Gemini Man, CN/USA 2019 • 117 Min • Regie: Ang Lee • Mit: Will Smith, Mary Elizabeth Winstead, Clive Owen, Benedict Wong • FSK: ab 12 Jahren • Kinostart: 3.10.2019 • Website
Handlung
Henry Brogan (Will Smith) ist der Beste seines Fachs. Für die den US-Geheimdienst Defense Intelligence Agency (DIA) hat er während seiner Laufbahn als Auftragskiller mehr als 70 Zielpersonen mit höchster Präzision eliminiert. Damit soll jedoch Schluss sein. Nicht nur das Alter holt Henry ein, sondern auch die Schuldgefühle wegen seiner Taten lasten schwer auf ihm. Nachdem ein Auftrag beinahe böse schiefgegangen ist, quittiert er den Dienst und setzt sich zur Ruhe. Leider findet er jedoch heraus, dass er bei seiner letzten Mission von seinen Auftraggebern hinters Licht geführt wurde und er anstelle eines Terroristen einen renommierten Wissenschaftler ins Jenseits befördert hat. Dieses Wissen macht ihn zu einer Bedrohung fürs DIA. Henry und alle, die mit ihm in Verbindung stehen, müssen beseitigt werden. Der herkömmliche Weg scheitert: Henry dezimiert mühelos die entsandte Spezialeinheit und flieht mit der DIA-Agentin Danny (Mary Elizabeth Winstead), die zur Beobachtung auf ihn angesetzt wurde, im Schlepptau. Das DIA ist nun gezwungen, zu drastischen Mitteln zu greifen. Clay Varris (Clive Owen), der skrupellose Leiter der Söldnerfirma Gemini, setzt seine Geheimwaffe gegen Herny ein: ihn selbst. Vor 25 Jahren hat Varris Henry heimlich klonen lassen, ihn wie einen Sohn großgezogen und zu einer perfekten Waffe ausgebildet. Nun soll Junior (Will Smith), der nichts von seiner Herkunft ahnt, Henry und Danny auslöschen. Es beginnt ein Kampf der Erfahrung gegen jugendliche Kraft.
Kritik
In der heutigen Zeit sind wir es inzwischen gewohnt, dass jede auch noch so ausgefallene Fantasie mittels modernster Effekte auf die Leinwand gebannt werden kann. Doch das war nicht immer so. Es gab in Vergangenheit immer wieder Filmideen, die der Technologie für ihre Umsetzung zeitlich voraus waren. Aus diesem Grund hat Stanley Kubrick sein Traumprojekt A.I. – Künstliche Intelligenz zu Lebzeiten nicht gedreht. Auch James Cameron schrieb das Drehbuch zu Avatar bereits Mitte der Neunziger, noch vor seinem Riesenerfolg mit Titanic, ließ es aber mehr als ein Jahrzehnt in der Schublade, bis die Technik seine Vision eingeholt hat.
Das Drehbuch zu Gemini Man, dem neuen Sci-Fi-Actionfilm mit Will Smith, wurde 1997 an Disney verkauft. Tony Scott (Der Staatsfeind Nr. 1) sollte damals den Film inszenieren. Doch die Effekte waren einfach nicht auf dem nötigen Stand, um glaubwürdig einen deutlich jüngeren Klon des Hauptdarstellers abzubilden. Über 20 Jahre wechselte Gemini Man Regisseure, Autoren, Studios und Stars (darunter Nicolas Cage, Tom Cruise, Harrison Ford, Sean Connery und Mel Gibson), bis der Film in die Hände des Erfolgsproduzenten Jerry Bruckheimer fiel. Nachdem Ang Lee bereits mit den phänomenalen 3D-Effekten von Life of Pi – Schiffbruch mit Tiger Kinogänger ins Staunen versetzte, legt er mit Gemini Man die Messlatte für photorealistische, computergenerierte Schöpfungen noch höher. Henrys Klon Junior ist kein digital verjüngter Will Smith à la Samuel L. Jackson in Captain Marvel, sondern eine komplett per Motion-Capture-Technologie computergenerierte Schöpfung, die Big Willie aus seinen "Der Prinz von Bel-Air"-Zeiten (nur deutlich, deutlich ernster) wiederbelebt. Doch während die visuellen Effekte Quantensprünge gemacht haben, steckt das Drehbuch von Gemini Man weiterhin hoffnungslos in den Neunzigern fest. Kurz zusammengefasst: Der Film hat mehr von Jerry Bruckheimer als von Ang Lee.
Der zweifach oscarprämierte Filmemacher beweist mit dem Film auf jeden Fall seine schier grenzenlose Wandelbarkeit. Er ist in der Hinsicht sozusagen ein Anti-Woody-Allen. Zu seiner Filmografie gehören u. a. eine Jane-Austen-Adaption (Sinn und Sinnlichkeit), ein prachtvoller Wuxia-Film (Tiger and Dragon), ein Bürgerkriegsdrama (Ride with the Devil), eine Marvel-Verfilmung (Hulk), eine Liebesgeschichte (Brokeback Mountain), ein Erotikdrama (Gefahr und Begierde) und eine moderne Fabel (Life of Pi). Nun zeigt er auch beeindruckendes Talent als Action-Regisseur, denn die Actionszenen sind das eindeutige Highlight des Films. Das hat einerseits mit der virtuosen, wenn auch gelegentlich etwas übertriebenen Choreografie der Kampfszenen zu tun, in denen der ältere Will Smith auch mit 51 Jahren eine verdammt gute Figur abgibt. Doch es ist auch die Präsentation der Action, die diese aufwertet.
Wie schon seinen wenig gesehenen Vorgängerfilm Die irre Heldentour des Billy Lynn drehte Ang Lee Gemini Man mit der ultrahohen Bildrate (HFR) von 120 Bildern pro Sekunde (120 fps) in 3D. Peter Jackson war der erste Regisseur, der mit HFR im Kino experimentierte. Seine Hobbit-Trilogie präsentierte er mit 48 fps, stieß aber damit auf gemischte Reaktionen. Die Filme entsprachen nicht den Sehgewohnheiten der Zuschauer, die den Soap-Opera-Effekt bemängelten. Sprich: die Filme sahen aus wie Fernsehen und wirkten dadurch paradoxerweise "billig". Lees Lösung war es, die Bildrate einfach deutlich zu erhöhen. Da die meisten Kinos jedoch nicht in der Lage sein werden, die 120-fps-Version abzuspielen, wird man als Zuschauer nur bedingt das komplette Ausmaß von Lees Vision zu sehen bekommen. Bei unserem Screening wurde die 3D-Version mit 60 Bildern pro Sekunde gezeigt und in dieser kommen wieder einmal sowohl die Vorteile als auch die Nachteile der Technik zum Vorschein.
Die Actionszenen profitieren deutlich von der hohen Bildrate in Kombination mit der 4K-Auflösung. Die extrem hohe Bewegungsschärfe lässt die Action sehr flüssig und nah wirken, insbesondere in einer atemlosen Motorrad-Verfolgungsjagd durch die engen Straßen von Cartagena in Kolumbien. Satte Farben der Umgebung springen dem Zuschauer direkt ins Auge. Bei den dunklen, nächtlichen oder unterirdischen Kampfszenen nimmt man erstaunlich viele Details, Kontraste und Konturen wahr. Auch die 3D-Tiefe wirkt dank HFR sehr organisch. Das Eintaucherlebnis wird durch die Technik verstärkt. Zugleich wird man durch die gewöhnungsbedürftig hyperrealistischen Bilder in den ruhigen und langsamen Momenten aus dem Film herausgerissen. Die HFR-Präsentation hat auf jeden Fall geeignete Einsatzgebiete, aber auch ihre Grenzen.
Die Grenzen der visuellen Effekte werden wiederum durch Will Smiths CG-Klon weiter ausgelotet denn je, und in dieser Hinsicht ist der Film wirklich ein Meilenstein. Während es im Kino immer wieder gelungen ist, sehr glaubwürdige CGI-Kreationen wie King Kong, Gollum oder Caesar aus Planet der Affen zu erschaffen, scheiterten computergenerierte Menschen in der Regel am Uncanny-Valley-Effekt. Auch wenn Junior nicht immer perfekt aussieht (im Tageslicht wirkt immer noch etwas falsch), ist er die bislang beste Annäherung an einen echten Menschen und schafft es aufrichtige, glaubwürdige Emotionen zu vermitteln, in einer Rolle, die ironischerweise etwas komplexer ist als die seines älteren Vorbilds.
Wirklich komplex ist an dem Film und seiner nur oberflächlich angerissenen Klonthematik nichts. Im Grunde ist Gemini Man nicht anders als ein durchschnittlicher Van-Damme-Klopper der späten Neunziger, nur mit einem deutlich größeren Budget. Wie seine Regie-Kollegen James Cameron und Robert Zemeckis hat Ang Lee in den letzten Jahren offenbar mehr Interesse an modernster Filmtechnik als an seinen Charakteren und Drehbüchern. Man bekommt den Eindruck, dass er Gemini Man vor allem angenommen hat, weil der Film ihm die Möglichkeit gibt, sich mit HFR, 3D und neusten Computereffekten auszutoben. Einen wirklichen Bezug zu den Charakteren, wie er diesen in so vielen seiner früheren Filme zeigte, gibt es hier nicht. Henry ist ein alternder Profikiller, der plötzlich ein Gewissen entwickelt. Junior hinterfragt seine Existenz, nachdem er die Wahrheit erfährt. Clive Owen ist ein stereotyp böser Kriegstreiber, nicht unähnlich Danny Hustons Figur aus Angel Has Fallen. Mary Elizabeth Winstead und Benedict Wong sind nur Anhang. Das ist das Ausmaß der Figurenzeichnung des Films. Immerhin bekommt auch Winstead die Gelegenheit, bei den Actionszenen ordentlich mitzumischen. Hoffentlich gibt Hollywood ihr bald wieder eine Hauptrolle!
Das flotte Erzähltempo, die mitreißende Action und Will Smiths Charisma können nur gelegentlich den Blick von den Logiklücken und der Absurdität des Drehbuchs und dessen Grundprämisse ablenken. Es ist natürlich beeindruckend, dass die Hauptfigur ihre Zielperson im fahrenden Zug aus 2 km Entfernung erschießen kann (Deadshot lässt grüßen?), aber würde ein erfahrener Killer dieses Vorgehen wirklich als einfachsten Weg wählen? Die unethischen Klonexperimente von Clive Owens privatem Militärunternehmen sollen streng geheim sein, obwohl bereits der Name "Gemini" (Zwillinge) etwa so subtil ist wie Remus Lupin oder Cruella De Vil. Und inwiefern ist es ein genialer Masterplan, Junior auf den älteren Henry anzusetzen, wenn letzterer ihn mehrfach mühelos austrickst oder überwältigt, und sein Leben immer wieder verschont?
Der Film hetzt von einer beeindruckenden Actionszenen zur nächsten, bevor der Zuschauer die Gelegenheit bekommt, sich diese Fragen zu stellen, doch bereits kurz nach der Sichtung fällt das Gerüst wie ein Kartenhaus in sich zusammen. Das kümmert Lee wenig, denn für ihn ist der Streifen ein Spielplatz, um mit den Fortschritten der Technologie zu experimentieren. Gemini Man ist filmisches Fast Food. Er ist unterhaltsam, kurzweilig und zuweilen besonders nett anzusehen, aber nicht ganz, was man von Ang Lee erwarten würde.
Fazit
Mehr Bruckheimer als Lee: Die neuste Technik, die Actionszenen rasant und flüssig und Will Smiths CG-Klon besonders realistisch wirken lässt, kann nur bedingt überdecken, dass das 3D in Gemini Man mehr Tiefe besitzt als das Drehbuch und die Charaktere. Für einen kurzweiligen Filmabend reicht der Streifen aber allemal.


Mit The Devil’s Rejects hob Zombie sein Werk jedoch auf ein ganz neues Level. Er verwarf die übernatürlichen Elemente des Vorgängers, verzichtete auf ahnungslose, blöde Protagonisten, und legte stattdessen den Fokus der Erzählung auf die psychopathische Firefly-Familie. Der Film war böse, brutal, dreckig und er drehte den Spieß so clever um, dass die Zuschauer zunächst dazu gebracht wurden, mit dem Killer-Trio mitzufiebern, nur um später den Spiegel vorgehalten zu bekommen. Denn bei all ihrer Antihelden-Stilisierung darf man auch nicht vergessen, dass sie Mörder und Vergewaltiger sind. Deshalb endete der Film auch mit einer mutigen Katharsis und ließ Otis, Baby und Captain Spaulding zu den Klängen von Lynyrd Skynyrds "Free Bird" in einem Kugelhagel der Polizei sterben. Das Kapitel der Fireflys wurde konsequent und augenscheinlich endgültig abgeschlossen.
Anfangs hat er sogar interessante Anflüge, wenn der mediale Rummel um die zu Legenden avancierten Killer sie zu einer Art Volkshelden macht. Die an den Manson-Kult angelehnten Szenen, in denen Firefly-Groupies "Free the Three!" fordern und sie für vom Staat zu Unrecht verurteilt halten, entbehren nicht gewisser, wenn auch nicht gerade subtiler Gesellschaftskritik über die Verehrung charismatischer, kontroverser Figuren. Doch so schnell diese Idee aufgegriffen wird, so schnell wird sie nach den ersten zehn Minuten auf fallen gelassen, wenn der Film in seinen vertrauten Trott verfällt. Dazu gehört natürlich Zombie-übliche White-Trash-Exploitation. Dialoge wie beispielsweise Foxys (Richard Brake) Traum, ins Pornogeschäft mit dem Titel The Salami Man einzusteigen, lassen einen sich wundern, ob Rob Zombie die Pubertät schon überwunden hat.
Geholfen wir dem Film auch nicht dadurch, dass er keine Balance beim titelgebenden Trio erreicht. In dem Vorgänger hatten alle drei Hauptdarsteller ihre Momente. Gerade Sid Haig (R.I.P.) stahl als schnell miesgelaunter Captain Spaulding häufig die Show. In 3 From Hell hat der sichtlich kranke Haig nur wenige Minuten Screentime. Richard Brake ist leider kein würdiger Ersatz, was weniger an dem in der Regel großartigen Charakterdarsteller liegt, dessen manische, jokereske Performance in
Es ist nicht nur Sheri Moon Zombies Performance, die die erste Filmhälfte beinahe unerträglich macht, sondern auch Rob Zombies überraschend durchwachsene Inszenierung mit hektischen, desorientierenden Schnitten und einer sehr nervösen Wackelkamera. Gegen Ende findet der Film seinen Flow und bietet immerhin einige gut umgesetzte Actionmomente. Allerdings leidet der letzte Akt unter einem anderen Problem: Rob Zombie erhebt seine mörderischen Figuren diesmal scheinbar völlig ironie- und satirefrei zu Antihelden, die ja immer noch besser sein sollen als die kaputte Welt um sie herum. Damit geht auch das interessanteste Element seines komplexeren Vorgängers flöten.
Doch das ist nicht Rambo, wie ihn die meisten Zuschauer mehr als 35 Jahre später wahrnehmen. Im öffentlichen Bewusstsein ist Rambo der unkaputtbare Actionheld, ein kriegerischer Superman, der rückwirkend den Vietnamkrieg gewonnen hat, sich mit der Taliban verbündet hat (autsch!), um sowjetische Invasoren in Afghanistan zu bekämpfen, und die halbe burmesische Armee abgeschlachtet hat, um US-Missionare zu retten. Aus einem kaputten Soldaten hat Sylvester Stallone eine Actionikone erschaffen. Die Elemente der Filme waren fest etabliert: Rambo bewaffnet sich bis zu den Zähnen mit Feuerwaffen, Messern und Pfeil und Bogen, und geht auf eine wie ein Himmelfahrtskommando erscheinende Rettungsmission inmitten der wilden Natur in einem fremden Land.
Knapp elf Jahre nach seinem letzten und blutigsten Einsatz in John Rambo, bringt der 73-jährige, aber immer noch sehr agile Stallone den Veteranen in Rambo: Last Blood für seinen möglicherweise (
Auch losgelöst vom Franchise-Vermächtnis, ist Rambo: Last Blood lediglich ein passabler Actionstreifen, der sich nur durch sein höheres Budget von der grauen Masse unterscheidet, die jeden Monat direkt im Heimkinomarkt landet. Dass Regisseur Adrian Grunberg es auch besser kann, zeigte er mit Get the Gringo mit Mel Gibson, der mit Elan und schwarzem Humor inszeniert wurde. Es spricht nichts gegen anspruchslose Action, schließlich waren die anderen Rambo-Sequels auch nicht viel mehr. Last Blood stellt jedoch auch die Geduld der Actionfans auf die Probe. Die erste Stunde ist gekennzeichnet durch schablonenhafte Charaktere, bemühte Dialoge und eine fragwürdig stereotype und nicht wirklich zeitgemäße Darstellung Mexikos als ein Land, in das man ganz sicher nicht reisen möchte (Trump wäre stolz). Weder Paz Vega als Reporterin, die Rambo hilft, noch Sergio Peris-Mencheta und Óscar Jaenada als die beiden bösen Brüder – einer besonnen und berechnend, der andere durchgedreht – sind kaum der Bezeichnung "Charaktere" wert. Lediglich die oscarnominierte Adriana Barraza (Babel) strahlt in ihren wenigen Szenen Warmherzigkeit und Gefühle aus.
Nach dem sehr langsamen Anlauf gipfelt Rambo: Last Blood in einem blutigen, actionreichen Höhepunkt. Mit etwas Glück wird der Film durch den explosiven Showdown vergessen lassen, wie zäh der Weg dorthin war. Wenn Rambo die perfiden Fallen für seine Gegner aufstellt, blitzt zumindest kurz das Rambo-Feeling auf. Wirkt der restliche Film wie Taken 4, so ist das Finale eine FSK18-Version von Kevin – Allein zu Haus, wenn der erwachsene Kevin McAllister eine ausgesprochen sadistische Ader bei sich entdeckt hätte. Zwar erreicht Last Blood nicht ganz die Splatterorgie von John Rambo, es wird dem Film jedoch auch niemand vorwerfen, die Gewalt merklich heruntergeschraubt zu haben. Mit Machete, Hammer, Mistgabel, Nägeln, Pfeilen, Bomben und diversen Feuerwaffen nimmt Stallone seine unbedarften Gegner auseinander. In einer Zeit, in der man actiontechnisch durch John Wick, Atomic Blonde oder eben Liam Neesons 96 Hours verwöhnt ist, sticht das nicht mehr sonderlich hervor, doch es macht immer noch Spaß, Stallone in seinem Element zu sehen, wenn er seine angestaute Wut entfesselt.
In Schwartz' Geschichten und Gammells Zeichnungen schöpfte Oscarpreisträger Guillermo del Toro, der Macher modernen Filmmärchen wie Pans Labyrinth und Shape of Water, die Inspiration, Scary Stories to Tell in the Dark auf die Leinwände zu bringen. Mit dem Norweger André Øvredal fand Produzent del Toro genau den richtigen Regisseur, um den Gruselgeschichten neues Leben einzuhauchen. Seinen Hang zum Mythischen zeigte Øvredal bereits mit seinem "Found Footage"-Regiedebüt Trollhunter und inszenierte zuletzt den minimalistischen und hochspannenden Grusler
Scary Stories to Tell in the Dark trifft meist genau den idealen Punkt zwischen Teenager- und Erwachsenenhorror. Bereits in den allerersten Szenen werden die Zuschauer auf die Halloween-Atmosphäre eingestimmt, wenn sie in einer Montage die Hauptfiguren bei ihren Vorbereitungen auf die Nacht der Geister und Hexen kennenlernen, musikalisch unterlegt von Donovans "Season of the Witch" (im Abspann kommt noch ein eindringliches
Guillermo del Toro schrieb zwar nur den ersten Story-Entwurf und fungierte als Produzent, seine Handschrift ist in dem Film jedoch unverkennbar. Seine Liebe für Filmmonster und handgemachte Effekte sorgt für einige Highlights des Streifens. Ob es eine gruselige Vogelscheuche ist, die zum Leben erwacht, um an ihrem Peiniger Rache zu nehmen, eine Leiche, die nach ihrem verlorenen Zeh sucht, oder ein Schreckgespenst in Gestalt einer leichenblassen, übergewichtigen Frau, die in lynchesken roten Korridoren lächelnd auf einen zuschleicht – Øvredal und del Toro entwerfen hier gekonnt albtraumhafte Szenarien, die noch lange im Gedächtnis haften. Im großen Finale nimmt das CGI leider doch die Oberhand. Gerade im Kontrast zu den vorigen Schöpfungen ziehen die Computereffekte eindeutig den Kürzeren und rauben dem Film seine leise Intensität.
Die Vergleiche zu "Stranger Things" und 
Insofern ist Kapitel 2 einerseits keine klassische Fortsetzung, sondern vielmehr eine organische Fortführung und der Abschluss einer sehr ambitionierten Adaption eines Monumentalwerks der Horrorliteratur. Andererseits folgt der Film aber auch dem typischen Sequel-Motto Hollywoods: größer, länger, härter. Schaut man sich viele Horrorklassiker an, dann merkt man, dass sich gerade in dem Genre der Ansatz "weniger ist mehr" bewährt hat. Andy Muschietti hält offenbar nicht viel davon. Bei ihm heißt es: "Viel, viel mehr ist mehr." Nach dem durchschlagenden Kassenerfolg des ersten Films erhielt er ein deutlich größeres Budget für das zweite Kapitel und das lässt er die Zuschauer nie vergessen, indem er ein Tsunami an groß angelegten Monster- und Horroreffekten auf der Leinwand entfesselt. Seine Vorliebe dafür, das Grauen in all seiner ekelerregenden Schaurigkeit explizit zu zeigen, merkte man bereits seinem Debüt Mama und dem ersten
Auf eine gewisse Weise ist der Film gerade in dieser Hinsicht einzigartig, denn er beantwortet die Frage, wie ein Horrorfilm aussehen würde, wenn die Macher ein riesengroßes Budget und kaum Einschränkungen auferlegt bekommen. Stellt Euch einen Nightmare-on-Elm-Street-Film vor, wenn sein Regisseur ein Blockbuster-Budget für die Umsetzung von Freddy Kruegers Albtraumszenarien hätte. An Wes Cravens Traum-Killer erinnern die Auswüchse des Pennywise-Horrors am meisten, denn auch der Clown konfrontiert seine Opfer mit ihren größten Ängsten und Unsicherheiten, und ernährt sich von deren Angst, bevor er sie umbringt.
Immerhin sind die Hauptrollen der erwachsenen Verlierer extrem passend besetzt. Bei jedem der Darsteller kauft man sofort ab, dass sie die erwachsene Version ihres jeweiligen Charakters sind. Das wird erst recht durch die Rückblenden verdeutlicht, die jede Figur einzeln erlebt. James McAvoy (X-Men) und Jessica Chastain (
Erfreulich ist, dass Bill Skarsgård in dem Film als Pennywise mehr Screentime und vor allem noch mehr Spaß in der Rolle hat. Dagegen fühlt sich sein Auftritt im ersten Film fast schon zaghaft und zurückhaltend an. Hier darf der Clown herrlich ausgelassen böse sein, wenn er mit den Verlierern spielt, sie verhöhnt und heimsucht. Der erste Kampf hat nicht nur ihnen seine Spuren hinterlassen, sondern auch bei Pennywise, der die Sache sehr persönlich nimmt. Skarsgård schafft gekonnt den Spagat zwischen furchterregend, verspielt, schwarzhumorig und, wenn die Geschichte es verlangt, verängstigt.
Mit knapp 170 Minuten gehört Es: Kapitel 2 zu den längsten Horrorfilmen aller Zeiten und die Laufzeit macht sich gerade im letzten Akt leider bemerkbar. Die Vorlage ist natürlich sehr umfangreich, und das Duo Muschietti/Dauberman versucht, ihr möglichst gerecht zu werden. Ein Film wie dieser kann seine epische Länge durchaus rechtfertigen, es hapert allerdings an dem Flow und der Verteilung des Tempos. Zwar wird es zu keinem Zeitpunkt langweilig, weil der Regisseur in regelmäßigen Abständen in das Gruselkabinett einlädt und die Schauereffekte herabprasseln lässt, doch zugleich zieht sich der knapp einstündige Showdown und zerrt am Geduldsfaden. Viel lieber hätte ich mehr Zeit mit den Verlierern zusammen verbracht, deren bester Moment das Wiedertreffen im chinesischen Restaurant ist. In dieser Szene entfaltet sich die Dynamik der Gruppe, indem alte Freundschaften wie aus einem lange vergessenen Traum wieder erwachen. Leider schickt der Film die Charaktere danach getrennter Wege und bringt sie erst richtig zum überlangen Finale wieder zusammen, das jedoch mehr mit Effekten als mit den Figuren beschäftigt ist. Kurios ist dabei, dass der Film sich zwar als zu lang anfühlt, man zugleich aber auch merkt, dass hier und da etwas fehlt und die Übergänge manchmal holprig sind. So erhalten wir beispielsweise anfangs kurze Einblicke in die privaten Probleme von Bill und Beverly, diese werden jedoch nie wieder aufgegriffen. Vielleicht wird 
Da ein Horrorfilm über Blitze, die Jagd auf Menschen machen, etwas abwegig wäre (oder doch nicht?!), treibt der französische Regisseur Alexandre Aja mit seinem neusten Film Crawl die Statistik der fatalen Alligatorenangriffe gewaltig in die Höhe und spielt dabei gekonnt mit den Urängsten der Zuschauer. Nach Ausflügen in die Gefilde übernatürlicher Thriller (
Im Subgenre des Tierhorrors spielen Alligatoren und Krokodile neben Haien die zweite Geige. Dass sie dennoch mindestens genauso erbarmungslos und gefährlich wirken können (auch wenn sie es, ebenso wie Haie, im echten Leben selten sind), führt Crawl sehr effektiv vor. Trotz des relativ niedrigen Budgets sehen die hauptsächlich digital erschaffenen Alligatoren im Film in den meisten Szenen sehr glaubwürdig aus. Lediglich in einigen längeren Frontalaufnahmen, die der Film wohlwissend zu vermeiden versucht, gerät der pixelige Realismus ins Wanken. Aja versteckt seine Tiere jedoch nicht, sondern setzt sie sehr wirkungsvoll ein. Mal kommen die Angriffe unvermittelt und lassen die Zuschauer zusammenzucken, mal wird die Spannungsschraube langsam angezogen, dadurch dass man bloß ihre Silhouetten unter Wasser oder gar nur kleine Wellen an der Oberfläche sieht.
Tödliche Raubtiere sind nicht die einzige Urangst, die Aja in dem Film bedient. Das Setting ermöglicht klaustrophobische Momente und der (für das Budget ebenfalls beeindruckend umgesetzte) Hurrikan bringt einem die Angst vor dem langsamen Ertrinken nahe.
Lob gebührt Aja und den Drehbuchautoren Michael und Shawn Rasmussen, denen es gelingt, Haley Gefahren auszusetzen, ohne dass der Charakter dafür den gesunden Menschenverstand aufgibt und dumme Entscheidungen trifft. Sie reagiert glaubwürdig und lösungsorientiert, aber auch nicht ohne Angst und Zweifel. Die Alligatoren sind die Stars des Films, doch ohne den starken Auftritt von Kaya Scodelario würde er nicht so gut funktionieren. Ähnlich wie Blake Lively in The Shallows, ist es ihre Performance als entschlossene Überlebenskämpferin, die den Film über weite Strecken trägt. Aja dreht Scodelario als Haley gehörig durch die Mangel und lässt sie den Großteil des Films barfuß, durchnässt und verletzt durchs Haus hetzen, springen, kriechen oder schwimmen. In einer für viele Zuschauer sicherlich unangenehmen Szene macht sie auch die Bekanntschaft von ganz anderen Lebewesen, womit wir dann wieder beim Thema der Urängste wären. Verbissen und erfinderisch trotzt sie jedoch allen Widrigkeiten und setzt sich mit ihren begrenzten Mitteln erfolgreich zur Wehr. Für die u. a. aus der Maze-Runner-Reihe bekannte Schauspielerin sollte der Film hoffentlich den Weg zu weiteren Hauptrollen ebnen.
Dass der Streifen Haley in den ersten Minuten als Schwimmtalent etabliert, spielt natürlich in ihrem Kampf ums Überleben eine wichtige Rolle, auch wenn die Flashbacks zu ihrer Kindheit und dem Training durch ihren Vater, der ihr eintrichtert, sie sei ein "Spitzenräuber", etwas zu dick aufgetragen sind. Die zweite Ebene des Films macht die Leben-oder-Tod-Situation von Haley und Dave zu einer Art extremer Familientherapie. Hat er ihr sie als Kind zu sehr an ihr Talent glauben lassen? Ist sie schuld an der Scheidung ihrer Eltern? Das Vater-Tochter-Drama ist abgedroschen und in seinem Verlauf natürlich komplett vorhersehbar. Doch es lenkt zum Glück nicht von der Hauptattraktion des Films ab: Alligatoren gegen Menschen vor dem Hintergrund eines extremen Unwetters. Der Film verschwendet keine Zeit, kommt schnell zur Sache und hält sein flottes Tempo über knackige 80 Minuten. Viel mehr kann man sich von einem Tierhorrorfilm nicht wünschen.




Das sahen Universal und die Filmemacher ähnlich, sodass den beiden ein eigener Film auf ihre durchtrainierten Leiber geschrieben wurde. Als erstes (aber sicherlich nicht letztes) Nebenkapitel der Fast-&-Furious-Reihe macht Hobbs & Shaw dem Haupt-Franchise alle Ehre. Völlig absurde Actionsequenzen? Check. Schnittige, getunte Autos (mit besonderem Augenmerk auf McLaren- und Chevrolet-Logos)? Check. Fette Beats? Check. Familie als zentrales Thema der Protagonisten? Check. Viel Selbstironie verpackt in coole Sprüche? Check. Co-Autor Chris Morgan, der seit Tokyo Drift jeden Teil der Reihe geschrieben hat, sorgt dafür, dass auch der Ableger auch exakt demselben Holz geschnitzt ist wie die anderen Filme. Mehrere Referenzen und namentliche Erwähnungen betten den Film außerdem fest in den Kanon der Reihe ein.
Trotz gleicher DNA ist der Ableger dennoch nicht einfach nur ein weiteres Fast-&-Furious-Sequel mit abgewandeltem Titel. Sind die Filme der Hauptreihe inzwischen stets Ensembleabenteuer, ist Hobbs & Shaw im Kern ein waschechter Buddy-Film ganz im Geiste des Achtziger-Kinos à la Tango & Cash. Wir haben zwei gegensätzliche Muskelprotze, die sich über die gesamte Laufzeit einen verbalen Schlagabtausch abliefern, den Testosteronspiegel durch die Decke gehen lassen und natürlich im Laufe ihrer Abenteuer lernen, einander zu vertrauen. Ihnen steht ein übermächtiger, größenwahnsinniger Schurke gegenüber, den sie nur besiegen können, wenn sie ihre Differenzen beilegen.
Das hätte auch schnell peinlich werden können, funktioniert aber dank den beiden Hauptdarstellern, deren Charisma sie vielleicht nicht zu den besten Schauspielern der Welt, aber dennoch zu echten Stars macht. Mehr für ihre Actionrollen bekannt, haben sowohl Johnson als auch Statham ausgeprägtes komödiantisches Gespür, dem sie in diesem Film freien Lauf lassen. Ihre zum Teil sehr kreativen Sticheleien ziehen sich von ihrer allerersten gemeinsamen Szene bis nach dem Abspann des Films durch (also sitzen bleiben!). Aber keine Sorge, sie verprügeln auch wieder viele, viele böse Buben. Gerade dem wendigeren und flinkeren Statham schaut man bei seinen Kampfszenen immer gerne zu. Johnson hingegen lässt mehrfach den voluminösen Bizeps spielen, macht Liegestützen, drückt Gewichte auf der Bank, zieht wieder eine Augenbraue hoch und bezeichnet sich selbst als Muskelberg. Es sieht genau so absurd aus, wie es klingt, und das völlig bewusst.
Was den Film jedoch von dem Testosteron-Kino der Achtziger unterscheidet (neben den völlig abgedrehten Actionsequenzen, die nur dank modernen Computereffekten umsetzbar sind), ist Vanessa Kirby, die dem Männer-Duo als eine nicht minder effektive Partnerin beisteht. Kirby, die bereits in
Regisseur David Leitch, der mit John Wick und Atomic Blonde zwei der besten Actionfilme der letzten Jahre drehte, inszeniert Hobbs & Shaw extrem temporeich. Der Film steigt direkt mit einer Actionszene ein und nimmt danach den Fuß nie vom Gaspedal. Es vergehen keine zehn Minuten ohne eine weitere, in der Regel zunehmend haarsträubende Actioneinlage, sei es eine unrealistischste, aber ultraspaßige Auto-Verfolgungsjagd durch die vollen Straßen Londons, eine Verfolgungsjagd durch ein explodierendes Kraftwerk in Russland, ein waffenloser Kampf zwischen Brixtons Söldnern und Hobbs' samoanischer Familie mit traditionellen Stammeswaffen, oder eine Szene, die sich kaum anders beschreiben lässt als Johnson, der einen Helikopter an einer Stahlkette Gassi führt. Leitch lässt nie Langeweile aufkommen. Er weiß genau, was die Fans der Reihe erwarten, und bedient sie entsprechend. Hobbs & Shaw ist ein Film, der albern, übertrieben und auf eine selbstironische Weise blöd ist. Doch im Unterschied zu wirklich dummen Filmen, die sich ernst nehmen, wie dem Großteil des Transformers-Franchises, ist das allen Beteiligten jederzeit klar, und das macht ihn wirklich sympathisch. Erfolg und eine Fortsetzung sind bei dem Film vorprogrammiert, sodass dieser wohlwissend das Fundament für den nächsten Teil legt.


















