Suicide Squad (2016) Kritik

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Suicide Squad (2016) Filmkritik

Suicide Squad, USA 2016 • 123 Min • Regie: David Ayer • Mit: Will Smith, Margot Robbie, Viola Davis, Joel Kinnaman, Cara Delevingne, Jared Leto, Jai Courtney • FSK: ab 16 Jahren • Kinostart: 18.08.2016 • Website

Handlung

Superman ist tot (jedenfalls bis die Justice League ihn nächstes Jahr wieder aus dem Grab holt). Ohne den allmächtigen, moralisch gefestigten Beschützer der USA und im Angesicht weiterer, potenziell apokalyptischer Bedrohungen, hat die zwielichtige Regierungsagentin Amanda Waller (Viola Davis) die zündende Idee, ein Spezialkommando, bestehend hauptsächlich aus inhaftierten Superschurken mit besonderen Fähigkeiten, zusammenzustellen, um sie als entbehrliche Kräfte gegen außergewöhnliche Gefahren einzusetzen. Die widerwilligen Mitglieder dieser sogenannten Task Force X werden mittels implantierter Nano-Bomben im Zaum gehalten. Die Schlimmsten der Schlimmsten, zu denen u. a. der ultrapräzise Auftragskiller Deadshot (Will Smith), Jokers durchgeknallte Freundin Harley Quinn (Margot Robbie) und der Feuerteufel El Diablo (Jay Hernandez) gehören, werden vom patriotischen und hinsichtlich des Vorhabens sehr skeptischen Special-Forces-Soldaten Rick Flagg (Joel Kinnaman) angeführt. Kaum bewilligt die Regierung das Programm, kommt es direkt zum ersten Einsatz, wenn eine von Wallers Rekrutinnen sich gegen sie wendet. Um die Welt vor der Vernichtung zu retten, müssen die Egoisten des Suicide Squads das Wohl anderer erstmals über ihr eigenes stellen. Bei diesem Himmelfahrtskommando funkt ihnen aber auch noch der Joker (Jared Leto) dazwischen…

Kritik

Suicide Squad (2016) Filmbild 2In einer genialen und sehr einprägsamen Szene am Ende von David Cronenbergs Thriller A History of Violence tritt William Hurts wutentbrannter Bösewicht auf seinen am Boden liegenden Handlanger ein und schreit "Wie kann man so etwas bloß versauen?!" Dieses Gefühl werden sicherlich auch einige Filmfans haben, wenn sie das Kino nach zwei zähen und bisweilen grotesk fehlgeleiteten Stunden des neuen DC-Comicabenteuers aus dem Hause Warner Bros. verlassen werden. Wie konnte das so sehr schief gehen? Mit unbeschränktem Zugriff auf alle DC-Charaktere (im Gegensatz zu Disney/Marvel), hätte Suicide Squad Das dreckige Dutzend unter Comicbuchverfilmungen werden können, und wie jeder DC-Fan weiß, hat das Universum einige wirklich großartige Bösewichte zu bieten. Sie als ein widerwilliges Team zusammenzustellen und in die Schlacht gegen ein noch größeres Übel zu schicken, liest sich eigentlich wie eine Blaupause für einen sehr unterhaltsamen Filmabend. Doch irgendwo zwischen David Ayers gewollt hipper Inszenierung und den vielen Köchen, die den Brei im Schnittraum endgültig verdorben haben, blieb die Unterhaltung auf der Strecke. Wie schon beim miserablen Fantastic-Four-Reboot aus dem letzten Jahr, wird es schnell offensichtlich, dass irgendwo auch noch eine andere Schnittfassung existiert. Dass in dieser jedoch ein beträchtlich besserer Film steckt, fällt angesichts der zahlreichen fundamentalen Verfehlungen von Suicide Squad schwer zu glauben.

Ganz so schlimm wie Fantastic Four ist Suicide Squad nicht, doch während sich beim ersteren weit im Voraus ein Rohrkrepierer abzeichnete, kommt die gewaltige Enttäuschung von Suicide Squad einem Schlag in die Magengrube gleich, insbesondere weil sich auch einige gute Ansätze erkennen lassen, mit denen die Macher so viel anzufangen wissen wie der Joker mit einem langweiligen Bürojob. Es wirkt so, als dachte man sich, es würde bereits ausreichen, diese illustren, aber letztlich größtenteils eindimensionalen Charaktere zusammenzubringen, sie mit minimaler Vorgeschichte auszustatten (die aber dennoch die erste halbe Stunde des Films einnimmt) und dann auf die Mission gegen austauschbare Gegner zu schicken, um bei den Fans für Beifall zu sorgen. Und weil es bei Guardians of the Galaxy schon so gut funktionierte, nehme man dazu doch noch einen coolen Soundtrack, in dem sich Eminems "Without Me" mit Stones’ "Sympathy for the Devil" und The White Stripes’ "Seven Nation Army" abwechselt. Doch während die Musik in Guardians of the Galaxy ein gut integrierter (und am Ende sogar emotionaler) Bestandteil des Films war, strotzt die Songauswahl von Suicide Squad nach kurzer Zeit vor wahlloser Beliebigkeit.

Suicide Squad (2016) Filmbild 1Gleiches gilt leider auch für die Handlung und die Figuren. Wenn Viola Davis mit der skrupelloseren Version ihres Charakters aus "How to Get Away with Murder" als Randfigur bereits das schauspielerische Highlight von Suicide Squad ist, dann sollte das einen zu Recht etwas stutzig machen. Davis’ nüchtern kaltschnäuzige Performance macht sie zum einzigen durchgehend überzeugenden und ausgearbeiteten Charakter im Film und lässt sie deutlich bedrohlicher wirken als die vermeintlichen, titelgebenden Superschurken, die sich sehr schnell als handzahm herausstellen. Wenn diverse Figuren im Laufe des Films die Zuschauer daran erinnern müssen, dass sie die Bösen seien, dann ruft das Tywin Lennisters Zitat aus Game of Thrones in Erinnerung: "Ein König, der sagen muss: 'Ich bin der König', ist kein richtiger König". Dem ist nichts hinzuzufügen.

Dabei ist die Besetzung zumindest teilweise durchaus gelungen. Will Smith, der klare Hauptdarsteller in diesem großen Ensemble, stellt im Film wieder sein Charisma zur Schau, das er schon lange in Filmen vermissen ließ, und zeigt, dass er immer noch in der Lage ist, große Blockbuster auf seinen Schultern zu tragen. Nur wirkt sein Deadshot zu keinem Zeitpunkt wie ein skrupelloser Killer und die Gewissensbisse plagen ihn bereits früh in dem Film. Margot Robbies Harley bekommt einen fantastischen Einstieg und später, gemeinsam mit Letos Joker, auch die ästhetisch schönste (bzw. die einzige schöne) Sequenz des Films, die Comicfans ein Lächeln auf die Gesichter zaubern wird. Sie ist auch der einzige Charakter, dem ein wenig Komplexität zugestanden wird, wobei man das Gefühl hat, dass ein Großteil der interessanteren Entwicklung auf dem Boden des Schnittraumes geblieben ist.

Suicide Squad (2016) Filmbild 3Dies merkt man vor allen an Jared Letos Joker. Wer sich nach seiner großen Präsenz im Marketing auf die Neuinterpretation des Clown Prince of Crime freut, wird nicht schlecht darüber staunen, dass die Rolle kaum mehr als ein längerer Gastauftritt ist. Die Hälfte seiner wenigen Szenen spielt sich in den Flashbacks ab, in der anderen Hälfte schnallt er einige Male kurz hinein, richtet ein wenig harmloses Chaos an und entschwindet wieder. Nach all den abgefahrenen Berichten über Letos verrückte Einfälle am Set und seine Einverleibung des Charakters, ist das Ergebnis nicht gerade berauschend. Um seinen Joker richtig beurteilen zu können, eignet sich Suicide Squad in der aktuellen Fassung kaum. Zwar sorgt er als einziger neben Robbie für etwas Energie in dem Film, interagiert aber so gut wie mit keinen anderen Hauptcharakteren und bleibt nach dem großen Trara um die Figur zu blass. Lobend kann man bestenfalls sagen, dass die Darstellung auf jeden Fall anders ist als bei allen bisherigen Joker-Schauspielern. Sein Joker wirkt deutlich weniger verrückt und unberechenbar als Ledgers und hat nicht die Erhabenheit von Nicholson, dafür aber ein überraschendes Maß an Sinnlichkeit. Im Prinzip liegt diese Version irgendwo zwischen einem extravaganten Zuhälter und einem Drogendealer, doch wer darauf wartet, dass den lange diskutierten Tattoos im Film noch die versprochene Bedeutung zukommt, wird sich wohl bis Jokers nächstem Auftritt gedulden müssen. Das ist aber letztlich egal, denn eigentlich hat er in dem Film auch nichts zu tun. Würde man alle seine verbleibenden Szenen herausnehmen, würde das den Handlungsverlauf überhaupt nicht beeinflussen.

Zu den anderen Figuren gibt es wirklich kaum etwas zu sagen, mit der Ausnahme von Jay Hernandez’ El Diablo. Dass er als ehemaliges Mitglied einer Straßengang eine größere Rolle bekommt, als man vielleicht vermutet hätte, liegt wahrscheinlich an der Affinität des Regisseurs für das Milieu (er schrieb das Drehbuch zu Training Day und inszenierte Street Kings). Wäre er doch nur dabei geblieben.

Suicide Squad (2016) Filmbild 4Geradezu lachhaft schlecht ist Cara Delevingnes allmächtige Schurkin The Enchantress. Wenn sich Delevingne, mit einem knappen Bikini bekleidet, bauchtanzend in einem CGI-Gewitter windet und dabei in einer fremdartigen Sprache knurrt, ist Bedrohlichkeit das letzte, das sie ausstrahlt. Dass hier fleißig bei Ghostbusters (!) abgeguckt wurde, hilft auch nicht gerade. Es gab weiß Gott in den letzten Jahren genug blasse Bösewichte in Comicfilmen, doch Enchantress und ihre motivlose Ich-will-die-Welt-vernichten-Masche grenzt schon beinahe an Parodie – wenn es doch nur nicht so ironiefrei wäre. Kinnamans Flagg und Enchantress’ menschliches Alter Ego June Moone haben weniger romantische Chemie miteinander als Superman und Lex Luthor. Somit fällt auch jegliche emotionale Komponente im Showdown zwischen den Guten Bösen und der Bösen flach. Die Geister schieden sich bei Jesse Eisenbergs Luthor, aber ob man seine Herangehensweise nun hasste oder liebte, ließ sie einen immerhin nicht kalt.

Auch wenn das Marketing die Zuschauer das gerne glauben lässt, Suicide Squad ist nicht lustig. Es ist ein Film, der seinen politisch inkorrekten Humor beispielsweise daraus bezieht, dass Slipknot (Adam Beach) einer Wärterin unvermittelt ins Gesicht schlägt, weil sie "zu vorlaut" sei oder dass der Grobian Boomerang (Jai Courtney in einem weiteren schlechten Blockbuster) ein pinkes Einhorn-Plüschtier mit sich trägt. Diese Elemente hier und da einzustreuen ist weder amüsant noch ist es Charakterentwicklung. Das sind lediglich weitere Symptome der Beliebigkeit des Films. Manche perfekte Steilvorlagen für potenziell lustige Momente werden hingegen nicht genutzt.

Suicide Squad (2016) Filmbild 5Ein chaotischer Schnitt, der den Film nach dem wackeligen, aber immerhin nicht uninteressanten Einstieg von einer belanglosen, lauten aber sehr unaufregenden Actionszene zur nächsten hasten lässt, Charaktere, mit denen man nicht mitfiebern kann und kompletter Verzicht auf Plot-Kohärenz oder interne Logik sind bereits keine guten Voraussetzungen. Was den Film aber hätte noch vor einem Desaster bewahren können, wäre gute Chemie zwischen den Team-Mitgliedern. Leider hielt man es offenbar nicht für wichtig, dieser auch etwas Raum zu lassen. Eine ruhige Sequenz, wenn die Charaktere sich eine Verschnaufpause in einer Bar gönnen, ist ein seltener Lichtblick und zeigt, was hätte sein können, wenn man die Figuren hätte etwas atmen lassen. Bei all den derben Sprüchen und infantilen Gags, hatte Deadpool ein echtes Herz und eine Seele. Die Seele von Suicide Squad muss man vielleicht in Katanas (Karen Fukuhara) mystischem Schwert suchen, denn im Film selbst ist sie nicht zu spüren.

Zack Snyders Batman v Superman: Dawn of Justice scheiterte an den großen Ambitionen seines Machers, doch es gab immerhin kaum Zweifel, dass Snyder eine umfangreiche Vision hatte, die er zum Besseren oder Schlechteren auch umsetzen durfte. Suicide Squad hat keine Ambitionen oder eine Vision; der Film scheitert auf eine ganz altmodische Art und Weise – an einem schlechten Drehbuch, konfuser Erzählung, schmerzhaft offensichtlichen Bemühungen, hip zu wirken, und vor allem an Langeweile.

Fazit

Autsch! Wenn Suicide Squad Warners subversive Reaktion auf das klassische Superheldenkino ist und die clevere Antwort auf die Anarchie von Guardians of the Galaxy und die Unverschämtheit von Deadpool, dann sehe ich schwarz für die Zukunft des DC-Kinouniversums. Denn trotz einiger wirklich gelungener Besetzungs-Coups bleibt der wichtigste Aspekt in David Ayers konfusem und schmerzhaft bemühtem Blockbuster auf der Strecke: der Spaß.

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