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Der König der Löwen (2019) Kritik

Der König der Löwen 2019 Filmkritik

The Lion King, USA 2019 • 118 Min • Regie: Jon Favreau • Mit den Originalstimmen von: Donald Glover, Chiwetel Ejiofor, Beyoncé, James Earl Jones, Seth Rogen, Billy Eichner, John Oliver • FSK: ab 6 Jahren • Kinostart: 18.07.2019 • Deutsche Website

Handlung

Der Löwe Mufasa (James Earl Jones) herrscht weise und gerecht über das Geweihte Land. Sein hinterlistiger und skrupelloser Bruder Scar (Chiwetel Ejiofor) beneidet ihn um den Thron. Als Mufasas Sohn Simba (Donald Glover) geboren und als sein Thronfolger präsentiert wird, weiß Scar, dass damit seine letzte Chance auf die Herrschaft stirbt. Er verbündet sich mit den gefräßigen Hyänen, die seit jeher mit den Löwen in Konflikt stehen, und stellt Simba und Mufasa eine Falle. Beim Versuch, seinen Sohn zu retten, stirbt Mufasa. Scar überzeugt Simba, dass es seine Schuld war. Aus Scham und Angst läuft Simba davon. Völlig verzweifelt und erschöpft  wird er vom sorglosen Duo Timon (Billy Eichner), einem Erdmännchen, und Pumbaa (Seth Rogen), einem Warzenschwein, vor hungrigen Geiern gerettet und aufgenommen. Simba wächst mit den beiden Außenseitern auf und übernimmt auch ihre unbeschwerte Einstellung zum Leben. Durch Zufall begegnet er Jahre später seiner einstigen Kindheitsfreundin Nala (Beyoncé). Sie erzählt ihm, wie sehr das Geweihte Land unter der grausamen Herrschaft Scars und seiner Hyänen leidet, und drängt ihn dazu, zurückzukehren und seinen rechtmäßigen Platz als König einzunehmen. Obwohl Simba über das Wiedersehen erfreut ist und die Funken zwischen Nala und ihm sprühen, weigert sich der von Schuldgefühlen geplagte junge Löwe, ihr zu folgen. Erst der Mandrill Rafiki (John Kani), Mufasas alter Freund, Berater und Schamane, kann Simba von seiner Bestimmung überzeugen.

Kritik

Geschichte wiederholt sich. Vor 25 Jahren wurde Der König der Löwen zum Prunkstück von Disneys Zeichentrick-Renaissance, die fünf Jahre zuvor mit Arielle, die Meerjungfrau begann. Der Film begeisterte Kinogänger weltweit, wurde zu einem gigantischen Kassenhit und gewann zwei Oscars. Das Vermächtnis des Films, den die meisten Kinder der Neunziger mehr als jeden anderen mit Disney assoziieren, umfasst mehrere fürs Heimkino produzierte Fortsetzungen, Videospiele, eine Zeichentrickserie und eins der erfolgreichsten Broadway-Musicals aller Zeiten. Jetzt geht Disney zu den Anfängen zurück und präsentiert eine Neuauflage des Originalfilms, produziert nach allerneusten technischen Standards. Wenn man nach bisherigen Vorverkaufszahlen und dem ultraerfolgreichen Trailer-Release urteilt, wird auch der neue König der Löwen die Kinokassen ähnlich wie sein Vorgänger klingeln lassen. Wie bei anderen Disney-Neuadaptionen, liegt das Erfolgsrezept auf der Hand. Millionen von Erwachsenen, die mit den Originalen aufgewachsen sind, werden durch Nostalgie und Neugier in die Kinos gelockt. Sie nehmen ihre Kinder mit, von denen die meisten ohne handzeichnete 2D-Animationen aufgewachsen sind und die Klassiker durch Disneys Neuinterpretationen kennenlernen.

Der König der Löwen 2019 Filmbild 1

Im Gegensatz zu allen anderen Disney-Remakes der letzten Jahre ist Der König der Löwen keine Realverfilmung, auch wenn alles in dem Film täuschend echt aussieht. Während bei The Jungle Book immerhin Mogli noch von einem echten Kind gespielt wurde, stammt bei Jon Favreaus neuem Film alles aus dem Computer: die Tiere, die Pflanzen, der Himmel und die Landschaft. Es ist ein CG-Animationsfilm, auch wenn es beim Zusehen schwer fällt, den Streifen mit unserer Vorstellung eines Animationsfilms zu vereinbaren. Das Effekte-Team des Films kann schon die Dankesreden vorbereiten, denn ein Oscar scheint für ihre Arbeit so gut wie sicher zu sein. Es wäre eine Untertreibung, zu sagen, die Effekte hier seien überwältigend. Jedes Detail sieht extrem photorealistisch aus. Jeder Käfer auf einem Grashalm, jede Wasserpfütze in der afrikanischen Savanne und jedes Härchen auf dem Fell der Tiere wirken, als würde man die außergewöhnlichste Tierdoku der Welt, aufgenommen mit den schärfsten Kameras der Welt, sehen. Bereits The Jungle Book hatte phänomenale Tieranimationen, doch Der König der Löwen zeigt, welche Fortschritte innerhalb von drei Jahren noch gemacht wurden, und hebt das auf ein neues Level. Alles wirkt organisch und fassbar – die perfekte Illusion.

Der König der Löwen 2019 Filmbild 2Die revolutionären Effekte alleine sind ein gutes Argument dafür, den Film auf der Leinwand zu sehen. Doch die grandiose Animation ist zugleich die größte Tugend und das größte Problem des Films. Wie schon bei The Jungle Book, entsteht ein seltsamer Kontrast zwischen der hyperrealistischen Darstellung der Tiere und der Tatsache, dass sie sprechen. Einerseits strebt man Realismus an, andererseits ist es eben immer noch eine Welt, in der ein Affe und ein Nashornvogel jeweils der Schamane und der Hofmeister des Löwenkönigs sind und ein Warzenschwein und ein Erdmännchen beste Kumpel eines Löwen sind. Ein Zeichentrickfilm entfernt sich stilistisch weit genug von der Realität, dass es überhaupt nicht stört. In einem Quasi-Realfilm wirkt diese Diskrepanz zuweilen befremdlich.

Ein noch größeres Problem bei der Neuverfilmung ist, dass sie ihre Emotionalität zugunsten der Effekte einbüßt. Ein Zeichentrickfilm hat mehr Freiheiten bei der Animation der Emotionen in den Gesichtern der Tiere, während ihre photorealistische Darstellung in dieser Hinsicht einschränkend wirkt, sodass die Vermittlung der Gefühle noch viel mehr den Sprechern überlassen wird. Sie tun allesamt ihr Bestes, doch das Gehörte geht hier leider nicht immer Hand in Hand mit Gesehenem. Der Original-Zeichentrick sprüht nur so von großen Emotionen – Freude, Liebe, Trauer, Furcht, Lebenslust. Mufasas Tod hat mich als Kind emotional zerstört. Für all seine optischen Reize wirkt der Neuaufguss kälter und distanzierter.

Der König der Löwen 2019 Filmbild 3Die Originalsprecher (die Kritik basiert auf der englischen Sprachfassung des Films) sind gut ausgewählt und die Rückkehr von James Earl Jones' majestätischer, Respekt einflößender Stimme als Mufasa ist sehr willkommen. Die Comedians Billy Eichner und Seth Rogen sind perfekt als Timon und Pumbaa, wobei auch hier die tolle Stimmarbeit mit der emotionsgehemmten Animation in Konflikt steht. Eine Faust-aufs-Auge-Besetzung ist auch John Oliver als Zazu, der als würdiger Nachfolger seines Landsmannes Rowan Atkinson in der Rolle die nötige Selbstironie, Schusseligkeit und Tollpatschigkeit mitbringt. Als treuer "Last Week Tonight"-Fan dauerte es bei mir jedoch ein wenig, bis ich mich an seine Stimme in diesem ganz anderen Kontext gewöhnt habe.

Der König der Löwen 2019 Filmbild 4Eine große Frage, die man sich natürlich nach dem Film stellt, lautet: "Wie würde man ihn beurteilen, wenn der Film von 1994 gar nicht existieren würde?" Möglicherweise anders und positiver, doch ich kann auch die Tatsache nicht einfach ausblenden, dass er eben existiert und für die besten Momente des Remakes verantwortlich ist. Obwohl der neue König der Löwen eine gute halbe Stunde länger läuft als das Original, ist er äußerst vorlagengetreu, vielleicht sogar mehr als jede andere Film aus Disneys Welle der Neuverfilmungen. Nicht nur alle die Originalsongs und alle ikonischen Momente wurden Szene für Szene übernommen, sondern auch viele Dialogzeilen entsprechen Wort für Wort exakt dem Original. Es gibt zwar auch ein neues Lied von Beyoncé ("Spirit") und natürlich auch einige Szenenerweiterungen, die die Filmlänge polstern, doch nichts davon ist substanziell. Nichts ergänzt die Vorlage wie beispielsweise die Vergrößerung und Verbesserung von Jasmins Rolle im neuen Aladdin oder die revisionistische Nacherzählung von Dornröschen in Maleficent. Die größte Veränderung ist vielleicht noch, dass die Hyänen nicht länger (nur) Witzfiguren sind, sondern eine tatsächliche, glaubhafte Bedrohung darstellen. Im Grunde ist es aber der gleiche Film im prächtigen neuen Gewand.

Der König der Löwen 2019 Filmbild 5Es fällt nicht schwer, nachzuvollziehen, weshalb Jon Favreau und Disney sich dafür entschieden haben. Der Originalfilm ist ein geliebter Klassiker. "Circle of Life", "Hakuna Matata" und "Can You Feel the Love Tonight" sind großartige, eingängige und wundervoll arrangierte Songs. Die oscarprämierte Musik von Hans Zimmer ist fantastisch. Weshalb etwas reparieren, was nicht kaputt ist, und die Fans auf die Barrikaden gehen lassen? Natürlich wirkt das alles auch beim zweiten Mal. Der Film hat seine Gänsehaut-Momente, allen voran natürlich die "Der ewige Kreis"-Eröffnungssequenz, die im Original zu den besten Szenen in der gesamten Disney-Geschichte gehört und auch hier erhebend und atemberaubend ist. Doch nahezu jeden wirklich guten Moment hat der Film dem Umstand zu verdanken, dass er schon vor 25 Jahren sehr gut war. Es stellt sich schnell ein Déjà-Vu-Gefühl sein, das bis zum Schluss anhält. Bei all seiner bahnbrechenden visuellen Brillanz, die auf Kosten der Emotionen geht, bietet der Film letztlich keinen überzeugenden Grund, weshalb man sich in den nächsten 25 Jahren dafür entscheiden sollte, ihn anstelle des Originals noch einmal anzuschauen.

Fazit

Technische Perfektion gedeiht, während Kreativität dahinsiecht. Disneys photorealistischer Der König der Löwen ist visuell bahnbrechend und vertraute Momente aus dem Original sorgen immer noch für Staunen und Gänsehaut. Doch der Hyperrealismus hat seinen Preis und dämpft die emotionale Kraft der Vorlage, der das Remake mit wenigen Ausnahmen sehr treu folgt.

Trailer

Annabelle 3 (2019) Kritik

Annabelle 3 (2019) Filmkritik

Annabelle Comes Home, USA 2019 • 106 Min • Regie: Gary Dauberman • Mit: Mckenna Grace, Madison Iseman, Katie Sarife, Vera Farmiga, Patrick Wilson • FSK: ab 16 Jahren • Kinostart: 4.07.2019 • Deutsche Website

Handlung

Im Jahr 1968 stellen die verheirateten Dämonologen und paranormalen Ermittler Ed und Lorraine Warren (Patrick Wilson und Vera Farmiga) die Porzellanpuppe Annabelle sicher, in deren Umfeld sich unheimliche Vorkommnisse ereignet haben. Nach einem gruseligen Zwischenfall auf dem Heimweg, können die Warrens Annabelle mithilfe eines Priesters im Artefaktenraum ihres Hauses hinter einer Vitrine aus gesegnetem Kirchenglas unterbringen und vorerst unschädlich machen. Einige Zeit später werden die Dienste der Warrens wieder benötigt. Sie verreisen über Nacht und lassen ihre Tochter Judy (Mckenna Grace) in der Obhut der liebenswerten Babysitterin Mary Ellen (Madison Iseman) zurück. Gemeinsam wollen die beiden Judys anstehenden 11. Geburtstag schon früh feiern. Doch auch Mary Ellens beste Freundin Daniela (Katie Sarife), die von der Arbeit der Warrens fasziniert ist, lädt sich selbst ins Haus ein. Judy, die wegen ihrer Eltern an der Schule gehänselt wird, ist für jede Aufmerksamkeit dankbar und protestiert nicht. Daniela führt jedoch was im Schilde. Wenn Mary Ellen und Judy kurz aus dem Haus sind, schleicht sie sich in den verbotenen Artefaktenraum ein, um ihren bei einem Autounfall verstorbenen Vater zu kontaktieren. Dabei öffnet sie trotz expliziter Warnung unbedacht Annabelles Vitrine und entfesselt ihre bösartige Macht, die auch andere Dämonen und Geister zum Leben erweckt. Die drei Mädchen erwartet eine lange Nacht im Geisterhaus.

Kritik

Geboren aus dem Erfolg des ersten Conjuring-Films heraus, hat die Gruselpuppe Annabelle das Mutter-Franchise mit ihrer eigenen Reihe offiziell überholt. Während Conjuring 3 aktuell erst gedreht wird, sucht Annabelle bereits zum dritten Mal im Alleingang die Kinos heim. Wobei diese Aussage bei näherer Betrachtung nicht ganz stimmt. Zunächst einmal ist Annabelle selbst gar nicht besessen, wie Vera Farmiga als Lorraine im Prolog aufklärt, sondern dient lediglich als Leitkanal für das Böse aus dem Jenseits. Das erklärt, weshalb Annabelle im Gegensatz zu Chucky nie lebendig wird und ihren Opfern mit einem Messer hinterherjagt. Das erklärt allerdings nicht, in welcher Welt irgendjemand jemals diese Puppe, der "Ich bin böse" ins schelmische Gesicht förmlich geschrieben steht (die Realität ist übrigens deutlich weniger gruselig), besitzen wollen würde. Vermutlich die gleichen Leute, die Clowns mögen. Die naheliegende Frage, weshalb man die Puppe nicht einfach zerstört, wird mit einem "Das würde alles noch schlimmer machen" wegerklärt. Okay. Jedenfalls ist die für den Film notwendige Erläuterung damit noch nicht vorbei, denn später erkennt Lorraine auch, dass Annabelle zudem als Leuchtfeuer für alle anderen paranormalen Wesen dient und sie anzieht. Damit schafft der Film die Grundlage dafür, was Gary Dauberman, der Drehbuchautor alle drei Annabelle-Filme, der mit Teil 3 sein Regiedebüt feiert, letztes Jahr als Horrorversion von Nachts mit Museum beschrieben hat. Wie schon jene Fantasy-Komödie mit Ben Stiller, bleibt aber auch Annabelle 3 hinter dem Potenzial zurück, das ihre Prämisse ermöglicht.

Annabelle 3 (2019) Filmbild 1Die Auftritte von Patrick Wilson und Vera Farmiga am Anfang und Ende des Streifens erinnern daran, weshalb die beiden Conjuring-Filme weiterhin die besten Beiträge aus ihrem stetig wachsenden Horror-Universum sind. Ohne große Gesten, mit subtilem Spiel und warmer, familiärer Chemie machen die beiden ihre Charaktere sympathisch und nahbar. Man fiebert mit ihnen mit, hofft, dass sie triumphieren. Ihr Auftritt in Annabelle 3 lässt vor allem wieder Vorfreude auf den dritten Hauptfilm der Reihe aufkommen; Vorfreude, die lediglich dadurch etwas gedämpft wird, dass Conjuring 3 nicht länger von James Wan, sondern vom Lloronas-Fluch-Regisseur Michael Chaves inszeniert wird, dem Macher des bislang schwächsten Films des Conjuring-Universums.

Zugleich untergräbt jedoch die tiefe Verankerung des Plots von Annabelle 3 in der Geschichte der Warrens jeglichen noch bestehenden "Wahrheitsanspruch" dieser Reihe. Conjuring begann als Aufarbeitung angeblich wahrer Erlebnisse der Warrens und setzte dies auch im zweiten Film fort. Da sie an den Spin-Offs bislang nicht beteiligt waren, fiel es noch leicht, diese offen fiktiven Ereignisse von den Hauptfilmen zu trennen. Aber wenn wir mal davon ausgehen, dass es keine Episode im Leben der Warrens gab, in der ihre zehnjährige Tochter samt Babysitterin von zahlreichen Geistern und Dämonen durchs Haus gejagt wurde, unterminiert das auch die letzten Reste der "wahren Geschichte" der Filme. Die meisten Genrefans dürfte das jedoch nicht stören.

Annabelle 3 (2019) Filmbild 2Diese können sich in Annabelle 3 auf ein Sammelsurium vielfältiger Dämonen und Geister freuen. Von einem verfluchten Hochzeitskleid über einen "Fährmann"-Geist und eine lebendgewordene Samurai-Rüstung bis hin zu einem…Geisterwerwolf? Es gibt sogar ein Wiedersehen mit einem Geistermädchen aus Annabelle 2 (Samara Lee). Zynisch könnte man auch sagen, dass Annabelle 3 als Sprungbrett für zahlreiche weitere potenzielle Spin-Offs konzipiert wurde. Wird The Ferryman das nächste sein? Oder The Wedding Dress? Mir hat es besonders ein Fernseher angetan, der das Spiegelbild seiner Umgebung aus etwa zehn Sekunden in der Zukunft projiziert, doch ich befürchte, dass man drumherum keinen eigenen Film basteln kann. Andererseits…

Natürlich könnte man die Sinnhaftigkeit dessen hinterfragen, dass erfahrene Dämonologen wie Ed und Lorraine eine Puppe, die sie als Magnet für alle anderen Dämonen und paranormale Wesen sehen, ausgerechnet in einem Raum ausstellen, in dem sie von zahllosen besessenen Objekten umgeben ist. Auch könnte man sich fragen, ob jemand, der an all das offenbar glaubt, ernsthaft so blöd wäre, eine Vitrine aufzumachen, die explizit davon warnt, es unter keinen Umständen zu tun. Manchmal fühlt man sich wie bei der Kellerszene aus The Cabin in the Woods, die eben all diese Genrekonventionen von dummen Horror-Protagonisten gekonnt parodierte. Aber ohne diese hätten wir wohl das halbe Horrorgenre nicht.

Annabelle 3 (2019) Filmbild 3Manche der vielen Wesen wirken albern, manche kreativ. Keins ist wirklich gruselig. Von den sieben bisherigen Filmen des Conjuring-Universums kommt Annabelle 3 dem Teenie-Horror am nächsten. Echte Gruselatmosphäre stellt sich kaum ein, auch wenn die Nebelmaschine in einigen Szenen Überstunden leisten musste. Im Vordergrund stehen eher Spaß und Jump Scares, vorgetäuschte wie auch echte. In dieser Hinsicht entfernt sich der Film leider von der unheimlichen Aura von Annabelle 2, dem weiterhin besten Teil der Reihe. Dafür ist er immerhin kurzweiliger als der dröge erste Film. Wenn er erst einmal in der letzten halben Stunde endlich in Fahrt kommt, unterhält er wie eine ordentliche, altmodische Geisterbahn. Der größte Spaß dabei besteht darin, vorauszusagen, wann der nächste "Buh!"-Moment kommt, denn diese zeichnen sich meist früh ab. Im Gegensatz zu The Nun ist der Humor in Annabelle 3 nicht unfreiwillig und geht vor allem auf Kosten von Mary Ellens naivem Verehrer Bob, gespielt von Michael Cimino. Spannung kommt jedoch nie wirklich auf, denn obwohl die drei Hauptfiguren atemlos durchs Haus gejagt werden, hat man nie das Gefühl, als seien sie in ernsthafter Gefahr. Vielmehr wirkt es, als würden die meisten Dämonen ihnen einfach einen guten Schrecken einjagen wollen. Auch das R-Rating des Films ist vermutlich das harmloseste, das man in dem Genre seit langer Zeit erlebt hat.

Annabelle 3 (2019) Filmbild 4Nachdem Wilson und Farmiga ihren Dienst geleistet haben, gehört der Film dem zwölfjährigen Rising Star Mckenna Grace, die zuletzt als junge Carol Danvers in Captain Marvel zu sehen war. Bereits Annabelle 2 wurde vor allem von zwei jungen Mädchen in den Hauptrollen getragen, und auch im Sequel ist es eine junge Darstellerin, die mehr als in der Lage ist, ihren Part facettenreich und sehr glaubwürdig zu spielen – sowohl in den emotionalen Szenen als Außenseiterin an ihrer Schule als auch erst verängstigt und dann entschlossen im Angesicht paranormaler Gefahr. Judy ist die Tochter ihrer Mutter. Für Grace ist der Film sicherlich auch eine gute Übung für den nächsten Ghostbusters-Film gewesen, in dem sie es wieder mit Unheil stiftenden Geistern zu tun bekommen wird. Madison Iseman als brave blonde Babysitterin und Katie Sarife als das brünette, freche Gegenstück zu ihr mit einer dunklen Seite sind weniger ausgereifte Charaktere als eindimensionale Abziehbilder, die die Handlung vorantreiben und gut schreien können. Das Problem ist, dass der Film sich nach seinem Prolog vor allem mit menschlichen Charakteren herumschlagen muss und das Geisterhaus erst im letzten Drittel des etwa 100-minütigen Films wirklich zum Leben erwacht.

Fazit

Wer nach dichter Atmosphäre und echtem Grusel sucht, ist bei Annabelle 3 an der falschen Adresse. Einfallsreicher als der erste Teil, aber deutlich spannungsärmer als der zweite, wirkt der siebte Film des Conjuring-Universms wie eine aufwendige Geisterbahn von einer Horror-Kirmes, die mit Genreklischees um sich schlägt und erst im letzten Drittel in Fahrt kommt. Bonuspunkte gibt es für den Auftritt der Franchise-Veteranen Patrick Wilson und Vera Farmiga.

Trailer

Spider-Man: Far From Home (2019) Kritik

Spider Man Far From Home (2019) Filmkritik

Spider-Man: Far From Home, USA 2019 • 129 Min • Regie: Jon Watts • Mit: Tom Holland, Jake Gyllenhaal, Zendaya, Jacob Batalon, Samuel. L. Jackson, Jon Favreau, Marisa Tomei • FSK: ab 12 Jahren • Kinostart: 4.07.2019 • Website

Handlung

Das Universum ist gerettet und die von Thanos Weggeschnipsten wurden zurückgeholt. Was bleibt, ist eine veränderte Welt, deren halbe Bevölkerung nach fünf Jahren Abwesenheit wieder aufgetaucht ist. Als eins der zurückgebrachten Opfer von Thanos und Teilnehmer der entscheidenden Schlacht gegen ihn, leidet Peter Parker (Tom Holland) alias Spider-Man an den traumatischen Ereignissen, die er durchleben musste, und trauert um seinen verstorbenen Mentor Tony Stark. Während die Welt darauf wartet, dass er in Iron Mans Fußstapfen tritt, braucht Peter dringend eine Auszeit. Zum Glück steht eine Klassenfahrt nach Europa an. Diese möchte Peter dazu nutzen, um M.J. (Zendaya) in Paris seine Gefühle zu gestehen. Doch bereits auf dem Flug entgleist sein sorgfältig durchdachter Plan. Es wird nicht besser, als Nick Fury (Samuel L. Jackson) in Venedig auftaucht und den unwilligen Peter dazu einspannt, an der Seite des aus einer anderen Dimension aufgetauchten Superhelden Quentin Beck alias Mysterio (Jake Gyllenhaal) gegen Elementals zu kämpfen, Riesenmonster, die aus den Grundelementen Wasser, Feuer, Erde und Luft bestehen. Für Peter und seine Freunde beginnt eine irrwitzige Reise durch ganz Europa, auf der Peter verzweifelt versucht, das Geheimnis seiner Superhelden-Identität zu bewahren, M.J. endlich nahezukommen und den hohen Erwartungen an sein Alter Ego gerecht zu werden.

Kritik

Der bombastische Überblockbuster Avengers: Endgame ließ 11 Jahre und 21 Filme des ambitioniertesten Franchises der Filmgeschichte in einem höchst zufriedenstellenden Finale gipfeln. Begleitet wurde der Film von einem allgegenwärtigen Gefühl der Endgültigkeit, das durch den Verzicht auf Abspannszenen zusätzlich untermauert wurde. Nachdem die Zuschauer nach der dreistündigen Achterbahnfahrt, die eine ganze Ära abgeschlossen hat, erstmals keinen Ausblick auf die Zukunft des Marvel-Kinouniversums erhalten haben, stellten sich viele eine Frage: "Was kann jetzt noch kommen?"

Die Antwort lautet Spider-Man: Far From Home, der Epilog der dritten Phase des MCU. Mit seinen verhältnismäßig niedrigen Einsätzen nach der Weltuntergangsstimmung von Endgame, ist das zweite Solo-Abenteuer von Tom Hollands freundlicher Spinne aus der Nachbarschaft ein leichtfüßiger, heiterer Ausgleich. Er ist die Ruhe nach dem Sturm, der Tag der Entspannung und des Ausklangs nach einem wilden Partyabend, an dem die Folgen der Feier noch deutlich zu spüren sind (jedoch ohne Kopfschmerzen). Falls Ihr zu den zwei Leuten gehört, die sich in diese Kritik verirrt haben, ohne Avengers: Endgame zuvor gesehen zu haben, wäre jetzt ein guter Zeitpunkt, umzukehren.

Spider Man Far From Home (2019) Filmbild 1Nach einer kurzen Begegnung von Nick Fury und Maria Hill mit der neuen großen Bedrohung für die Erde und der möglichen Erlösung in Form von Quentin Beck, huldigt der Film gleich zu Beginn mit der denkbar kitschigsten Videomontage, untermalt von Whitney Houstons "I Will Always Love You", den gefallenen Avengers. Diese entpuppt sich als Teil der Schulreportage von Peters Highschool, moderiert von seiner Mitschülerin Betty (Angourie Rice). Der Bericht bringt die Zuschauer auf den neusten Stand der Dinge, indem er den "Blip" erklärt. So wird gemeinhin die fünfjährige Abwesenheit der halben Weltbevölkerung bezeichnet, die plötzlich, ohne gealtert zu sein, wieder aufgetaucht ist. Mit dem durch den Blip verursachten Chaos muss die Welt nun zurechtkommen. Praktischerweise sind Peters engere Freunde und Klassenkameraden natürlich allesamt von Thanos ursprünglich pulverisiert worden, sodass Far From Home nahtlos an Spider-Man: Homecoming anknüpfen kann.

Das gesamte Segment wirkt bewusst billig und albern, und stimmt wunderbar darauf ein, was folgt: einer der lustigsten Filme des MCU. Natürlich kam Humor in den Marvel-Filmen von Disney auch in düstersten Szenarien nie zu kurz, doch die neuen Spider-Man-Filme machen die Comedy-Elemente zu einem großen Teil ihrer DNA. Bei der MCU-üblichen Mischung aus Humor und Action funktioniert bei Far From Home der Humoranteil deutlich besser. Der Night-Monkey-Running-Gag alleine wird zahllose Memes und T-Shirt-Motive inspirieren, und wird einfach nie alt. Nicht alle Gags sitzen allerdings. Die von Martin Starr und J.B. Smoove gespielten, überforderten Lehrer sind leider nicht so witzig, wie das Drehbuch uns glauben lassen möchte.

Spider Man Far From Home (2019) Filmbild 2Regisseur Jon Watts weiß, den sympathisch-nerdigen Charme seines als Jugendlicher immer noch sehr glaubwürdigen Hauptdarstellers Tom Holland gut einzusetzen. Mit Witz, Tapferkeit und einer Portion peinlicher Berührtheit ruft Holland in Erinnerung, weshalb Spider-Man seit Jahrzehnten eine der größten Identifikationsfiguren für Generationen von Jugendlichen ist. Der Konflikt zwischen Peters Bestrebungen, es allen recht zu machen, sich jedem Unrecht zu stellen, das Geheimnis seiner Superhelden-Identität zu bewahren und zugleich ein normales Leben zu führen, gehört zu den Kernaspekten der Figur und wurde sowohl in der Maguire- als auch in der Garfield-Ära thematisiert. Durch den Tod von Tony Stark wird dieses Dilemma in Spider-Man: Far From Home zusätzlich verstärkt. Die Erwartungen an Spider-Man als möglicher Nachfolger – man bedenke, die Welt ahnt nicht, dass ein Teenager im Spinnenkostüm steckt – steigen, und Peter weiß nicht, ob er diesen gewachsen ist, oder es überhaupt sein möchte. Der Zwiespalt und die Sehnsucht nach einem unbeschwerten Leben mit dem Mädchen seiner Träume sind nachvollziehbar. So hat Peter auch unser Nachsehen, wenn er eine wirklich dumme Entscheidung in dem Film trifft. Er ist eben nicht perfekt.

Spider Man Far From Home (2019) Filmbild 3Wie sein Vorgänger Homecoming, ist Far From Home immer am besten, wenn er den Fokus auf das gewöhnliche Teenager-Leben von Peter richtet, mit all seinen Missverständnissen, Fettnäpfchen, Freundschaften und Schwärmereien. Sowohl seine humorvollen Interaktionen zu Jacob Batalons Ned, der immer mehr zu einer Karikatur wird, als auch die authentisch unbeholfenen, zaghaften Annäherungsversuchen zwischen Peter und M.J. machen Spider-Man: Far From Home zu einer wirklich köstlichen Teenie-Komödie. Reserviert, sarkastisch und scharfzüngig, lebt sich Zendaya bei ihrem zweiten Auftritt noch besser in die Rolle von Peters Schwarm ein. Ihre Beziehung hat genau die richtige Chemie einer aufkeimenden, jungen Liebe. Zum Charme des Films tragen auch die wechselnden europäischen Locations bei, deren Durchlauf ein wenig an Eurotrip erinnert – ohne die vulgären Elemente, aber mit vergleichbarer ironischer Klischeehaftigkeit. In den wenigen Minuten, die der Film beispielsweise in den Niederlanden verbringt, gibt es Tulpenfelder, Windmühlen und sympathische Football-Hooligans zu sehen. Nach sechs Spider-Man-Kinofilmen in New York, ist es eine angenehme Abwechslung, den jugendlichen Helden in eine weniger vertraute Umgebung zu bringen.

Spider Man Far From Home (2019) Filmbild 4Der Film würde vermutlich auch gut funktionieren, wenn man jegliche Superhelden-Angelegenheiten ganz auslassen würde, doch natürlich ist es ein MCU-Abenteuer und so warten auf uns auch wieder Explosionen, Massenzerstörung und Menschenleben in Gefahr. Die zum Teil kreativen, zum Teil austauschbaren Actionszenen wirken angesichts der Hauptgeschichte fast schon ablenkend. Man steht als auf Peters Seite, indem man hofft, dass diese ganzen großangelegten Kämpfe schnell vorbei sind, damit man zur turbulenten Klassenfahrt zurückkehren kann.

Die kreativen Köpfe bei Marvel haben jedoch mehr als ein As im Ärmel. Wenn die Zuschauer in ein Gefühl der Sicherheit und Vertrautheit eingelullt werden, ändert der Film sein Spielfeld. Wer mit der Spider-Man-Mythologie vertraut ist, wird früh wissen, woher der Wind weht, doch auch für sie hält der Film noch einige Überraschungen bereit. Hier ist nicht so sehr das "was" wichtig wie das "wie". Spider-Man: Far From Home spielt gekonnt mit Erwartungen, stellt sie vermeintlich auf den Kopf und wendet sie dann wieder, und wieder, und wieder. Die Twists und Offenbarungen reichen bis in die letzte Szene des Films hinein. Eigentlich muss ja keinem Marvel-Fan ausdrücklich empfohlen werden, bis zum Ende des Abspanns sitzen zu bleiben, doch selten lohnte es sich so sehr wie hier. Beide Abspannszenen gehören zu den besten des MCU in den letzten Jahren und gerade die erste ließ mich breit grinsen und wird für regelrechten Jubel unter vielen Fans sorgen.

Spider Man Far From Home (2019) Filmbild 5Visuell hat Far From Home einige wirklich abgefahrene, trippy Sequenzen zu bieten, wie man sie bisang aus Doctor Strange oder dem brillanten Spider-Man-Animationsfilm A New Universe kennt. Diese sind einerseits einfallsreich, sehen aber andererseits unglücklicherweise häufig wie ein mäßig gut gerendertes Videospiel aus, was dann einen dann doch wieder aus dem tiefen Kinoerlebnis herausreißt.

Natürlich kann auch Jake Gyllenhaal als Quentin alias Mysterio nicht unerwähnt bleiben, der seine Rolle mit vollem Einsatz spielt, sei es der dick aufgetragene Pathos oder die vergnügte Häme, die an seine beste Performance in Nightcrawler erinnert. Neben Cobie Smulders und Samuel L. Jackson, die als Maria Hill und Nick Fury weitgehend auf Autopilot agieren, sorgt der Auftritt von Jon Favreau als Tony Starks einstiger Bodyguard Happy Hogan für weitere Verknüpfung zum restlichen Marvel-Filmuniversum. Er teilt Peters Trauer um Tony, doch es ist nicht die einzige Verbindung der beiden, denn auch in Happys Leben gibt es eine romantische Entwicklung.

Spider Man Far From Home (2019) Filmbild 6Robert Downey Jr.s Vertrag mit Marvel ist ausgelaufen und Tony Stark ist tot, doch sein Schatten hängt weiterhin über Far From Home. Das Vermächtnis des reuigen Waffenhändlers, Genies, Milliardärs, Playboys und Philanthrops, gut wie schlecht, ist ein essentieller Teil des Films und ermöglicht eine clevere Einbindung von Far From Home in das komplex vernetzte Konstrukt des MCU, einschließlich einiger direkter Referenzen zu vergangenen Filmen.

Spider-Man: Far From Home ist nicht der beste Spider-Man-Film. Dazu fehlen ihm die inszenatorische Virtuosität und die Intensität von Sam Raimis ersten zwei Filmen. Doch er ist eine gelungene Steigerung gegenüber Homecoming und ein entspannter, äußerst unterhaltsamer und überraschend raffinierter Beitrag zum Marvel Cinematic Universe.

Fazit

Als ungezwungenes, lässiges und urkomisches Sommer-Abenteuer ist Spider-Man: Far From Home der perfekte Gegenpol zur Schwermut und den monumental hohen Einsätzen von Avengers: Endgame. Der Film schafft es, deutlich cleverer und ins Gesamtkonstrukt des Marvel-Kinouniversums besser eingebunden zu sein, als er anfangs den Anschein macht. Seine zunehmend besseren Wendungen und Überraschungen entfaltet er bis in die allerletzte Szene. Den Höhepunkt stellen, wie schon bei Homecoming, die Szenen von Peters Leben als gewöhnlicher Teenager dar, während die teils kreativen, teils aber austauschbaren Actionszenen fast schon ablenkend wirken.

Trailer

Child’s Play (2019) Kritik

Childs Play (2019) Filmkritik

Child’s Play, USA/CA/FR 2019 • 90 Min • Regie: Lars Klevberg • Mit: Aubrey Plaza, Gabriel Bateman, Mark Hamill, Brian Tyree Henry, David Lewis • FSK: ab 16 Jahren • Kinostart: 18.07.2019 • Website

Handlung

Die revolutionäre Hightech-Puppe Buddi des internationalen Technologie-Konzerns Kaslan ist der letzte Schrei für Kinder und Gadget-Fans. Der Zusammenbau der Puppe und die Programmierung ihres Prozessors erfolgt natürlich in Vietnam, wo unterbezahlte Arbeiter in einer heruntergekommenen Fabrik rund um die Uhr schuften müssen. Nachdem ein unzufriedener Mitarbeiter von seinem Vorgesetzten heruntergemacht wurde, schaltet er aus Trotz alle Sicherheitsprotokolle und Hemmmechanismen einer der Roboterpuppen aus, bevor er Selbstmord begeht. Die manipulierte Puppe wird derweil in die USA verschifft und landet über Umwege im Haushalt der jungen, alleinerziehenden Mutter Karen (Aubrey Plaza) und ihres 13-jährigen Sohns Andy (Gabriel Bateman). Die beiden sind für einen Neuanfang nach Chicago gezogen, doch der hörbehinderte Andy hat Schwierigkeiten, sich anzupassen und Freunde zu finden. Von seinem fehlerhaften Buddi, der sich selbst Chucky tauft, ist er anfangs wenig begeistert, bis er feststellt, dass die Puppe keinerlei Filter hat und ihm aufs Wort gehorcht. Dank Chucky werden auch andere Kids aus dem Wohnkomplex auf Andy aufmerksam und freunden sich mit ihm an. Anfangs setzen sie Chucky für harmlose Streiche ein, doch das Verhalten der selbstlernenden Puppe wird immer bedrohlicher. Sie wird nichts zwischen sich und ihrem besten Freund Andy kommen lassen. Dann geschieht der erste Mord und während niemand Andy glaubt, ist der Junge davon überzeugt, dass Chucky verantwortlich ist.

Kritik

Vor 31 Jahren, als Freddy, Jason, Michael und Leatherface bereits längst als Ikonen des Horrorgenres etabliert waren, haben Drehbuchautor Don Mancini und Regisseur Tom Holland mit der Mörderpuppe Chucky einen ungewöhnlichen Neuzugang erschaffen. Die durch einen Voodoo-Zauberspruch von der Seele eines Serienkillers besessene Puppe machte mit den späteren Sequels eine ähnliche Wandlung durch wie auch Freddy Krueger. An beide erinnern sich viele Horrorfans vor allem als augenzwinkernde Sprücheklopfer mit einer Vorliebe für ausgefallene Morde, doch in beiden Fällen wird vergessen, dass die Anfänge deutlich ernster und mehr auf Grusel und Atmosphäre bedacht waren als auf böse Comedy. Gerade der erste Chucky-Film zog seine absurde Prämisse einer besessenen Puppe, die einen Sechsjährigen terrorisiert, mit ernster Miene durch, und hat trotzdem oder vielleicht eben deswegen funktioniert.

Immer wieder wurde Chucky in seinen Filmen getötet und wiedergeboren. Auch kreativ erlebte die Reihe unter Originalschöpfer Don Mancini mehrere Wiedergeburten. Vom gradlinigen Horror über bitterböse schwarze Komödie und Hollywood-Satire hin zurück zu ernsten und düsteren Wurzeln und einem Touch Surrealismus mit dem ambitionierten, polarisierenden Cult of Chucky. Nachdem die letzten zwei Filme nur noch direkt im Heimkino erschienen sind, erlebt Chucky seine neuste Reinkarnation im Kino – diesmal jedoch ohne Mancini, mit neuem Look, einer neuen Stimme und einer ganz neuen Entstehungsgeschichte. Chucky ist im Remake-Land angekommen!

Childs Play (2019) Filmbild 1Irgendwann ereilt es jedes Horror-Franchise. Jede der vier eingangs erwähnten Horrorikonen hat es schon durchgemacht. Als die Neuverfilmung letztes Jahr angekündigt wurde, war ich, wie auch viele andere Chucky-Anhänger, recht skeptisch. Einerseits weil die Figur so untrennbar mit Brad Dourifs Stimme verbunden ist, andererseits weil Don Mancinis Hauptreihe gar nicht beendet ist und demnächst mit einer TV-Serie fortgeführt wird. MGM, das Studio hinter dem Remake, besitzt nämlich ausschließlich die Rechte an dem ersten Film, während Universal alle weiteren Franchise-Rechte gehören. Daher wirkte dieses Remake von Anfang an wie ein schwarzes Schaf und der Plot um eine gehackte Roboterpuppe klang bemüht modern und weit entfernt von dem, was Chucky ursprünglich ausgemacht hat.

Lässt man die Vorurteile jedoch beiseite, ist Child’s Play ein gelungener, kleiner, böser und sehr blutiger Horrorspaß. Neben gleichen Charakternamen, einigen subtilen Referenzen und der Grundidee einer tödlichen Puppe mit rotem Haarschopf, hat das Drehbuch von Tyler Burton Smith sehr wenig mit Mancinis Vorlage gemeinsam. Am besten kann man sich auf den Film einlassen, wenn man ihn gar nicht erst als Remake betrachtet. Insofern profitiert der Film vielleicht gerade in Deutschland davon, dass der Originaltitel beibehalten wurde, unter dem Chucky hierzulande nie bekannt war.

Childs Play (2019) Filmbild 2Der Plot der Neuverfilmung ist marginal weniger absurd als im Originalfilm. Der Ansatz, auf die Gefahren der modernen Vernetzung hinzuweisen, ist hochaktuell. Allerdings stellt sich bereits in den ersten Minuten des Films, der mit einem Werbespot von Kaslan zu Buddi beginnt, die Frage, warum eine Firma eine unansehnliche Puppe wie diese mit einer Art Super-Alexa ausstatten würde. Kinder brauchen nicht all die Zusatzfunktionen einer solchen Puppe; Erwachsene würden wiederum etwas Dezenteres vorziehen. Der Clue beim alten Chucky war, dass das Puppendesign an sich niedlich war und die Figur erst durch die Besessenheit und Dourifs Stimme bösartig wirkte. Der neue Chucky ist auf Anhieb ultracreepy, was Andy auch sehr schnell anmerkt. Diese Selbsterkenntnis zieht sich durch den Film hindurch, erklärt aber immer noch nicht, wie eine Puppe wie Chucky der heißeste Scheiß werden konnte.

Die Anthologie-Serie "Black Mirror" warnt uns seit Jahren schon vor den Tücken hochmoderner Technologien und künstlicher Intelligenz, und Child’s Play spielt sich wie eine simple, dafür aber besonders brutale Episode der Serie ab. Doch "Black Mirror" war nicht die einzige Inspiration der Macher, die augenscheinlich auch von "Stranger Things" angetan waren. Entstanden ist dabei ein Hybrid, in dem postmoderne Technik-Paranoia mit einem spürbaren Achtziger-Vibe kontrastiert wird. Die Mischung ist interessant und entfernt das Remake erfolgreich von der Vorlage, während sie ihr trotzdem Respekt zollt. Die "Stranger Things"-Inspiration geht jedoch noch weiter. Auch hier haben wir eine Gruppe von mutigen Kindern, die sich der Unwesen treibenden Puppe stellen. Leider wirkt die Freundschaft der Kids hier unausgereift und ihr Zusammenhalt kommt zu kurz und zu spät im Film.

Childs Play (2019) Filmbild 5Tonal kehrt Child’s Play weder ganz zum Horror des Originals zurück noch wird er jemals so albern wie Chucky und seine Braut. Vielmehr wandelt er recht erfolgreich auf dem schmalen Grat zwischen Horror und extrem makabrer Komödie. Letztere geht weniger direkt auf Chucky zurück, sondern ist situationell bedient, wenn der defekte Chucky Anweisungen missversteht, sehr wörtlich nimmt, oder seine Opfer sehr brutal und kreativ tötet.  Der Film bezieht schwarzen Humor aus seinen brutalen Momenten. Insbesondere eine Todesszene und ihre Nachwirkungen (Stichwort: Wassermelone!) dürften Fans von bitterbösem, blutigem Horror ein Grinsen in die Gesichter zaubern. Die Genre-Inspiration des Regisseurs, Tobe Hoopers Texas Chainsaw Massacre 2, der den Psychohorror seines Vorgängers durch schwarzen Humor und explizite Over-the-Top-Gewalt ersetzte, wird in einer Szene buchstäblich vorgeführt. Diese könnte man auch als schlauen, subtilen Hinweis des Machers interpretieren, dass Kinder, auch wenn sie diese für sie eigentlich nicht geeigneten Filme im jungen Alter sehen, dennoch nicht gleich verstört sind und Fiktion von der Realität unterscheiden können. Das kann Chucky aufgrund seiner rigiden Lernprozesse eben nicht und so beginnt sein Wandel zum Psychopathen.

Childs Play (2019) Filmbild 3Als Chuckys neue Originalstimme hat es Mark Hamill nicht leicht, in Brad Dourifs Fußstapfen zu treten. Dass seine zweifellos tolle Arbeit nicht ganz so einprägsam wirkt wie Dourifs hat mehrere Gründe. Zum einen wirkt sich die Bekanntheit von Hamills Stimme als die des Jokers aus der "Batman"-Zeichentrickserie und den "Arkham"-Videospielen zum Nachteil aus. Sobald Chucky endgültig die Sicherungen durchbrennen, klingt er zu sehr nach einer etwas zurückhaltenden Version von Batmans Widersacher. Zum anderen ist Hamill schon durch das Konzept einer Roboterpuppe limitiert. Im alten Chucky steckte immer ein Mensch mit seiner bisherigen Persönlichkeit, und das erlaubte Dourif, die Rolle vergnügt böswillig auszukosten und jede Szene an sich zu reißen. Die Persönlichkeit des neuen Chucky entwickelt sich erst im Laufe des Films. Das ermöglicht Hamill immerhin, die Rolle anders anzulegen und Chucky trotz aller Gewaltakte kindlich naiv wirken zu lassen. Der Hauptunterschied zwischen der alten und der neuen Version ist nämlich, dass dieser Chucky nicht inhärent böse ist. Er möchte wirklich Andys bester Freund sein und ihm Gutes tun. Leider fehlen ihm dazu jegliche Empathie und ein Gewissen. Man könnte den Film also als finsteres Spiegelbild von Toy Story sehen (in dem Woodys und Buzz' Besitzer übrigens auch Andy heißt). Wenn sich Andy und seine Freunde gegen Chucky wenden, hört man die Verletztheit in seiner Stimme und verspürt sogar einen kleinen Hauch Sympathie für das unheimliche Ding. Das ist Hamill zu verdanken, weshalb es sich unbedingt empfiehlt, sich die Originalfassung anzuschauen. Natürlich darf auch ein Star-Wars-Gag im Film nicht fehlen, der umso besser funktioniert, wenn man weiß, wer Chucky die Stimme leiht. Es ist auch nicht Hamills Schuld, dass der neue Chucky so unglaublich hässlich aussieht.

Childs Play (2019) Filmbild 4Gabriel Bateman, der bereits in Lights Out Horrorerfahrungen gesammelt hat, macht seine Sache als Andy gut, auch wenn seine Schwerhörigkeit im Film (im Gegensatz zu beispielsweise A Quiet Place) keine nennenswerte Rolle als Charaktermerkmal spielt. Sarkasmus-Königin Aubrey Plaza ist als seine überforderte Mutter leider unterfordert und zu sehr ein Klischee (einschließlich eines unsympathischen neuen Freundes), lässt jedoch gelegentlich ihren trockenen Humor durchblicken, wenn das Drehbuch es (zu selten!) zulässt. Brian Tyree Henry verleiht dem Film als sympathischer Polizist etwas Herz. Alle anderen Figuren bleiben leider Stereotype, wie der schmierige, voyeuristische Hausmeister oder der Arschloch-Freund der Mutter.

Child’s Play lässt sich mit Chuckys Wandel von einer defekten, aber es gut meinenden Puppe zu einem Amok laufenden Killerroboter viel Zeit, aber die Geduld wird in der zweiten Filmhälfte mit einem echten Blutbad belohnt. Gruselig ist der Film nicht, aber er nimmt sich gerade noch ernst genug, dass man als Zuschauer mit den Hauptfiguren mitfiebert, und zugleich auch feiert, wenn sich Chucky mit allen technologischen und analogen Mitteln durch Menschenmassen meuchelt. Die Satireanflüge des Films beschränken sich auf Kaslans Omnipräsenz (Amazon lässt grüßen) und den Konsumentenwahn (Buddi 2 steht bereits in Regalen!), er lässt jedoch viel Potenzial in dieser Hinsicht unausgeschöpft. Es ist ein Film mit guten Intentionen, wenig Ambitionen und einem Fokus auf das Wesentliche: blutige, augenzwinkernde Unterhaltung. Nach seinem grässlichen und lächerlich blutleeren Regiedebüt Polaroid rehabilitiert sich Lars Klevberg dank Child’s Play nahezu als Horror-Filmemacher.

Fazit

Bei Lars Klevbergs überraschend unterhaltsamem und sehr makabrem Hightech-Horror Child’s Play treffen "Black Mirror" und "Stranger Things" aufeinander, während sich der Film von seiner Vorlage weit genug entfernt, um auf eigenen Beinen zu stehen. Vergleiche sind aber insbesondere bei Chuckys Originalstimme unausweichlich und Mark Hamill zieht trotz großer Hingabe gegenüber Brad Dourif knapp den Kürzeren.

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Men in Black: International (2019) Kritik

Men in Black International (2019) Filmkritik

Men in Black: International, USA/GB 2019 • 115 Min • Regie: F. Gary Gray • Mit: Chris Hemsworth, Tessa Thompson, Liam Neeson, Emma Thompson, Rebecca Ferguson • FSK: ab 12 Jahren • Kinostart: 13.06.2019 • Website

Handlung

Die Men in Black sind eine technologisch fortgeschrittene Geheimorganisation, die außerirdische Aktivitäten auf der Erde überwacht, sie vor der Öffentlichkeit geheim hält und die Erde vor Bedrohungen aus dem Weltall beschützt. Als Kind hat Molly (Tessa Thompson) beobachtet, wie zwei Men-in-Black-Agenten das Gedächtnis ihrer Eltern nach einer Begegnung mit einem außerirdischen Wesen ausgelöscht haben. In den nächsten 20 Jahren wird die Suche nach weiteren Hinweisen auf Aliens und die Men in Black zum einzigen Lebensinhalt der jungen Frau – bis sie eines Tages fündig wird und in das verborgene New Yorker MIB-Hauptquartier hineinspaziert. Sie wird erwischt, schafft es jedoch, MIB-Chefin O (Emma Thompson) zu überzeugen, ihr eine Chance als Agentin zu geben. Nachdem sie während der Ausbildung großes Potenzial zeigt, wird Molly als Agentin M auf Bewährung in die Londoner Zweigstelle der Men in Black entsandt, um nach dem Rechten zu schauen. Dort wird sie zur Partnerin des draufgängerischen Agenten H (Chris Hemsworth), der einst als großer Held gefeiert wurde, weil er gemeinsam mit seinem Vorgesetzten High T (Liam Neeson) die Welt rettete. Doch gleich der erste Einsatz von M und H, bei dem sie ein Mitglied einer außerirdischen königlichen Familie beim Zwischenstopp auf der Erde beschützen sollen, misslingt. Dabei gelangt M in Besitz einer übermächtigen Waffe. Weil sie Verdacht schöpfen, die Bedrohung könnte von einem Verräter aus eigenen Reihen ausgehen, werden M und H abtrünnig. Fortan werden sie nicht nur von einer kaum aufzuhaltenden außerirdischen Rasse verfolgt, sondern auch von ihren eigenen Kollegen.

Kritik

Franchises sind heutzutage das Hauptgeschäft aller großen Hollywood-Filmstudios. Zugleich haben Remakes und Reboots bekanntlich keinen guten Ruf unter Filmfans. Doch nicht immer sind Stars verfügbar oder willens, weitere Sequels zu drehen. Was macht man also, wenn man eine Reihe fortführen will, aber das Reboot-Label vermeiden möchte? Die Lösung sind sehr lose Fortsetzungen, die eine bereits etablierte Welt nehmen, sie mit neuen Figuren bevölkern und eine kleine Verbindung zu den alten Filmen darin belassen, damit die Fans nicht auf die Barrikaden gehen. Nach diesem Prinzip funktionierte bereits Sonys extrem erfolgreicher Jumanji: Willkommen im Dschungel. Nachdem Will Smith es abgelehnt hat, für einen vierten Film zurückzukehren, und das wirklich bizarr klingende Crossover mit 21 Jump Street nicht zustandegekommen ist, versucht Sony das Gleiche mit der Men-in-Black-Reihe.

Men in Black International (2019) Filmbild 1Als obligatorisches Bindeglied zwischen Men in Black: International und der Original-Trilogie fungiert Emma Thompson, die als MIB-Leiterin O aus Men in Black 3 zurückkehrt. In ihren zu wenigen Szenen ist ihr autoritärer, ultrastylischer Einsatz eine echte Freude. Das kann man von Liam Neesons nichtssagender, auf Autopilot gespielter Rolle leider nicht behaupten. Wer nach irgendwelchen Verweisen auf Will Smiths und Tommy Lee Jones' Agenten J und K sucht, wird nicht fündig. Nach Thompsons Auftritt, der den Hauptplot in Gang setzt, löst sich der Film geografisch von seinen Vorgängern, bleibt deren bewährtem Schema jedoch sehr treu. Zwei ungleiche MIB-Agenten – ein Neuling und ein alter Hase – müssen ein mächtiges Artefakt vor bösen Aliens beschützen, die der Erde mit Vernichtung drohen. Klingt das irgendwie vertraut? Die Macher gingen bei Men in Black: International keinerlei Risiken ein und das Ergebnis ist dementsprechend eine passable, kurzweilige Sci-Fi-Actionkomödie ohne allzu große Höhepunkte oder Makel. Das ist immerhin schon mehr als der Totalausfall Men in Black II, kommt jedoch weder an den sehr originellen Erstling noch an den überraschend emotionalen und cleveren dritten Film heran.

Men in Black International (2019) Filmbild 2Man kann sich förmlich vorstellen, wie die Verantwortlichen von Sony Thor – Tag der Entscheidung sahen, und sich dabei dachten, dass Chris Hemsworth und Tessa Thompson doch auch als Men (and Women!) in Black ein gutes Team abgeben würden. Men in Black hat seinerzeit ein wirklich einfallsreiches, irrwitziges Universum erschaffen, doch der Film funktionierte vor allem dank der Paarung Smith und Jones. Er bezog seinen Humor aus dem Unterschied zwischen dem knochentrockenen, todernsten, mit allen Wassern gewaschenen K und dem lockeren J, der mit großen Augen und voller Staunen diese vor ihm zuvor verborgene Welt entdeckt. Will Smith als J war die perfekte Identifikationsfigur für die Zuschauer. Obwohl auch Thompsons M im neuen Film bei den Men in Black neu ist, wirkt sie von Anfang an abgebrüht und nicht so leicht zu beeindrucken, was eine Distanz zwischen den Zuschauern und der Figur schafft. Hemsworth und Thompson haben, wie schon beim dritten Thor, gute Chemie miteinander, doch der Kontrast zwischen den beiden ist einfach nicht so groß. Thompson ist die seriöse, wissbegierige Agentin und Hemsworth der unberechenbare coole Typ, der gerne improvisiert. Aber eigentlich handeln beide recht schnell wie ein eingespieltes, erfahrenes Team und werden natürlich zu besten Buddys. Für größeren Kontrast sorgt Rafe Spall (Jurassic World – Das gefallene Königreich) als Vorzeige-Bürokrat Agent C, dessen verbaler Schlagabtausch mit Hemsworth jedoch nicht annähernd so lustig ist, wie der Film glaubt.

Men in Black International (2019) Filmbild 3Thompson und Hemsworth strahlen die nötige Coolness in den Rollen und den maßgeschneiderten schwarzen Anzügen aus. Hemsworth versprüht Charisma und beweist wieder einmal sein komödiantisches Talent und Furchtlosigkeit vor peinlichen Situationen. Insgesamt macht es immer wieder den Eindruck, als würde er weiterhin Thor spielen, lediglich ohne Bart und (fast) ohne Hammer. Einige seiner besten Gags verrät Men in Black: International leider schon im Marketing, wobei das natürlich nicht die Schuld des Films ist.

Die größte Überraschung des Films ist Pawny, Ms und Hs winziger Alien-Begleiter mit einem Flair für Theatralik. Im Original vom Comedian Kumail Nanjiani (The Big Sick) gesprochen, stiehlt er dem Duo locker die Show. Spaß macht auch Rebecca Fergusons (Mission: Impossible – Fallout) Auftritt als sexy dreiarmige Waffenhändlerin und eine Affäre aus Hs Vergangenheit. Man kann hoffen, dass sie in einem potenziellen Sequel mit einer größeren Rolle zurückkehren wird.

Men in Black International (2019) Filmbild 4Ansonsten ist bei diesen Men in Black trotz neuer Darsteller alles beim Alten. Es gibt schnittige Fahrzeuge (Lexus ist ein Star für sich!), unzählige silbern glänzende Waffen in allen Größen, abgefahrene Alien-Designs und größtenteils beeindruckende Effekte, wobei hier und da Greenscreen noch erkennbar ist. Für Abwechslung sorgt der Film, indem er seinem Titel gerecht wird und die Charaktere von New York über London und Marrakesch nach Paris bringt. Die Marrakesch-Szenen erinnern in ihrem Verlauf kurioserweise an das Casablanca-Segment in John Wick: Kapitel 3 – beide beginnen mit einer großen Actionsequenz in der Stadt und enden in der Wüste – nur mit weniger Leichen. Abgesehen von High Ts Agentennamen und einem Gag über Linksverkehr macht der Film leider nichts aus dem Culture-Clash-Potenzial beim Wechsel des MIB-Standortes von New York nach London.

Der üblicherweise sehr zuverlässige F. Gary Gray (Verhandlungssache, Straight Outta Compton) inszeniert den Film routiniert, aber ohne großen Elan. Leider baut das Drehbuch auf einen großen Twist, den man bereits nach dem ersten Akt kommen sieht. Damit aber auch wirklich niemand überrascht ist, streut der Film so viele Hinweise ein und wiederholt diese so penetrant, dass nicht nur die große Wendung, sondern auch ihr kompletter Hergang vorher glasklar werden. Wenn man als Zuschauer den Figuren so weit im Voraus ist, macht das die unvermeidliche Enthüllung sehr antiklimatisch. Doch wenn man den Weg als das Ziel sieht, dann ist dieser durchaus unterhaltsam.

Fazit

Neue (Wo)Men in Black, alte Formel: Die lose Fortführung der Men-in-Black-Reihe ist vorhersehbar und funktioniert streng nach Schema F, kann aber dank ihrer gut harmonierenden Besetzung durchweg unterhalten. Man wird jedoch kein Blitzdings brauchen, um diesen Film nach kürzester Zeit wieder komplett zu vergessen.

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Box-Office USA: Pets 2 enttäuscht, Dark Phoenix floppt, Godzilla II bricht ein

X Men Dark Phoenix Box Office

Links: Pets 2 © 2019 Universal Pictures
Mitte: X-Men: Dark Phoenix © 2019 20th Century Fox
Rechts: Godzilla II: King of the Monsters © 2019 Warner Bros. Pictures

Quelle: Boxofficemojo

Zwei enttäuschende Neustarts auf den vorderen Plätzen der nordamerikanischen Kinocharts sorgten für einen weiteren kleinen Rückgang des Top-12-Umsatzes gegenüber der Vorwoche. Diesmal ging es um 6% runter auf $160,6 Mio für die zwölf umsatzstärksten Filme. Gegenüber dem gleichen Wochenende im Vorjahr, als Ocean’s 8 die Charts eroberte, verbuchte die Top 12 jedoch einen soliden Anstieg um 43%. Dieser Plus wird sich jedoch nicht halten können, denn eine Woche später ist 2018 Die Unglaublichen 2 sehr stark angelaufen und damit wird Men in Black: International kommendes Wochenende nicht mithalten können.

Platz 1 ging am Wochenende an Illuminations und Universals Animations-Sequel Pets 2 mit $46,7 Mio von 4561 Kinos, was einen Schnitt von $10229 pro Spielstätte ergab. Es war der zweitbreiteste Start eines Films in der US-Geschichte. Nur Avengers: Endgame ist in noch mehr Kinos am Startwochenende zu sehen gewesen. Doch auch die Unmenge an Kinos konnte nicht verhindern, dass der Film unter den Erwartungen startete. Pets 2 ist ganze 55% unter seinem Vorgänger von 2016 angelaufen, der vor drei Jahren satte $103,4 Mio am ersten Wochenende erwirtschaftete. Bis heute ist es das erfolgreichste Startwochenende eines Films ohne jegliche Roman-, Comic- oder Franchise-Vorlage. Der Originalfilm spielte $368,4 Mio in den USA und in Kanada ein, doch der Neuheitswert der genialen Idee von Haustieren, die ein Eigenleben führen, war mit dem ersten Teil verspielt. Das Marketing zum Sequel hat es nicht geschafft, sich von dem Vorgänger irgendwie abzugrenzen oder etwas Neues zu bieten, daher auch das verhaltene Interesse der Kinogänger an der Fortsetzung.

Dass Pets 2 deutlich unter dem ersten anlaufen würde, zeichnete sich bereits nach den ersten Starts außerhalb von Nordamerika an, die im Schnitt auch etwa halb so erfolgreich waren wie beim ersten Teil. Pets 2 ist die erste richtige Enttäuschung der Animationsschmiede Illumination, deren acht der bisherigen neun Filme mehr als $200 Mio in den USA und in Kanada eingenommen haben. Zugleich sollte man nicht glauben, dass Pets 2 ein kommerzieller Misserfolg ist. Das Sequel wird immer noch ordentlichen Profit für Universal abwerfen, und das liegt daran, dass Illumination das Budget wieder einmal niedrig gehalten hat. Der Streifen kostete lediglich $80 Mio, nur $5 Mio mehr als der erste. Nahezu alle Illumination-Produktionen kosteten bislang zwischen $70 und $80 Mio (ohne Marketingkosten). Im Vergleich: ein durchschnittlicher Animationsfilm von Pixar oder Disney kostet mindestens $150 Mio. Pets 2 wird es also nicht schwer haben, auf schwarze Zahlen zu kommen.

Etwa 62% der Zuschauer am Startwochenende waren Familien, was in der Regel langes Stehvermögen verspricht. Dafür spricht auch der "A-"-CinemaSocre (äquivalent einer "1-"), den der Film von seinen Besuchern erntete. Die Mundpropaganda ist positiv und A Toy Story: Alles hört auf kein Kommando ist die einzige nennenswerte (allerdings auch übermächtige) Konkurrenz in den nächsten Wochen. Sollte sich Pets 2 ähnlich halten wie der erste Film oder Illuminations Ich – Einfach unverbesserlich 3, wird er $166-172 Mio einspielen. Allerdings könnte er auch etwas frontlastiger werden. Ein klareres Bild wird sich kommendes Wochenende abzeichnen. Aktuell ist von etwa $155-175 Mio als Gesamtergebnis in Nordamerika auszugehen.

X-Men: Dark Phoenix ist hingegen nicht nur eine gigantische Box-Office-Enttäuschung zum Start, sondern ein waschechter Flop. Der finale Film in Fox' X-Men-Reihe, die 2000 begonnen hat, sowie der vierte Film der "verjüngten" Reihe seit X-Men: Erste Entscheidung kam mit sehr mageren $32,8 Mio von 3721 Lichtspielhäusern aus den Startlöchern und erzielte einen Schnitt von $8822 pro Kino. Disney muss das mangelnde Interesse bereits abgesehen haben, denn Dark Phoenix startete in 429 Kinos weniger als X-Men: Apocalypse, 350 weniger als Logan – The Wolverine und 275 weniger als X-Men – Zukunft ist Vergangenheit. Dennoch haben nur die wenigsten damit gerechnet, dass Dark Phoenix so spektakulär scheitert. Es ist der erste X-Men-Film, der nicht auf Platz 1 der US-Kinocharts eröffnete und es ist auch das mit Abstand schwächste Startwochenende der Reihe. Dieser Negativrekord gehörte vorher Wolverine – Weg des Kriegers mit $53,1 Mio. Dark Phoenix ist nur halb so gut angelaufen wie X-Men: Apocalypse vor drei Jahren. Doch das ist nicht der einzige Franchise-Tiefpunkt, den Dark Phoenix aufgestellt hat. Mit nur 22% positiver Kritiken auf RottenTomatoes und einem sehr mäßigen "B-"-CinemaScore (äquivalent einer "2-"), was für einen Sommer-Blockbuster wirklich schlecht ist, ist es auch der vom Publikum am schlechtesten aufgenommene X-Men-Film.

Die Aussichten für die nächsten Wochen sind also alles andere als rosig. Mit direkter Konkurrenz von Men in Black: International und Spider-Man: Far from Home voraus, gekoppelt mit der üblichen Frontlastigkeit der X-Men-Filme und negativer Mundpropaganda, wird Dark Phonix schnell einbrechen und schon bald anfangen, seine Leinwände zu verlieren. Mehr als $75-80 Mio wird er in Nordamerika nicht einnehmen, was für das Franchise sowie den schätzungsweise $200 Mio teuren Film einfach furchtbar ist. Er wird insgesamt in den USA und in Kanada weniger einnehmen als X-Men 2 vor 16 Jahren allein am Startwochenende eingespielt hat! International sieht es ein klein wenig besser aus. Außerhalb von Nordamerika hat X-Men: Dark Phoenix $103 Mio eingespielt, identisch zum internationalen Start von X-Men: Apocalypse. Allerdings ist er auch bereits in nahezu allen Ländern angelaufen und wird wieder schnell sinken. Weltweit erwarten ihn höchstens $300-350 Mio.

Disneys Aladdin landete auf Rang 3, einen Platz tiefer als in der Vorwoche. Dabei hielt sich das Märchen-Musical mit einem Rückgang von 42,4% ganz gut und erreichte weitere $24,7 Mio am Wochenende. Bislang hat der Film $232,6 Mio eingenommen und steht kurz davor, Maleficent ($241,4 Mio zu überholen). Außerdem liegt er 8% hinter The Jungle Book, 12% hinter Alice im Wunderland und 41% hinter Die Schöne und das Biest im selben Zeitraum. Mit seinem guten Drop hat Aladdin seine Chancen auf $300 Mio nahezu zementiert, insbesondere da er sowohl vom Vatertag nächstes Wochenende sowie von unausweichlichen Double Fatures mit Toy Story 4 profitieren wird. Insgesamt sollte der Film $300-310 Mio in nordamerikanischen Kinos einnehmen, bevor er sich verabschiedet. Für Will Smith wäre es der dritte $300-Mio-Hit in den USA nach Independence Day und Suicide Squad. Weltweit hat Aladdin bereits mehr als $600 Mio eingespielt.

Godzilla II: King of the Monsters implodierte am zweiten Wochenende mit einem Minus von 67,7%. Der Film fiel um drei Plätze auf Rang 4 und spielte nur noch $15,5 Mio ein. Der Rückgang ist vergleichbar mit dem des letzten Godzilla (-66,8%) und spricht einerseits für Frontlastigkeit durch Andrang am Startwochenende, andererseits auch für schwache Mundpropaganda wie schon beim Vorgänger. Mit $78,5 Mio auf der Bank nach zehn Tagen und Men in Black: International als direkte Konkurrenz im Anmarsch, wird Godzilla II nur mit großer Not über $100 Mio hinauskommen. Immerhin sollte er, wie schon der letzte Film, vom Vatertag in den USA nächsten Sonntag profitieren. Aktuell steuert der Film auf $105-110 Mio zu. International hat er zusätzliche $213,7 Mio bis dato eingenommen. Wie in den USA, so befindet sich der Film auch in anderen Märkten im freien Fall und wird weltweit keine $500 Mio einnehmen können. Bei einem Produktionsbudget von $170 Mio und der geringen prozentuellen Ausbeute des Studios in China bedeutet es, dass Godzilla II frühestens im Heimkino seine Kosten wieder einnehmen wird.

Auf Seite 2 erfahrt Ihr, wie sich Rocketman am zweiten Wochenende gehalten hat und wie viel Avengers: Endgame und John Wick: Kapitel 3 inzwischen eingenommen haben.

Box-Office USA: Godzilla: King of the Monsters setzt sich knapp vor Aladdin durch, enttäuscht aber

Godzilla King of the Monsters Box Office

Links: Godzilla: King of the Monsters © 2019 Warner Bros. Pictures
Rechts: Aladdin © 2019 Walt Disney Pictures

Quelle: Boxofficemojo

Obwohl sich gleich drei verhältnismäßig starke Neustarts in der Top 5 der nordamerikanischen Kinocharts am vergangenen Wochenende platzieren konnten, konnte der Umsatz vom Memorial-Day-Wochenende eine Woche zuvor nicht ganz gehalten werden. Die Top 12 sank um knapp 3% auf $169,5 Mio. Verglichen zum selben Wochenende im Vorjahr, als Solo: A Star Wars Story mit einem schwachen zweiten Wochenende führte, ging es jedoch um satte 69% nach oben.

Godzilla war am Wochenende nicht nur der König der Monster, sondern auch des Box-Office. Genau genommen war er das nur am Freitag, während Aladdin sowohl Samstag als auch Sonntag für sich beanspruchen konnte. Am Gesamtwochenende reichte es jedoch gerade so aus, um an Disneys Märchen-Musical vorbeizuziehen und eine komplette Blamage zu vermeiden. Godzilla II: King of the Monsters spielte zum Start $47,8 Mio von 4108 Kinos ein und erzielte damit einen Schnitt von $11630 pro Spielstätte. Erwartungsgemäß waren die Zuschauer vor allem männlich (67%) und älter (59% waren 25 oder älter). Obwohl ein Nummer-1-Start zunächst einmal immer gut aussieht, ist dieses Startwochenende in vielerlei Hinsicht sehr enttäuschend. Im Folgenden gehen wir auch detailliert darauf ein weshalb, und was den Film in den kommenden Wochen erwartet.

Zunächst einmal das Offensichtliche: Godzilla II spielte nur etwa die Hälfte des Startwochenendes seines Vorgängers von 2014 ein. Gareth Edwards' Godzilla lief vor fünf Jahren mit mächtigen $93,2 Mio an, auch wenn der Film danach schnell in sich zusammengebrochen und nur knapp an der $200-Mio-Marke vorbeigezogen ist. King of the Monsters kann davon nur träumen. Doch auch der zweite Film in Warners MonsterVerse, Kong: Skull Island, trotzte vorletztes Jahr den gedämpften Erwartungen und startete mit $61 Mio 28% über Godzilla II. Besorgniserregend ist auch die Frontlastigkeit des Sequels. Der Film erzielte in den Donnerstagspreviews $6,3 Mio. Das war deutlich mehr als nei Kong: Skull Island ($3,7 Mio) und nur $3 Mio weniger als beim ersten Godzilla. Am gesamten Starttag lag er jedoch erheblich unter beiden Filmen und spielte lediglich $19,8 Mio ein, während Kong $20,1 Mio und Godzilla $38,4 Mio schafften. Die Frontlastigkeit bezeichnet den Andrang der Zuschauer zum Filmstart und das schlechte Durchhaltevermögen in den Tagen danach. Bei Godzilla II: King of the Monsters machten die Previews ganze 32% des gesamten Starttags aus. Beim ersten Godzilla waren es noch 24%, und bei Kong nur 18%.

Der Trend setzte sich auch am Samstag fort. King of the Monsters sank gegenüber dem Starttag um 17,2%. Beim letzten Godzilla betrug der Rückgang 16,3% und Kong: Skull Island legte sogar um 18,9% zu. Was diese Zahlen verdeutlichen, ist, dass die Godzilla-Filme zum Start von einer großen Fangemeinde gepusht werden. Kong erwies sich wiederum als ein Crowd Pleaser, ein richtiger Unterhaltungsfilm, weshalb er sich auch viel besser halten konnte im Vergleich zu Godzilla (2014).

Roland Emmerichs Godzilla startete vor 22 Jahren mit $44 Mio, nur knapp weniger als King of the Monsters. Inflationsbereinigt wären das heutzutage fast $85 Mio. Und man sollte bedenken, dass der Film damals, kurz nach Independence Day, von vielen als eine kleine Box-Office-Enttäuschung gesehen wurde. Das rückt die Performance von Godzilla II: King of the Monsters in Perspektive. Doch wie kommt es, dass der letzte Film so viel besser gestartet ist? Das hat er zwei Faktoren zu verdanken. Einerseits war es eben der erste große Godzilla-Film seit Emmerichs vor 17 Jahren, andererseits hat Warners Marketing wirklich Neugier geweckt, da es den Titanen nicht besonders viel zeigte. Doch der Film enttäuschte damals sehr viele Kinogänger eben mit geringem Godzilla-Screentime, und sie kehrten für Teil 2 nicht zurück. Pacific Rim 2 zeigte letztes Jahr, dass Riesenmonster kein Argument mehr für Leute sind, um in die Kinos zu gehen.

Das Produktionsbudget (ohne Marketing) von Godzilla II wird offiziell mit $170 Mio angegeben, $10 Mio mehr als beim Vorgänger. Laut Insider-Quellen von Deadline soll es jedoch näher an $185 Mio liegen. So oder so wird er in Nordamerika nur einen kleinen Teil seiner Ausgaben wieder einspielen, denn nur 55% des US-Einspiels gehen an das Studio zurück. In den nächsten Wochen erwartet Godzilla II mit X-Men: Dark Phoenix und Men in Black: International viel Blockbusterkonkurrenz. Unter den Zuschauern erzielte der Film einen soliden "B+"-CinemaScore (äquivalent einer "2+"), doch auch der erste hatte die gleiche Wertung, jedoch schwache Mundpropaganda. Wenn er sich so hält, wie sein Vorgänger, wird er nur $103 Mio in den USA und in Kanada einspielen. Wenn es wie bei Kong: Skull Island läuft, erwarten ihn $132 Mio. Das finale Ergebnis wird vermutlich irgendwo dazwischen liegen, jedoch aufgrund der bisherigen Frontlastigkeit eher am unteren Rand des Spektrums. Ich gehe von $105-120 Mio aus. Entscheidend werden für den Film Umsätze von internationalen Märkten sein. Dort lief King of the Monsters mit $130 Mio ordentlich an, doch auch da wird sich noch zeigen, wie er sich in den nächsten Wochen hält. Der letzte Godzilla spielte außerhalb von USA und Kanada $328 Mio ein. Das Sequel braucht mindestens $400 Mio, um die Enttäuschung in Nordamerika auszugleichen.

Disneys Aladdin belegte mit $42,8 Mio den zweiten Rang der Charts und verlor 53,2% gegenüber seinem starken Startwochenende. Nach zehn Tagen steht der $183 Mio teure Film bei $185,5 Mio und belegt Platz 3 der erfolgreichsten Filme des Jahres in den USA, hinter Avengers: Endgame und Captain Marvel. Und, ja, alle drei gehören Disney, aber an dieses Bild wird man sich in den nächsten Jahrne gewöhnen müssen. Aladdin hielt sich an seinem zweiten Wochenende schlechter als Disneys Realverfilmungen Alice im Wunderland, The Jungle Book, Cinderella und Die Schöne und das Biest. Alle vier bauten in Woche 2 weniger als die Hälfte ab. Allerdings war Aladdins Startwochenende durch den Feiertag am Montag auch besonders stark. Angesichts weitgehend positiver Reaktionen und der Tatsache, dass der Film wirklich alle Zuschauersegmente querbeet anspricht, wird er sich in den kommenden Wochen stabilisieren und eine lange Laufzeit im Sommer haben.

Der Streifen liegt momentan 42% hinter Die Schöne und das Biest und 3% hinter The Jungle Book im selben Zeitraum, jedoch 45% vor Maleficent. Letzterer spielte am Ende $241,4 Mio ein, sodass Aladdin problemlos über die $250-Mio-Marke hinauskommen sollte und aktuell auch Chancen auf $300 Mio hat. Alles hängt davon ab, wie hart ihn die Familienkonkurrenz von Pets 2 und A Toy Story: Alles hört auf kein Kommando diesen Monat treffen wird. Aladdin sollte die Kinos mit $285-300 Mio verlassen.

Rang 3 ging an das fantasievolle Musical-Biopic Rocketman über Elton John. Trotz seines R-Ratings spielte der Film in den ersten drei Tagen fabelhafte $25,7 Mio von 3610 Kinos ein (im Schnitt $7126 pro Kino). Natürlich verblasst der Kinostart im direkten Vergleich zu den $51 Mio von Bohemian Rhapsody letztes Jahr, doch das Freddie-Mercury-Biopic hatte eine niedrigere Altersfreigabe, war viel traditioneller und verzichtete auch auf besonders offene Darstellung von Mercurys Homosexualität. Rocketman ist deutlich weniger scheu, womit in den USA schon große potenzielle Zuschauerschichten entfallen. Daher ist der Start wirklich sehr gut, insbesondere im Hinblick auf das $40-Mio-Produktionsbudget. Die Zuschauer waren natürlich überwiegend älter, mit 55% über 30. Wie auch in der Kritik, kam der Film bei den Kinogängern sehr gut an und erzielte einen "A-"-CinemaScore (äquivalent einer "1-"). Das deutet auf gutes Stehvermögen in den nächsten Wochen hin. Außerdem ist der Film das perfekte Kontrastprogramm zu effektreichem Actionkino und den Familienfilmen, die in den nächsten Wochen in die Kinos kommen. Bohemian Rhapsody spielte mehr als das Vierfache von seinem Startwochenende insgesamt ein. Ähnlich könnte es auch bei Rocketman verlaufen, dem ich ein Gesamteinspiel von etwa $90-105 Mio prophezeie.

Auf Seite gibt es Updates zu den starken Einspielergebnissen von Avengers: Endgame und John Wick: Kapitel 3. Außerdem verraten wir, wie erfolgreich der neuste Psychothriller aus dem Hause Blumhouse gestartet ist.

Godzilla II: King of the Monsters (2019) Kritik

Godzilla II King of the Monsters (2019) Filmkritik

Godzilla: King of the Monsters, USA/JP 2019 • 132 Min • Regie: Michael Dougherty • Mit: Kyle Chandler, Millie Bobby Brown, Vera Farmiga, Charles Dance, Ken Watanabe, Zhang Ziyi, Sally Hawkins • FSK: ab 12 Jahren • Kinostart: 30.05.2019 • Deutsche Website

Handlung

Fünf Jahre sind seit der Zerstörung von San Francisco und Las Vegas durch Godzilla und die MUTOs vergangen. Die Welt weiß nun von der Existenz der Titanen, gigantischen Urzeitgeschöpfen, die einst über die Erde herrschten. Doch weder Godzilla noch andere Monster wurden seitdem wieder gesichtet. Nur die undurchsichtige Organisation Monarch, die sich seit Jahrzehnten mit der Suche und Erforschung dieser Wesen beschäftigt und an die Notwendigkeit von Godzilla als regulierende Macht der Natur glaubt, weiß um ihren Verbleib und steht deshalb auf dem Prüfstand der US-Regierung. Ein Durchbruch gelingt schließlich der Monarch-Wissenschaftlerin Dr. Emma Russell (Vera Farmiga) mit der Entwicklung eines Geräts namens Orca, mit man über Schallwellen mit den Titanen kommunizieren und sie ggf. sogar kontrollieren kann. Doch unmittelbar nach dem ersten erfolgreichen Test wird die Forschungsstation vom ehemaligen MI6-Agenten und Öko-Terroristen Jonah Alan (Charles Dance) überfallen, der Emma und ihre hochintelligente Tochter Madison (Millie Bobby Brown) entführt. Mit ihrer Hilfe und dem Orca plant er, die von Monarch ausfindig gemachten Titanen freizusetzen, um die natürliche Ordnung auf der Welt wiederherzustellen. Emmas Ex-Mann, der Tierexperte und Orca-Mitentwickler Dr. Mark Russell (Kyle Chandler), soll Monarch dabei helfen, Jonah aufzuspüren, bevor er die Welt in Chaos versinkt. Mark, der beim Angriff auf San Francisco seinen gemeinsamen Sohn mit Emma verloren hat, befürwortet die Vernichtung aller Titanen. Doch auch er muss einsehen, dass Godzilla möglicherweise ihre letzte Hoffnung ist.

Kritik

Godzilla II: King of the Monsters wird nicht der teuerste, kommerziell erfolgreichste oder beste Film dieses Sommers sein, doch er ist ziemlich sicher der größte. Daran erinnert er die Zuschauer auch mit bestimmter Regelmäßigkeit, meist indem er seine überdimensionalen Kreaturen in epischen, gemäldeartigen Bildern neben Gebäuden oder Flugzeugen in Perspektive rückt, um ihre Maßstäbe zu verdeutlichen. Die Schauwerte sind so monumental, so glorreich, dass der Film förmlich schreit: "Schaut her, wie geil ich aussehe!" Das tut er auch. Von dem $170-Mio-Budget sieht (und hört) man jeden Cent. Manche Filme verlangen nach einer größtmöglichen Leinwand und dem besten Klangsystem, und Godzilla II gehört auf jeden Fall dazu. Der Film wäre ein verdammt gutes Argument für einen Kinobesuch – wenn er lediglich aus einem Zusammenschnitt seiner Monsterkämpfe bestünde. Doch leider gibt es noch all die Szenen dazwischen.

Godzilla II King of the Monsters II (2019) Filmbild 1Während das Sequel mit seinen Monsterszenen und der Bildgestaltung glänzt, scheitert er gänzlich an seinen menschlichen Charaktere und ihren Geschichten. Es ist klar, dass die Zuschauer ins Kino gehen, um zu sehen, wie Godzilla einen dreiköpfigen Drachen vermöbelt, und nicht für das Familiendrama von Kyle Chandler und Vera Farmiga. Doch so gerne es einige Kaiju-Fans auch hätten, ein Film wie Godzilla kann nicht ausschließlich aus zwei Stunden an Monsterraufereien bestehen. Dafür ist er sich auch zu schade und nimmt sich zu ernst und bedeutungsvoll, anstatt, wie Kong: Skull Island, seine B-Movie-Wurzeln einfach zu akzeptieren. Also müssen die Zuschauer mit uninteressanten Charakteren und ihren unglaubwürdigen Motivationen vorlieb nehmen. Das Trauma des Verlusts eines Kindes wird als emotionale Komponente eingeführt, erzielt jedoch keine Wirkung. Die abgedroschenen Dialoge tun der tollen Besetzung auch keinen Gefallen. Kyle Chandler darf vor allem in Tiraden über die Vernichtung Godzillas aussprechen, während Ken Watanabe und Vera Farmiga bedeutungsschwangere, hochtrabende, aber letztlich haarsträubende Reden über die Unerlässlichkeit der Monster in unserer Welt mit Inbrunst vortragen. Gähn.

Godzilla II King of the Monsters II (2019) Filmbild 2Alle Schauspieler, einschließlich des eigentlich immer perfekt als Bösewicht besetzten, charismatischen Charles Dance ("Game of Thrones"), bleiben schmerzlich unter ihren Möglichkeiten. Lediglich die vielversprechende "Stranger Things"-Jungdarstellerin Millie Bobby Brown hat einige halbwegs fordernde Szenen, wobei die Messlatte hier tief liegt.

Wer fand, dass Godzilla im Kinofilm von 2014 zu wenig zu sehen war, kann diesmal beruhigt sein. Regisseur und Co-Autor Michael Dougherty hat diese Klage der Fans ernst genommen und sorgt dafür, dass die Riesenechse und seine visuell fantastisch umgesetzten Widersacher (und Verbündete!) deutlich häufiger zu sehen sind. Rodan, Ghidorah und Mothra sind zwar die wichtigsten Neuankömmlinge des MonsterVerse, doch die Zuschauer bekommen im Film noch diverse weitere spektakuläre Titanen zu sehen. King Kong, gegen den Godzilla nächstes Jahr in die Arena gehen wird, ist allerdings nur kurz in einer TV-Reportage zu sehen. Man möchte ja auch noch nicht alles vorwegnehmen.

Godzilla II King of the Monsters II (2019) Filmbild 3Zugleich setzt Dougherty in einer Hinsicht die Linie des Vorgängers von Gareth Edwards fort, indem er seinen Film in eine unwirkliche Atmosphäre taucht, in der die Welt vor unseren Augen von Kräften verändert wird, über die wir keine Kontrolle haben. Diese Monster sind Naturgewalten, untrennbar mit Mutter Natur verbunden und vielleicht ihre einzige Rettung. Allerdings fehlt dem Film die unheilvolle Stimmung des Erstlings, die jener eben dadurch erreichte, dass er Godzilla zu einem kaum fassbaren Mysterium machte. Dadurch (und dank besseren Figuren) konnte er die Sequenzen zwischen den Monsterauftritten besser überbrücken.

Godzilla II King of the Monsters II (2019) Filmbild 4Also bleibt Godzilla II: King of the Monsters ein Film von Bergen und Tälern, der nur mit seinen Monstern zum Leben erwacht, nur um direkt darauf wieder in Lethargie zu verfallen. Wenn Godzilla und King Ghidorah aufeinanderprallen, ob auf offenem Meer, in der Eiswüste Antarktikas oder mitten in Boston, treibt der Film den Adrenalinspiegel in die Höhe. Der ohrenbetäubende Sound sorgt für den nötigen Wumms und Bear McCrearys ("The Walking Dead") pompös majestätische Filmmusik runden das bombastische Erlebnis ab. Doch dann kommt wieder die nächste Menschenszene und nimmt dem Film jeglichen Wind aus den Segeln.

Auch ohne besonders interessante Charaktere hätte Godzilla II vermutlich hervorragend funktionieren können, wenn er nicht so bierernst wäre. Kong: Skull Island hat es vor zwei Jahren vorgemacht. Doch leider gab der ausgelassene Monsterspaß nicht den Ton für den nächsten Film dieses Monsteruniversums an. So bleibt Godzilla II eine opulente, aber über weite Strecken nüchtern-dröge Materialschlacht. Es bleibt zu hoffen, dass King Kong nächstes Jahr in Godzilla vs. Kong den Spaß von Skull Island mitbringt.

Fazit

Wenn in Godzilla II: King of the Monsters die Titanen aufeinanderprallen, wird der Film zu einem Fest für die Sinne und einem handfesten Argument für das Kinoerlebnis auf einer möglichst großen Leinwand. In den Pausen zwischen den Monsterkämpfen, versinkt er jedoch in einer Lethargie aus zweckmäßigen Charakteren mit unglaubwürdigen Motivationen und schlecht geschriebenen Dialogen. Mit seinen phänomenal epischen Schauwerten, der pompös dröhnenden Filmmusik und bedeutungsschwangeren Vorträgen gibt der Film vor, mehr zu sein, als er ist, kann aber über seine B-Movie-Natur nicht hinwegtäuschen.

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Aladdin (2019) Kritik

Aladdin (2019) Filmkritik

Aladdin, USA 2019 • 128 Min • Regie: Guy Ritchie • Mit: Mena Massoud, Naomi Scott, Will Smith, Marwan Kenzari, Nasim Pedrad, Billy Magnussen • FSK: ab 6 Jahren • Kinostart: 23.05.2019 • Deutsche Website

Handlung

Seit dem Tod ihrer Mutter darf die Tochter des Sultans von Agrabah, Prinzessin Jasmin (Naomi Scott), den Palast nicht mehr verlassen. Doch die rebellische Prinzessin, die davon gelangweilt ist, einen Bewerber um ihre Gunst nach dem anderen zu empfangen, schleicht sich hinaus und mischt sich unter das Volk. Als sie in Schwierigkeiten gerät, wird sie von Aladdin (Mena Massoud) gerettet, einem gutherzigen Straßenjungen, der sich mitsamt seinem treuen Äffchen Abu mit kleinen Diebstählen durchschlägt und von einem besseren Leben träumt. Die Zufallsbekanntschaft wird für Aladdin zur Liebe auf den ersten Blick. Leichtsinnig steigt er nachts in den Palast, wird jedoch erwischt und zum hinterhältigen Großwesir Dschafar (Marwan Kenzari) gebracht, der die Macht über Agrabah an sich reißen will. Er bietet Aladdin seine Freiheit und große Schätze an. Im Gegenzug soll Aladdin für ihn aus einer magischen Schatzhöhle in der Wüste eine unscheinbare Öllampe zurückbringen. In letzter Sekunde geht der Plan jedoch schief und Aladdin wird in der Höhle verschüttet. Dort entdeckt er jedoch nicht nur einen fliegenden Teppich, sondern stellt fest, dass ein allmächtiger Dschinni (Will Smith) der Lampe innewohnt. Dieser gewährt Aladdin drei Wünsche. Aladdin will diese natürlich nutzen, um Jasmins Herz zu erobern, und gibt vor, ein wohlhabender Prinz aus einem fernen Land zu sein. Doch Dschafar durchschaut die Täuschung und will die Lampe um jeden Preis haben.

Kritik

Seit Tim Burtons Alice im Wunderland hat Disney mit den Märchen-Realverfilmungen aus dem eigenen Katalog der Zeichentrickklassiker den großen Reibach gemacht. Doch obgleich The Jungle Book oder Die Schöne und das Biest visuell spektakulär für die Leinwand umgesetzt wurden, fehlte ihnen die Magie, die die animierten Vorlagen zu Evergreens gemacht hat. Sie sind wie opulente, seelenlose Hüllen – schön anzuschauen, aber ohne das gewisse Etwas, das einen berührt. Ihre besten Momente hatten sie meist den Originalfilmen zu verdanken, aus deren Schatten sie nicht heraustreten konnten.

Entgegen vielen Erwartungen und skeptischen Blicke nach der leicht missglückten Enthüllung von Will Smith in der ikonischen Dschinni-Rolle, gelingt Guy Ritchies Aladdin-Adaption dieser Sprung tatsächlich besser. Das Fantasy-Musical wird seiner beliebten Vorlage in vielen Punkten gerecht, triumphiert aber vor allem dank einigen wohlplatzierten Neuerungen, die das Märchen ins 21. Jahrhundert bringen und ihm eine zusätzlich inspirierende Note verleihen. Für diese sorgt hauptsächlich Naomi Scott als Prinzessin Jasmin. Ihre Rolle hat von der Neuinterpretation am meisten profitiert und wurde deutlich ausgebaut. Sie ist es auch, die im Laufe des Films die größte Wandlung durchmacht. Wir lernen sie als eine herzensgute, aber naive junge Frau kennen, die ihre Selbstbestimmung und Durchsetzungsvermögen noch lernen muss. Und weil es Disney ist, emanzipiert sie sich schließlich mit einem speziell für diesen Film geschriebenen Song. Deshalb ist es ausgerechnet eine brandneue Sequenz, Naomi Scotts stimmgewaltige und emotionale Performance von "Speechless", deren Kraft an die "Let It Go"-Szene aus Die Eiskönigin erinnert, die am besten in Erinnerung haften bleibt. Mit dem Film beweist Scott, dass sie eine Schauspielerin ist, die man auf jeden Fall im Auge behalten sollte.

Aladdin 2019 Filmbild 1Das kann man von ihrem Leinwandpartner Mena Massoud als Aladdin ebenfalls behaupten. Er spielt die Rolle mit der nötigen Gelassenheit, spitzbübischem Charme und einem Hauch peinlicher Berührtheit, wenn er vorgeben muss, jemand zu sein, der er nicht ist. Im Zusammenspiel mit Scott entwickelt sich spürbare, locker-verspielte Chemie. Ihr "A Whole New World"-Duett lässt die Herzen flattern.

Dass die beiden Hauptdarsteller sowohl miteinander harmonieren als auch jeweils für sich in den Rollen sehr gut funktionieren, ist bei Aladdin die halbe Miete. So sehr Will Smith im Mittelpunkt des Marketings steht, es ist die Geschichte eines Straßenjungen und seiner Prinzessin. Doch natürlich kann der Fresh Prince nicht unerwähnt bleiben, der als Dschinni nicht nur wie ein Strippenzieher die Handlung vorantreibt, sondern auch ihren erzählerischen Rahmen bildet. Robin Williams hat in der Originalfassung des Zeichentrickfilms die Figur so sehr mit eigener, fassbarer Persönlichkeit ausgefüllt, wie es bei animierten Charakteren nur selten der Fall ist – und das obwohl der Original-Dschinni Williams natürlich gar nicht ähnlich sieht. Will Smiths Version ist anfangs etwas problematischer. Dass liegt zum Teil daran, dass der Schauspieler ein so überlebensgroßer Star ist, dass man nicht die Figur sieht, sondern eben einen großen blauen Will Smith. Auch die Computereffekte schmeicheln diesem Dschinni nicht immer.

Aladdin 2019 Filmbild 2Doch auch Smith schafft es nach einer Eingewöhnungsphase, mit seiner einnehmenden, überschwänglichen Performance die Zuschauer für sich zu gewinnen. Er versucht es zum Glück gar nicht erst, Robin Williams zu imitieren, sondern macht sich die Rolle zu eigen. Dazu gehört auch, dass er auf die Meta-Ebene aus dem Original verzichtet und den Dschinni stattdessen noch menschlicher gestaltet. Wird die Performance auch als ikonisch in die Filmgeschichte eingehen? Das ist fraglich. Aber das Zusammenspiel mit Massoud macht Laune und in den Musical-Szenen behauptet er sich sehr gut. Die Lyrics einiger bekannter Aladdin-Songs wurden überarbeitet und speziell auf Will Smith zugeschnitten. An dieser Stelle sollte ich jedoch darauf hinweisen, dass diese Rezension auf der Grundlage der englischen Sprachfassung basiert, und die Zuschauer der deutschen Synchronfassung vermutlich ein etwas anderes Erlebnis in Bezug auf den Dschinni haben werden.

Aladdin 2019 Filmbild 3Nicht alle Figuren des Originals sind in der neuen Version vielschichtiger geworden. Marwan Kenzari bleibt als Dschafar genauso ein Karikatur-Bösewicht wie schon im Zeichentrickfilm, und von seinem Papagei Jago hätte man sich noch mehr humorvolle Seitenhiebe gewünscht. Dafür hat der Film mit Nasim Pedrad als Jasmins Dienerin Dalia, die ein Auge auf Dschinni in seiner menschlichen Form wirft, und Billy Magnussen als unterbelichteter Prinz Anders, der um Jasmins Hand anhält, zwei sehr witzige brandneue Charaktere in petto. Gerade von Magnussen, der bereits in Game Night überraschendes komödiantisches Talent unter Beweis stellte, wünscht man sich noch mehr Screentime.

Regisseur Guy Ritchie, bekannt für seine recht auffällige Inszenierung mit Zeitlupe, schnellen Schnitten und Split-Screens, hält sich bei Aladdin dezent zurück, was dem Film wirklich gut tut und ihn angenehm altmodisch aussehen lässt. Die Song-und-Tanz-Nummern sind mit viel Schwung und Kreativität umgesetzt, auch wenn sie etwas weniger extravagant sind als im Zeichentrickfilm. Man darf aber auch nicht vergessen, dass nicht alles, was in Animation funktioniert, sich auch auf einen Realfilm übertragen lässt.

Aladdin 2019 Filmbild 4Aladdin erinnert uns daran, weshalb wir häufig gerne ins Kino gehen. Es geht um Realitätsflucht in eine fantasievolle, farbenfrohe Welt voller Magie, in der das Gute und das Böse klar voneinander zu trennen sind, und die Helden alle Hindernisse überwinden, zu besseren Menschen werden, triumphieren und die wahre Liebe finden. Es ist ein Märchen durch und durch, und dabei ein wirklich schönes. Wenn die Kamera in den ersten Minuten des Films zu den Klängen von "Arabian Nights" durchs nächtliche Agrabah bis zur Wunderhöhle gleitet, dann sorgt das für Gänsehaut, und als Zuschauer wird man wie auf einem fliegenden Teppich in eine fremde, magische Welt entführt. Getrübt wird dieser Eindruck gelegentlich in den Tagszenen. Die blitzblanken pink-weißen Gebäude lassen Agrabah unecht wirken, wie eine Filmkulisse aus Pappe. Es ist alles etwas zu makellos, zu durchdacht, zu, nun ja, Disney. Unecht sieht auch die CGI-Flut im großen Finale aus, die die Einschränkungen der modernen Computereffekte aufzeigt und ein wenig von der Illusion raubt. Die prächtigen Kostüme dürften hingegen mindestens mit einer Oscarnominierung belohnt werden.

Fazit

Für zwei Stunden lässt Disneys Aladdin die Zuschauerträume wahr werden und entführt sie auf einem fliegenden Teppich des Filmzaubers in eine verlockende Welt von Musik, Magie, Freundschaft, Treue und Liebe. Altmodisch in seiner Inszenierung, aber fortschrittlich bei seinen Charakteren, lässt der Streifen Naomi Scott als Jasmin deutlich mehr Raum zur Entfaltung und wird von ihr mit dem kraftvollsten Moment des Films belohnt. Wackelige Computereffekte und übertrieben perfekt wirkende Kulisse trüben nur gelegentlich den Gesamteindruck.

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John Wick: Kapitel 3 – Parabellum (2019) Kritik

John Wick Kapitel 3 (2019) Filmkritik

John Wick: Chapter 3 – Parabellum, USA 2019 • 131 Min • Regie: Chad Stahelski • Mit: Keanu Reeves, Mark Dacascos, Halle Berry, Ian McShane, Lance Reddick, Asia Kate Dillon, Anjelica Huston, Laurence Fishburne • FSK: ab 18 Jahren • Kinostart: 23.05.2019 • Deutsche Website

Handlung

John Wick (Keanu Reeves) hätte es eigentlich besser wissen müssen. Der Profikiller hat eine der obersten Regeln der kriminellen Unterwelt gebrochen. Er tötete auf dem Gelände des Continental-Hotels, und dazu auch noch ein frischgebackenes Mitglied der Hohen Kammer, der höchsten Institution eines weltweiten Verbrechensyndikats. Fortan gilt John Wick als excommunicado. Er wird von allen Privilegien und Diensten des komplexen Verbrechernetzwerks ausgeschlossen und für vogelfrei erklärt. Ein Kopfgeld in Höhe von 14 Millionen US-Dollar wird auf ihn ausgesetzt. Aufgrund ihrer langen Bekanntschaft gewährt Continental-Manager Winston (Ian McShane) John einen Vorsprung von einer Stunde, bevor die Jagd auf ihn losgehen darf. Nicht gerade viel Zeit, wenn alle Auftragskiller der Stadt hinter einem her sind. Doch John fasst einen Plan und fordert alte Gefallen ein, darunter von einer Frau aus seiner Vergangenheit (Angelica Huston) und der ehemaligen Berufsgenossin Sofia (Halle Berry), die bei John in einer Blutschuld seht. Leichen pflastern seinen Weg. Derweil entsendet die Hohe Kammer ihre "Schiedsrichterin" (Asia Kate Dillon) nach New York. Sie hat die Aufgabe, hinter John Wick aufzuräumen und alle zur Rechenschaft zu ziehen, die ihm geholfen oder seine Flucht unterstützt haben. Dazu heuert sie Zero (Mark Dacascos) an, einen extrem tödlichen Killer, der John Wick tatsächlich gewachsen sein könnte, und es kaum abwarten kann, gegen ihn anzutreten.

Kritik

Wer braucht schon Thanos und die Infinity-Steine, wenn man die Erdbevölkerung auch auf die ganz altmodische Art dezimieren kann? Das macht Keanu Reeves bei seinem dritten und tödlichsten Einsatz als John Wick vor und hinterlässt (mit etwas Hilfe) die bislang größten Leichenberge seiner Profikiller-Karriere. Der erhoffte Ruhestand schien noch nie weiter entfernt zu sein.

John Wick: Kapitel 3 – Parabellum setzt unmittelbar nach dem Ende des zweiten Films an, mit dem etwas angeschlagenen Titelhelden auf der Flucht. Während John durch New York hetzt, werden in einer stilvoll altmodischen Telefonzentrale die Minuten heruntergezählt, bis er zum Freiwild wird.

John Wick Kapitel 3 (2019) Filmbild 5Wie schon sein Vorgänger, hält sich das neuste Kapitel der John-Wick-Saga nicht mit langen Erklärungen oder Vorgeplänkel auf, sondern schleudert die Zuschauer mittendrin ins Geschehen. Durch das Element der buchstäblich tickenden Uhr läuft der Film von seiner ersten Szenen an unter Hochdruck. Das Tempo wird sofort angezogen und die Dringlichkeit spürbar, denn der nächste Kampf ums Überleben kann jeden Moment kommen. Alle Augen sind auf John Wick gerichtet, denn wie wir spätestens seit Kapitel 2 wissen, spielen diese Filme in einer Welt, in der Elitekiller an jeder Ecke lauern und Obdachlose und Straßenmusiker immer eine Waffe dabei haben. Und weil sich nicht alle Killer an den Ehrenkodex und die Regeln halten, gibt es auch recht schnell den ersten Kampf, bei dem der 1,86 m große Keanu Reeves neben seinem Gegner, gespielt vom serbischen Basketballspieler Boban Marjanović, geradezu zwergenhaft erscheint. Was folgt, ist eine fantasievoll choreografierte und schockierend brutale Kampfszene mit dem kreativsten Einsatz eines Buches seit Matt Damon in Das Bourne Ultimatum seinem Widersacher ein Hardcover in den Hals rammte.

John Wick Kapitel 3 (2019) Filmbild 1Falls diese Szene noch nicht genug ist, um die Zuschauer daran zu erinnern, weshalb die John-Wick-Filme zu den besten aus dem Actiongenre der letzten Jahre gehören, dann schafft es sicherlich die nächste Szene, in der sich Keanu Reeves gegen mehrere Yakuza in einem Flur zur Wehr setzen muss, in dem bequemerweise zig Messer in Vitrinen an den Wänden hängen. Immer noch nicht überzeugt? Wie wäre es dann mit Pferden als tödliche Waffen?! Diese Szenen vereinen alles, was John Wick ausmacht: Coolness, Einfallsreichtum, morbiden Humor und nahezu comichafte Gewalt – alles getragen von Keanu Reeves, der die Rolle mit absoluter Hingabe angeht. Wer diese Elemente in den Vorgängern bereits mochte, wird im neuen Film voll auf seine Kosten kommen. Dieser Film weiß, was seine Zuschauer von ihm erwarten, und er liefert genau das. Als Actionfan kann man nicht anders, als abwechselnd zu schmunzeln und zu staunen. In seiner ersten halben Stunde hat John Wick: Kapitel 3 bereits mehr und bessere Action als die meisten anderen modernen jüngsten Genrevertreter insgesamt.

John Wick Kapitel 3 (2019) Filmbild 2Doch das ist erst der Anfang, denn Regisseur Chad Stahelski, selbst einst ein Stunt-Choreograf, hat sich offenbar zum Ziel gesetzt, jede Actionsequenz im Film größer und ausgefallener als vorige zu machen. Nicht alle funktionieren gleich gut. In einer ausgedehnten Actionszene in Casablanca kämpfen sich Keanu Reeves und Halle Berry gemeinsam durch Gegnerhorden hindurch. Die 52-jährige Oscarpreisträgerin beeindruckt mit einem sehr agilen Auftritt, der einen sich wundern lässt, weshalb sie eigentlich nicht viel häufiger Actionfilme dreht. Außerdem verdienen ihre Filmhunde ein eigenes Spin-Off! Doch wenn in der Szene der gefühlt 200. vermummte Gegner mit einem präzisen Kopfschuss weggeballert wird, schleicht sich unweigerlich das Gefühl der Redundanz ein. Größer ist eben nicht zwingend besser, und so seltsam es klingt, es hätte dem Film gut getan, manche seiner Actionsequenzen etwas zu straffen. Doch das ist letztlich ein Luxusproblem, denn ansonsten machen Stahelski und sein Filmteam hier viel richtig. Keine hektischen Schnitte oder Tricks, sondern stylische, harte Action, die zuweilen an Shoot’Em-Up-Spiele erinnert, was aber sicherlich beabsichtigt ist. Der für Shape of Water oscarnominierte Kameramann Dan Laustsen fängt die Action in eindrucksvollen Bildern ein und verleiht jeder Sequenz eine eigene Farbpalette, wobei sich das Finale bei dem Spiegelkabinett aus Kapitel 2 bedient.

John Wick Kapitel 3 (2019) Filmbild 3Ein weiterer faszinierender Aspekt des realitätsfremden Universums von John Wick ist die Mythologie der kriminellen Unterwelt. Diese wird im neuen Film deutlich erweitert, unter anderem durch die herrlich unterkühlte Asia Kate Dillon ("Billions") als Vollstreckerin der Hohen Kammer. Außerdem erfahren wir durch John Wicks Abstecher bei Anjelica Hustons Chefin der weißrussischen Mafia überraschende Hintergründe des Killers. Keine Sorge, die Zuschauer werden nicht mit Informationen zugeschüttet, die an dem Mythos John Wick rütteln, doch es ist gerade genug, um die nächsten Schichten dieser geheimnisvollen Zwiebel zu schälen.

Mit Mark Dacascos als Zero bekommt John Wick auch endlich einen würdigen Gegner. Der Martial-Arts-Profi ist in absoluter Topform und sein Showdown mit Reeves eine echte Augenweide. Noch beeindruckender ist jedoch Dacascos' Schauspiel abseits der Action, in denen sich seine Figur als Fanboy von John Wick offenbart, der geradezu vor Begeisterung schäumt, sein Idol zu treffen und auf die Probe zu stellen. Hoffentlich verhilft die Rolle Dacascos wieder zu Parts in größeren Actionfilmen. Bemerkenswert ist auch John Wicks Konfrontation mit Zeros Handlangern, gespielt von Cecep Arif Rahman und Yayan Ruhian aus The-Raid-Filmen. Mit ihnen erlebt man einen Kampf, bei dem sich die Gegner gegenseitig den allerhöchsten Respekt entgegenbringen und es vor allem darum geht, die gegenseitige Stärke zu testen. Absurd? Vielleicht. Ultracool? Definitiv!

John Wick Kapitel 3 (2019) Filmbild 4Um den Film wirklich zu genießen, muss man sich auf seine Realität einlassen. Wenn Ihr Euch daran stört, dass Menschen unzählige Messerstiche überleben, die Telefonisten der Verbrecherwelt Computer aus den frühen Neunzigern nutzen, oder dass jemand inmitten einer überfüllten Bahnhofshalle brutal getötet wird, ohne dass die Passanten auch nur mit der Wimper zucken, dann ist dieser Film nicht für Euch. Ist man hingegen bereit, diese Welt mit ihren eigenen Regeln zu akzeptieren, dann erwartet einen ein mit wenigen Abstrichen fantastisch inszeniertes Actionfeuerwerk. Dass der Film nicht wirklich mehr als zwei Stunden lang sein musste, lässt sich leicht verschmerzen.

Auch wenn im Vorfeld der Eindruck entstand, das dritte Kapitel würde die Geschichte von John Wick abschließen, ist es bei dem Film keineswegs der Fall. Er offenbart zwar viel mehr von der mysteriösen Unterwelt, enthält aber einige wichtige Elemente weiterhin vor. Das Ende bleibt daher ähnlich offen und auf eine Fortsetzung hin ausgerichtet wie beim zweiten Film. Einerseits ist das leicht frustrierend, doch andererseits spricht die Qualität der bisherigen drei Kapitel für sich. Kapitel 4 darf kommen!

Fazit

Mit Stil, natürlicher Coolness, unterschwelligem Zorn und lakonischer Geradlinigkeit überzeugt Keanu Reeves auch zum dritten Mal in einer der besten Rollen seiner Karriere als Ein-Mann-Armee John Wick. Das dritte (aber sicherlich nicht letzte) Kapitel seiner Saga steht den Vorgängern in nichts nach und erweitert John Wicks beinahe mystische Welt um weitere faszinierende Elemente. Perfekt choreografierte, ultrabrutale Kämpfe, Schießereien und Verfolgungsjagden lassen dabei die Herzen der Actionfans höher schlagen und einige Längen und Redundanzen leichter verschmerzen.

Trailer

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