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The New Mutants (2020) Kritik

The New Mutants (2020) Filmkritik

Bilder: © 2020 20th Century Studios/Walt Disney Pictures

The New Mutants, USA 2020 • 94 Min • Regie: Josh Boone • Mit: Blu Hunt, Maisie Williams, Anya Taylor-Joy, Charlie Heaton, Henry Zaga, Alice Braga • FSK: ab 16 Jahren • Kinostart: 10.09.2020 • Website

Handlung

Danielle "Dani" Moonstar (Blu Hunt) ist eine junge Cheyenne-Indianerin und, ohne es zu ahnen, eine Mutantin, die mit ihrer Familie im Reservat lebt. Eines Nachts wird ihre Welt aus den Angeln gehoben, als eine unerklärliche, unaufhaltsame Macht das Reservat dem Erdboden gleichmacht. Dani verliert auf der Flucht das Bewusstsein und wacht an ein Bett gefesselt an einem fremden Ort auf. Dr. Cecilia Reyes (Alice Braga) erklärt, sie sei die einzige Überlebende eines gewaltigen Tornados und befinde sich nun in einer Einrichtung für junge Mutanten wie sie, die ihre Kräfte kürzlich erst entdeckt haben. Ihre vier jugendlichen Mitinsassen sind die schüchterne religiöse Schottin Rahne (Maisie Williams), der traumatisierte, verschlossene Südstaatler Sam (Charlie Heaton), der brasilianische Schnösel und Aufreißer Bobby (Henry Zaga) und die impulsive, gemeine Russin Illiyana (Anya Taylor-Joy), die Dani zu ihrer Mobbing-Zielscheibe macht. Sie alle sind aus unterschiedlichen Gründen in Reyes' Obhut gelandet, haben aber gemeinsam, dass die Manifestationen ihrer Superkräfte Menschenleben gekostet haben. Rund um die Uhr werden sie von Reyes überwacht und analysiert. In therapeutischen Sitzungen unter ihrer strengen Aufsicht sollen die neuen Mutanten lernen, ihre Kräfte zu kontrollieren, um keine Gefahr für sich oder andere darzustellen. Gelingt ihnen das, dürfen sie die Anstalt verlassen und vielleicht sogar für Reyes' mysteriösen Auftraggeber arbeiten, um ihre Kräfte für einen höheren Zweck einzusetzen. Doch unheimliche Dinge gehen in der Anstalt vor sich. Einer nach dem anderen werden die Teenager von ihren tiefsten Ängsten heimgesucht, die immer realer und gefährlicher werden. Allmählich zweifeln sie an Reyes' Motiven, ihnen zu helfen.

Kritik

Wir schreiben das Jahr 2029. In den Ruinen der Zivilisation suche ich seit nunmehr drei Tagen nach Toilettenpapier. Vielleicht finde ich sogar genug, um mit der benachbarten Siedlung gegen Trockenhefe zu tauschen. Doch auf dem verwüsteten Gelände von Disneys 20th Century Studios, vormals 20th Century Fox, stolpere ich über etwas noch viel Selteneres, ein sagenumwobenes Artefakt aus einer alten Welt, dessen Existenz vermutet, aber auch bezweifelt wurde: eine Festplatte mit der Aufschrift TNM2017. Kann es denn wirklich sein? Habe ich eine Kopie von The New Mutants entdeckt, des im Limbo verschollenen letzten X-Men-Films, der noch unter Fox vor dem Aufkauf durch Disney entstanden ist?! Ich muss sicher sein. Das Klopapier kann warten. Ich kehre zu meinem Unterschlupf zurück, schmeiße meine Dynamo-Maschine an, die mein Notebook und meinen Beamer mit Strom versorgt, koche mir, wie jeden Abend seit Jahren, eine Schüssel Nudeln, und mache mich bereit, herauszufinden, was sich nun hinter dem Film verbirgt, den das Schicksal uns so lange vorenthalten hat.

The New Mutants (2020) Filmbild 1So jedenfalls habe ich mir vor einigen Monaten vorgestellt, wie ich eines Tages den vor fast genau drei Jahren abgedrehten Film zu sehen bekommen könnte, der erst von Fox, später von Disney, und zuletzt im Zuge der Corona-Krise immer wieder verschoben wurde. Der erste Teaser-Trailer wurde bereits im Oktober 2017 veröffentlicht. Seitdem wurden die Fans immer wieder vertröstet, bis sie alle fünf Phasen der Trauer durchgemacht haben und aus Vorfreude erst Verärgerung und inzwischen Gleichgültigkeit wurde. Und jetzt kommt The New Mutants doch noch in die Kinos. Dass Disney den Premium-Blockbusterkandidaten Mulan experimentell gegen Aufpreis über Disney+ auswertet, die anderen großen Filme weit nach hinten und größtenteils ins nächste Jahr verschoben hat, diese Marvel-Verfilmung aber mit minimalem Werbeaufwand und ohne großes Aufsehen mitten während der Corona-Zeit in die Kinos bringt, sagt alles darüber aus, was das Studio von dem Potenzial des Films hält.

The New Mutants (2020) Filmbild 2Wird ein Film erst Jahre nach seiner Fertigstellung veröffentlicht und werden ihm dann auch noch Pressevorführungen weitgehend versagt, wie in den USA, oder hier in Köln, stimmt das erfahrungsgemäß kaum optimistisch. Doch The New Mutants ist weder ein grotesker Totalausfall noch das versteckte Juwel unter X-Men-Verfilmungen, sondern vor allem eine recht durchschnittliche Teenie-Horrorklamotte mit guten, aber unausgeschöpften Charakteren und gelegentlichem CGI-Overkill. So beschwerlich der Weg von The New Mutants auf die Leinwände war, so in jeder Hinsicht antiklimatisch und unspektakulär ist das Endergebnis.

Tatsächlich wirkte sich Disneys Desinteresse an dem bei der Fox-Übernahme geerbten Film möglicherweise sogar zu seinem Vorteil aus. Die geplanten umfassenden Nachdrehs, die Fox ursprünglich veranlassen wollte, wurden verworfen, da man nicht noch mehr Geld in ein Projekt pumpen wollte, das sowieso keine Zukunft in Disneys Marvel-Universum hat. Deshalb wirkt der Film im Gegensatz zu Comicverfilmungen wie X-Men: Dark Phoenix, Justice League, oder Suicide Squad, die stark unter der Einmischung der Studios gelitten haben, immerhin nicht inkohärent, zerfahren oder tonal uneinheitlich. Er kommt in der ursprünglichen und unveränderten Vision des Regisseurs Josh Boone in die Kinos, eine #ReleaseTheBooneCut-Kampagne wird nicht nötig sein. Leider ist Boones Vision trotz guter Ansätze auch nicht besonders aufregend oder originell.

The New Mutants (2020) Filmbild 3The New Mutants wurde als erster waschechter Horrorfilm aus dem X-Men-Universum angekündigt und dieses Versprechen hält er auch. Nach Logan erst es der zweite X-Men-Film, der mit einer FSK ab 16 Jahren in unsere Kinos kommt. Der Streifen ist jedoch harmloser als die Altersfreigabe vielleicht vermuten lässt und bewegt sich voll und ganz im vertrauten Rahmen des PG-13-Teenie-Horrors, einschließlich dessen Klischees. Bisherige X-Men-Filme oder gar andere Marvel-Verfilmungen sind bei The New Mutants daher nicht die beste Vergleichsbasis. Beschreiben lässt sich der Film wie eine Kreuzung aus dem Psychiatrie-Klassiker Einer flog über das Kuckucksnest auf John Hughes' The Breakfast Club, versetzt mit übernatürlichen Elementen. Oder einfacher ausgedrückt: Der Film ist eine modernisierte Version von Nightmare III – Freddy Krueger lebt. Folterte darin Freddy Krueger junge Menschen in einer Nervenheilanstalt mit ihren Urängsten und Geheimnissen, sind es die eigenen Kräfte der Jugendlichen, die die Bedrohung heraufbeschwören.

Josh Boone, dessen Miniserien-Adaption von Stephen Kings "The Stand" dieses Jahr erscheinen wird, entpuppt sich mit The New Mutants als ein Liebhaber des Horrorkinos. Genrefans werden darin viele Verweise auf Genreklassiker wie Carrie oder Psycho finden. Es ist auch kein Zufall, dass Boone den genreerfahrenen Kameramann Peter Deming engagierte, der seine Karriere mit Sam Raimis Tanz der Teufel II begonnen und auch an Drag Me to Hell, The Cabin in the Woods und allen Scream-Sequels gearbeitet hat. Die beklemmenden, heruntergekommenen Gänge und kargen Zellen der Anstalt, die bereits als Haupt-Drehort von Martin Scorseses Shutter Island diente, komplementieren die unheimliche Horror-Ästhetik. Doch während die Einzelelemente stimmig sind, kommen sie nicht zu etwas Eigenständigem zusammen.

The New Mutants (2020) Filmbild 4Die X-Men-Filmreihe, wie Bryan Singer sie anfangs konzipiert hat, war eine Allegorie auf Menschen, die von der Gesellschaft nicht akzeptiert und diskriminiert werden. In Boones Film sind es die jungen Menschen selbst, die erst lernen müssen, sich selbst zu akzeptieren und so ihre inneren Dämonen zu überwinden – manchmal symbolisch und manchmal wortwörtlich. Der Horror äußert sich vordergründig in grausigen Visionen, wie einem dämonischen CGI-Bären, wandelnden verkohlten Leichen, oder grotesken grinsenden Kreaturen mit scharfen Zähnen. Doch sie sind letztlich eine Manifestation des realen Ballasts, den diese tragischen Figuren mit sich schleppen, sei es Robertos Angst vor Intimität (Rogue aus den X-Men-Filmen lässt grüßen!), Kindesmissbrauch bei Illiyana, religiöser Wahn aus Rahnes Gemeinde oder Danis Schuldgefühle, als Einzige überlebt zu haben.

Wie bei seinem Tränendrüsen-Drücker Das Schicksal ist ein mieser Verräter, findet Boone guten Zugang zu seinen jugendlichen Protagonisten und ihren Problemen. Die zarte Liebe zwischen Dani und Rahne entwickelt sich natürlich, ohne dass aus ihre eine große Sache gemacht wird. Newcomerin Blu Hunt und "Game of Thrones"-Star Maisie Williams haben lockere, ungezwungene Chemie miteinander. Doch es ist The-Witch-Darstellerin Anya Taylor-Joy, die aus dem Ensemble als echter Star herausragt. Als zickige, aber eigentlich zutiefst traumatisierte Illiyana, die einen Schutzwall aus Herablassung und Abweisung um sich gebaut hat und wortwörtlich in eine andere Welt flüchten kann, um sich der Realität zu entziehen, überstrahlt sie ihre Co-Stars und holt sie trotz eines etwas inkonsistenten russischen Akzents alles aus einer Rolle heraus, die schnell hätte albern oder karikaturhaft werden können.

The New Mutants (2020) Filmbild 5Die guten Anlagen der Figuren und ihre Chemie in den wenigen gemeinsamen ruhigen Momenten treten in der zweiten Hälfte des nur knapp 90-minütigen Films leider in den Hintergrund. Stattdessen wird das Horror- und Actionpedal durchgedrückt, bis spätestens im Finale jegliche Spannung, Atmosphäre und Tiefe in Computereffekten ertränkt werden. Das ist schade, denn damit wurde Potenzial für einen wirklich guten Coming-Of-Age-Superheldenfilm mit düsteren Elementen vergeudet.

Die guten Schauspieler haben zudem immer wieder mit steifen bis hin zu bescheuerten Dialogen zu kämpfen. Wenn Illiyana von ihren Mitstreitern vor ihrem Kampf gegen einen übernatürlichen Gegner mit "This is magic" gewarnt wird und mit "So am I" antwortet, soll das natürlich ein Verweis auf ihr Comic-Alter-Ego Magik sein, klingt aber nicht cool, sondern einfach erzwungen. Dass Reyes es immer wieder nötig hat, von "neuen Mutanten" zu sprechen, damit der Titel eine Rechtfertigung hat, kommt ebenfalls nicht organisch rüber. Alice Bragas Talent steht spätestens seit "Queen of the South" außer Frage, doch leider ist sie in dem Film im Gegensatz zu ihren jungen Co-Stars mit einer öden, eindimensionalen Rolle belastet.

The New Mutants (2020) Filmbild 6Weniger die Schuld des Films selbst als der Gesamtsituation ist auch der Umstand, dass er zwar in sich geschlossen, dennoch aber eindeutig in ein größeres X-Men-Universum eingebettet ist, ohne dass dies irgendwohin führen wird. Die ganz expliziten Querverweise sollen im Vorfeld entfernt worden sein, dennoch bestehen keine Zweifel daran, in welcher Welt der Film spielt. Die Idee von Mutanten ist hier niemandem neu, die X-Men sind bekannt, Professor X wird zwar nie namentlich erwähnt (ursprünglich war mal ein Gastauftritt von James McAvoy in der Rolle sogar geplant), ist aber in Dialogen eindeutig gemeint, und für Comic-Kenner gibt es einen ganz großes Easter Egg, auf dem die von Boone geplanten Fortsetzungen mit Sicherheit aufbauen sollten.

Stattdessen wird es aber bei diesem einen Film bleiben, weniger ein krönender Abschluss der X-Men-Ära von Fox als eine kuriose, kleine Randnotiz in der rasant wachsenden Welt von Comicverfilmungen.

Fazit

Mit interessanten Charakteren und einem harmonischen Ensemble – allen voran die herausragende Anya Taylor-Joy – bildet The New Mutants in der ersten Filmhälfte ein solides Fundament für einen Coming-Of-Age-Horrorfilm, schafft es aber nicht, auf diesem aufzubauen. Übrig bleibt passabler, effekthascherischer und letztlich belangloser PG-13-Teenie-Grusel mit guten Ideen, aber einer uninspirierten Ausführung. Die lange Wartezeit steht hier in keinem Verhältnis zum unspektakulären Ergebnis.

Trailer

Mulan (2020) Kritik

Mulan (2020) Filmkritik

Mulan, USA/CA/HK 2020 • 115 Min • Regie: Niki Caro • Mit: Liu Yifei, Donnie Yen, Jason Scott Lee, Gong Li, Jet Li, Tzi Ma • FSK: ab 12 Jahren • Kinostart Disney+-Veröffentlichung: 4.09.2020 (als VIP-Zugang)/4.12.2020 (für alle Abonnenten) • Disney+-Website

Handlung

Hua Mulan (Liu Yifei) ist die älteste Tochter des ehrbaren, aber in die Jahre gekommenen Kriegers Hua Zhou (Tzi Ma). Mulan hat das heiratsfähige Alter bereits erreicht, doch die Partnervermittlung, um die sich ihre besorgten Eltern bemühen, klappt nicht so recht, weil sich die eigensinnige junge Frau nicht gerne den steifen Traditionen ihrer Kultur beugt, die vorschreibt, wie sich eine anmutige junge Chinesin zu benehmen hat. Viel lieber jagt sie einem entlaufenen Huhn hinterher oder übt Bogenschießen. Die Sorge um Mulans Ehe wird jedoch zweitrangig, als der skrupellose Rouran-Krieger Bori Khan (Jason Scott Lee) ins chinesische Reich einfällt und mit Hilfe der Hexe Xian Lang (Gong Li) eine Stadt nach der anderen in seine Gewalt bringt, mit dem Ziel, den Kaiser von China (Jet Li) aus Rache an seinem besiegten Vater höchstpersönlich zu töten. Um Bori Khan Widerstand zu leisten, wird jede Familie in China per kaiserlichen Erlass dazu aufgefordert, einen Mann für die Armee bereitzustellen. Als einziges männliches Mitglied seiner Familie, muss Hua Zhou trotz seiner schlechten körperlichen Verfassung antreten, wohlwissend, dass er vermutlich nicht zurückkehren wird. Das will Mulan nicht zulassen, und riskiert ihr Leben und die Ehre ihrer Familie, indem sie nachts kurzerhand das Familienschwert einpackt und sich als Zhous Sohn Hua Jun getarnt zum Dienst meldet. Durch ihre Disziplin, Stärke und Mut steigt sie in der Gunst ihres Befehlshabers Commander Tung (Donnie Yen) auf, der sie sogar mit seiner Tochter verkuppeln will. Doch die Gefahr, als Frau enttarnt, entehrt und hingerichtet zu werden, schwebt die ganze Zeit ein Damokles-Schwert über ihr.

Kritik

Disneys Realverfilmung von Mulan wird immer einen besonderen Platz in meiner Erinnerung haben, denn es war die letzte Pressevorführung, die bei uns stattgefunden hat, bevor Corona das Leben im März zum Stillstand gebracht hat. Mehr als fünf Monate nach dem geplanten Kinostart wird ab morgen jeder mit einem Disney+-Abo gegen eine Zusatzgebühr die Gelegenheit haben, einen der vermutlich bildgewaltigsten Filme des Jahres auf seinem Smartphone zu genießen.

Es ist schwierig, eine Rezension zum neusten Streich aus dem Hause Disney ohne diesen Seitenhieb zu beginnen. Die opulente Optik der prächtigen Kostüme, der detailreichen Ausstattung und der mitreißend choreografierten Schlachten und Kämpfe, die in der Tradition des klassischen Wuxia-Kinos stehen (man denke an jüngere Vertreter wie Tiger and Dragon oder Hero), ist die größte Stärke des Films, der sein 200-Millionen-US-Dollar-Budget beeindruckend zur Geltung bringt.

Mulan (2020) Filmbild 1Ein Kollege von mir hat mal die Behauptung aufgestellt, dass ein guter Film ein guter Film bleibt, egal über welches Medium er konsumiert wird. Was die Schauspieler und das Drehbuch betrifft, ist das natürlich auch wahr. Doch Film ist ein visuelles Medium, und ob man Christopher Nolans Tenet auf einem Tablet oder in einem IMAX-Kino erlebt, spielt eine enorme Rolle in der Wahrnehmung und Bewertung des Gesehenen. Auch Mulan fällt in die Kategorie der Filme, bei denen das Visuelle eine tragende Rolle spielt und meine Beurteilung des Films richtet sich danach, dass ich ihn auf einer riesigen Leinwand gesehen habe.

Doch die bedauerliche, wenn auch wirtschaftlich durchaus nachvollziehbare Entscheidung, Mulan abseits der Lichtspielhäuser auszuwerten, soll dem Film nicht nehmen, dass er neben Aladdin zu den besten unter Disneys Realverfilmungen gehört. Mein Problem mit den bisherigen Neuadaptionen der Disney-Klassiker ist, dass den meisten von ihnen die Magie der Vorlage fehlt. Filme wie Der König der Löwen oder The Jungle Book sahen toll aus, waren aber absolut seelenlos. Auch Mulan kann den Zauber des Zeichentrickfilms nicht einfangen, will es aber auch nicht. Im Gegensatz zu den jüngsten Disney-Neuverfilmungen verzichtet Regisseurin Niki Caro auf die Songs der Vorlage und die besonders phantastischen Elemente wie den Drachen Mushu zugunsten einer realistischeren Adaption der Legende. Dementsprechend hat Mulan auch als erste Disney-Realverfilmung eine PG-13-Freigabe in den USA erhalten, und diese ist nicht unbegründet. Obwohl in den Schlachten natürlich kein Gemetzel stattfindet, wirken die Kämpfe und die vielen Toten sehr real.

Mulan (2020) Filmbild 2Die Fantasyelemente sind in der neuen Version nicht ganz weg, sondern etwas dezenter umgesetzt. Gong Lis Figur ist eine Gestaltwandlerin und kann auch die Form eines Falken annehmen, der den Fans des Zeichentricks vertraut sein dürfte. Außerdem wird Mulan anstelle eines Drachens von einem Phönix begleitet. Ob dieser jedoch real ist oder lediglich ein Symbol von Mulans innerer Kraft und der Wiedergeburt nach zahlreichen Rückschlägen, bleibt der Interpretation der Zuschauer überlassen.

Mulan (2020) Filmbild 4Mulan ist natürlich weiterhin eine Geschichte der Emanzipation einer jungen, selbstbewussten Frau in einer in alten Traditionen und Sitten verharrten Gesellschaft. Traditionen sind in der chinesischen Kultur sehr wichtig, doch noch wichtiger ist die Familie. Mulan rebelliert gegen die Norm nicht, weil sie diese ungerecht findet, sondern einzig und allein für das Leben ihres Vaters. Die Zerrissenheit der Figur zwischen dem Pflichtgefühl gegenüber den bestehenden Werten und der Liebe für ihre Familie spielt die zentrale Rolle hier, und Newcomerin Liu Yifei verkörpert die Rolle mit der nötigen Anmut, Würde und Kraft, mag aber nicht so recht die Emotionen heraufbeschwören, die der Part mit sich bringt. In den aufwendig choreografierten Kampfszenen macht die grazile Mimin dafür eine verdammt tolle Figur.

Mulan (2020) Filmbild 3Einen interessanteren und komplexeren Charakter des Films spielt die stets atemberaubende Gong Li. Als Xian Lang stellt sie die Kehrseite von Mulan dar. Auch sie ist eine starke Frau, die von der Gesellschaft nicht dafür akzeptiert wird, was sie ist. Das macht sie jedoch verbittert und lässt sie einen anderen, dunklen Pfad gehen. Neben ihr verblasst der recht eindimensionale Hauptbösewicht, gespielt von Jason Scott Lee. Bei Donnie Yen und Jet Li, die jeweils von ihren Töchtern überredet wurden, ihre Rollen überhaupt anzunehmen, ist es eine eigentlich eine Schande, dass sie ausgerechnet in einem Martial-Arts-Epos kaum die Gelegenheit bekommen, ihre eigenen Fähigkeiten, mit denen sie in dem Genre groß geworden sind, unter Beweis zu stellen.

Fazit

Niki Caros Mulan ist weniger eine direkte Adaption des musikalischen Zeichentrickfilms von 1998, sondern vielmehr eine realistischere, aber auch etwas fantasielose Verfilmung einer der bekanntesten chinesischen Legenden. Als eine Hommage an das traditionelle Wuxia-Kino ist der Film ein toll choreografiertes, opulentes optisches Feuerwerk mit einer starken Heldin, das durch die Auswertung bei Disney+ hierzulande leider nicht die Gelegenheit bekommen wird, seine größte Stärke gebührend zur Geltung zu bringen.

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Tenet (2020) Kritik

Tenet (2020) Filmkritik

Tenet, USA/GB 2020 • 150 Min • Regie: Christopher Nolan • Mit: John David Washington, Robert Pattinson, Elizabeth Debicki, Kenneth Branagh, Dimple Kapadia, Aaron Taylor-Johnson, Clémence Poésy, Michael Caine • FSK: ab 12 Jahren • Kinostart: 26.08.2020 • Website

Kritik

Mit seiner Dark-Knight-Trilogie hat Christopher Nolan das moderne Superhelden- und Blockbusterkino nachhaltig beeinflusst und verändert. Beflügelt von dem Erfolg seiner bodenständigen, düsteren Batman-Interpretation, konnte Warner Bros. ihn dazu bewegen, als Produzent und Story-Autor von Man of Steel auch Superman zu einer Leinwand-Wiederauferstehung zu verhelfen. Wie umfassend Nolans Beteiligung an Zack Snyders Film letztlich war, ist nicht klar, doch er war für mindestens einen Aspekt verantwortlich, der den Film von der Marvel-Konkurrenz abgegrenzt hat. Die britische Zeitung The Guardian berichtete 2014, dass Warner Interesse an einer humorvollen Abspannszene bei Man of Steel bekundete, und Nolans Antwort darauf soll sehr knapp gewesen sein: "Ein echter Film würde das nicht tun."

Nolan bestritt zwar seitdem, dass er sich so ausgedrückt hat, und meinte vielmehr, dass man nicht anderen Filmen hinterherrennen und stattdessen dem eigenen Ton treu bleiben sollte, doch wirklich überraschend wäre diese bissige Zurückweisung des Marvel-Kinouniversums von ihm nicht gewesen. Denn Nolan ist ein Filmemacher, der ganz genaue Vorstellungen davon hat, was einen echten Film ausmacht. Ein echter Film wird auf Zelluloid und nicht digital gedreht, er verwendet Computereffekte nur dann, wenn es absolut notwendig und unvermeidbar ist, und ein echter Film kommt immer zuerst in die Kinos und nicht bei einem Streaming-Dienst.

Tenet (2020) Filmbild 1Manche würden Nolan in dieser Sache Snobismus unterstellen, doch es ist den unverrückbaren Idealen dieses Vollblut-Cineasten und Hollywoods Kinoliebhaber Nummer 1 zu verdanken, dass sein 200 Millionen Dollar schwerer neuer Film nach einer monatelangen Blockbuster-Dürreperiode nächste Woche in die Kinos kommt und nicht, wie unzählige andere, in eine unabwägbare Zukunft verschoben wurde. Und Tenet ist, gemäß allen Vorstellungen von Nolan, ein echter Kinofilm.

Wie Leonardo DiCaprios Hauptfigur in Inception davon schwärmte, dass Traumreisen die Möglichkeit eröffnen, "Kathedralen zu errichten, ganze Städte, Dinge, die es nie gegeben hat. Dinge, die es in der realen Welt gar nicht geben kann," so nutzt Nolan das Medium Film, um Kinogänger in fantastische Welten zu entführen, die zugleich möglichst nah an einer theoretischen Realität gehalten werden. Tenet ist der ultimative feuchte Traum für die Liebhaber von Nolans Werk: kreativ, intelligent, komplex, packend, visuell beeindruckend und zu wiederholten Sichtungen einladend.

Tenet (2020) Filmbild 2Es sind bestimmte Themen, die Nolan faszinieren, wie Paradoxa und die subjektive Wahrnehmung der Zeit. Nolans Stil ist so speziell, dass es nicht umsonst inzwischen einen eigenen Wikipedia-Artikel darüber gibt. Sogar seinen Kriegsfilm Dunkirk inszenierte er als ein zeitliches Puzzle, das sich allmählich zusammenfügt. Tenet ist ein Paradoxon in sich. Oberflächlich betrachtet, erzählt der Film eine sehr simple, zeitlose Agentengeschichte: Ein Bösewicht bedroht die gesamte Welt und ein cooler Superagent und sein Team reisen rund um den Globus und versuchen ihn aufzuhalten, bevor es dazu kommt. Natürlich spielt eine schöne Frau, die zwischen dem Protagonisten und dem Bösewicht steht, eine Rolle. Das könnte auch die Zusammenfassung einer unmöglichen Mission von Ethan Hunt oder James Bond sein. Die Ähnlichkeit kommt nicht von ungefähr, denn Nolan ist ein selbsterklärter Riesenfan der Bond-Reihe. Coole Männer mit Waffen in schicken Anzügen auf einer gefährlichen Mission gegen übermächtige Gegner – das gab es schon bei Inception, und mit Tenet kommt Nolan seinem eigenen Bond-Film näher denn je. Doch es ist immer noch ein Nolan-Film durch und durch, und deshalb ist diese augenscheinlich einfache Geschichte in eine hochkomplexe Hülle verpackt, die immer wieder neue Fragen aufwirft und mit zahlreichen Wendungen aufwartet, die neue Blickwinkel auf die gesamte Geschichte eröffnen. Entscheidend ist hier nicht das "was", sondern das "wie", "warum" und "wann". Beschäftigten sich Filme wie Interstellar, Inception und Dunkirk noch damit, wie unterschiedlich das Vergehen der Zeit wahrgenommen wird, geht es in Tenet um das grundsätzliche Konzept der Zeit und die gegensätzlichen Ideen des Determinismus und des freien Willens. Nur Nolan schafft es, diese höchst anregenden, philosophischen Fragen in einem packenden Agenten-Actionspektakel unterzubringen.

Tenet (2020) Filmbild 3Wenn es das Konzept des Hirn-aus-Kinos gibt, dann ist Nolans Tenet das exakte Gegenteil davon. Der Film erfordert die volle, ungeteilte Aufmerksamkeit der Zuschauer und von Toilettenpausen im Kino würde ich abraten, denn auch nur wenige Minuten aus dem Film zu verpassen, wäre hinderlich beim Verständnis. Der Mechanismus, die Nutzung und die Tücken der Inversion werden im halsbrecherischen Tempo dargelegt, während der Film von einer internationalen Location zur nächsten springt. Das ist manchmal chaotisch, aber immer packend. Der Film hält sich nie lange mit Erklärungen auf und entfaltet sein verschachteltes und präzise durchdachtes Gebilde von der ersten bis zur letzten Szene ohne auch nur eine Sekunde Leerlauf. Es ist sicherlich Nolans komplexester Film und noch mehr als bei allen seinen Filmen seit Memento sind wiederholte Sichtungen ein Muss, um alle Feinheiten zu begreifen. Zwar wurde Tenet im Vorfeld immer wieder mit Nolans Inception verglichen (nein, es ist kein Sequel oder Spin-Off), seine quantenphysikalischen Ideen und philosophischen Überlegungen haben jedoch mindestens genauso viel mit Nolans Weltraum-Epos Interstellar gemeinsam. Theoretischer Physiker und Nobelpreisträger Kip Thorne, der Nolan bereits bei Interstellar beraten hat, wird nicht umsonst wieder im Abspann zu Tenet aufgeführt.

Ich klage gelegentlich darüber, dass viele Blockbuster heutzutage unnötig lange Laufzeiten haben, doch wenn es einen zweieinhalbstündigen Film in den letzten Jahren gab, der von etwas mehr Zeit profitiert hätte, um seine Geschichte und Charaktere etwas atmen zu lassen, dann ist es Tenet. Es ist nur ein kleines Manko im Angesicht der zahlreichen Triumphe dieses Films, der das Hirn gleichermaßen stimuliert wie die Sinne. Nolans Beharren, auf CGI zu verzichten, wird mit Action belohnt, die sehr organisch und spektakulär ist, ohne je übertrieben zu wirken, auch wenn der Film seinen eigenen Gesetzen der Physik folgt. Zu den Höhepunkten gehören u. a. ein explodierender Boeing 747 und eine der besten Autoverfolgungsjagden der letzten Jahre, doch erst in seinem großen Finale, in dem Zeit-Inversion im großen Maßstab zum Tragen kommt und Kämpfe auf entgegengesetzt fließenden Zeitebenen ausgetragen werden, erlebt man Actionszenen, wie man sie so zuvor noch nie gesehen hat, und die einem wahrlich den Atem rauben. Unterstützt werden sie von Ludwig Göranssons (Black Panther) atmosphärischem, gelegentlich unheilvoll anmutendem Score, der jedoch nicht ganz die Eingängigkeit und Wucht der Musik von Nolans Stammkomponisten Hans Zimmer besitzt (Zimmer entschied sich zugunsten von Denis Villeneuves Dune).

Tenet (2020) Filmbild 4Obwohl Nolan und seine Darsteller versessen darauf sind, dass Tenet auf keinen Fall ein Zeitreisefilm ist, sollte man sich nichts vormachen, denn genau das ist er. Ja, die Methode hier heißt Inversion und sie ist in echter theoretischer Physik begründet, in der es um die Umkehr der Entropie eines Objekts geht (und an dieser Stelle steigen bereits viele gedanklich aus). Aber wenn etwas wie ein Fisch aussieht, riecht und schmeckt, dann ist es in den allermeisten Fällen ein Fisch. So verhält es sich auch mit Tenet und Zeitreisen. Sogar das klassische Beispiel des Großvater-Paradoxons wird von den Charakteren in dem Film direkt angesprochen und diskutiert. Und wie jeder Zeitreisefilm, wirft auch Tenet viele Fragen auf, ob sich das Ganze auch wirklich logisch und schlüssig zusammenfügt, denn die meisten (auch sehr guten) Zeitreisefilme tun es nicht. Ob es Tenet gelingt, werden erst wiederholte Sichtungen des Films verraten.

Tenet (2020) Filmbild 5Schauspielerisch hat Nolan natürlich wieder ein exquisites Ensemble vor der Kamera versammelt, emotional bleibt der Streifen jedoch, wie der Großteil von Nolans Œuvre, weitgehend kalt und distanziert. Das gehört inzwischen genauso zu den Markenzeichen des Regisseurs wie der audiovisuelle Bombast und die komplexen, twistreichen Geschichten. Als namenloser Protagonist behauptet sich BlacKkKlansman-Star John David Washington fantastisch in einer actionreichen, körperlich fordernden Rolle, doch als Figur bleibt er ohne Ecken, Kanten oder Tiefe. Ob in Memento, Insomnia, Inception, Prestige oder den Batman-Filmen: Nolans männliche Hauptfiguren waren früher in der Regel gequälte Seelen mit einer traumatischen Vergangenheit, die nach Erlösung strebten. Nicht jedoch Tenets Protagonist, der vom Anfang bis zum Ende eine blanke Schablone bleibt. Das ist sicherlich eine bewusste Entscheidung gewesen, wie auch die, seinen Namen nie zu enthüllen (wie viele Blockbuster haben das zuvor getan?!). Er besitzt feste moralische Prinzipien, entsprechend der deutschen Übersetzung des Filmtitels, und lässt seine Menschlichkeit immer wieder mit subtilem lockerem Humor durchblicken, doch ansonsten repräsentiert er die undurchdringliche schattige Welt der Geheimdienste, in der Menschen nur Werkzeuge im Dienste eines höheren Zwecks sind. Nicht viel mehr erfährt man auch über seinen Partner Neil, gespielt von Robert Pattinson, der noch mehr dem Stereotyp eines Bond-esken Geheimagenten entspricht: er ist Brite, charmant, draufgängerisch und trinkt gerne und während der Arbeit. Obwohl ihre Charakterzeichnung denkbar vage bleibt, ist das Partner-Zusammenspiel von Washington und Pattinson auf Anhieb harmonisch und die Chemie stimmt.

Tenet (2020) Filmbild 6Ihnen gegenüber steht Kenneth Branagh, einerseits der klare Antagonist des Films, andererseits aber gewissermaßen ebenfalls nur ein Werkzeug in dem Plan eines unsichtbaren Gegners. Ich weiß, es klingt konfus, doch mehr soll natürlich nicht gespoilert werden. Branaghs Figur ist sehr, sehr böse, mit ausgefallenen, sadistischen Ideen, wie er seine Widersacher am liebsten umbringt; ein Charakter, den man gerne hasst und definitiv der interessantere der beiden bösen russischen Oligarchen (neben seiner Rolle in Jack Ryan: Shadow Recruit), die Branagh in seiner Karriere verkörpert hat. In einer interessanten Umkehr der Konventionen erfährt man als Zuschauer tatsächlich mehr über seine Hintergründe und Beweggründe als bei den eigentlichen Hauptfiguren und Protagonisten des Films.

Das echte schauspielerische Highlight und der einzige emotionale Kern des Films ist jedoch Elizabeth Debicki als Andreis leidende, misshandelte Ehefrau Kat, die im Laufe des Films die größte Entwicklung von allen durchmacht und durch die Begegnung mit Washingtons Protagonisten innere Stärke und Selbstbehauptung gewinnt. Ob es nun Zufall oder kurioser Fall des Typecastings ist, dass Debicki nach der Miniserie "The Night Manager" schon wieder die Geliebte eines skrupellosen Waffenhändlers spielt, die zwischen die Fronten gerät, nachdem ein Geheimagent auf diesen angesetzt wird, sie liefert hier die beste Performance ihrer Karriere ab, die ihr hoffentlich noch viel Beachtung einbringen wird.

Tenet (2020) Filmbild 7Tenet ist ein Film, der in den nächsten Wochen, Monaten und Jahren sehr viel analysiert, diskutiert und auseinandergepflückt werden wird, und ich will an dieser Stelle keineswegs behaupten, dass ich nach der ersten Sichtung bereits jedes Detail von Nolans Zeit-Puzzle verstanden habe. Als er zu Ende war, hätte ich ihn am liebsten sofort von Anfang an geschaut. Der letzte Film, bei dem ich dieses Bedürfnis hatte, war Donnie Darko. Er fordert die Zuschauer, und wenn man sich beim Schauen darauf versteift, jede Wendung sofort nachzuvollziehen und Ordnung im Chaos zu finden, kann der Film anstrengend und bisweilen frustrierend sein. Am besten ist man beim ersten Mal damit beraten, zwar gut aufzupassen, sich aber vor allem auf diese Zeitreise mit Nolan einzulassen, und sich von den Eindrücken berauschen und überwältigen zu lassen. Das ist Kino!

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The Witch Next Door (2019) Kritik

The Witch Next Door (2019) Filmkritik

The Wretched, USA 2019 • 95 Min • Regie: Brett Pierce & Drew T. Pierce • Mit: John-Paul Howard, Piper Curda, Jamison Jones, Azie Tesfai, Zarah Mahler • FSK: ab 16 Jahren • Kinostart: 13.08.2020 • Deutsche Website

Handlung

Ben (John-Paul Howard), ein Jugendlicher, dessen Eltern mitten in einer Scheidung stecken, wird nach einem versuchten Medikamenten-Diebstahl, bei dem er sich den Arm gebrochen hat, zu seinem Vater Liam (Jamison Jones) geschickt, um seine Sommerferien in einem Küstenstädtchen zu verbringen und weiterem Ärger fernzubleiben. Die Trennung seiner Eltern belastet den Jugendlichen, und dass sein Vater bereits eine neue Freundin hat, macht es auch nicht besser. Ben bekommt einen Ferienjob am Yachthafen und wird dort zu allem Überfluss von reichen Jugendlichen schikaniert. Doch es gibt auch einen Lichtblick: Seine fesche, hübsche und zum Flirten aufgelegte Kollegin Mallory (Piper Curda). Die Freude hält jedoch nicht lange an, denn etwas viel Gefährlicheres als verwöhnte, fiese Teenager lauert in den Wäldern vor der Stadt. Ein uraltes, bösartiges Wesen mit Appetit auf Menschenfleisch und einer besonderen Vorliebe für Kinder macht sich zunächst im Haus von Bens und Liams Nachbarn heimisch. Nachdem sich unheimliche Vorkommnisse häufen, versucht Ben seinen Vater zu warnen, doch weil er ein Teenager in einem klassischen Horrorfilm ist, schenkt ihm nur Mallory zögerlich Glauben. Als sie jedoch weitere Nachforschungen anstellen, nimmt die Hexe die beiden Jugendlichen und ihre Familien ins Visier.

Kritik

Vielleicht liegt es daran, dass andere Filmmonster wie Zombies, Werwölfe oder Vampire inzwischen ein wenig verbraucht sind, oder einfach an einem neuen kreativen Schub, doch in den letzten zehn Jahren ließ sich ein deutlicher Anstieg von Horrorfilmen über Hexen beobachten. Angefangen hat die aktuelle Welle des Hexenhorrors mit Rob Zombies hypnotischem Lords of Salem und wurde u. a. mit Álex de la Iglesias bunten Farce Die Hexen von Zugarramurdi, Tommy Wirkolas actionreichem Hänsel und Gretel: Hexenjäger, Robert Eggers' atmosphärischem The Witch, und sogar der Rückkehr der Blair Witch fortgeführt. Auch dieses Jahr treiben Hexen im Kino ihr Unwesen. Im März machte die russische Baba Yaga im gleichnamigen Film Jagd auf Kinder, erst vor wenigen Wochen interpretierte Gretel & Hänsel das bekannte Märchen aus feministischem Blickwinkel neu, und nun ist es The Witch Next Door, die einem Teenager die Sommerferien vermiest.

The Witch Next Door (2019) Bild 1Der Originaltitel des Independent-Horrorfilms der Brüder Brett und Drew Pierce und lautet The Wretched, und das Wort lässt sich ins Deutsche als "elend", "scheußlich", "miserabel" oder "erbärmlich" übersetzen. Das wären allesamt treffende Bezeichnungen für das bisherige Jahr 2020, zum Glück aber nicht für diesen Film, der sich als grundsolider, angenehm ernster und geradliniger Horrorfilm mit handgemachten Kreatureneffekten entpuppt. Hier wird nicht lange um den heißen Brei herumgeredet. Bereits in der allerersten Szene, die in der Vergangenheit spielt und für die restliche Handlung unerheblich ist, macht der Film klar, womit wir es zu tun haben.

The Witch Next Door, dessen deutscher Titel keinerlei Zweifel an der Handlung lassen soll, spielt zwar, abgesehen von seinem Prolog, in der Gegenwart, lässt man aber die moderne Technik außer Acht, wirkt der Streifen  wie ein vergessenes B-Movie-Artefakt aus den Achtzigern oder Neunzigern, einer einfacheren Zeit im Horrorgenre. Das bedeutet keineswegs, dass der Film versucht, auf einer Nostalgie- oder Retro-Welle zu reiten. Vielmehr greifen die Macher auf das Altbewährte zurück: Eine einfache Geschichte wird mit einfachen Mitteln, viel Herz- und etwas Kunstblut, und ohne jegliche Selbstironie erzählt. Dadurch erfindet der Film das Rad nicht neu und gewinnt keine neuartigen Einblicke in das Genre, doch obwohl er sich letztlich den meisten Genre-Konventionen beugt, wirkt er gerade dank seiner unprätentiösen Schlichtheit und völligen Hingabe an die Ernsthaftigkeit des Geschehens erfrischend im zunehmend effekthascherischen Horrorgenre.

The Witch Next Door (2019) Bild 2Auch wenn der Film seine Geschichte und seine Charaktere sehr ernst nimmt, ist es den Machern jederzeit bewusst, in welchem Genre sie sich aufhalten. Dabei bedient sich der Film auch einiger gängiger Klischees wie knarzender Türen, Jump Scares und unvernünftiger Handlungen von Charakteren, sprengt aber den Rahmen dabei nie so sehr, dass es das Filmvergnügen stört. Vielmehr passt es hier zum sehr klassischen Ansatz des Horrors. Wenn beispielsweise die Hauptfiguren auf einer Website namens Witchopedia (ja, wirklich) suchen, mit wem sie es zu tun haben und wie sie die Hexe besiegen können, ist es definitiv etwas albern, aber auch irgendwie sympathisch.

Sympathisch sind auch die beiden Hauptdarsteller des Films, John-Paul Howard und Piper Curda, die spürbare Chemie miteinander haben und, wie auch der Rest der Besetzung, den meisten Zuschauer unbekannt sein dürften. Auch das hilft dabei, die Figuren weniger als Schauspieler, und mehr als echte Jugendliche wahrzunehmen. Ben ist rebellisch, wegen der Scheidung launisch, übertreibt es auch mal mit dem Alkohol, und ist in romantischen Angelegenheiten eher unbeholfen. Dass ihm die Hexe überhaupt erst auffällt, liegt daran, dass Ben, hormongesteuerter Teenager wie er ist, das gutaussehende Nachbarpärchen, das gerne Sex vor unverdecktem Fenster und bei Licht hat, durch sein Fernglas beobachtet. Insofern ist The Witch Next Door eine übernatürliche Variation von Hitchcocks Das Fenster zum Hof, oder, wenn man moderner und im Teenie-Thrillergenre bleiben will, Disturbia. Ein guter Schuss von Die Körperfresser kommen bzw. The Faculty ist auch dabei, denn die Hexe zieht sich buchstäblich die Haut ihrer Opfer über und nimmt deren Gestalt an, sodass man sich manchmal nicht sicher sein kann, von wem akute Gefahr gerade ausgeht.

The Witch Next Door (2019) Bild 3Trotz des besagten Ausflugs auf Witchopedia, belässt der Film die Mythologie und die Ursprünge der Hexe vage und lässt die Zuschauer gemeinsam mit den Protagonisten nach und nach die Kräfte des Wesens entdecken, die sich u. a. in der Manipulation anderer Menschen manifestieren. Außerdem kann die Hexe ihre Opfer quasi aus der Existenz löschen, indem sie bei anderen Familienmitgliedern jegliche Erinnerungen an sie tilgt. Diesen Kniff gab es kurioserweise bereits im russischen Baba Yaga dieses Jahr zu sehen, funktioniert aber auch hier gut, verleiht der Geschichte zusätzliche Dramatik und macht die Hexe noch perfider, denn es sind letztlich Erinnerungen, in denen geliebte Menschen weiterleben, wenn sie von uns gegangen sind.

The Witch Next Door (2019) Bild 4The Witch Next Door hegt keine Arthouse-Ambitionen wie Gretel & Hänsel, sondern ist vor allen Dingen traditionsbewusster Horror alter Schule, der in eine ähnliche, von Volksmärchen inspirierte Kerbe schlägt wie The Hole in the Ground und The Hallow aus den letzten Jahren. Dazu gehört auch der Verzicht auf CGI zugunsten praktischer, liebevoll handgemachter Effekte. Blut, Schleim und Gekröse wirken echt, wenn die Hexe einem tierischen oder menschlichen Kadaver entsteigt, um einen neuen Wirt zu übernehmen. Mit seinen teilweise blutigen Effekten geht der Film sparsam, dafür aber effektiv um. Die wahre Fratze der Hexe bekommt man nur selten zu sehen, dafür zieht sich ihre unheimliche Präsenz, u. a. durch das Geräusch ihrer knackenden Knochen bei Fortbewegung (Hut ab an die Tonleute!) durch den Film hindurch. Vor allem in der ersten Filmhälfte zeigen die Drew-Brüder ihr Talent beim Aufbau der Spannung und einer unheilvollen Atmosphäre. Im großen Finale nehmen faule Jump Scares leider zu, dafür gibt es aber immerhin einige gut vorbereitete und recht überraschende Twists.

Der erfahrene Genrefan wird von The Witch Next Door vermutlich weder schockiert noch beeindruckt werden, sollte aber die offensichtliche Liebe der Macher für das Genre wertschätzen, die in einen Film geflossen ist, von dessen simplen Art es heute nicht mehr viele gibt.

Fazit

Eine Gruselmär für Fans, die ihren Horror schlicht, klassisch und unprätentiös mögen: The Witch Next Door ist Hexenhorror alter Schule, der nicht viel neu macht und gelegentlich in die Klischee-Falle des Genres tappt, dafür aber mit liebevoll handgemachten Effekten, sympathischen jungen Protagonisten und einer immerhin über weite Strecken unheilvollen Atmosphäre aufwartet.

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Unhinged – Ausser Kontrolle (2020) Kritik

Unhingaed Ausser Kontrolle (2020) Filmkritik

Unhinged, USA 2020 • 90 Min • Regie: Derrick Borte • Mit: Russell Crowe, Caren Pistorius, Gabriel Bateman, Jimmi Simpson • FSK: ab 16 Jahren • Kinostart: 16.07.2020 • Deutsche Website

Handlung

Rachel (Caren Pistorius) ist hat einen ganz beschissenen Tag. Die junge Mutter steckt mittendrin in einer hässlichen Scheidung. Sie leidet unter Geldsorgen, und ihr künftiger Ex-Mann fordert zudem das gemeinsame Haus ein. Rachels Mutter musste kürzlich ins Altenheim verlegt werden; ihr Bruder (Austin P. McKenzie) ist samt Freundin (Lucy Faust) bei Rachel eingezogen, an der Miete beteiligen sie sich jedoch nicht. Weil sie ihren Sohn Kyle (Gabriel Bateman) zur Schule bringen muss und dabei in einen Stau gerät, wird Rachel zu allem Überfluss von ihrer Chefin am Telefon kurzerhand gefeuert. Rachels Nerven liegen blank und ihr sympathischer Scheidungsanwalt Andy (Jimmi Simpson) ist der einzige, der ihr noch Halt gibt. Doch schlimmer geht’s immer. Auf dem Weg zu Kyles Schule fährt ein Pick-up-Truck trotz grüner Ampel nicht weiter und blockiert ihr den Weg. Rachel hupt ihn entnervt an, bevor sie ihn überholt. Empört von dieser gefühlten Respektlosigkeit, holt der Fahrer des Pick-ups (Russell Crowe) Rachel ein und stellt sie zur Rede. Als sie ihm eine Entschuldigung verweigert, brennen bei ihm endgültig die Sicherungen durch. Er beschließt, der jungen Frau mit sehr rabiaten Mitteln Manieren beizubringen, und beginnt, ihr Leben systematisch zu zerstören.

Kritik

Ein Filmplakat zu Unhinged – Ausser Kontrolle bewirbt den Streifen mit dem Zusatz "Ein brandneuer Film" über seinem Startdatum. Was vor einem halben Jahr noch seltsam geklungen hätte, ist jetzt ein valides Verkaufsargument. Unhinged ist die erste nennenswerte, internationale Produktion, die nach dem weltweiten Corona-Shutdown in die deutschen Kinos kommt, ohne dass sie vor der Krise schon irgendwo im Kino gelaufen ist oder über Video-On-Demand veröffentlicht wurde. Tatsächlich müssen sich US-Amerikaner aufgrund der negativen Entwicklung in ihrem Land noch länger auf den Film warten als wir. Insofern ist die Bezeichnung völlig richtig: Unhinged ist ein brandneuer Film. Das ist aber auch das Einzige, was an dem Film neu ist, denn seine Handlung nach Schema F und alle seine Wendungen hat man in einer abgewandelten Form schon etliche Male gesehen.

Mit Duell hat Steven Spielberg schon vor fast 50 Jahren den ultimativen Road-Rage-Actionthriller gedreht, in dem ein unbescholtener Durchschnittskerl von einem Tanklaster verfolgt wird, dessen Fahrer bis zum Schluss gesichtslos bleibt. Aus demselben Holz war auch der kurzweilige Joyride – Spritztour geschnitzt. Unhinged nimmt sich Anleihen aus diesen Filmen und versetzt sie mit einer guten Portion von Hitcher, der Highway Killer.

Unhinged - Ausser Kontrolle (2020) Filmbild 1Nach einer Eröffnungssequenz, die Crowes Charakter einerseits als ernstzunehmende Bedrohung etabliert, noch bevor er auf sein Hauptopfer trifft, ihn andererseits jedoch jedes potenziellen Hauchs des Mysteriösen beraubt, folgt ein Vorspann, der sich überraschend und fast schon unangenehm aktuell anfühlt. Er besteht aus Nachrichten-Zusammenschnitten über zunehmende Gewaltakte von Menschen im Straßenverkehr, und impliziert, dass die wachsenden Ungerechtigkeiten auf der Welt immer mehr Menschen dazu bringen, auszurasten. Spätestens als nebenbei auch erwähnt wird, dass es unklar sei, wann die Polizei wieder neue Kräfte einstellen könne, um mit den wachsenden Unruhen und Gewaltakten fertigzuwerden, wird einem bewusst, dass der Film zwar erst letzten Sommer, gefühlt aber in einer anderen Ära gedreht wurde.

Doch keine Sorge, Unhinged nimmt keine politische Seite ein, möchte kein sozialkritisches Statement abgeben und erhebt auch keinerlei Anspruch auf eine vertiefte Analyse des Gewaltpotenzials in Menschen. Er will nicht mehr sein als ein schnörkelloses B-Movie mit einem Oscarpreisträger in einer wirklich, wirklich bösen Rolle.

Unhinged - Ausser Kontrolle (2020) Filmbild 2Crowes Schurke ist sehr simpel gestrickt und bietet keinerlei Dimensionen, die der talentierte Schauspieler ausloten kann. Der Film macht früh klar, dass sein Charakter ein jähzorniger, gewaltbereiter Psychopath ist, und mehr Entwicklung folgt auch nicht. Nichtsdestotrotz ist der Schauspieler perfekt in der Rolle besetzt, denn obwohl er nicht in die Tiefe gehen kann, kostet er vergnügt die reuelose Boshaftigkeit der Figur aus. Es ist die fieseste Rolle, die Crowe seit Romper Stomper gespielt hat. Der einst durchtrainierte Neuseeländer hat seit Gladiator einige Pfunde zugelegt, doch Regisseur Derrick Borte nutzt das zum Vorteil und weiß Crowes massigen Körper gut in Szene zu setzen. Dieser füllt immer wieder das Bild aus und lässt die Figur wie eine wandelnde Naturgewalt wirken, die mit seinem wuchtigen Truck harmoniert und einen Kontrast zu seiner zierlichen Gegnerin und ihrem Volvo darstellt. Während Spielbergs Duell komplett darauf verzichtete, den Lastwagenfahrer zu zeigen, geht Unhinged in die entgegengesetzte Richtung und verharrt von Anfang an lange in Nahaufnahmen auf Crowes vor Wut brodelndem Gesicht.

Unhinged - Ausser Kontrolle (2020) Filmbild 3Die Bedrohung durch Crowes Figur und seine Bosheit kommen vor allem zur Geltung, weil der Film mit Caren Pistorius als Rachel eine Protagonistin hat, mit der man schnell sympathisiert und mitfiebert. Als Gabriel Batemans Mutter ist die nur 14 Jahre ältere Schauspielerin jedoch eindeutig zu jung besetzt, was inzwischen ein kurioser Trend ist. Bereits in Lights Out spielte Teresa Palmer Batemans Mutter mit 18 Jahren Altersunterschied. Hoffentlich besetzt man ihn demnächst nicht als Saoirse Ronans Sohn.

Auf den ersten Blick könnte man meinen, dass Unhinged auch etwas von Falling Down hat. Wie viel kann ein Mensch ertragen, bis er durchdreht und mit der Gesellschaft abrechnet? Bei näherer Betrachtung ist der Film jedoch so ziemlich das Gegenteil von Joel Schumachers bitterböser Satire. Hier ist es Rachel, der die ganze Zeit übel mitgespielt und der Teppich unter den Füßen weggezogen wird, die sich aber trotzdem immer wieder zusammenreißt und versucht, die beste Mutter für ihren Sohn zu sein. Russell Crowes Charakter ist wiederum einfach ein astreiner Psychopath, der förmlich nach einer Ausrede für seinen Amoklauf gesucht hat. Es ist daher umso befriedigender zu sehen, wie Rachel im Laufe des Films selbstbewusster wird und ungeahnte Kräfte in sich entdeckt, sobald ihr Sohn bedroht wird.

Unhinged - Ausser Kontrolle (2020) Filmbild 4Wie clever und übermächtig der Bösewicht in Unhinged ist, variiert der Film, wie es ihm gerade zur Handlungsentwicklung passt. Logiklücken und einige fragwürdige Handlungen der Charaktere bleiben dabei nicht aus. Weil der Film mit seiner knackigen  90-minütigen Laufzeit die Geduld der Zuschauer jedoch nicht überstrapaziert und das Tempo durchgehend hoch hält, fallen seine Unzulänglichkeiten nicht so sehr ins Gewicht. Zudem punktet er mit einigen fiesen Gewaltspitzen und überraschend viel Karosserieschaden bei spektakulären Autocrashs ohne CGI-Einsatz.

Die fehlende Kreativität und Anspruchslosigkeit des Films sind Mankos, mit denen man im Zweifel ganz gut leben kann. Wer sich in den nächsten Tagen nicht 186 Minuten von Berlin, Alexanderplatz im Kino beanspruchen lassen möchte, findet im halb so langen Unhinged genug kurzweilige Unterhaltung für einen Filmabend, auch wenn der Film bereits beim Verlassen des Kinosaals in der grauen Masse vergleichbarer Psychothriller zu verschwimmen droht.

Fazit

Euphemistisch ausgedrückt, erfindet Unhinged – Ausser Kontrolle das Rad im Subgenre der Stalker- oder Killerfahrer-Thriller nicht neu. Doch seine fehlende Kreativität und Glaubwürdigkeit macht der Film mit einem halsbrecherischen Tempo, einigen überraschend fiesen Gewaltspitzen, einer sympathischen Hauptdarstellerin und Russell Crowe in einer der bösesten Rollen seiner Karriere wieder wett.

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Bloodshot (2020) Kritik

Bloodshot (2020) Filmkritik

Bloodshot, USA/CN 2020 • 110 Min • Regie: Dave Wilson • Mit: Vin Diesel, Eiza González, Guy Pearce, Sam Heughan, Toby Kebbell, Lamorne Morris, Talulah Riley • FSK: ab 16 Jahren • Kinostart: 5.03.2020 • Website

Handlung

Der stählerne Körper des Elitesoldaten Ray Garrison (Vin Diesel) ist mit Narben übersät. Sie erinnern ihn an die Gefahren seines Berufs. Ein weiteres solches Souvenir bringt er auch von einer erfolgreichen Geiselbefreiungsaktion in Mombasa zurück. Doch die Folgen des Einsatzes suchen Ray während seines romantischen Urlaubs mit seiner wunderschönen Frau Gina (Talulah Riley) an Italiens Amalfiküste heim. Der sadistische Martin Axe (Toby Kebbel) und sein Söldnertrupp stören die Zweisamkeit und entführen das Paar. Als er merkt, dass Ray ihm die verlangten Informationen zur Mombasa-Mission nicht geben kann, tötet er erst Gina vor seinen Augen, und jagt dann Ray eine Kugel in den Kopf. In aller Regel würde die Geschichte an dieser Stelle enden, doch Ray wacht quicklebendig im Labor des Hi-Tech-Unternehmens Rising Spirit Technologies wieder auf. Dessen Leiter, der brillante Wissenschaftler Dr. Emil Harting (Guy Pearce), klärt ihn darüber auf, dass er mittels experimenteller Nanotechnologie von den Toten auferweckt wurde. Sein gesamter Körper besteht nun aus mikroskopischen Nanorobotern, die ihm enorme Kraft und Ausdauer verleihen und ihn quasi unverwundbar machen. Außerdem fungiert Rays neuer Körper als ein Hochleistungscomputer, der sich in jedes Netzwerk der Welt einwählen kann. Noch bevor Ray diese Information richtig verdauen kann und das Ausmaß seiner Kräfte erkennt, überrollen ihn schmerzhafte Erinnerungen an seinen tragischen Verlust. Ray hat nur noch ein Ziel vor Augen: Rache. Er bricht aus dem Labor aus und macht sich auf die Suche nach den Schuldigen.

Kritik

Galten Comicverfilmungen mit der Ausnahme von Batman und Superman einst als potenzielles Kassengift, dominieren Marvel- und DC-Adaptionen seit Jahren die Blockbuster-Industrie in Hollywood. Alle großen Studios wollen ein Stück von dem Kuchen und wenden ihre Blicke inzwischen auch auf weniger bekannte Vorlagen, in der Hoffnung auf ein neues, erfolgreiches Superhelden-Franchise. Mit diesem Ziel holte sich Sony die Rechte an den Charakteren der Valiant-Comics, eines 1989 vom ehemaligen Marvel-Chefredakteur Jim Shooter mitgegründeten Verlags. Dessen bekanntester Held Bloodshot schafft als erster den Sprung auf die Leinwand. Ob weitere Einsätze für ihn oder gar das geplante Filmuniversum mit anderen Valiant-Charakteren (was sonst) folgen werden, darf nach dem unterdurchschnittlichen ersten Film jedoch bezweifelt werden.

Bloodshot (2020) Filmbild 3Mit seiner tiefen Stimme und imposantem Auftreten hat Vin Diesel seine gesamte Karriere inzwischen darauf aufgebaut, stoische, grimmig dreinblickende, auf ultracool getrimmte Actionhelden zu spielen. Ob als Dominic Torreto, Xander Cage oder Richard B. Riddick – Vin Diesel spielt vor allem Vin Diesel. Er ist zu einer eigenen Marke geworden, wie einst Arnold Schwarzenegger, und solange er bei seinen etablierten Franchises bleibt, funktioniert es für ihn auch ganz gut. Bloodshot fordert sein Schauspiel nicht über die üblichen Parameter hinaus. Die Rolle reiht sich direkt neben dem erwähnten Trio ein. Doch während Fast & Furious mit einem gut eingespielten Ensemble und augenzwinkernder Selbstironie punktet, und die Riddick-Filme eine faszinierende Welt rund um die Hauptfigur aufbauen, hat Bloodshot leider nichts davon zu bieten. Mit seiner Vorlage hat der Film, abgesehen von der Hauptfigur und ihren grundlegenden Fähigkeiten, wenig gemeinsam. Stattdessen ist Bloodshot lieblos aus Versatzstücken anderer, besserer Genrefilme zusammengesetzt. Das offensichtliche Vorbild ist RoboCop, minus die Satire, die Figurentiefe und Paul Verhoevens virtuose Regie. Es finden sich auch Anklänge von Memento in dem Film, nicht zuletzt verdeutlicht durch die Besetzung von Guy Pearce, der Michael Sheen in der Rolle kurzfristig ersetzte.

Bloodshot (2020) Filmbild 1In jeder Hinsicht wandelt Bloodshot auf ausgetretenen Pfaden. Das Drehbuch von Jeff Wadlow (Fantasy Island) und Eric Heisserer (Arrival) möchte mit einem Twist in der Filmmitte clever wirken, doch als ob dieser nicht schon vorhersehbar genug wäre, hat Sony ihn vorsorglich in den Trailern gespoilert, damit man wirklich keinerlei Zweifel daran hat, wie sich die Geschichte von Anfang bis Ende abspielt. Doch auch das kann man verkraften, wenn die Inszenierung stimmig ist. Leider kann Erstlingsfilmemacher Dave Wilson in der Hinsicht nicht punkten. Seine Regie ist ähnlich einfallslos und von der Stange wie das Skript. Rays Kräfte machen ihn seinen Gegnern dermaßen überlegen, dass Kreativität besonders gefordert ist, um Actionsequenzen trotzdem halbwegs mitreißend zu gestalten. Diese sucht man in dem Film jedoch meist vergebens. Mittelprächtige Computereffekte, hektischer Schnitt und das forcierte, jugendfreie PG-13-Rating rauben der Action jegliches Restpotenzial. Eine härtere Gangart hätte den Film vielleicht nicht zwingend besser gemacht, aber zumindest unterhaltsamer, und hätte zu dem Charakter und der Vorlage besser gepasst.

Bloodshot (2020) Filmbild 2Es gibt hier und da einige coole visuelle Einfälle, wie beispielsweise die Umsetzung von Rays Unverwundbarkeit in Aktion oder eine Szene, in der eine virtuelle Umgebung in seinem Kopf aufgebaut wird – letztere erinnert an eine vergleichbare Sequenz aus Captain Marvel. Doch das sind nur kleine kreative Tropfen auf dem heißen Stein der Inspirationslosigkeit.

Der Film ist voll und ganz auf seinen muskulösen Star zugeschnitten, gibt ihm aber wenig, womit er wirklich arbeiten kann. Ray ist taff, Ray ist cool, Ray ist unbesiegbar, Ray ist wütend, und später ist er wütender. Mehr Facetten hat der Charakter nicht. Ob nun dem generischen Skript oder Diesels begrenzter schauspielerischer Bandbreite geschuldet, bleibt sein Charakter ein Abziehbild, wie alle anderen Figuren. Nahezu alle Hauptdarsteller des Films haben in Vergangenheit schon gezeigt, dass sie es besser können, ob Sam Heughan in "Outlander", Eiza González in Baby Driver oder Guy Pearce in den meisten seiner Rollen. Als zwielichtiges Wissenschaftsgenie ist Pearce hier nicht weit entfernt von seinem Charakter aus Iron Man 3. Heughans Hi-Tech-Söldner ist einfach nur ein Arsch ohne irgendeinen erkennbaren Grund. González spielt als KT die einzige von Hartings Handlangern mit Gewissen und würde als Actiondarstellerin vermutlich eine ganz gute Figur abgeben, wenn ihre entsprechenden Szenen nicht von einem Cutter mit ADHS zurechtgeschnitten worden wären. Für die Auflockerung der bierernsten Atmosphäre soll in der zweiten Filmhälfte Lamorne Morris als nerdiger Programmierer sorgen, doch kein einziger seiner bemühten Gags zündet.

Bloodshot ist ein Film, der einem möglicherweise die Zeit beim Bügeln passabel vertreibt, während man mit einem halben Auge hinschaut, doch nichts daran rechtfertigt den Kauf eines Kinotickets oder 110 Minuten Lebenszeit. Wie schon Vin Diesels Hexenjäger aus The Last Witch Hunter ist auch Bloodshot, der übrigens nie in dem Film mit diesem Namen genannt wird, für schnelle Vergessenheit in der Masse austauschbarer Actionstreifen prädestiniert.

Fazit

Vin Diesels Versuch, einen neuen coolen Actionhelden mit Franchise-Potenzial für sein Repertoire zu etablieren, scheitert im ersten Anlauf. Lediglich ein höheres Budget und der namhafte Hauptdarsteller unterscheiden Bloodshot von einer direkten Heimkino-Veröffentlichung. Dort ist die Comicadaption vermutlich am besten aufgehoben, denn auch ihre visuellen Sperenzchen sind nicht Grund genug für einen Kinobesuch.

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"Maneater": Das ungewöhnliche Action-RPG in der Vorschau

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Maneater Spiel

Fressen oder gefressen werden!

Starre Augen, lautlose Bewegungen und zig Reihen an messerscharfen Zähnen: Haie flössen wohl jedem Angst ein. Kein Wunder also, das die Fressmaschinen immer wieder für gepflegten Leinwand-Terror herhalten müssen und von Der weiße Hai über Deep Blue Sea oder MEG bis zur trashigen Sharknado-Serie, mangelt es nicht an prominenten Filmauftritten.

In Videospielen tauchen die tödlichen Tiere eher in Nebenrollen auf, einzig das mittlerweile gut 14 Jahre alte "Jaws Unleashed" machte die schwimmende Bedrohung zu einem spielbaren Charakter und erzählte die Story aus Sicht eines Hais. Das ändert sich: Mit "Maneater" des amerikanischen Studios Tripwire Interactive ("Killing Floor", "Rising Storm") kommt im Mai ein ungewöhnliches Action-Rollenspiel, in dem ihr mal nicht die Rolle eines Space-Marines, Ex-Polizisten oder edlem Ritter übernehmt, sondern euch als Bullenhai beweisen sollt. Wir haben das durchaus blutige Spektakel bereits ausprobiert und sagen euch, ob ihr euch auf ein echtes HaiPG freuen könnt.

Maneater (2020) Bild 1Familienbande

Das Jagdrevier von Scaly Pete sind die Sümpfe des Fawtick Bajou. Hier jagt der auf den ersten Blick schon extrem unsympathische Pete nach ganz großen Fischen und bekommt eines Tages auch einen stattlichen Bullenhai an die Angel. Als er das Tier mit sichtlicher Freude an Bord seines Bootes aufschneidet, kommt ein noch lebendes Junges zum Vorschein. Er ritzt dem Babyhai eine fette Narbe in den Körper und wirft ihn zurück ins Wasser. Nicht etwa aus einem Anflug von Tierliebe, sondern weil er später den Hai wiedererkennen will, wenn er erneut auf die Jagd geht und das Fischlein dann eine Herausforderung darstellt. Ihr ahnt es schon, der Babyhai ist eure Spielfigur und ihr sollt euch jetzt vom Fischlein mit Milchzähnen zum ausgewachsenen Terror-Hai entwickeln, um an Pete den Tod eurer Mutter zu rächen.

Maneater (2020) Bild 2Friss oder stirb

Ihr beginnt als harmloser Frischling in den Sümpfen des Fawtick Bajou und lernt erst einmal eure Fähigkeiten kennen. Schon als Baby verfügt ihr über ein messerscharfes Gebiss und schnappt euch kleinere Fische als Beute, damit verschafft ihr euch neue Lebensenergie und sammelt Erfahrungspunkte. Zudem könnt ihr die Beute im Maul hin- und herschütteln und so schwächen oder mit dem Schwanz einen Schlag ausführen, der Gegner meterweit durch die Gegend katapultiert. Wie es sich für eine Hai-Attacke gehört, läuft das Fressen ganz schön blutig ab und das Wasser färbt sich eklig rot, wenn ihr die Beute erlegt.

Neben friedlichen Wasserschildkröten, Katzenfischen, Zackenbarschen und anderem Kleingetier stoßt ihr aber schnell auf stärkere Futterneider und müsst euch mit Alligatoren, Barrakudas und natürlich auch Menschen auseinandersetzen. Die harmlosen Badegäste am Strand sind noch im wahrsten Sinne des Wortes ein gefundenes Fressen, aber Taucher mit Harpunen oder mit Gewehren bewaffnete Fischer in ihren Booten, stellen eine stetige Bedrohung dar. Glücklicherweise braucht ihr nicht gleich gegen übermächtige Feinde antreten, sondern könnt euch ganz auf eurer Wachstum konzentrieren. Dazu untersucht ihr in Ruhe das Jagdgebiet und erfüllt kleinere Aufträge, beispielsweise eine bestimmte Anzahl Fische fressen, Sammelobjekte suchen oder Schatztruhen am Meeresgrund aufzuspüren. Hilfreich ist dabei die Karte, in der die wichtigen Punkte und Auftragsorte laufend eingezeichnet werden.

Maneater (2020) Bild 3Evolution und Mutationen

Wenn ihr das Kleinvieh erlegt habt, wird es Zeit, sich den großen Aufgaben zu widmen. Bevor ihr aber den Zwischenboss eines Kartenabschnitts zu Gesicht bekommt, sollt ihr euch noch mit den großen Tieren anlegen. Alligatoren in den Sümpfen stellen eine besonders knackige Herausforderung dar, die tauchen meist im Rudel auf und nach ein paar Angriffen haucht ihr schnell das Haileben aus. Zwar könnt ihr mit einem gut getimten Tastendruck einem Angriff ausweichen oder auftauchen und dort schnell wegschwimmen, aber nur Kills bringen auch die wichtigen Erfahrungs- und Evolutionspunkte.

Zum Glück findet ihr Grotten in eurem Jagdgebiet, die ihr zum Ausruhen und Verbessern der Fähigkeiten nutzt. Habt ihr genug Evolutionspunkte beim Fressen oder dem Meistern von Missionen gesammelt, lassen sich die Organe des Hais weiter entwickeln. Mutationen, wie ein verbesserter Sonar, der die Umgebung nach Feinden absucht, harte Knochenplatten, die Angriffe wirkungslos verpuffen lassen oder ein bio-elektrischer Stachel am Schwanz, mit dem Gegner schnell zur Strecke gebracht werden, machen aus dem Baby-Hai Stück für Stück einen gnadenlosen Jäger. Wie es sich für ein Rollenspiel gehört, könnt ihr mit den entsprechenden Bio-Verbesserungen dann immer härtere Gegner erledigen und euch den nächsten Aufgaben widmen.

Maneater (2020) Bild 4Wer ist jetzt der Apex Predator?

Habt ihr ein Jagdgebiet abgesucht und alle Aufgaben gemeistert, steht euch ein harter Abschluss des Levels bevor. Zum einen bekommt ihr es mit einem sogenannten Apex Predator zu tun, ein Raubtier, der, wie der Name es schon vermuten lässt, an der Spitze der Nahrungskette steht. Zumindest bis zu dem Zeitpunkt, wenn ihr zum Bosskampf antretet und dem Fiesling mal zeigt, wer hier die schärfsten Zähne hat. Auf euch warten dabei so nette Artgenossen, wie ein riesiger Alligator, ein Barrakuda, ein mächtiger Mako und sogar ein ausgewachsener Pottwal.

Und das ist noch nicht alles, was euch erwartet: Jeder Abschnitt wird zudem noch von einem Vertreter der gefährlichsten Spezies auf der Welt bewacht: dem Menschen. Ein Boss-Fischer mit besonderen Fähigkeiten wartet noch auf euch, dann erst könnt ihr das nächste Gebiet betreten. In dem Fawtick Bajou handelt es sich dabei um den blonden Bajou Willy, dem die Alligatorenjagd zu langweilig geworden ist und eine wirkliche Herausforderung sucht. Dabei kann Willy auf eine ganze Armee an Jägern zurückgreifen, die euch mit ihren Sumpfbooten verfolgt.

"Maneater" von Tripwire Interactive erscheint am 22.05.2020 für PC, PS4, Xbox One und Nintendo Switch.

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Der Unsichtbare (2020) Kritik

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Der Unsichtbare (2020) Filmkritik

The Invisible Man, AUS/USA 2020 • 124 Min • Regie & Drehbuch: Leigh Whannell • Mit: Elisabeth Moss, Harriet Dyer, Aldis Hodge, Michael Dorman, Storm Reid, Oliver Jackson-Cohen • Kamera: Stefan Duscio • Musik: Benjamin Wallfisch • FSK: ab 16 Jahren • Verleih: Universal Pictures • Kinostart: 27.02.2020 • Deutsche Website

Leigh Whannells gleichnamige Neuinterpretation des Universal-Klassikers „Der Unsichtbare“ beginnt mit Bildern, die an vergangene Gothic-Horror-Stoffe erinnern: Wellen, die im Mondschein gegen eine Klippe schlagen. Am Rande des Abhangs ein dunkles Anwesen. Kein Schloss, wie wir es etwa aus frühen Roger-Corman-Werken kennen, sondern eine spartanisch-kalte, hochmoderne Villa. In dieser wagt eine junge Frau die Flucht aus den Klauen eines nur zu reales Biestes. Whannell, der Autor der erfolgreichen Genre-Franchises „Saw“ und „Insidious“, schraubt in seiner dritten Regiearbeit den physischen Schrecken lange Zeit zurück, um dem psychologischen Terror gegenüber seiner Protagonistin den Vorzug zu geben. Dabei funktioniert „Der Unsichtbare“ wie ein mit Angst und Paranoia operierender Giallo mit Noir-Touch und High-Tech-Twist.

Der Unsichtbare (2020) 1

Wie wir bald erfahren, handelt es sich bei der Frau vom Beginn um Cecilia (Elisabeth Moss), die nur äußerst knapp ihrem soziopathischen Kontrollfreak-Partner Adrian (Oliver Jackson-Cohen) entkommen kann. Um vor dem brillanten Wissenschaftler sämtliche Spuren zu verwischen, taucht sie bei ihrem Polizisten-Freund James (Aldis Hodge) und dessen Tochter Sydney (Storm Reid) unter und vermeidet zur Sicherheit auch den Kontakt zu ihrer Schwester Alice (Harriet Dyer). Die nervenzehrende Furcht vor dem scheinbar omnipräsenten Adrian löst sich urplötzlich, als Cecilia schließlich von der Nachricht von dessen Selbstmord überrascht wird. Das Leben scheint wieder seinen normalen Lauf nehmen zu können. Doch schon bald kommt es zu mysteriösen Ereignissen, die sich langsam bedrohlich steigern: Verlorene Objekte tauchen aus dem Nichts wieder auf, Herdplatten sind auf höchste Stufe aufgedreht und verschlossen geglaubte Türen stehen offen. Ist Adrian womöglich gar nicht tot oder steckt etwas ganz anderes hinter den Vorfällen?

Der Unsichtbare (2020) 2

Nach dem verheerenden Fehlstart des geplanten Dark Universe in Form des Tom-Cruise-Stampfers „Die Mumie“, hat Universal mit „Der Unsichtbare“ einen Schritt in die richtige Richtung unternommen und sich erneut mit dem Erfolgsunternehmen Blumhouse Productions (u.a. „Get Out“, „Happy Deathday“) zusammen getan. Und so erwartet den passionierten Grusel-Fan bei dieser Aufbereitung der berühmten Monster-Vorlage kein weiterer CGI-geladener High-Budget-Brei, sondern ein angenehm zurückhaltender Thriller, der erst relativ spät Blut und Action in sein Gerüst integriert. Der Film setzt vor allem auf seine verletzliche und anfangs bemerkenswert distanzierte Heldin, die von der aufstrebenden Elisabeth Moss („The Handmaid’s Tale“) herausragend verkörpert wird. Mit einer erfrischenden und authentischen Entscheidung gegen den üblichen Beauty-Wahn auf der Leinwand, verleiht Moss der sichtlich verstörten Cecilia ein ungeschminktes Anlitz. Es ist ihr Spiel am Rande des Nervenzusammenbruchs, und nicht etwa ausschweifende Rückblenden, die das erschreckende Verhältnis der Frau zu dem grausamen Adrian vermittelt.

Der Unsichtbare (2020) 3

Inhaltlich ist der von Leigh Whannell geschriebene und inszenierte Schocker wohl nicht zufällig ein Produkt des Post-Harvey-Weinstein-Zeitalters: Der Kampf der Protagonistin gegen den übermächtigen und einflussreichen Feind wird durch die Tatsache verstärkt, dass dessen Taten für die übrigen Charaktere buchstäblich nicht sichtbar sind und Cecilia damit zu einem unglaubwürdigen Opfer degradiert wird. Ganz neu ist dieser Ansatz jedoch nicht, erinnert der Film doch teilweise sehr an Eric Reds Geisterhorror „100 Feet“, in dem Famke Janssen ebenfalls von ihrem übergriffigen Ex-Mann heimgesucht wird.

„Der Unsichtbare“ funktioniert während seiner zweistündigen Laufzeit besonders gut als beklemmendes und atmosphärisch dichtes Psychospiel, das jedoch infolge seiner späteren Action-Horror-Einschübe etwas an Kraft einbüßt und zusätzlich an einigen logischen Ungereimtheiten krankt. Whannell ist ein cleverer Autor, der sich nicht nur bestens im Genre auskennt, sondern auch immer wieder gekonnt Überraschungen in vermeintlich vorhersehbare Geschichten einzubauen versteht. Hier scheint er ab der zweiten Hälfte leider etwas zu bemüht gewesen zu sein, Versätze seiner großartigen Sci-Fi-Arbeit „Upgrade“ in das eigentlich stimmige Konzept einzufügen, wobei die schleichende Spannung durch die Gewalteruptionen eher gestört als ergänzt wird. Weniger wäre hier mehr gewesen.

Der Unsichtbare (2020) 4

Trotz dieser Kritikpunkte bleibt „Der Unsichtbare“ eine lohnenswerte Erneuerung des klassischen Stoffes, die mit viel Stil und einem antiklimatischen, noirlastigen Finale einen weiteren Schritt nach vorn für Leigh Whannell als Regisseur bedeutet.


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Fantasy Island (2019) Kritik

Fantasy Island (2019) Filmkritik

Fantasy Island, USA 2020 • 110 Min • Regie: Jeff Wadlow • Mit: Lucy Hale, Maggie Q, Michael Peña, Austin Stowell, Portia Doubleday, Ryan Hansen, Jimmy O. Yang, Michael Rooker • FSK: ab 16 Jahren • Kinostart: 20.02.2020 • Website

Handlung

Fünf Fremde gewinnen einen Trip zur Fantasy Island, der Insel des geheimnisvollen Mr. Roarke (Michael Peña), der ihre innigsten Träume zu erfüllen verspricht. Auf der paradiesischen Insel angekommen, erklärt Roarke den noch skeptischen Gästen die unumstößlichen Regeln. Obwohl der Fantasie keine Grenzen gesetzt sind, hat jeder nur einen Wunsch, der zur Realität werden kann. Außerdem muss die Fantasie bis zu ihrem natürlichen Ende ausgelebt werden, einschließlich aller möglichen Konsequenzen. So unwahrscheinlich es erscheint, hält Roarke, was er verspricht. Die beiden feierlustigen Stiefbrüder J. D. (Ryan Hansen) und Brax (Jimmy O. Yang) wünschen sich einfach "alles" und bekommen die Poolparty ihres Lebens mit zahlreichen heißen Frauen und Männern, Drogen und einem eigenen Waffenarsenal; Ex-Polizist Patrick (Austin Stowell) möchte Soldat sein und wird Teil einer Geiselbefreiungsmission; Melanie (Lucy Hale) wünscht sich Rache an dem Mädchen, das sie zu Schulzeiten gemobbt hat; die traumatisierte Gwen (Maggie Q) hat den komplexesten Wunsch und möchte eine zweite Chance, ihr Leben anders zu gestalten. Auch diese Fantasie geht auf wundersame Weise in Erfüllung. Doch nichts im Leben ist geschenkt und jede Fantasie hat auch ihre Schattenseiten, wie die fünf Gäste von Mr. Roarke sehr schnell feststellen. Es gibt jedoch kein Zurück mehr und schon bald geht es für die Beteiligten um Leben und Tod, denn die Insel verlangt ihre Opfer.

Kritik

Wenn ein Studio beschließt, einen Film vor Kinostart der Presse nicht zu zeigen, gibt es in aller Regel jeden Grund, das Schlimmste zu befürchten. In Anbetracht dieser gesenkten Erwartungen entpuppt sich Fantasy Island als ein überraschend kurzweiliger, abstrus-alberner, harmloser Spaß, der die Zuschauer mit flottem Tempo und einer sich stets entfaltenden Geschichte über den Großteil seiner Laufzeit bei Laune hält. Erst gegen Ende bricht er unter der Last seiner Logiklücken und hanebüchenen Erklärungen zusammen.

Fantasy Island basiert auf der gleichnamigen Kultserie aus den Siebzigern und Achtzigern, in der Ricardo Montalbán Michael Peñas Rolle als makellos in Weiß gekleideter Mr. Roarke verkörperte. Die Serie schaffte es erst mehrere Jahre nach ihrem eigentlichen Ende ins deutsche Fernsehen und das Format war so beliebt, dass ZDF sogar eine kurzlebige eigene Version unter dem Titel "Insel der Träume" produzierte. Trotz gelegentlicher Verweise auf die Vorlage, ist diese für die Zuschauer des Films kaum von Belang, denn sein junges Zielpublikum war noch gar nicht auf der Welt, als die beiden Serien liefen. Fantasy Island ist vor allen Dingen die neuste Produktion von Hollywoods erfolgreichster Horrorschmiede Blumhouse. Diese hat sich seit Jahren auf kostengünstig produzierte, mainstreamtaugliche Genrefilme meist junger Filmemacher spezialisiert und feiert mit diesem Konzept einen Hit nach dem anderen. Qualitativ gibt es bei Blumhouse große Schwankungen. Für jeden aufrichtig guten Film wie Get Out oder Insidious gibt es auch Rohrkrepierer wie The Gallows oder Ouija.

Fantasy Island (2020) Filmbild 1Auch Fantasy-Island-Regisseur Jeff Wadlow hat vor zwei Jahren für Blumhouse den unsäglichen Horrorstreifen Wahrheit oder Pflicht verbrochen, in dem ebenfalls "Pretty Little Liars"-Star Lucy Hale die Hauptrolle gespielt hat. Sein zweiter Anlauf ist zwar noch keine vollwertige Wiedergutmachung dieser vergeudeten Lebenszeit und leidet zum Teil immer noch unter gleichen Problemen, stellt aber insgesamt eine deutliche Verbesserung dar. Fantasy Island nimmt das grobe Grundgerüst der Serie und trimmt es auf Grusel. Seine horrorlastigen Elemente, wie die entstellten, geisterhaften Erscheinungen, die auf der Suche nach einem billigen Jump Scare immer wieder hinter den Protagonisten auftauchen, wirken abgedroschen. Viel besser funktioniert der Film, wenn er die Fantasien der Inselgäste getreu dem Spruch "Sei vorsichtig, was du dir wünschst" ausspielt. Durch vier verschiedene solcher Traumszenarien bietet er in der ersten Filmhälfte viel Abwechslung und sorgt für reichlich Neugier, denn man fragt sich zwangsläufig, wann und wie es für jeden jeweils schiefgehen wird. Und das tut es natürlich, denn wenn etwas zu schön ist, um wahr zu sein, dann ist es das üblicherweise auch nicht. Diese Weisheit kennen die Inselgäste, bis auf die skeptische Gwen, die als einzige von Anfang an ihren Verstand einzusetzen scheint, offenbar nicht.  Roarke lullt die anderen in ein falsches Gefühl der Sicherheit und Aufregung ein, obwohl sogar ein kurzer Blick auf seine Helfer verrät, dass sie offenbar als Statisten für einen Horrorfilm besetzt worden sind.

Fantasy Island (2020) Filmbild 2

Wer echten Horror sucht, dem wird Fantasy Island zu zahm sein. Einige sichtbare Schnitte sprechen dafür, dass der Film ursprünglich für eine höhere Altersfreigabe gedreht wurde. Ein Genrefilm braucht nicht zwingend ein R-Rating, um extrem unterhaltsam zu sein, wie Happy Deathday und sein Sequel erst kürzlich bewiesen haben, doch ungeschickt platzierte grobe Schnitte hinterlassen keinen guten Eindruck.

Am meisten macht Fantasy Island Spaß, wenn die Protagonisten, wie auch die Zuschauer, keine Ahnung haben, was gerade abgeht, während ihre Idylle ihnen entgleitet und aus einem Traum schnell ein Albtraum wird. Den Übergang schafft der Film mal mehr, mal weniger gut. Während einige ihre Fantasie lange Zeit auskosten dürfen, bevor sie ihren Tribut fordert, gehen die Träume anderer schon auf Anhieb schief. Eine neue Wende kommt, wenn die eigentlich separaten Fantasien zusammenlaufen.

Fantasy Island (2020) Filmbild 4Der Film wandelt auf dem schmalen Grat der Absurdität zwischen kurzweiliger Unterhaltung und ungläubigem Augenverdrehen. Tatsächlich schafft er es lange Zeit, auf der richtigen Seite zu bleiben. Im dritten Akt macht er jedoch den Fehler, einen weiteren haarsträubenden Twist draufzusetzen und dann zu versuchen, alles zu erklären. Er müht sich so redlich ab, keine Fragen offen zu lassen, dass man beinahe erwartet, dass die Drehbuchautoren gleich für eine Frage-Antwort-Runde auf der Leinwand erscheinen. Stattdessen taucht im Film ein leicht dubios wirkender Michael Rooker als Erklärbär auf. Ich bin der Letzte, der sich über Rookers Präsenz in irgendeinem Film beschweren würde, doch sein Charakter ist hier lediglich auf Deus-ex-Machina und Exposition reduziert. Dennoch macht es mehr Spaß, ihm zuzuschauen als den meisten anderen Darstellern des Films. Lucy Hale scheint mit ihrer Rolle zuweilen überfordert zu sein, Maggie Q wechselt nur zwischen wehmütigen und besorgten Blicken, und Ryan Hansen spielt auch 13 Jahre nach dem (ersten) Ende von "Veronica Mars" immer noch Dick Casablancas.

Fantasy Island (2020) Filmbild 3Der Film zerrt gegen Ende immer weiter an jeglicher marginaler Glaubwürdigkeit, die er zumindest innerhalb seines irrwitzigen Konstrukts noch hatte. Die flotte, unbeschwerte Leichtfüßigkeit wird unter dieser Erklärungsnot und dem Bestreben, den Zuschauern immer wieder den Boden unter den Füßen wegziehen, von Schwerfälligkeit verdrängt.

Um Fantasy Island in vollen Zügen zu genießen, muss man es den hauchdünnen Charakteren gleichtun, den gesunden Menschenverstand außen vor lassen und sich auf die chaotische Mischung aus Butterfly Effect, "Lost" und Teuflisch mit Brendan Fraser (minus beabsichtigten Humor) einlassen. Der Streifen erfüllt leider nicht die Fantasie von einem wirklich runden Kinoerlebnis, indem er sich selbst am Schluss torpediert. Vertritt man jedoch die Meinung, dass der Weg das Ziel ist, dann kann man 110 Minuten auch schlechter investieren.

Fazit

Fantasy Island bereitet deutlich mehr Spaß als er bei seiner abstrusen Handlung, eindimensionalen Charakteren und einigen Horrortricks aus der Mottenkiste vielleicht sollte. Doch solange sich der Film selbst nicht allzu ernst nimmt und man es als Zuschauer auch nicht tut, wird man gut unterhalten und mit offenen Fragen und Wendungen bei Stange gehalten. Erst als er auf Biegen und Brechen versucht, alles zu erklären und dabei cleverer zu sein als er eigentlich ist, wird es eher anstrengend.

Trailer

"Blair Witch" (Xbox One/PS4) – Horrorspiel im Test

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Blair Witch Xbox Game

Blair Witch Project aus dem Jahr 1999 war nicht der erste Film des Found Footage-Subgenres, schon fast 30 Jahre vorher hat beispielsweise Rainer Erler mit „Die Delegation“ dem Zuschauer die Story in Form einer authentisch anmutenden Reportage präsentiert. Den größeren Erfolg und das Prädikat "Mutter aller Found Footage-Filme" konnte aber die als Dokumentarfilm getarnte Hexenjagd der Amerikaner Daniel Myrick und Eduardo Sánchez für sich verbuchen. Für ein Taschengeld von 60.000 US-Dollar produziert, wurden dank einer Glanzleistung des viralen Marketings satte 250 Millionen US-Dollar eingespielt. Den beiden Fortsetzungen, Blair Witch 2 (2000) und schlicht Blair Witch (2016), war ein solch monumentaler wirtschaftlicher Erfolg in den Kinos nicht mehr gelungen. Kann Lionsgate Games mit der spielerischen Aufarbeitung des Themas "Psychotrip im Wald" für PC, PS4 und Xbox One mehr überzeugen?

Blair Witch Xbox 4Der Fluch von Black Hills

Die Handlung spielt im Jahr 1996, zwei Jahre nach den Ereignissen des Originalfilms, in dem drei Camper spurlos in dem riesigen Waldgebiet Black Hills in der Nähe der Stadt Burkittsville, Montana verschwunden sind. Diesmal wird der neunjährige Peter Shannon vermisst und der örtliche Sheriff hat einen Suchtrupp organisiert. Der Spieler übernimmt dabei die Rolle des Ex-Polizisten Ellis Lynch, der seine Hilfe anbietet, aber erst eintrifft, als alle anderen bereits weit in den Wald vorgedrungen sind. Und eigentlich ist seine Beteiligung auch gar nicht wirklich erwünscht. Ellis scheint sich einige Fehltritte geleistet zu haben und der Sheriff zweifelt offen an seinem geistigen Gesundheitszustand. Tatsächlich handelt es sich bei Ellis keineswegs um einen typischen, makellosen Videospielhelden, sondern um einen komplett kaputten Charakter. Die Schicksalsschläge der Vergangenheit kommen in albtraumhaften Rückblenden und aggressiven Telefongesprächen mit seiner Ex-Frau Jess Stück für Stück im Verlauf des Spiels ans Tageslicht und sorgen für ein paar überraschende Storywendungen.

Blair Witch Xbox 1Der beste Freund des Menschen

Das Spielprinzip wirkt auf den ersten Blick streng linear: Der Spieler steuert den Protagonisten aus der Egoperspektive durch den dichten Wald. Zur Verfügung stehen ein Telefon, das allerdings nur an bestimmten Stellen Empfang hat, eine Taschenlampe, ein Walkie-Talkie und ein Rücksack, in dem sich Fundstücke und ein paar nützliche Gegenstände verstauen lassen. Waffen sucht man in "Blair Witch" vergeblich, einzig durch Schleichen können gefährliche Passagen gemeistert werden und Anleuchten mit der Lampe lässt die schattenhaften Bedrohungen verschwinden. Das Prinzip hat in "Alan Wake" ja auch schon funktioniert.

Ein wichtiger Helfer findet sich in dem Schäferhund Bullet, der Ellis nicht von der Seite weicht. Über ein Menü könnt ihr dem Hund Befehle erteilen, ihn nach Spuren suchen lassen und euch so den Weg durch das Dickicht bahnen. Verlaufen könnt ihr euch zwar nicht, aber ein Weiterkommen ist nur möglich, wenn Bullet den Weg frei macht. Dazu gilt es von Zeit zu Zeit auch teils knifflige Puzzles zu lösen. So findet Ellis eine Videokamera und immer wieder im Wand verstreute Bänder. Die Aufnahmen könnt ihr vor- und zurückspulen und müsst dabei exakt eine bestimmte Stelle treffen, um beispielsweise kurz eine Tür auf den Bildern zu entdecken, die dann wie von Zauberhand auch in der "realen" Welt auftaucht. Ebenso nützlich ist die Nachtsicht-Funktion der Kamera: eure Taschenlampe ist nicht stark genug, die Dunkelheit zu erleuchten, mit einem Wärmebild gelingt dann aber doch die Orientierung.

Blair Witch Xbox 2Alles nur in deinem Kopf?

Ein verlassenes Zelt, die Mütze des Jungen im Unterholz, seltsame Holzskulpturen und eine gruselige Hütte im Wald: Je weiter Ellis vordringt, desto mehr Zeichen, dass hier nicht einfach nur ein kleiner Junge übermütig geworden ist und seinen Weg zurück nicht gefunden hat. "Blair Witch" vermittelt eine dauerhaftes Gefühl der Angespanntheit, war da nicht ein Schatten? Kam das unidentifizierbare Geräusch eben nicht direkt von hinten? Auch wenn keine Monster auftauchen oder künstliche Schockmomente den Adrenalinpegel hochtreiben, nagt die bedrohliche Atmosphäre beträchtlich an den Nerven. Schon bald wisst ihr nicht, ob wirklich ein Wesen hinter euch her ist oder ihr den Horror nur im Kopf habt. Da hilft auch nicht das freundliche Wedeln mit dem Schwanz von Bullet, wenn ihr ihm ein Leckerli gebt (was ihr unbedingt machen solltet, Futter findet ihr in eurem Rucksack), die Panik wird mit jedem Schritt größer.

Über das Finale wird natürlich nichts verraten, aber ihr könnt euch schon mal auf einen fiesen Psycho-Parkour gefasst machen. Und wenn euch das Ende nicht gefällt, spielt einfach noch einen Durchgang, "Blair Witch" hat einige Alternativen für den Ausgang der Story zu bieten, den ihr durch eure Handlungen maßgeblich beeinflusst.

Blair Witch Xbox 3Fazit

Mit Psychospielchen kennen sich die Entwickler von Bloober Team bestens aus: Bereits die Games "Layers of Fear" und "Observer" des polnischen Softwarestudios haben die Spieler in die Abgründe der menschlichen Seele geführt und "Blair Witch" macht in Hinsicht auf die stimmige, Dauergänsehaut-erzeugene Atmosphäre keine Ausnahme. Die recht kurze Spielzeit – mehr als fünf Stunden sollte die gruselige Waldwanderung nicht andauern – wird dabei von dem hohen Wiederspielwert ausgeglichen, wirken sich doch zahlreiche individuelle Entscheidungen auf das Ende der Geschichte aus. Technische Mängel, die das Spiel auf dem PC im letzten Jahr geplagt haben, sind in den frisch erschienenden Konsolenversionen für Xbox One und PS4 übrigens ausgemerzt. Also verdunkelt den Raum, nutzt am besten einen Kopfhörer um das geniale Sounddesign richtig zu genießen und macht euch auf ein intensives Erlebnis gefasst.

Gameplay-Trailer

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