten Folge veranschaulicht, in der die durch Kilgrave manipulierte Hope nach der vermeintlichen Rettung durch Jessica ihre Eltern erschießt. Auf diese Weise hat die Serie die hohen Einsätze und die Gefahr für die Protagonistin und alle anderen Charakteren etabliert, noch bevor Kilgrave selbst sichtbar in Aktion trat.
Wer eine nach den Ereignissen der ersten Staffel weniger kaputte, heldenhaftere und von sich überzeugte Jessica erwartet, wird dadurch vielleicht enttäuscht sein, doch ich muss an dieser Stelle die einfühlsame Charakterarbeit der Autoren hervorheben. Manche Probleme lösen sich nicht in der Luft auf, wenn man deren Ursache (gewaltsam) aus der Welt schafft. Dass Jessica leider auch nicht auf das beste Arsenal an Bewältigungsmethoden zurückgreift – vom flüssigen Allheilmittel aus Whiskey-Flaschen bis zu unbefriedigenden Quickies auf schäbigen Bar-Toiletten – bleibt auch im Einklang mit der Figur.
Es gibt auch ein Wiedersehen mit der skrupellosen Anwältin Jeri Hogarth (Carrie-Anne Moss), deren Beziehung zu Jessica nach ihren selbstsüchtigen Handlungen in der ersten Staffel erkaltet ist. Erneut macht sich Jeri zu Beginn durch weitere Manipulationen nicht gerade sympathisch, doch dann nimmt ihre Geschichte eine weitere Wende, nachdem eine tragische Nachricht sie in eine Existenzkrise stürzt.
Es dauert nicht lange, bis wir den neuen Antagonisten kennenlernen (dessen Identität aus Spoilergründen an dieser Stelle nicht verraten wird). Dieser ist zwar nicht so charismatisch und zugleich ekelerregend wie Kilgrave, strahlt aber dafür enorme Bedrohlichkeit aus und verspricht, ein würdiger Gegenspieler für Jessica zu werden. Trotz der absoluten Skrupellosigkeit des neuen Big Bad, wird auch eine mögliche Komplexität und Verletzlichkeit angedeutet, doch in diese werden hoffentlich die verbleibenden acht Folgen tiefer eintauchen.
Auch in ihren langsameren Momenten am Anfang der neuen Staffel funktioniert "Jessica Jones" dank der perfekt besetzten Krysten Ritter. Schon in der problematischen
Carrie-Anne Moss schlägt erfolgreich den Spagat zwischen einer kaltblütigen Bitch und einer bemitleidenswerten Figur, wobei die gesehenen Folgen es noch offen lassen, wie sich der Charakter weiterentwickeln wird. Einen guten Eindruck macht in ihren wenigen Szenen auch Neuzugang Janet McTeer, wobei gerade für sie der Rest der Staffel das größte Potenzial bereithält.

Auch ohne die Glorifizierung der Feuerwaffen und der völlig ironiefreien Darlegung, wie einfach es ist, als Durchschnittsbürger in den USA an diese zu kommen, ist Selbstjustiz an sich schon ein heikles Thema. Als Ein Mann sieht rot mit Charles Bronson 1974 in die Kinos kam, sorgte der Film für Kontroverse. Brian Garfield, der Autor des Romans, der dem Film zugrunde lag, hat zu Recht bemängelt, dass der Film die Intention des Romans völlig verfehlte. Lag es Garfield noch sehr daran, zu zeigen, dass Selbstjustiz dumm ist und ins Verderben führt (sein Romanheld begeht seinen ersten Mord erst in den letzten Seiten des Buchs), wurde der Film zu einem Reißer, der aber zu seiner Zeit den Nerv der US-Bevölkerung traf, als diese eine der schwersten Verbrechens- und Mordwellen in der Geschichte des Landes erlebte. Ein Mann sieht rot wurde zu einer Katharsis für viele, einer Wunscherfüllung.
Viel wohler als im Ärztekittel fühlt sich Bruce Willis im Hoodie, wenn er durch die Straßen Chicagos streift, um für Gerechtigkeit zu sorgen. Nachdem er in letzter Zeit von einer Direct-to-DVD-Produktion zur nächsten auf Autopilot schlafwandelte und augenscheinlich nur am Set auftauchte, um seinen Scheck zu kassieren, zeigt Willis in Death Wish erfreulicherweise, dass er nicht vergessen hat, wie man schauspielert. Tatsächlich scheint er insbesondere in der zweiten Filmhälfte Spaß zu haben. Leider ist er auch der einzige Schauspieler in diesem Film, der einen wirklich bleibenden Eindruck hinterlässt. Für andere ist im Drehbuch einfach kein Platz. Völlig verschwendet ist vor allem der großartige Vincent D’Onofrio ("Marvel’s Daredevil") in der Rolle von Pauls Bruder Frank, einem ehemaligen Kriminellen, der zum rechten Pfad zurückgefunden hat. Er soll als moralische Kompass des Films fungieren, taucht dafür jedoch zu beliebig und unregelmäßig auf. Undankbar ist auch der Part von Elisabeth Shue (Leaving Las Vegas) als Pauls totgeweihte Frau.
Wird Death Wish also für große Kontroverse sorgen? Mit ziemlicher Sicherheit nicht, denn der Film ist einfach viel zu belanglos und nach Schema F inszeniert. Als eine Fantasie, die in ihrer eigenen Blase existiert, hätte Death Wish immer noch ein Guilty Pleasure werden können. Dafür ist er einfach viel zu unaufregend und überraschungsfrei gemacht. Als Eli Roth als Regisseur des Films angekündigt wurde, war es eigentlich glasklar, dass er sich mit dem Thema nicht sonderlich kritisch auseinandersetzen würde. Aber bei einem der Vorreiter des Torture-Porn-Subgenres konnte man sich zumindest auf einen vergnügt brutalen, politisch inkorrekten Exploitation-Film hoffen. Auch das ist Death Wish jedoch nicht. Die Umsetzung bleibt weitgehend banal, zu den besten Szenen gehört eine Split-Screen-Montage, die Pauls lebensrettende Arbeit im Krankenhaus mit seiner todbringenden Doppelleben kontrastiert. Nur in einigen wenigen Momenten, wie zum Beispiel einer längeren Szene in einer Autowerkstatt, die dem Film sicherlich seine FSK18-Freigabe eingebracht hat, scheint Roths Handschrift wirklich durch. Nicht nur ist der Angriff auf Pauls Familie im Film deutlich weniger brutal als im Original, Roth schneidet auch im entscheidenden Moment weg. Das ist an und für sich nicht verkehrt, erscheint jedoch in einem Film, der sich ansonsten wenig um Anstand kümmert, seltsam. Ob mit Cabin Fever, Hostel oder The Green Inferno, Eli Roth hat die Zuschauer schon immer gespalten, doch selten so kalt gelassen wie mit Death Wish.








Es ist nichts Neues, dass Woody Allen immer wieder ähnliche Themen aufgreift und in einer leicht abgewandelten Form aufarbeitet. Gerade in den letzten 10-15 Jahren arbeitet er immer mehr mit Versatzstücken seiner früheren (häufig besseren) Filme. Dass das Ganze dennoch fabelhaft funktionieren kann, zeigte beispielsweise Vicky Cristina Barcelona. Ungewöhnlich ist bei Wonder Wheel jedoch, dass Allen nur vier Jahre nach Blue Jasmine eine weitere Huldigung an Tennessee Williams’ Endstation Sehnsucht und dessen tragische Heldin Blanche DuBois aufgezogen hat. Winslets Ginny wirkt wie ein Arbeiterklasse-Abziehbild von Cate Blanchetts verzweifelter Ex-Millionärsgattin Jasmine. Die Figur wird in Wonder Wheel lediglich durch den Aspekt ihrer schauspielerischen Vergangenheit erweitert, was Winslet auch einen Touch von Gloria Swanson aus Boulevard der Dämmerung verleiht, einschließlich eines wahnhaften Monologs vor ihrem Spiegelbild.
Jim Belushi, der hier kaum wiederzuerkennen ist, zeigt Potenzial als zwischen Liebe und Gleichgültigkeit schwankender Ehemann, wird aber zu wenig eingesetzt. Fehl am Platze wirkt Justin Timberlake, der natürlich als Woody-Allen-Ersatz auftritt. Im Gegensatz zu perfekt gewählten Jesse Eisenberg oder Owen Wilson in ähnlichen Rollen, wirkt Timberlake einfach viel zu souverän für den Part und die pseudophilosophischen Floskeln, die er als Erzähler im Film von sich gibt, sind ebenso wenig glaubwürdig wie die Tatsache, dass er ein angehender Autor sein soll. Nichts gegen Timberlake, der als listiger Sean Parker in The Social Network eine tolle Leistung an den Tag gelegt hat, doch vielleicht umfasst seine Bandbreite (noch) nicht alle Rollen. Doch während sich Timberlake in seinem Schauspiel von Allen unterscheidet, sind die Ähnlichkeiten seiner Figur im Film zu Allens echtem Leben schwer zu übersehen. Schließlich verliebt sich Mickey in die Stieftochter seiner Freundin. Diese ist von Juno Temple gespielt, die zwar äußerst sympathisch wirkt, als Spielball anderer Figuren im Film jedoch wenig selbst beiträgt. Ein kleiner, unerwarteter Bonus für alle "Sopranos"-Fans ist der Auftritt von Tony "Paulie Walnuts" Sirico und Steve "Bobby Bacala" Schirripa als Gangster auf der Suche nach Caroline.
Wonder Wheel hat nicht viel zu sagen, was man nicht schon in besseren Allen-Filmen – sogar vor nicht zu langer Zeit – gesehen hat. Jede Pointe wirkt wie ein müder Aufguss. Es ist jedoch sogar mit den meisten schwächeren Filmen von Woody Allen so, wie mit den indischen Restaurants in meiner Umgebung. Es gibt zwar den einen oder anderen wirklich herausragenden, doch in den meisten schmecken die meisten Gerichte von der Karte zum Verwechseln ähnlich, egal was man bestellt. Schlecht schmeckt es jedoch nie. An Allens Filmen lässt sich eigentlich auch fast immer etwas Positives finden und neben Winslets wuchtiger Performance ist es bei Wonder Wheel die prächtige Kameraarbeit des italienischen Altmeisters Vittorio Storaro, der schon Apocalypse Now für Francis Ford Coppola, Reds für Warren Beatty und Der letzte Kaiser für Bernardo Bertolucci auf Film bannte (und für jeden der drei einen Oscar gewann). Storaro war auch bei Café Society für die Kamera zuständig, doch hier ist sie noch viel auffälliger. Er taucht die Szenen abwechselnd in leuchtendes Blau, Rot oder Gelb. Der kitschige Vergnügungspark wird bei ihm zu einer sonnendurchfluteten, goldfarbenen Idylle. Möglicherweise spiegelt das eine nostalgische Erinnerung von Woody Allen an seine Jugend dort wider. Schade, dass er keine bessere Geschichte aus dieser erzählen konnte. Doch natürlich wird der Stadtneurotiker schon bald mit einem neuen Film zurückkehren. Neues Spiel, neues Glück.
Auf diesem stabilen Fundament baut
Die letzten Jedi ist ein Film mit einem herausragenden Anfang und einem wirklich starken Schluss, dessen letzte Aufnahme mit dem Schlussbild von
Nach dieser rasanten Eröffnung teilt sich die Handlung über weite Strecken in zwei separate Stränge auf. In einem folgen wir Rey und Luke auf Ahch-To, in dem anderen Finn und Rose bei ihrer Mission zu Canto Bight, einer Casino-Stadt, die an eine überhöhte, galaktische Version von Monte-Carlo erinnert. Obwohl insgesamt unaufregender, sind die Szenen zwischen Daisy Ridley und Mark Hamill interessanter, was auch daran liegt, dass Hamill als desillusionierter Luke seine bis dato beste Performance in der Rolle abliefert. Ergraut und mit Bart sieht der gealterte Luke erst einmal unvergleichlich cooler aus als der Jüngling aus den alten Filmen, aber auch schauspielerisch verleiht Hamill der Figur die nötige Gravitas und sichtlichen Lebensüberdruss im Angesicht der Rückschläge, die Luke erleiden musste. Während Han Solo noch ganz der alte war, als wir ihn in 
Ein übergreifendes Problem des Films ist jedoch, dass er im Rückblick unnötig überkonstruiert wirkt. Eine bestimmte Wendung der Ereignisse erscheint bei näherer Betrachtung sehr unglaubwürdig und lässt das Gefühl aufkommen, dass der Film einen Teil seiner Laufzeit – mit 152 Minuten immerhin der bislang längste Star-Wars-Film – vergeudet hat, indem er einige seiner Charaktere unerklärlicherweise an grundlegender zwischenmenschlicher Kommunikation scheitern lässt. Dadurch erreicht Johnson schlussendlich zwar ein erwünschtes und durchaus sehenswertes Ergebnis, doch der Weg dorthin ist alles andere als elegant und die Denkfehler und Logiklöcher sind zu groß, um einfach über sie hinwegzusehen. Betrachtet man es getreu dem Motto "Ende gut, alles gut", kann man es verschmerzen, doch die Anhänger von "Der Weg ist das Ziel" werden sich vermutlich damit schwer tun.
Das trübt den Gesamteindruck, macht den Film jedoch keineswegs misslungen. Dafür hat er einfach zu viele fantastische Elemente zu bieten. Nicht zuletzt, neben den bereits genannten, Adam Driver, der als von Konflikten zerfressener, komplexer und unvorhersehbarer Kylo Ren die beste Darbietung des gesamten Films abliefert. Der Charakter wirkt manchmal immer noch wie ein impulsiver, aufmüpfiger Jugendlicher, doch das passt gut zu seiner Geschichte. Es lässt sich auch verschmerzen, dass der Film das Ausmaß seiner Kräfte wieder einmal fluktuieren lässt, wie es der Geschichte gerade passt. Wer einen neuen Darth Vader erwartet, wird enttäuscht sein, doch Driver und sein Charakter fallen gerade durch ihre Andersartigkeit zum ikonischen Star-Wars-Bösewicht positiv auf. Auch Andy Serkis' Snoke, den wir hier erstmals in (computergeneriertem) Fleisch und Blut sehen, macht eine imposante, sehr bedrohlich wirkende Voldemort-eske Figur her. Domhnall Gleesons General Hux ist noch nazihafter im neuen Streifen, was so überspitzt ist, dass die Darstellung für einige Lacher gut ist.







