Solo: A Star Wars Story (2018) Kritik

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Solo A Star Wars Story (2018) Filmkritik

Solo: A Star Wars Story, USA 2018 •135 Min • Regie: Ron Howard • Mit: Alden Ehrenreich, Emilia Clarke, Woody Harrelson, Donald Glover, Paul Bettany, Thandie Newton • FSK: ab 12 Jahren • Kinostart: 24.05.2018 • Deutsche Website

Handlung

Während das Imperium seine Vormachtstellung durch erbarmungslosen Krieg sichert, herrscht Gesetzlosigkeit in weiten Teilen der Galaxie. So auch auf dem Planeten Corellia, wo die furchterregende Lady Proxima (Linda Hunt) Ausreißer und Waisenkinder um sich schart und sie für ihre kriminellen Machenschaften einspannt. Unter ihnen ist auch der junge Han (Alden Ehrenreich), ein talentierter Pilot und Straßendieb, dessen größter Traum es ist, sich ein eigenes Schiff zu kaufen und gemeinsam mit seiner Freundin Qi’ra (Emilia Clarke) von Corellia abzuhauen. Als er in Besitz des höchst wertvollen Supertreibstoffs Coaxium gelangt, wittern sie ihre Chance. Doch auf der Flucht wird Han von Qi’ra getrennt. Er kann entkommen, sie bleibt zurück. Han schwört, für sie zurückzukehren, und verpflichtet sich bei der imperialen Armee, in der Hoffnung, dort zum Piloten zu werden. Drei Jahre später ist er jedoch ein desillusionierter, kriegsmüder Fußsoldat auf einem tristen, schlammigen Planeten. Sein Schicksal wendet sich, als er dort eine Diebestruppe trifft, angeführt von Tobias Beckett (Woody Harrelson). Trotz vehementer Proteste von Tobias' Partnerin und Gefährtin Val (Thandie Newton) werden Han und sein neuer Kumpel, der Wookie Chewbacca (Joonas Suotamo), im Team aufgenommen, um bei einem gewagten Überfall zu helfen. Diesen führen Tobias und seine Crew im Auftrag des gefürchteten intergalaktischen Gangsters Drydon Vos (Paul Bettany) aus. Han ist eifrig darauf, sich endlich zu beweisen, doch die Mission führt ihn unerwartet wieder mit Qi’ra zusammen, die inzwischen zu Vos' Syndikat gehört. Haben die beiden dennoch eine Zukunft?

Kritik

Den Aufschrei zahlreicher Star-Wars-Fans im Angesicht einiger überraschender Entscheidungen, die Regisseur und Autor Rian Johnson bei Star Wars – Die letzten Jedi getroffen hat, konnte man am anderen Ende der Galaxie vernehmen. Oder zumindest auf jeder einschlägigen Internet-Plattform, auf der die Fans ihrer Wut freien Lauf lassen durften. Das neuste Abenteuer aus der Star-Wars-Welt dürfte ihre Gemüter wieder besänftigen, denn während Kylo Ren in Die letzten Jedi dazu aufrief, die Vergangenheit sterben zu lassen, fühlt sich Solo: A Star Wars Story in dieser pudelwohl.

Disney ließ Johnson freie Hand, doch die beiden ursprünglich angeheuerten Solo-Regisseure Christopher Miller und Phil Lord waren in ihrer auf viel Improvisation setzenden Arbeitsweise der Lucasfilm-Präsidentin Kathleen Kennedy zu gewagt, weshalb sie fünf Monate nach Drehstart entlassen und durch Ron Howard ersetzt wurden. Wer mit Howards Filmografie vertraut ist, kann sich in etwa ausmalen, was einen erwartet und Solo ist ein klassischer Ron-Howard-Film. Als erfahrener, routinierter Handwerker inszenierte Howard die zweite Star Wars Story als ein gut durchkalkuliertes, temporeiches Popcorn-Abenteuer, das keine Risiken eingeht und keine anderen Ambitionen hegt, als Fans des Universums mit Altbekanntem zufriedenzustellen. Kann man machen und viele Jünger von George Lucas' Schöpfung werden ihm auch dafür auch danken, denn er zeigt definitiv viel Respekt und Ehrfurcht vor der Vorlage.

Solo A Star Wars Story (2018) Filmbild 1Man kommt natürlich nicht umhin, die Frage direkt zu adressieren, die sich vermutlich die meisten Fans stellen: Wie macht sich Alden Ehrenreich als Han Solo? Der lakonische Weltraumschmuggler gehört zu den ikonischsten Figuren der Filmgeschichte, was hauptsächlich Harrison Fords ultracooler Darbietung zu verdanken ist. In diese Fußstapfen zu treten, ist eine monumentale Herausforderung für jeden Darsteller und Berichte über einen Schauspielcoach für Ehrenreich am Set haben nicht gerade für Zuversicht gesorgt. Wenn er denn tatsächlich gecoacht werden musste, hat es funktioniert. Optisch zwar nur bedingt passend (insbesondere was Körpergröße betrifft), hat Ehrenreich die Lässigkeit, das Grinsen und die unbekümmerte Attitüde von Fords Solo nahezu perfekt drauf. Fords Coolness war natürlich, Ehrenreichs ist gespielt, aber gut gespielt. Die Performance fängt als gelungene Imitation ein, doch es dauert nicht lange, bis man aufhört, die beiden Schauspieler zu vergleichen, und stattdessen anfängt, Ehrenreich in der Rolle zu genießen, der sichtlich das Zeug zum Leading Man hat.

Solo A Star Wars Story (2018) Filmbild 2Er wird jedoch in den Schatten gestellt, sobald Donald Glover als Lando Calrissian die Bühne betritt. Multitalent Glover ist als überlebensgroßer, prahlerischer und modisch interessierter Schmuggler und Glücksspieler mit unheimlich viel Spaß bei der Sache. Nicht nur macht er Billy Dee Williams' Performance alle Ehre, sondern es gelingt ihm, die Figur zu Eigen zu machen. Trotz begrenzter Screentime bekommt er mehr zu tun als Williams jemals in der Original-Trilogie hatte. Großartig ist auch Phoebe Waller-Bridge als die Stimme seines emanzipierten weiblichen Droiden L-37, der eine interessante Beziehung zu Lando pflegt und eine eigene rebellische Agenda hat. Wie schon im letzten Star-Wars-Spin-Off, Rogue One, stiehlt also wieder ein Droide den Menschen die Show.

Obwohl als Origin-Story konzipiert, bleibt nennenswerte Charakterentwicklung in Solo zweitrangig. Im Fernsehen macht "Better Call Saul" aktuell eindrucksvoll vor, wie man die Entwicklung von Figuren, deren endgültiges Schicksal man bereits kennt, dennoch spannend gestalten kann. Solo begnügt sich damit, die wichtigsten Stationen von Hans Weg zum Outlaw abzuarbeiten, ohne dass die Figur dabei Tiefgang bekommt oder eine Veränderung durchmacht. Als wir ihn das erste Mal treffen, ist er bereits der gleiche liebenswerte Halunke, den die Zuschauer vor 41 Jahren erstmals kennengelernt haben. Wir erfahren natürlich, wie er Chewie trifft, was es mit seinem Namen auf sich hat, sowohl der legendäre Kessel-Lauf als auch ein Sabacc-Spiel werden thematisiert und Han schießt ganz definitiv zuerst. Wer in Die letzten Jedi also Fanservice vermisste, wird in Solo mehr als entschädigt. Das ist letztlich, was den Film ausmacht: Fanservice und solide Unterhaltung, was insgesamt für guten Zeitvertreib im Kino und einen bestenfalls peripheren Beitrag zum Star-Wars-Universum reicht. Fügte sich Rogue One noch wie ein fehlendes Puzzlestück nahezu perfekt in eine Lücke ein, erzählt Solo eine Geschichte fernab der Macht, der Jedi und der Sith. Das ist an sich erfrischend, doch durch die Überbetonung von Bekanntem auch irgendwie sehr vertraut.

Solo A Star Wars Story (2018) Filmbild 3Der Ton des Films ist eine Mischung aus Western, Heist-Movie und Film noir. Während die ersten beiden Genres recht offensichtlich sind, merkt man die Noir-Einflüsse an Paul Bettanys skrupellosem, entstelltem Gangster und vor allem an Emilia Clarke, deren Qi’ra eine klassische Femme Fatale ist. Diese Rolle, der es ebenfalls stark an Entwicklung mangelt, bringt den "Game of Thrones"-Star immerhin nicht an die Grenzen ihres schauspielerischen Könnens wie beispielsweise ihre Rolle in Ein ganzes halbes Jahr. Die restliche Besetzung holt das meiste aus ihren eindimensionalen Figuren. Woody Harrelson kann die Rolle des abgebrühten, coolen Gauners vermutlich im Schlaf spielen, aber er kann das eben wirklich gut. Paul Bettany ist ein überzeugender Schurke und "Westworld"-Star Thandie Newton ist unterfordert, jedoch in ihren Szenen als Badass-Räuberin wirkungsvoll.

Solo A Star Wars Story (2018) Filmbild 4Was Solo: A Star Wars Story an Vision und Ambition fehlt, macht er mit flotter Action, gut dosiertem Humor, tollen Effekten und mal mehr, mal weniger überraschenden Wendungen wieder wett, von denen insbesondere eine Star-Wars-Fans in helle Freude versetzen sollte. Wer mit dem Kanon nicht vertraut ist, dürfte jedoch ein wenig verwirrt sein, was ich unmittelbar nach der Pressevorführung bereits bei einigen Kollegen erleben durfte.

In vielerlei Hinsicht erinnert Solo: A Star Wars Story an Ant-Man: Regiewechsel, nachdem die Vorstellungen kreativer, unkonventioneller Filmemacher mit denen ihrer Auftraggeber auseinandergingen, und als Ergebnis ein unaufregender, unterhaltsamer Film, dem seine turbulente Produktionsgeschichte glücklicherweise nicht anzumerken ist. Dadurch, dass Ron Howard große Teile des Streifens nachdrehte, fühlt sich Solo wie aus einem Guss an, auch wenn in einigen Dialogszenen Millers und Lords Einflüsse noch leicht zu spüren sind.

Solo A Star Wars Story (2018) Filmbild 5Solo stellt das exakte Gegenteil von Die letzten Jedi dar, indem der Film genau das macht, was viele von ihm erwarten und nicht mehr. Die letzte Star-Wars-Episode war sicher nicht makellos und ihre Probleme waren deutlich markanter als alle von Solo, doch der Mut und die Bereitschaft, Alteingesessenes zu verwerfen und neue Pfade zu betreten, war sehr lobenswert. Letztendlich muss man dankbar sein, dass Lucasfilm sowohl die eine als auch die andere Herangehensweise ermöglicht hat. War Rogue One noch so abgeschlossen, wie ein Film nur sein kann, lässt Solo, der etwa zehn Jahre vor Eine neue Hoffnung spielt, reichlich Raum für Fortsetzungen. Nachdem sich der Film von der Last der oben erwähnten Han-Solo-Checkliste befreit hat, bleibt die Hoffnung, dass der Nachfolger eigenständiger sein wird.

Fazit

Solo: A Star Wars Story ist keine Offenbarung, aber auch nicht annähernd das Desaster, das die problematische Produktionsgeschichte befürchten ließ. Mit Versatzstücken aus Western, Heist-Movies und Film noir hat Regisseur Ron Howard ein kompetentes, unambitioniertes Popcorn-Abenteuer gestrickt, in dem Action, Twists und Fanservice vor Charakterentwicklung stehen. Alden Ehrenreich behauptet sich gut in der ikonischen Titelrolle, doch Donald Glover als Lando und Phoebe Waller-Bridge als sein treuer Droide stehlen ihm locker die Show.

Trailer