Tomb Raider (2018) Kritik

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Tomb Raider, USA/GB 2018 • 118 Min • Regie: Roar Uthaug • Mit: Alicia Vikander, Walton Goggins, Dominic West, Daniel Wu, Kristin Scott Thomas • FSK: ab 12 Jahren • Kinostart: 15.03.2018 • Deutsche Website

Handlung

Als Tochter des wohlhabenden britischen Geschäftsmannes und Aristokrats Richard Croft (Dominic West) genoss Lara Croft (Alicia Vikander) eine vielseitige Ausbildung und alle Türen standen ihr offen. Doch seit ihr Vater sieben Jahre zuvor spurlos verschwunden ist, lebt sie ziellos in den Tag hinein, verdient ihr mageres Einkommen als Fahrradkurierin und weigert sich, das Imperium ihres Vaters zu übernehmen. Denn das würde bedeuten, seinen Tod offiziell anzuerkennen. Erst ein Zwischenfall mit der Polizei rüttelt sie wach. Bei der Unterzeichnung der entsprechenden Papiere überreicht ein ehemaliger Geschäftspartner (Derek Jacobi) ihres Vaters ihr ein Puzzle, das eine Nachricht an sie enthält. Diese führt Lara in ein Geheimversteck in der Gruft des Croft-Anwesens und offenbart das Doppelleben von Lord Croft. Als Hobby-Archäologe war er auf der Suche nach dem Grab der sagenumwobenen, mächtigen japanischen Hexe Himiko. Diese vermutete er auf einer Insel im Teufelsmeer, wohin er sich aufmachte, um einer böswilligen Organisation namens Trinity zuvorzukommen, die Himikos vermeintliche Kräfte zu eigenen finsteren Zwecken einsetzen möchte. Anstatt seine Recherchen zu vernichten, damit sie nicht in die falschen Hände fallen, folgt Lara der Spur ihres Vaters und reist über Hongkong mit Hilfe des trinkfesten Kutterkapitäns Lu Ren (Daniel Wu) zur Insel. Dort haben sich jedoch Trinitys skrupellose Söldner, angeführt von Mathias Vogel (Walton Goggins), breitgemacht und bereiten Lara nicht gerade einen warmherzigen Empfang. Auf sich und ihre noch unerprobten Überlebenskünste alleine gestellt, muss Lara ihren Gegnern entweichen und das Rätsel um Himikos Grab lösen.

Kritik

In der allerersten Szene von Lara Croft: Tomb Raider sehen wir Angelina Jolie als titelgebende Heldin, wie sie kopfüber an einem Seil in einem ägyptischen Grab hängt. Sie springt runter, landet elegant und kämpft dann mit knappen Shorts bekleidet und mit zwei an Hüften angebrachten Wummen bewaffnet gegen einen tödlichen Roboter, um an ein Artefakt in der Mitte des Raumes zu gelangen. Wie sich dann herausstellt, ist das Ganze eine Trainingseinheit und das Grab eine Simulation in den Tiefen des gigantischen Croft-Anwesens. Der Vergleich zwischen dieser Szene und Alicia Vikanders Einführung als Lara Croft im Reboot 17 Jahre später stellt wirkungsvoll den Kontrast zwischen den beiden Tomb-Raider-Verfilmungen heraus. Vikanders erster Auftritt ist deutlich weniger spektakulär, wenn auch mit gleich viel Körpereinsatz. Im Boxring kämpft sie gegen eine überlegene Gegnerin – und verliert. Ihre Sportkleidung ist auch schon das freizügigste Outfit, das Lara im neuen Film trägt, denn enge Tops und Shorts, die an Hot Pants grenzen, weichen hier praktischerer Kleidung für die junge Abenteurerin.

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In der kurzen Szene lernen wir gleich mehrere Aspekte von Vikanders Lara kennen. Sie ist stur und gibt bis zuletzt nicht auf. Aber sie ist auch (noch) nicht unbesiegbar. Außerdem erfahren wir, dass diese Lara völlig pleite ist und nicht einmal das Geld hat, um für die Nutzung des Trainingsraumes zu zahlen. Doch das größte Takeaway der Szene ist die physische Verwandlung von Alicia Vikander. Die hauptsächlich für Kostümdramen (Tulpenfieber, Die Königin und ihr Leibarzt, The Danish Girl) bekannte, oscarprämierte, zierliche Schwedin hat sich einen gestählten Körper für die Rolle antrainiert und beim Kickboxen macht sie eine verdammt überzeugende und zugleich realistische Figur. Sollte es mit dem Tomb-Raider-Franchise nicht klappen, hätte sie auf jeden Fall Potenzial für künftige Actionrollen, in denen sie Scarlett Johansson und Kate Beckinsale Konkurrenz machen könnte.

Der Vergleich soll jedoch nicht Angelina Jolies Darstellung der Grabräuberin herabwürdigen. Die beiden Laras kommen aus unterschiedlichen Ären, und zwar nicht nur für Filme, sondern auch für Videospiele. Denn der neue Tomb Raider ist kein Reboot der alten Reihe, sondern vielmehr eine ordentliche Adaption des Spiele-Reboots von 2013, das Lara Croft und ihre Hintergründe neu erfunden hat. Die neue Lara war darin keine unbezwingbare Männerphantasie in knappen Klamotten und mit Riesentitten (Angelina Jolies Brüste mussten für die ersten Verfilmungen zusätzlich gepolstert werden, um die den Spielen angemessene Größe zu erreichen), sondern eine abenteuerlustige, junge Frau, deren Überlebenskünste auf eine harte Probe gestellt wurden. Wer also in den neuen Film geht und eine Lara erwartet, die beidhändig herumballert, wird enttäuscht sein (auch wenn dies, wie der Film andeutet, die Zukunft der Reihe werden könnte, sollte eine Fortsetzung kommen).

Während Jolie in der Rolle für die damalige Zeit gut besetzt war, ließen die beiden Filme um sie herum zu wünschen übrig. Die Actionszenen waren uninspiriert, die Plots hanebüchen und einfach zu albern, während der Film dennoch Anstalten machte, ernst genommen zu werden. Der neue Film schneidet da schon etwas besser ab, auch wenn es immer noch ein weiter Weg ist, um als würdiger Nachfolger der Indiana-Jones-Reihe bezeichnet zu werden, bei der sich die Filme und die Spiele frei bedienen. Die Handlung bleibt sehr dünn und die vermeintlichen Twists sind so unglaublich vorhersehbar, dass deren dramatischen Enthüllungen im Film völlig überzogen erscheinen. Außerdem wären die Macher vermutlich besser beraten, näher an der Handlung des Spiels zu bleiben, anstatt die Beziehung zwischen Lara und ihrem Vater zum emotionalen Kern des Films zu machen, die jedoch zu unausgereift und schablonenhaft ist, um zu funktionieren.

Was jedoch wirklich gut funktioniert, sind die Actionsequenzen, und sobald wir auf der Insel ankommen, gibt es davon zum Glück auch reichlich. Fans dürfte es erfreuen, dass einige direkt aus dem Spiel von 2013 stammen. Zu den Highlights gehören Laras Überlebenskampf in einem verrosteten Flugzeug, das über einem Wasserfall hängt (tolles Setpiece!) und die tödlichen Fallen in Himikos Grab, die natürlich an das Finale von Indiana Jones und der letzte Kreuzzug erinnern. Der Norweger Roar Uthaug, der schon in Cold Prey und Escape – Vermächtnis der Wikinger Frauen inszenierte, die über sich selbst hinauswachsen müssen, um unter widrigen Umständen zu überleben, scheint bei geradliniger, schnörkelloser, rauer Action in seinem Element zu sein. Natürlich werden hin und wieder die Gesetze der Physik außer Kraft gesetzt, aber im Großen und Ganzen bleibt der neue Film bodenständig (auch indem er sich der übernatürlichen Elemente des Spiels entledigt) und selten übertrieben – solange man die ganze Geschichte nicht zu sehr hinterfragt. Man ist auch eher geneigt, über die Handlungsschwächen hinwegzusehen, weil Alicia Vikander als Lara durchweg glaubhaft bleibt. Sie macht das Beste aus dem, was das Drehbuch für sie hergibt (und das ist nicht viel). Wenn sie sich verletzt, fühlt man mit ihr mit, und wenn sie zum ersten Mal in Notwehr jemanden umbringen muss, merkt man, dass sie das mitnimmt.

Der starke Fokus auf Lara geht im Film auf die Kosten der anderen Schauspieler, wobei es besonders schade um den großartigen Walton Goggins ist, der in Serien wie "The Shield" und "Justified" hochkomplexe Antagonisten gespielt hat. Tomb Raider unternimmt zwar den halbherzigen Versuch, ihn von klassischen Bösewichten zu trennen, indem er zunächst als ein Mann dargestellt wird, der seine Arbeit erledigen muss, um zu seinen Töchtern zurückzukommen. Doch dann besteht der Film darauf, zu zeigen, wie böse er ist, indem er einen schwachen Gefangenen kaltblütig erschießt – und wirft damit jede Komplexität über Bord. Die anderen Schauspieler, von Dominic West über Daniel Wu bis zu einem eher bizarr unlustigen Cameo von Nick Frost, kommen auch nicht viel besser weg.

Es bleibt Alicia Vikanders One-Woman-Show und ihre ernste Hingabe an die Rolle wirkt sehr sympathisch. Auch wenn ihr Film Videospielverfilmungen als solche nicht revolutioniert, ist er nach bitteren Enttäuschungen wie Warcraft und Assassin’s Creed dennoch eine erfreuliche Überraschung. Zugegeben, die Messlatte ist nicht hoch und ich kann an einer Hand Spieladaptionen abzählen, die nicht schlecht sind, doch jetzt brauche ich dafür einen Finger mehr als zuvor.

Fazit

Die Neuauflage von Tomb Raider rettet nicht eigenhändig die Verfilmungen von Videospielen, gehört jedoch trotz des dürftigen Drehbuchs und der eindimensionalen Figuren zu den besseren Vertretern ihrer Art. Durch die bodenständige, geradlinige Inszenierung macht der Streifen mehr Spaß als die beiden Vorgänger mit Angelina Jolie. Insbesondere Alicia Vikander empfiehlt sich mit sympathischer Hingabe und vollem Körpereinsatz als überzeugende Actionheldin.

Trailer

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1 Kommentar

Roar Uthaugs geradlinige, actionreiche Inszenierung und Alicia Vikanders überzeugend hingebungsvolle Performance als Lara kaschieren weitgehend dürftige Handlung und Logiklöcher des Films. Tomb Raider (2018) Kritik