Bloodshot (2020) Kritik

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Bloodshot (2020) Filmkritik

Bloodshot, USA/CN 2020 • 110 Min • Regie: Dave Wilson • Mit: Vin Diesel, Eiza González, Guy Pearce, Sam Heughan, Toby Kebbell, Lamorne Morris, Talulah Riley • FSK: ab 16 Jahren • Kinostart: 5.03.2020 • Website

Handlung

Der stählerne Körper des Elitesoldaten Ray Garrison (Vin Diesel) ist mit Narben übersät. Sie erinnern ihn an die Gefahren seines Berufs. Ein weiteres solches Souvenir bringt er auch von einer erfolgreichen Geiselbefreiungsaktion in Mombasa zurück. Doch die Folgen des Einsatzes suchen Ray während seines romantischen Urlaubs mit seiner wunderschönen Frau Gina (Talulah Riley) an Italiens Amalfiküste heim. Der sadistische Martin Axe (Toby Kebbel) und sein Söldnertrupp stören die Zweisamkeit und entführen das Paar. Als er merkt, dass Ray ihm die verlangten Informationen zur Mombasa-Mission nicht geben kann, tötet er erst Gina vor seinen Augen, und jagt dann Ray eine Kugel in den Kopf. In aller Regel würde die Geschichte an dieser Stelle enden, doch Ray wacht quicklebendig im Labor des Hi-Tech-Unternehmens Rising Spirit Technologies wieder auf. Dessen Leiter, der brillante Wissenschaftler Dr. Emil Harting (Guy Pearce), klärt ihn darüber auf, dass er mittels experimenteller Nanotechnologie von den Toten auferweckt wurde. Sein gesamter Körper besteht nun aus mikroskopischen Nanorobotern, die ihm enorme Kraft und Ausdauer verleihen und ihn quasi unverwundbar machen. Außerdem fungiert Rays neuer Körper als ein Hochleistungscomputer, der sich in jedes Netzwerk der Welt einwählen kann. Noch bevor Ray diese Information richtig verdauen kann und das Ausmaß seiner Kräfte erkennt, überrollen ihn schmerzhafte Erinnerungen an seinen tragischen Verlust. Ray hat nur noch ein Ziel vor Augen: Rache. Er bricht aus dem Labor aus und macht sich auf die Suche nach den Schuldigen.

Kritik

Galten Comicverfilmungen mit der Ausnahme von Batman und Superman einst als potenzielles Kassengift, dominieren Marvel- und DC-Adaptionen seit Jahren die Blockbuster-Industrie in Hollywood. Alle großen Studios wollen ein Stück von dem Kuchen und wenden ihre Blicke inzwischen auch auf weniger bekannte Vorlagen, in der Hoffnung auf ein neues, erfolgreiches Superhelden-Franchise. Mit diesem Ziel holte sich Sony die Rechte an den Charakteren der Valiant-Comics, eines 1989 vom ehemaligen Marvel-Chefredakteur Jim Shooter mitgegründeten Verlags. Dessen bekanntester Held Bloodshot schafft als erster den Sprung auf die Leinwand. Ob weitere Einsätze für ihn oder gar das geplante Filmuniversum mit anderen Valiant-Charakteren (was sonst) folgen werden, darf nach dem unterdurchschnittlichen ersten Film jedoch bezweifelt werden.

Bloodshot (2020) Filmbild 3Mit seiner tiefen Stimme und imposantem Auftreten hat Vin Diesel seine gesamte Karriere inzwischen darauf aufgebaut, stoische, grimmig dreinblickende, auf ultracool getrimmte Actionhelden zu spielen. Ob als Dominic Torreto, Xander Cage oder Richard B. Riddick – Vin Diesel spielt vor allem Vin Diesel. Er ist zu einer eigenen Marke geworden, wie einst Arnold Schwarzenegger, und solange er bei seinen etablierten Franchises bleibt, funktioniert es für ihn auch ganz gut. Bloodshot fordert sein Schauspiel nicht über die üblichen Parameter hinaus. Die Rolle reiht sich direkt neben dem erwähnten Trio ein. Doch während Fast & Furious mit einem gut eingespielten Ensemble und augenzwinkernder Selbstironie punktet, und die Riddick-Filme eine faszinierende Welt rund um die Hauptfigur aufbauen, hat Bloodshot leider nichts davon zu bieten. Mit seiner Vorlage hat der Film, abgesehen von der Hauptfigur und ihren grundlegenden Fähigkeiten, wenig gemeinsam. Stattdessen ist Bloodshot lieblos aus Versatzstücken anderer, besserer Genrefilme zusammengesetzt. Das offensichtliche Vorbild ist RoboCop, minus die Satire, die Figurentiefe und Paul Verhoevens virtuose Regie. Es finden sich auch Anklänge von Memento in dem Film, nicht zuletzt verdeutlicht durch die Besetzung von Guy Pearce, der Michael Sheen in der Rolle kurzfristig ersetzte.

Bloodshot (2020) Filmbild 1In jeder Hinsicht wandelt Bloodshot auf ausgetretenen Pfaden. Das Drehbuch von Jeff Wadlow (Fantasy Island) und Eric Heisserer (Arrival) möchte mit einem Twist in der Filmmitte clever wirken, doch als ob dieser nicht schon vorhersehbar genug wäre, hat Sony ihn vorsorglich in den Trailern gespoilert, damit man wirklich keinerlei Zweifel daran hat, wie sich die Geschichte von Anfang bis Ende abspielt. Doch auch das kann man verkraften, wenn die Inszenierung stimmig ist. Leider kann Erstlingsfilmemacher Dave Wilson in der Hinsicht nicht punkten. Seine Regie ist ähnlich einfallslos und von der Stange wie das Skript. Rays Kräfte machen ihn seinen Gegnern dermaßen überlegen, dass Kreativität besonders gefordert ist, um Actionsequenzen trotzdem halbwegs mitreißend zu gestalten. Diese sucht man in dem Film jedoch meist vergebens. Mittelprächtige Computereffekte, hektischer Schnitt und das forcierte, jugendfreie PG-13-Rating rauben der Action jegliches Restpotenzial. Eine härtere Gangart hätte den Film vielleicht nicht zwingend besser gemacht, aber zumindest unterhaltsamer, und hätte zu dem Charakter und der Vorlage besser gepasst.

Bloodshot (2020) Filmbild 2Es gibt hier und da einige coole visuelle Einfälle, wie beispielsweise die Umsetzung von Rays Unverwundbarkeit in Aktion oder eine Szene, in der eine virtuelle Umgebung in seinem Kopf aufgebaut wird – letztere erinnert an eine vergleichbare Sequenz aus Captain Marvel. Doch das sind nur kleine kreative Tropfen auf dem heißen Stein der Inspirationslosigkeit.

Der Film ist voll und ganz auf seinen muskulösen Star zugeschnitten, gibt ihm aber wenig, womit er wirklich arbeiten kann. Ray ist taff, Ray ist cool, Ray ist unbesiegbar, Ray ist wütend, und später ist er wütender. Mehr Facetten hat der Charakter nicht. Ob nun dem generischen Skript oder Diesels begrenzter schauspielerischer Bandbreite geschuldet, bleibt sein Charakter ein Abziehbild, wie alle anderen Figuren. Nahezu alle Hauptdarsteller des Films haben in Vergangenheit schon gezeigt, dass sie es besser können, ob Sam Heughan in "Outlander", Eiza González in Baby Driver oder Guy Pearce in den meisten seiner Rollen. Als zwielichtiges Wissenschaftsgenie ist Pearce hier nicht weit entfernt von seinem Charakter aus Iron Man 3. Heughans Hi-Tech-Söldner ist einfach nur ein Arsch ohne irgendeinen erkennbaren Grund. González spielt als KT die einzige von Hartings Handlangern mit Gewissen und würde als Actiondarstellerin vermutlich eine ganz gute Figur abgeben, wenn ihre entsprechenden Szenen nicht von einem Cutter mit ADHS zurechtgeschnitten worden wären. Für die Auflockerung der bierernsten Atmosphäre soll in der zweiten Filmhälfte Lamorne Morris als nerdiger Programmierer sorgen, doch kein einziger seiner bemühten Gags zündet.

Bloodshot ist ein Film, der einem möglicherweise die Zeit beim Bügeln passabel vertreibt, während man mit einem halben Auge hinschaut, doch nichts daran rechtfertigt den Kauf eines Kinotickets oder 110 Minuten Lebenszeit. Wie schon Vin Diesels Hexenjäger aus The Last Witch Hunter ist auch Bloodshot, der übrigens nie in dem Film mit diesem Namen genannt wird, für schnelle Vergessenheit in der Masse austauschbarer Actionstreifen prädestiniert.

Fazit

Vin Diesels Versuch, einen neuen coolen Actionhelden mit Franchise-Potenzial für sein Repertoire zu etablieren, scheitert im ersten Anlauf. Lediglich ein höheres Budget und der namhafte Hauptdarsteller unterscheiden Bloodshot von einer direkten Heimkino-Veröffentlichung. Dort ist die Comicadaption vermutlich am besten aufgehoben, denn auch ihre visuellen Sperenzchen sind nicht Grund genug für einen Kinobesuch.

Trailer