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Venom (2018) Kritik

Venom (2018) Filmkritik

Venom, USA 2018 • 112 Min • Regie: Ruben Fleischer • Mit: Tom Hardy, Michelle Williams, Riz Ahmed, Woody Harrelson, Jenny Slate, Ron Cephas Jones • FSK: ab 12 Jahren • Kinostart: 3.10.2018 • Website

Handlung

Eddie Brock (Tom Hardy) arbeitet als Enthüllungsjournalist in San Francisco. Seine Sendung The Eddie Brock Report, in der er auf soziale Missstände hinweist, genießt guten Ruf und er ist mit der hübschen und erfolgreichen Rechtsanwältin Anne (Michelle Williams) verlobt. Als Eddie jedoch von seinem Arbeitgeber (Ron Cephas Jones) den Auftrag erhält, den brillanten Erfinder Carlton Drake (Riz Ahmed) über sein Weltraumprogramm zu interviewen, wittert er die Gelegenheit, die unethischen Experimente von Drakes Pharmaunternehmen ans Licht zu bringen. Der Schuss geht jedoch nach hinten los. Eddies leichtsinniges Vorgehen kostet nicht nur ihm seinen Job, sondern auch Anne, deren Anwaltskanzlei für Drakes Firma arbeitet. Daraufhin löst die enttäuschte Anne ihre Verlobung mit Eddie auf. Einige Zeit später ist Eddies Leben ein Scherbenhaufen. Arbeitslos und desillusioniert, lebt er in den Tag hinein, bis ihn eine Wissenschaftlerin (Jenny Slate) von Carlton Drakes Life Foundation kontaktiert. Sie erzählt ihm von tödlichen Versuchen, die in Drakes Labor an Menschen durchgeführt werden, im Bestreben, außerirdische Lebensformen, genannt Symbionten, mit einem menschlichen Wirt zu verbinden und dadurch eine überlegene Lebensform zu erschaffen. Widerwillig lässt sich Eddie überreden, der Sache auf den Grund zu gehen. Beim Einbruch in das Labor der Life Foundation wird er jedoch selbst von einem Symbionten angefallen. Der schleimige schwarze Parasit, der sich Venom nennt, verleiht Eddie ungeahnte Kräfte und macht ihn praktisch unverwundbar, lässt sich aber auch nicht gerne kontrollieren und hat einen unstillbaren Hunger auf frisches Menschenfleisch.

Kritik

Es war das Jahr 2007. Nachdem Sam Raimi mit Spider-Man 2 eine seltene Fortsetzung abgeliefert hat, die in den Augen vieler sogar den bereits gelungenen Einstand des Spinnenmannes übertroffen hat, haben die Fans sehnlichst Spider-Man 3 erwartet. Endlich würde darin einer von Spider-Mans ikonischsten Antagonisten, Venom, sein Leinwanddebüt feiern. Was konnte da schon schief gehen? Einiges, wie sich in Mai 2007 herausgestellt hat. Venom war nicht das einzige und vermutlich auch nicht das größte Problem von Spider-Man 3, doch gerade den Fans des schwarzen Alien-Symbionten ist seine Darstellung sauer aufgestoßen. Venom spielte die dritte Geige unter den Bösewichten des Films und wurde hauptsächlich in den letzten 20 Minuten lieblos abgehandelt und besiegt, während einige vorige Szenen vom durch den Symbionten infizierten Peter Parker vor allem für wenig vorteilhafte Internet-Memes herhalten mussten. So haben sich das die Fans sicher nicht vorgestellt. Wie konnte das denn passieren, nachdem Sam Raimi Spideys Gegner im ersten und zweiten Film mit großer Sorgfalt und Einfühlungsvermögen ausgearbeitet und umgesetzt hat? Ganz einfach: Raimi mochte den Charakter nie und hatte kein Interesse, ihn zu verfilmen, wurde jedoch von Sony dazu gedrängt, ihn einzubringen. Wie widerwillig und lustlos er das tat, ist dem Film anzumerken.

Venom (2018) Filmbild 1Doch ein misslungener Versuch muss ja nicht das Schlusswort sein. Deadpool-Fans wissen es am besten. Erst in X-Men Origins: Wolverine unwürdig umgesetzt, lief er dank Ryan Reynolds Bemühungen und seiner Begeisterung für den Charakter in seinem eigenen Film zur Hochform auf. Mit Ruben Fleischers Venom bekommt jetzt auch der Symbiont seine Gelegenheit, sich zu rehabilitieren – und setzt sie in den Sand.

Es ist nicht jedoch nicht Spider-Man 3, der sich als naheliegender Vergleich zu Venom anbietet, sondern eine andere Marvel-Verfilmung aus dem Jahr 2007 – Ghost Rider. Beide drehen sich um Antihelden, die ihre Kräfte nur widerwillig einsetzen, beide leben weitgehend von ihrem Star in der Hauptrolle, beide sind komplett nach Schema F inszeniert und beide hätten von einer höheren Altersfreigabe profitiert. Ähnlich gut wie Ghost Rider dürfte auch Venom von den Zuschauern aufgenommen werden. Der Film wirkt wie aus der Zeit gefallen, aus einer Ära, in der Fans dankbar sein mussten, dass ihre Helden es überhaupt mal auf die Leinwand schaffen und dabei halbwegs annehmbar aussehen. Einer Ära, die neben Ghost Rider Filme wie Fantastic Four oder Daredevil hervorgebracht hat. Es ist gut möglich, dass wenn ich Venom vor elf Jahren gesehen hätte, ich ihn tatsächlich besser gefunden hätte, doch Filmemacher haben in der Zwischenzeit immer wieder bewiesen, wozu Comicverfilmungen in der Lage sind. Die Messlatte liegt höher und nette Effekte gepaart mit einigen Witzen reichen nicht mehr aus, um Eindruck zu hinterlassen.

Venom (2018) Filmbild 2Der Film erzählt die klassische Loser-wird-zum-Helden-Geschichte und exerziert dabei die komplette Checkliste vergleichbarer Origin-Filme pflichtbewusst, jedoch ohne großen Elan oder spürbare Leidenschaft durch. Erst verliert Eddie alles. Dann bekommt er seine Kräfte und weiß nicht, wie ihm geschieht. Zunächst kann er sie nicht kontrollieren und lässt sich von Venom leiten, dann lernt er die wahre Symbiose, und nun gilt es auch schon, den größenwahnsinnigen Bösewicht aufzuhalten, der natürlich ähnliche Kräfte besitzt, nur eben mächtiger. Es ist ein altbewährtes Rezept, doch das alleine macht es keineswegs automatisch schlecht. Es ist die Beliebigkeit, mit der der Film inszeniert wurde, die eines faszinierenden Charakters wie Venom nicht würdig ist. Schließlich haben wir es mit einem Wesen zu tun, das seine Wirte nicht einfach kontrolliert, sondern deren dunkelste Seiten und Verlangen hervorbringt – etwas, woraus der Film überhaupt nichts macht.

Die Beliebigkeit spiegelt sich auch im uninspirierten Drehbuch wider, das erst Regeln aufstellt und sie dann nach Belieben bricht, wie es gerade passt. So wird anfangs eine große Sache daraus gemacht, dass die Symbionten sich nicht mit jedem Wirt gut paaren können, was dazu führt, dass viele von Drakes Versuchsobjekten sterben. Das wird noch mal betont, als Venom Eddie als perfekt kompatiblen Wirt bezeichnet (ja, sie führen Gespräche in Eddies Kopf, aber mehr dazu später). Doch dann springt Venom (und andere Symbionte) problemlos von Wirt zu Wirt, als seien sie Handschuhe in Einheitsgröße. Normalerweise würde ich mich an solchen Ungereimtheiten nicht weiter aufhängen, doch die Sorglosigkeit, mit der das Drehbuch mit seiner internen Logik umgeht, ist in diesem Fall frappierend und leider ist der Film ansonsten nicht fesselnd genug, um davon abzulenken. Wenn es mehrere Augenblicke in einem Film gibt, in denen man die Dialogzeilen der Charaktere vorhersagen kann, bevor sie diese aufsagen, spricht das auch nicht gerade für die Qualität des Skripts.

Venom (2018) Filmbild 3Man kann sich des Gefühls nicht erwehren, dass diverse Probleme des Films wieder einmal dem Eingreifen des Studios zu verdanken sind. Ein Venom-Film ist bei Sony schon seit vielen Jahren in Entwicklung gewesen, doch es war vermutlich der große Erfolg von Deadpool, der den Anstoss gegegeben hat, ihn zur Priorität zu machen. Doch während Fox den Deadpool-Machern die Carte Blanche gab, dem Wahnsinn freien Lauf zu lassen, wirkt Venom vom Anfang bis zum Ende wie ein durchkontrolliertes Studioprodukt, in dem alles auf Nummer sicher gespielt wird, und der seiner Titelfigur wortwörtlich den Biss raubt. Dass Venom überhaupt ein Antiheld ist, kommt nur selten zum Vorschein. Die Altersfreigabe ist in aller Regel nicht dafür entscheidend, ob ein Film funktioniert, doch im Falle von Venom hätte es ihm nicht geschadet, wenn er doch nicht ganz jugendfrei ausgelegt würden wäre. Es sind keine Blutgeysire, die ich im Film vermisst habe (obwohl es eine oder zwei Szenen gibt, die mit R-Rating ganz anders ausgesehen hätten). Vielmehr hat man einfach die ganze Zeit das Gefühl, dass Venom in dem Film wie ein im Käfig eingesperrter Löwe ist; ein Raubtier, das nur darauf wartet, freigelassen zu werden.

Venom (2018) Filmbild 4Nicht alles ist schlecht. Tom Hardy, einer der besten Schauspieler seiner Generation, gibt sich wirklich alle Mühe, jedes bisschen Spaß aus dem banalen Drehbuch herauszuholen und wählt einen interessantesten Ansatz für seine Darstellung. Vor seiner Transformation ist Eddie Brock vor allem ein selbstgerechter Idiot, der die Verantwortung für seine Taten nicht übernimmt. Das passt zur Comicfigur, macht ihn aber als Protagonisten nicht gerade sympathisch. Sobald er sich jedoch mit Venom verbindet, dreht er mit einer Over-the-Top-Performance voll auf, die man am ehesten als persönlichkeitsgespalten bezeichnen kann. Ob er im Kopf Streitgespräche mit Venom führt (dessen Stimme ebenfalls von Hardy stammt), ohne jegliche Kontrolle durch Actionsequenzen durchgeschleudert wird oder in einem Edelrestaurant in ein Aquarium mit lebendigen Hummern steigt, Hardy macht alles mit innigster Überzeugung und Hingabe einer Oscarrolle. Wenn man mir vor einem Jahr gesagt hätte, dass der Humor der beste Aspekt eines Venom-Films sein würde, hätte ich den Kopf geschüttelt, doch das ist er tatsächlich und ob absichtlich oder unfreiwillig – es funktioniert! Die Dialoge zwischen Venom und Eddie sind so herrlich, dass man es auch nicht lange hinterfragt, als Venom seine Gesinnung ändert und sich dafür entscheidet, mit Eddie zusammen fürs Gute zu kämpfen. Venoms Erklärung seiner Beweggründe ist unerwartet, schräg und vermutlich der beste Lacher des Films.

Während Hardy in der Rolle total abgeht, leisten alle anderen Darsteller, einschließlich der unglaublich talentierten Michelle Williams und Riz Ahmed, Dienst nach Vorschrift. Es hilft auch nicht, dass alle Nebenfiguren lediglich Schablonen sind. Williams hat eine undankbar unterentwickelte Rolle und Ahmeds Carlton Drake ist so ein austauschbarer 08/15-Bösewicht, der sich in einer Szene sogar selbst als Gott bezeichnet, dass er im Prinzip in fast jeden Superheldenfilm hineingeschnitten werden könnte.

Venom (2018) Filmbild 5Viele Zuschauer werden natürlich für die Action kommen und diese ist…passabel. Die ersten Momente, in denen Venom zum Vorschein kommt und Eddies Verfolger abschüttelt, machen Spaß, doch wie so viele vergleichbare Filme vor ihm, versinkt der große Showdown in einer schnell geschnittenen, unübersichtlichen CGI-Orgie, die bereits in wenigen Jahren schlecht gealtert aussehen wird. Um es mal anders auszudrücken: wem der finale Kampf in Batman v Superman oder Wonder Woman gefallen hat, wird hier auf seine Kosten kommen. Das 3D ist im gesamten Film überflüssig und kommt kaum zur Geltung.

Ein Highlight des Films ist sein Abspann. Das ist keine Vorlage für den Witz, dass der Film dann endlich vorbei ist, sondern liegt einerseits an der ersten obligatorischen Abspannszene, die zumindest in einer Hinsicht auf ein deutlich interessanteres Sequel hoffen lässt, und andererseits an Eminems extrem eingängigem Titeltrack (ich werde den Ohrwurm seit dem Screening nicht mehr los!). Was jedoch nach dem extrem langen Abspann zusätzlich kommt, ist auch mit viel Wohlwollen nicht als eigenständige Abspannszene zu bezeichnen.

Fazit

In einer Zeit, in der Comicverfilmungen die Messlatte immer wieder höher legen und durch Kreativität bestechen, wirkt Venom wie ein Film, der bereits vor zehn Jahren produziert wurde und nicht gut gealtert ist. Die routinierte, aber beliebige Inszenierung nimmt einem von Marvels größten Antihelden seinen Biss, geht die Checkliste einer generischen Origin-Geschichte auf Autopilot durch und ertränkt schließlich den Showdown in einer CGI-Flutwelle. Lediglich Tom Hardys persönlichkeitsgespaltene Over-the-Top-Performance und Eminems stimmungsvoller, eingängiger Titeltrack sorgen für einige wenige Höhepunkte.

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Die Unglaublichen 2 (2018) Kritik

Die Unglaublichen 2 (2018) Filmkritik

Incredibles 2, USA 2018 • 118 Min • Regie: Brad Bird • Mit den Originalstimmen von: Craig T. Nelson, Holly Hunter, Sarah Vowell, Huckleberry Milner, Samuel L. Jackson, Bob Odenkirk, Catherine Keener • FSK: ab 6 Jahren • Kinostart: 27.09.2018 • Deutsche Website

Handlung

Obwohl die Incredibles soeben Metroville vor der Zerstörung durch einen riesigen Kampfroboter bewahrt haben, bleiben Superhelden weiterhin illegal. Es kommt sogar noch schlimmer. Bei dem Versuch, den Superschurken Tunnelgräber an einem Bankraub zu hindern, entsteht großer Sachschaden. Daraufhin wird das Superhelden-Schutzprogramm eingestellt und die Familie bleibt ohne finanzielle Unterstützung. Da ihr Haus zudem am Ende des ersten Films zerstört wurde, hausen sie in einem tristen Motel. Als möglicher Retter in Not tritt Telekommunikations-Entrepreneur und Superhelden-Fan Winston Deaver (Bob Odenkirk) auf. Er spendiert den Incredibles nicht nur ein großes neues Heim, sondern schlägt auch vor, das öffentliche Image der Superhelden durch eine gezielte mediale Kampagne aufzubessern, um ihre Legalisierung zu erwirken. Zur Bobs (Craig T. Nelson) großer Verwunderung wählt Winston, gemeinsam mit seiner brillanten Schwester Evelyn (Catherine Keener), Helen alias Elastigirl (Holly Hunter) als Gesicht der Kampagne, weil sie durch ihre Dehnbarkeitskräfte weniger Schäden verursacht und leichter zu vermarkten ist. Während Helen anfangs zögernd und bald mit großer Begeisterung der Tätigkeit als Superheldin nachgehen darf, muss der geknickte Bob daheim auf die Kinder aufpassen. Diese machen es ihm nicht leicht: Violetta (Sarah Vowell) hat Probleme mit Jungs, Flash (Huckleberry Milner) mit Mathe und Jack-Jacks sich spontan manifestierende Kräfte halten Bob stets auf Trab. Die neue Rolle als Hausmann raubt ihm den Schlaf und treibt ihn in Verzweiflung. Als dann ein mysteriöser neuer Bösewicht namens Screenslaver auftaucht, der über Bildschirme andere Menschen unter seine Kontrolle bringen kann, sind wieder alle Incredibles gefragt, um den Tag zu retten.

Kritik

Es gibt keinen Pixar-Film, nach dessen Sequel sich die Fans mehr gesehnt haben als Die Unglaublichen, wofür aktuell auch die rekordträchtigen Einspielergebnisse des Films sprechen. Doch während die Animationsschmiede in der Zwischenzeit Findet Dorie, Die Monster Uni und zwei (!) Cars-Fortsetzungen produziert hat, ließ Die Unglaublichen 2 14 lange Jahre auf sich warten. Kann der Film nach einer so langen Wartezeit überhaupt die enormen Erwartungen erfüllen? Und wie er das kann! Die Unglaublichen 2 ist ein weiterer Volltreffer für Pixar und das beste Sequel des Studios seit Toy Story 2.

Trotz der langen Wartezeit zwischen den Filmen, in der das Marvel-Kinouniversum bereits 20 Filme produziert und das Superheldenkino für immer verändert hat, knüpft Die Unglaublichen 2 mühelos an den ersten Film an, als sei keine Zeit vergangen. In der Tat ist in der Handlung des Films überhaupt keine Zeit vergangen, denn die letzte Szene des Originalfilms geht direkt in die Eröffnung des zweiten Teils über. Regisseur und Drehbuchautor Brad Bird, der nach Ausflügen ins Real-Filmgeschäft mit Mission: Impossible – Phantom Protokoll und A World Beyond, erstmals seit Ratatouille wieder zu Pixar zurückkehrt, verzichtet auf jegliche Anspielungen auf die enormen Entwicklungen, die Comicverfilmungen in den letzten 14 Jahren durchgemacht haben. Stattdessen setzt er einfach seine eigene Welt fort, in der Superhelden immer noch Außenseiter sind und sich mit den gleichen Problemen herumschlagen müssen wie alle normalen Menschen.

Die Unglaublichen 2 (2018) Filmbild 1Da es ein Pixar-Film ist, gibt es neben flotter Superhelden-Action auch viel unter der Oberfläche zu entdecken. Nachdem sich Pixars Meisterwerke Alles steht Kopf und Coco mit universellen Themen wie Emotionen und dem Tod auseinandergesetzt haben, greift Die Unglaublichen 2 aktuelle und zeitgemäße Themen auf. Die Umkehr der patriarchalen Strukturen und Frauen-Empowerment durch Elastigirls neue Rolle als Hauptverdienerin der Familie und das Vorbild der Superhelden gehen hier mit der Verletzlichkeit des männlichen Egos und dem Verlust der Selbstwirksamkeit einher. Plötzlich ist nicht mehr der starke Mann gefragt, um den Tag zu retten. Dafür steht Bob vor einer neuen Herausforderung, der er mit all seinen übermenschlichen Kräften kaum gewachsen zu sein scheint. Es war im ersten Film natürlich kein Zufall, dass die Mutter der Familie die Dehnbarkeitskräfte bekommen hat, denn wie jede Mutter bestätigen würde, werden Flexibilität und die Fähigkeit, gleich mehreren Rollen gerecht zu werden, von einer Ehefrau mit Kindern häufig erwartet. In Kontrast dazu steht Bobs anfängliche Unnachgiebigkeit. Diese wird im neuen Film gut veranschaulicht, als er an Flashs Mathe-Hausaufgaben scheitert, weil ihn die neuen Lösungswege frustrieren. Die Grundhaltung des Films ist jedoch optimistisch. Bob lernt und tut alles, um seine neue Rolle zu erfüllen. Obwohl die neue Aufteilung der Pflichten ihm zu schaffen macht, hat man nie das Gefühl, er würde seine Frau nicht unterstützen.

Die Unglaublichen 2 (2018) Filmbild 2Eine weitere starke Frauenfigur bekommt der Film in Form von Evelyn Deaver, im Original perfekt gesprochen von Catherine Keener. Sarkastisch und augenzwinkernd, ist sie der Kopf hinter den Errungenschaften des gutmütigen, aber etwas naiven Superhelden-Wohltäters Winston.

Ein weiteres Fass, das Die Unglaublichen 2 aufmacht, betrifft die moderne Abhängigkeit von Bildschirmen. Wir sind tagtäglich von Fernsehern, Monitoren, Notebooks, Tablets, Smartphones und Infoscreens umgeben. Man braucht sich nur einmal in der Bahn umzuschauen, um zu bemerken, dass diese Geräte unser Leben bereits bestimmen (aber dazu müsste man natürlich erst die Augen vom eigenen Smartphone losreißen). Der neue Schurke Screenslaver (cooler Name!) sorgt bloß für eine Extremform dieser Abhängigkeit. Die Kritik ist nicht gerade subtil, passt aber natürlich wie die Faust aufs Auge.

Die Unglaublichen 2 (2018) Filmbild 3Leider wird der neue Antagonist nach der Enthüllung durch einen sehr vorhersehbaren Twist deutlich uninteressanter, sobald die Zuschauer mehr über seine wenig überzeugenden Motive erfahren. Da war Syndrome aus dem ersten Film, der die Schattenseiten der Fankultur, die insbesondere in den letzten Jahren immer mehr zutage getreten sind, vorführte, deutlich cleverer angelegt. Doch der lahme Bösewicht tut dem Spaß keinen Abbruch, denn er ist sowieso vor allem ein Mittel zum Zweck, um die Familiendynamik der Incredibles auf die Probe zu stellen.

Pixars Filme waren schon immer für Jung und Alt konzipiert. Die besten Filme des Studios waren sehr intelligent und einfühlsam, ohne jedoch den Spaßfaktor zu reduzieren. Wen die zugrunde liegenden Themen von Die Unglaublichen 2 weniger interessieren, der kommt immer noch voll und ganz auf seine Kosten mit einem rasanten Superheldenabenteuer. Was dem Film im Vergleich zu WALL-E, Oben oder Coco an Gefühlen fehlt, macht er mit cleverem Witz, atemberaubender Action und fantastischen Bildern wieder wett. Zu den absoluten Höhepunkten des Films gehört eine Szene mit Jack-Jacks vielfältigen Kräften und einem armseligen Waschbär, der zur falschen Zeit am falschen Ort auftaucht. Ein echter Genuss!

Die Unglaublichen 2 (2018) Filmbild 4Computeranimation hat in den vierzehn Jahren seit dem ersten Film große Sprünge gemacht und Brad Bird nutzt diese, um die retrofuturistische Welt der Incredibles noch detailreicher darzustellen und einige der besten Actionsequenzen des Jahres in Szene zu setzen. Ob Elastigirls Versuch, einen unkontrollierbaren Zug aufzuhalten, oder der Showdown, der sich auf See und hoch in der Luft abspielt – die Action ist einfallsreich und optisch spektakulär, unterstützt von sehr gut eingesetzten 3D-Effekten. Diesmal lohnt sich tatsächlich der Ticket-Zuschlag. Michael Giacchinos stimmige Musik rundet das Erlebnis so gut ab, dass ich mich während des Films mehrfach mit einem breiten Grinsen erwischt habe. Die Unglaublichen 2 ist mit knapp 118 Minuten Pixars bislang längster Film, doch die Zeit vergeht wie im Flug.

Die Unglaublichen 2 (2018) Filmbild 5Während Gefühle im Hauptfilm nicht so sehr zum Tragen kommen, ist der Vorfilm Bao umso emotionaler. Die Geschichte einer lebendgewordenen Teigtasche, die von einer asiatischen Frau als eigenes Kind aufgezogen wird, ist eine perfekte Allegorie auf das Erwachsenwerden und Loslassen, bei der nicht nur Eltern am Ende eine Träne verdrücken werden. Auch wenn die Messlatte inzwischen sehr hoch liegt, ist Bao einer der besten Kurzfilme, die Pixar je produziert hat. Gemeinsam mit Die Unglaublichen 2 sorgt er für ein perfektes Kinoerlebnis.

Fazit

Was lange währt, wird endlich gut. Die Unglaublichen kehren in ihrem zweiten Abenteuer zurück und liefern ein Feuerwerk aus mitreißender Action, spektakulären 3D-Effekten, treffsicherer Situationskomik und zeitgemäßen Themen ab. So macht man ein Sequel richtig!

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The Nun (2018) Kritik

The Nun (2018) Filmkritik

The Nun, USA 2018 • 96 Min • Regie: Corin Hardy • Mit: Demián Bichir, Taissa Farmiga, Jonas Bloquet, Ingrid Bisu, Bonnie Aarons • FSK: ab 16 Jahren • Kinostart: 6.09.2018 • Deutsche Website

Handlung

Wir schreiben das Jahr 1952. Nachdem eine Nonne in einem abgelegenen Kloster in Rumänien unter seltsamen Umständen Selbstmord begangen hat, wird vom Vatikan ein auf übernatürliche Vorkommnisse spezialisierter Priester (Demián Bichir) entsandt, um den Vorfall zu untersuchen. Begleitet wird er von der jungen Novizin Irene (Taissa Farmiga), die für übersinnliche Visionen empfänglich ist. Der junge Franko-Kanadier Maurice alias "Frenchie" (Jonas Bloquet), der die Leiche der Nonne entdeckt hat und seitdem selbst von Albträumen geplagt wird, bringt sie zum Kloster, warnt sie aber vor dessen ominösem Ruf. Schnell stellen die beiden fest, dass dieser gerechtfertigt ist. Eine unheilvolle Macht in Gestalt einer dämonischen Nonne (Bonnie Aarons) sucht die Gemäuer heim und trachtet nach ihren Seelen.

Kritik

Kein Regisseur hat das moderne Horrorkino so stark geprägt wie James Wan. Während es schon eine große Leistung ist, wenn man ein einziges langlebiges Horror-Franchise ins Leben ruft, stehen in Wans Resümee bereits drei, die zusammengerechnet schon 17 Filme in den letzten 14 Jahren hervorgebracht haben. Mit Saw rief er 2004 die Folter-Horrorwelle ins Leben, Insidious verband sechs Jahre später Geisterhaus-Horror mit phantastischeren Elementen à la Poltergeist. Doch Wans größter Erfolg und sein umjubeltster und zugleich traditionellster Beitrag zum Genre kam 2013 mit Conjuring – Die Heimsuchung. Der Old-School-Geisterhorror punktete mit seiner sorgfältig aufgebauten Atmosphäre und seinen sympathischen und sehr menschlichen Figuren, allen voran das verheiratete Geisterjäger-Duo Ed und Lorraine Warren, gespielt von Patrick Wilson und Vera Farmiga.

The Nun (2018) Filmbild 1Der gigantische Erfolg der Filme verführte das Studio und die Macher dazu, das Franchise jenseits der "wahren" Fälle der Warrens auszubauen, die als Vorlage der beiden Conjuring-Hauptteile dienten. Zwei Prequels über die Gruselpuppe Annabelle später, kommt jetzt der fünfte Film aus der Reihe in die Kinos und widmet sich dem Dämon in Nonnengestalt, den die Warrens in Conjuring 2 bekämpften. Mit The Nun verspricht das Marketing zum Film das dunkelste Kapitel des Conjuring-Universums. Stattdessen entpuppt sich der Film als der lustigste Eintrag im Franchise. Was an sich kein Negativmerkmal sein muss, wenn es von den Machern auch so intendiert war. Leider ist dies zu bezweifeln.

The Nun (2018) Filmbild 2In seinem Erstlingsfilm The Hallow, der gekonnt Folklore mit Wissenschaft verband, zeigte Regisseur Corin Hardy großes Potenzial als Horror-Filmemacher. Obwohl The Nun eindeutig ein schwächerer Film ist, liegt dies nicht (ausschließlich) an ihm. Wieder einmal legt Hardy gutes Gespür für eine schaurige Atmosphäre an den Tag. Gemeinsam mit der Szenenbildnerin Jennifer Spence und dem genreerfahrenen Kameramann Maxime Alexandre (Annabelle 2, The Hills Have Eyes) sorgt er für die perfekte Szenerie eines Horrorfilms, die in ihren besten Momenten an Klassiker der Hammer-Studios erinnert. Wir sprechen hier von vernebelten Friedhöfen, Glöckchen an den Gräbern, die lebendig Begrabene klingeln können, und einem wahrlich unheimlichen Kloster, in dem das Böse hinter jeder alten Holztür oder verwinkelten dunklen Korridoren schlummern könnte. Innerhalb dieses Settings erschafft Hardy auch einige sehr denkwürdige Szenen und beweist ein gutes Auge für eindrucksvolle Bildgestaltung.

The Nun (2018) Filmbild 3Zugleich differenziert sich The Nun von allen anderen Filmen der Reihe. Der Horror hier ist deutlich greifbarer als das Schrecken in Conjuring oder in Annabelle, das stets in den Schatten lauert. Zombie-Nonnen und Schlangen greifen hier die Protagonisten an, unheimliche Leichen sorgen für Schockmomente und ein Gewehr erweist sich im Kampf gegen das Böse wirkungsvoller als das Kreuz. Während die Conjuring-Filme noch so etwas wie den Anschein von Realität zu erwecken versuchten, ist The Nun so weit davon entfernt, wie die James-Bond-Reihe von der realistischen Darstellung der Spionagearbeit. Der Kontrast fällt umso mehr auf, da The Nun im Prolog und Epilog an die Hauptreihe anknüpft. In dem ansonsten komplett eigenständigen Film ergeben diese Szenen lediglich für die Kenner der vorherigen Filme einen Sinn.

Der greifbare, an Monsterkino grenzende Horror hat jedoch auch seinen Preis. Zu seinen Gunsten opfert Hardy den Spannungsaufbau und echten Nervenkitzel. Es hat sich im Genre schon lange bewährt, dass je mehr man sieht, das mit der Realität nicht vereinbar ist, desto weniger gruselig wirkt es. In dieser Hinsicht ist The Nun wie eine klassische Geisterbahn, die mit sehr traditionellen Mitteln operiert. Plötzliche Erscheinungen im Spiegel, dämonische Fratzen hinter Nonnenschleiern und allerlei andere Jump Scares sind in dem Streifen an der Tagesordnung. Der Film bombardiert die Zuschauer geradezu mit solchen Schockmomenten, in der Hoffnung, dass der eine oder andere funktioniert. Dadurch erreicht er das Gegenteil, indem er das Publikum desensibilisiert und jeden Schreckmoment überdeutlich signalisiert, bevor dieser eintritt. Bonnie Aarons ist als titelgebende Nonne immer noch eine furchterregende Gestalt, doch da sich ihr Modus Operandi (nach Kameraschwenks plötzlich hinter den Protagonisten auftauchen) immer wieder wiederholt, nutzt sich der Effekt irgendwann ab.

The Nun (2018) Filmbild 4Ein weitaus größeres Problem ist jedoch die Diskrepanz zwischen dem bierernsten Ton der Regie und Gary Daubermans (Es) Drehbuch, das jedes Genreklischee so eifrig bedient, dass es an Parodie grenzt. Der Kontrast wird weiter dadurch betont, dass Demián Bichir (stoisch-würdevoll) und Taissa Farmiga (Unschuld und Entschlossenheit ausstrahlend) auch die bescheuertsten Dialogzeilen voller Hingabe rezitieren. "Es gibt eine mächtige böse Präsenz hier" stellt Bichirs als Captain Obvious nüchtern fest, nachdem er von einem dämonischen Jungen attackiert wurde, aus dessen Mund eine Schlange schlüpfte. Den Höhepunkt der Absurdität erreicht The Nun, als ein Charakter von der besagten dunkeln Macht lebendig begraben wird und sich das Böse offenbar noch die Mühe macht, dessen Namen auf den Grabstein einzugravieren (sicher, warum nicht…). Als sich der Charakter dann aus der misslichen Lage befreit, findet er in den Überresten des Holzsargs alte Schriften und konstatiert, dass diese Bücher, die dem Anschein nach auch das Necronomicon aus Evil Dead sein könnten und bequemerweise im gleichen Sarg lagen wie er, Licht auf die dunklen Mächte werfen könnten. War wohl kein guter Plan von Valak, ihn ausgerechnet in den Sarg zu sperren, in dem auch die Informationen vergraben sind, wie man den Dämon wieder verbannt. In einer anderen Szene sitzt Frenchie, der als einziger Charakter so etwas wie komödiantisches Meta-Gespür für die Absurdität der Situation besitzt, mit einem überdimensionalen Holzkreuz neben sich in einer Dorfkneipe und genehmigt sich einen Drink, nachdem er von einer untoten Nonne angegriffen wurde. Als Zuschauer erwartet man, dass jeden Moment die beiden Protagonisten aus American Werewolf hereinspazieren.

The Nun (2018) Filmbild 5Die größte Schwierigkeit bei einer Horrorkomödie ist es, beiden Anteilen des Mischlingsgenres gerecht zu werden. Häufig riskiert man es, zu albern zu werden und verrutscht in die Scary-Movie-Sparte. Mit nur einigen gezielten Anpassungen hätte The Nun das Potenzial gehabt, eine wirklich gute Horrorkomödie zu werden. Alle richtigen Zutaten, einschließlich einer hochwertigen Produktion, eines kompetenten Regisseurs und guter Darsteller sind gegeben. Stattdessen ziehen die Macher jede Absurdität mit ernster Miene durch und der Film bezieht seinen größten Unterhaltungswert aus unfreiwilligen Lachern.

The Nun ist ein echtes Kuriosum unter den Conjuring-Filmen. Neben dem ersten Annabelle ist es definitiv der schwächste Teil des Franchises. Doch während Annabelle einfach nur banaler, uninspirierter Horror von der Stange war, ist The Nun ein Film mit einer schweren Identitätskrise. Es ist als sei ein ernster Horrorfilm von dem Dämon der Parodie besessen worden und keines der unzähligen Kreuze im Film (es gibt darin So. Viele. Kreuze.) kann ihn austreiben.

Fazit

Mit einigen gezielten Anpassungen hätte The Nun ein guter Horrorfilm oder eine noch bessere Horrorkomödie werden können, doch das Endergebnis bemüht sich vergeblich Ersteres zu sein, während es unabsichtlich zu Letzteren neigt. Noch weiter entfernt vom jeglichen Realitätssinn der anderen Filme des Conjuring-Universums, ist der Streifen wie eine altmodische Geisterbahn: Abgedroschene Gruseleffekte und Jump Scares reißen kaum jemanden vom Hocker, doch das Ding hat Charme und Atmosphäre.

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"Marvel’s Iron Fist" Staffel 2: Unsere Kritik zu Folgen 1-6

Iron Fist Staffel 2 Kritik

Marvel’s Iron Fist, USA 2018 • Laufzeit: 10 Folgen à 49-55 Min • Regie: David Bobkin, Toa Fraser, Mairzee Almas, Philip John u. a. • Mit: Finn Jones, Jessica Henwick, Alice Eve, Sacha Dhawan, Jessica Strup, Tom Pelphrey, Simone Missick • Anbieter: Netflix • Veröffentlichungstermin: 7.09.2018

Diese Rezension basiert auf den ersten sechs Folgen der 2. "Iron Fist"-Staffel und enthält leichte Spoiler!

Der unbeliebteste Held des Netflix-Universums von Marvel ist zurück und macht bei seinem zweiten Solo-Auftritt eine marginal bessere Figur als beim ersten. Leider kann man das von seiner Serie nicht behaupten. Die zweite Staffel von "Marvel’s Iron Fist" stellt die Geduld der Zuschauer auf eine noch härtere Probe als alle bisherigen Marvel-Beiträge von Netflix.

Nachdem die Defenders die Hand in New York endgültig bezwungen haben, entbrennt durch das entstandene Machtvakuum in Chinatown ein blutiger Krieg zwischen rivalisierenden Triaden, den Danny Rand (Finn Jones) aufzuhalten versucht. Motiviert wird er dabei von seinem Versprechen an den vermeintlich toten Matt Murdock, an seiner Stelle für Frieden in den Straßen New Yorks zu sorgen. Dass sich seine Vorstellung von New York augenscheinlich auf Chinatown beschränkt, lassen wir mal außen vor. Der milliardenschwere Erbe von Rand Enterprises kehrte seinem Vermögen den Rücken und führt ein bescheidenes Leben als Umzugshelfer. Seine beschauliche Zweisamkeit mit Colleen (Jessica Henwick), die ihr Katana wortwörtlich an den Nagel gehängt und der Gewalt abgeschworen hat, balanciert er mit seinen nächtlichen Einsätzen als Iron Fist. Währenddessen schmieden Dannys Kindheitsfreundin Joy (Jessica Stroup) und Davos (Sacha Dhawan), sein Adoptivbruder aus K’un-Lun, Rachepläne. Aus unterschiedlichen Motiven, jedoch verbunden durch ein gemeinsames Ziel, wollen sie Danny zur Rechenschaft ziehen. Noch komplizierter wird die Situation für alle Beteiligten durch das Auftauchen von Mary (Alice Eve), einer jungen Künstlerin, die frisch in New York angekommen ist und deren Weg sich mit Dannys kreuzt. Doch hinter ihrer sehr liebenswürdigen Fassade steckt eine ungeahnte Seite.

Iron Fist Staffel 2 Bild 1

Eins vorweg: Im Gegensatz zu den meisten Kritikern fand ich die erste "Iron Fist"-Staffel nicht furchtbar. Es war sicherlich keine tolle Serie, doch sie hatte auch das Pech, zu einem ungünstigen Zeitpunkt veröffentlicht worden zu sein. Nach dem grandiosen Auftakt mit den ersten "Daredevil"– und "Jessica Jones"-Seasons, zeigte das Marvel/Netflix-Universum mit "Luke Cage" und der zweiten "Daredevil"-Staffel bereits erste Schwächen und vor allem Längen. Sie zehrten vom zuvor aufgebauten guten Willen gegenüber den neuen Marvel-Serien. Als "Iron Fist" herauskam, war dieser weitgehend aufgebraucht und auf der Serie lastete die Hoffnung, das Schiff wieder auf Kurs zu bringen. Diese konnte die bis dato charakterloseste Marvel-Serie von Netflix nicht erfüllen und bekam dafür die volle Wucht des Frusts zu spüren, einschließlich einiger fehlgeleiteter Rassismus-Vorwürfe. In der Tat war die erste "Iron Fist"-Staffel aus technischer Sicht die schwächste der vier Serien aus der Zusammenarbeit von Marvel und Netflix, und hatte dazu auch noch den uninteressantesten Protagonisten. Doch gerade nach der schweren Kost durch die sehr stylische, aber auch ultrazähe "Luke Cage"-Serie, war "Iron Fist" kurzweiliges Superhelden-Fast-Food, dessen größtes Manko die unerträglich kindische Titelfigur war, die eine strunzdumme Entscheidung nach der nächsten traf und deren Hauptmerkmal darin bestand, sich jedem als "die unsterbliche Iron Fist" vorzustellen. Das ist vielleicht gut für ein Trinkspiel, aber nervig für die Zuschauer.

Iron Fist Staffel 2 Bild 2Dass "Iron Fist" den Status der schwächsten Marvel-Serie nicht lange innehielt, hat sie ironischerweise ihrem eigenen Showrunner Scott Buck zu verdanken. Mit "Marvel’s Inhumans" hat er letztes Jahr ein weitaus größeres Desaster erschaffen, das gnädigerweise zur ersten Marvel-Serie wurde, der nach einer Staffel der Stecker gezogen wurde.

Die erste positive Entwicklung ist, dass die zweite Staffel von "Iron Fist" mit Raven Metzner ("Sleepy Hollow") einen neuen Showrunner bekommen hat. Außerdem haben alle Beteiligten an der Serie mehrfach betont, dass sie die Kritik an der ersten Season sehr ernst genommen und entsprechende Anpassungen vorgenommen haben. Könnte "Iron Fist" eine ähnlich eindrucksvolle Steigerung gegenüber der ersten Staffel hinlegen, wie es kürzlich "Luke Cage" mit ihrer zweiten Season gelungen ist? Leider kann ich diese Frage anhand der ersten sechs Folgen nicht pauschal bejahen.

Dass sich die Serienmacher die Kritik zu Herzen genommen haben, ist den neuen Folgen anzumerken. Das betrifft im Besonderen die zahlreichen Kampfszenen. Es ist immer noch ein wenig enttäuschend, dass eine Serie, in der Kung-Fu ein zentrales Element darstellt, dennoch nicht an die grandiosen Actionsequenzen aus den ersten zwei "Daredevil"-Staffeln heranreicht. Doch immerhin ist es erfreulich, dass die Kampfszenen sowohl in ihrer Frequenz als auch in der Ausführung zugelegt haben. Dass Danny in der zweiten Staffel häufig eine Maske trägt, ist sowohl für die Comicfans eine Freude als auch nützlich für die Actionszenen, in denen sich Finn Jones häufiger durch erfahrene Stuntleute vertreten lassen kann.

Iron Fist Staffel 2 Bild 3Jones, der in die Rolle mehr hineingewachsen ist, und die Autoren schaffen es zumindest, dass Danny nicht mehr so unsympathisch wirkt wie in der ersten Staffel. Der Charakter ist nicht mehr so selbstgerecht, launisch und naiv, sondern stattdessen einfach nur langweilig. Das ist zugegebenermaßen schwaches Lob, aber immerhin treibt er einen nicht mehr auf die Palme mit seinen Sprüchen, die klingen, als hätte er sie aus "Zen für Dummies" auswendig gelernt. Außerdem hat er zum Glück nicht mehr das Bedürfnis, der ganzen Welt mitzuteilen, er sei die unsterbliche Iron Fist (auch wenn der entsprechende Satz in den ersten sechs Folgen leider wieder fällt). Finn Jones ist weiterhin nicht der charismatischste Schauspieler und Danny Rand, so wie er in der Serie angelegt ist, einfach nicht der komplexeste Charakter oder die hellste Birne im Kronleuchter. Man hat auch das Gefühl, dass die Macher nicht so recht wissen, was sie mit ihm anfangen sollen. Sein Leben lang wurde Danny eingetrichtert, dass es sein einziger Zweck sei, die Hand zu besiegen. Da er dies nun geschafft hat, treibt er ein wenig ziellos durchs Leben und weiß nicht, wohin er mit seiner ganzen Kraft soll. Das wird in der ersten Folge noch vielversprechend thematisiert, führt jedoch nirgends.

Iron Fist Staffel 2 Bild 4Während die Figuren von Daredevil, Jessica Jones, Luke Cage und der Punisher zu den größten Stärken ihrer eigenen Serien gehören, liegt es also bei "Iron Fist" an den Nebencharakteren, das Interesse der Zuschauer aufrechtzuerhalten. Das gelingt insbesondere den Damen der Staffel. Jessica Henwick, mein persönliches Highlight aus der ersten Staffel, glänzt wieder als Colleen Wing und hat in der zweiten Staffel noch mehr Screentime. Sie besitzt eine tolle Ausstrahlung und schlägt sich in den Kampfszenen deutlich besser als Jones. Für ihre Figur wird in der ersten Folge auch eine interessante Entwicklung angedeutet, als sie im Trödel ein altes Familienerbstück findet. Jedoch wird dieser Handlungsstrang unvermittelt fallen gelassen und zumindest bis zum Schluss der zur Vorabsichtung bereitgestellten sechs Episoden nicht wieder aufgegriffen. Richtig Leben kommt in die Serie auch, als "Luke Cage"-Star Simone Missick als Misty Knight die Szene betritt. Wenn sie ihrer eigenen Mission nachgehen, vermitteln Missick und Henwick den Fans einen Eindruck von den Daughters of the Dragon (wie sich das Duo in den Comics nennt). Schnell entwickeln die beiden eine deutlich stimmigere Chemie miteinander als es sie zwischen Colleen und Danny je gab. Ihnen gehört auch die mit Abstand beste Actionsequenz der ersten sechs Folgen.

Ein starker Neuzugang ist auch Alice Eve als Comic-Schurkin Typhoid Mary (der Name wird so allerdings nicht erwähnt). Die gespaltene Persönlichkeit ihrer Figur gibt Eve die Gelegenheit, eine große Bandbreite an Emotionen auszuspielen. Mühelos wechselt sie zwischen verletzlich und gnadenlos, lieb und knallhart. Leider erfährt man, abgesehen von ihrem ganz besonderen Zustand, recht wenig über die an sich faszinierende Figur. Es bleibt zu hoffen, dass die letzten vier Folgen ihr noch mehr Raum zur Entfaltung gewähren werden.

Iron Fist Staffel 2 Bild 5Ein wesentlicher Faktor bei einer Superheldenserie ist der Antagonist. Wie schon in Staffel 1, sind interessante Schurken, von Mary potenziell abgesehen, in "Iron Fist" Mangelware. So sehr sich Jessica Stroup in ihrer Rolle abmüht, Joys Wende zum Bösen und ihr Hass gegen Danny, die bereits im Finale der ersten Staffel völlig aus dem Nichts angedeutet wurden, sind in keiner Weise überzeugend. Schon eher kann man Davos' Frust nachvollziehen, der sich um seine Bestimmung betrogen fühlt, wie weitere Flashbacks zu ihrer gemeinsam Zeit in K’un-Lun offenbaren. Leider läuft es bei ihm auf einen banalen Mutter-Komplex hinaus und Sacha Dhawan beherrscht auch nur maximal zwei Gesichtsausdrücke: neutral und wütend. Dass man ihn dennoch als Zuschauer versteht, wenn er sich über Dannys herablassende Art empört, ist irgendwie bezeichnend für die Serie. Kurios ist auch, dass es scheinbar Davos' Endziel ist, eine Art Punisher mit mystischen Kräften statt Knarren zu werden, nur dass es hier deutlich negativer gesehen wird als wenn es eben um den Punisher selbst geht.

Es ist schon lange bekannt, dass Leerlauf ein großes Problem der meisten Marvel-Serien von Netflix ist. Als verkündet wurde, dass die zweite Season von "Iron Fist" nur 10 anstelle der üblichen 13 Folgen umfassen würde, sahen das viele als ein vielversprechendes Zeichen, dass das Problem endlich als solches wahrgenommen wurde. Jedoch plätschert die Handlung auch hier äußerst schleppend vor sich hin. Während sich viele Rädchen drehen, um den Racheplot von Joy und Davos voranzutreiben, und Danny und Colleen mit kleinen Fischen hier und da beschäftigt sind, haben die ersten sechs Folgen der Staffel gerade mal genug Plot für eine Filmstunde. Andere Serien wie "Luke Cage" oder "Jessica Jones" haben es geschafft, durch deutlich interessantere Hauptfiguren und vor allem durch stilsichere Inszenierung den Leerlauf zu kaschieren. In Ermangelung einer eigenen, hervorstechenden Identität und eines interessanten Hauptcharakters, fällt das Schneckentempo bei "Iron Fist" noch mehr ins Gewicht. Dass Wards (Tom Pelphrey) Teilnahme an einer Selbsthilfegruppe für Süchtige und seine Affäre mit seiner Sponsorin einen Teil der Handlung einnehmen, spricht dafür, wie wenig die Macher in der Staffel eigentlich zu erzählen haben. Natürlich steht der Gesamteindruck von der Staffel aus, da die letzten vier Episoden noch fehlen. Doch obwohl die ersten sechs Folgen diverse Fragen offen lassen, wecken sie nicht ausreichendes Interesse an den dazugehörigen Antworten.

MEG (2018) Kritik

MEG (2018) Filmkritik

The Meg, CN/USA 2018 •113 Min • Regie: Jon Turteltaub • Mit: Jason Statham, Li Bingbing, Ruby Rose, Rainn Wilson, Jessica McNamee, Cliff Curtis • FSK: ab 12 Jahren • Kinostart: 9.08.2018 • Website

Handlung

Jonas Taylor (Jason Statham) ist Experte für gefährliche Tiefsee-Rettungsaktionen. Als bei einem besonders heiklen Einsatz ein riesiges Wesen das auf Grund gelaufene U-Boot attackiert, muss er eine schwierige Entscheidung treffen und einen Teil der Crew zurücklassen, um die anderen zu retten. Doch an der Oberfläche glaubt ihm niemand die Geschichte von einem Tiefsee-Monster und seine Karriere findet ein jähes Ende. Fünf Jahre später werden jedoch seine einzigartigen Fähigkeiten benötigt, als ein Tauchboot auf einer Expedition in einem pazifischen Tiefseegraben strandet und den Kontakt zur hochmodernen Unterwasser-Forschungsstation Mana One verliert. Als Jonas erfährt, dass sich seine Ex-Frau Lori (Jessica McNamee) an Bord des Tauchboots befindet, willigt er ein, noch einmal unterzutauchen. In ungeahnter Tiefe begegnet er wieder der tödlichen Kreatur, einem prähistorischen Riesenhai – dem Megalodon. Zwar kann Jonas endlich allen beweisen, dass er nicht verrückt ist, doch nun haben sie ein größeres Problem. Denn der Megalodon hat den Tiefseegraben verlassen und der Ozean ist sein All-you-can-eat-Büffet. Jack Morris (Rainn Wilson), der Milliardär, der Mana One finanziert hat, möchte die Sache möglichst schnell unter den Teppich kehren und etwaige Schadensersatzklagen vermeiden. Jonas und die Meeresbiologin Suyin (Li Bingbing) müssen sich einen Plan einfallen lassen, wie sie die über 20 Meter lange Fressmaschine aufhalten können, bevor sie die Touristenstrände erreicht.

Kritik

"Der weiße Hai" ist nicht wirklich gut. Ich meine natürlich nicht Steven Spielbergs zeitloses Meisterwerk, das auch nach über 40 Jahren nichts von seiner Spannung und dauerpräsenten unterschwelligen Bedrohlichkeit eingebüßt hat. Die Rede ist von Peter Benchleys gleichnamiger Romanvorlage zu Spielbergs Film. Als Spielberg den Roman erstmals las, fand er alle Hauptcharaktere so unsympathisch, dass er mit dem Hai mitgefiebert hat. Also entledigte er sich der überflüssigen Nebenhandlungen der Geschichte wie der Mafia-Verbindungen des Bürgermeisters von Amity und der Affäre von Brodys Ehefrau mit Hooper. Ja, diese Handlungsstränge waren tatsächlich Teil der Geschichte, aus der der effektivste Tierhorrorfilm aller Zeiten entstanden ist. Stattdessen reiften Spielberg und sein Drehbuchautor Carl Gottlieb die drei Hauptfiguren aus und machten sie nicht nur sympathischer, sondern vor allem interessanter und menschlicher.

Spielbergs Film ist ein Beispiel dafür, wie man aus der Grundidee eines mittelmäßigen Romans einen mitreißenden, nahezu perfekten Film machen kann. Es ist möglich. Wie bei Der weiße Hai, las ich auch die Vorlage zu MEG, bevor ich den Film gesehen habe. Steve Altens Roman, auf dem der Riesehai-Blockbuster beruht, ist nicht gerade ein literarisches Thriller-Juwel und leidet sowohl an uninteressanten Figuren als auch an uninspirierter, spannungsarmer Schreibweise. Die Idee hinter der Geschichte, dass eins der größten Raubtiere, das jemals auf diesem Planeten existierte, wieder die Ozeane terrorisiert, ist zwar weit hergeholt, aber dennoch aufregend. Man kann was daraus machen. Doch leider ist Jon Turteltaub (Das Vermächtnis der Tempelritter) kein Steven Spielberg und MEG ist weniger Der weiße Hai und mehr Der weiße Hai 3-D. Das liegt nicht so sehr an der Vorlage, deren Handlung und Figurenkonstellationen fast gänzlich verändert worden sind, sondern vielmehr an Entscheidungsunlust der Macher darüber, welchen Film sie hier eigentlich machen wollen.

MEG (2018) Filmbild 1Es gibt zwei Wege, einen Tierhorrorfilm zu machen. Entweder man nimmt sich ernst und baut echte Spannung auf, wie das kürzlich die deutlich kleineren, aber gelungenen Kinohits The Shallows oder 47 Meters Down geschafft haben, oder man pfeift darauf und geht einfach mit der Absurdität der Geschichte mit, wie Alexandre Ajas respektloses Blutbad Piranha 3D. Obwohl das Marketing zu MEG nahezulegen versucht, dass es sich dabei um Popcorn-Spaß handelt, nimmt sich der Film doch über weite Strecken ziemlich ernst. Die wenigen harmlosen Gags fallen flach und die meisten Lacher sind eher unfreiwilliger Natur. Wenn Jason Statham in einer Szene beispielsweise lamentiert, dies sei möglicherweise der schlimmste Moment seines Lebens, kann man sich des Eindrucks nicht erwehren, er würde die Karriereentscheidung beschreiben, die ihn zu diesem Film geführt hat.

Wenn es einen großen Pluspunkt bei MEG gibt, dann ist es natürlich der titelgebende Megalodon selbst. Der Hai sieht wirklich klasse aus und ist neben Statham mit Abstand die einzige Figur, die so etwas wie Ausstrahlung und Leinwandpräsenz besitzt. Zu den 3D-Effekten kann ich leider nichts sagen, da der Verleih der Presse nur die 2D-Fassung gezeigt hat, obwohl der Film in diversen Szenen recht eindeutig auf 3D-Popout-Effekte ausgelegt ist. Dadurch wäre er zwar auch nicht gut geworden, hätte aber zumindest möglicherweise optisch mehr hergemacht.

MEG (2018) Filmbild 2Dadurch dass der Film strikt darauf beharrt, jugendfrei zu bleiben, bleibt das Potenzial seines Titelmonsters unausgeschöpft. Gerade wenn man ihn in einer Schlüsselszene in eine von Badegästen überfüllte Bucht schwimmen lässt, fühlt man sich als Zuschauer ein wenig betrogen. Im Prinzip hat man dann eine Szene wie das große Finale von Ajas Piranha, nur ohne Blut und einfallsreiche Tode. Auch die coolste Szene aus dem Roman, in der der Megaladon im Prolog einen T-Rex zerfleischt, fehlt leider.

Ein Film wie MEG braucht natürlich nicht zwingend viel Blut und Gedärme, um spannend oder eindrucksvoll zu sein. Das haben auch andere Tierhorrorfilme mit der PG-13-Freigabe geschafft. Leider findet Turteltaub aber auch keine anderen Mittel, um die Blutleere zu kompensieren. Den Megalodon bekommen die Zuschauer erst nach mehr als einer halben Stunde im Film zu sehen, vermutlich weil man sich dem "weniger ist mehr"-Prinzip verpflichtet fühlte. Leider bedeutet das aber, dass wir in der Zeit nervige oder überzogene oder einfach unglaublich stereotypen Figuren zusehen dürfen, wie sie Zeilen nachsprechen, von denen irgendjemand irgendwo gedacht haben muss, dass normale Menschen so kommunizieren. Das wird im Laufe des Films auch nicht schlimmer und wenn dann in einer Sterbeszene zwei Charaktere plötzlich aus dem Nichts gefühlvolle Abschiedsdialoge austauschen, verspürt man als Zuschauer nicht Mitgefühl, sondern Fremdscham.

MEG (2018) Filmbild 3Jason Statham ist ein Schauspieler mit natürlichem Charisma in jeder Rolle, doch MEG ist einfach nicht sein Film. Wenn er in einem Tauchboot sitzt (und das kommt im Film häufig vor), sieht er meist so aus, als würde er am liebsten aussteigen und den Hai mit bloßen Fäusten verkloppen. Dabei kommt er noch besser weg als die meisten Darsteller in dem Film, die entweder unpassend besetzt sind oder auf Autopilot spielen. In die erste Kategorie fällt auf jeden Fall Ruby Rose, die als ultrageniale Ingenieurin (und Hackerin, wenn es sein muss) Jaxx eine der unglaubwürdigsten Besetzungen ist, seit Denise Richards in Die Welt ist nicht genug eine Nuklearwissenschaftlerin namens Christmas Jones spielte. Völlig verschwendet sind wiederum Robert Taylor (großartig in der Neo-Westernserie "Longmire") als Psychologe (?), der Stathams Figur einst Wahnvorstellungen attestierte, und Cliff Curtis als Jonas' alter Kumpel Mac, der…ja, das war es eigentlich zu seiner Rolle. Dann gibt es natürlich noch Li Bingbing als Meeresbiologin und  Shuya Sophia Cai als ihre nervig altkluge Tochter, die aus zwei Gründen in dem Film sind: damit eine Liebesgeschichte mit Stathams Figur erzwungen werden kann, Chemie hin oder her, und weil China den Film mitproduzierte und er sich hauptsächlich an den chinesischen Markt richtet. Vielleicht erklärt Letzteres auch, weshalb der einzige schwarze Charakter im Film, gespielt von Page Kennedy, so wirkt, als sei er als Klischee-Afroamerikaner aus einem Achtziger-Film hierhin teleportiert worden.

MEG (2018) Filmbild 4Der Stirb-langsam-Abklatsch Skyscraper mit Dwayne Johnson zeigte erst vor wenigen Wochen, wie man aus einer altbackenen, unoriginellen Idee dennoch einen spaßigen Film inszenieren kann. Einen Film, der zu seinen Albernheiten steht, aber sich gerade noch ernst genug nimmt, dass die Mischung aufgeht. Es sollte eigentlich nicht so schwer sein, einen unterhaltsamen Film über einen gigantischen Hai zu machen, doch die größte Sünde von MEG ist, dass er langweilig ist. Ohne Augenzwinkern oder jegliches Gefühl für Dringlichkeit treibt er seinem Ende entgegen. Ich habe keinen neuen Der weiße Hai erwartet. Doch auch ein Popcorn-Haifilm wie Deep Blue Sea ist ein Meisterwerk neben MEG, der im Prinzip wie jeder andere Haifilm ist, der gelegentlich abends auf Tele 5 ausgestrahlt wird, bloß mit einem 150-Millionen-Budget.

Fazit

Falls Ihr Euch mal gefragt habt, wie Alexandre Ajas Piranha 3D ausgesehen hätte, würde man dem Film alle Gewaltszenen, nackte Haut und den augenzwinkernden Humor wegnehmen, und die Piranhas mit einem Riesenhai ersetzen, dann liefert MEG die Antwort. Das Ergebnis ist leider weder, ähm, Fisch noch Fleisch, und vor allem richtig langweilig. Schade um den toll animierten Hai.

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Mission: Impossible – Fallout (2018) Kritik

Mission Impossible Fallout (2018) Filmkritik

Mission: Impossible – Fallout, USA 2018 •147 Min • Regie: Christopher McQuarrie • Mit: Tom Cruise, Henry Cavill, Simon Pegg, Rebecca Ferguson, Ving Rhames, Sean Harris, Vanessa Kirby, Alec Baldwin, Angela Bassett • FSK: ab 12 Jahren • Kinostart: 2.08.2018

Handlung

Zwei Jahre nach der Festnahme des abtrünnigen MI6-Agenten Solomon Lane (Sean Harris) verüben seine ehemaligen Anhänger als neue Splittergruppe des Syndikats, "Die Apostel", weiterhin weltweit Anschläge. Trotz der gnadenlosen Jagd der CIA auf sie, stehen die Apostel kurz vor ihren größten Coup. Gemeinsam mit dem geheimnisvollen Anarchisten John Lark planen sie, drei gestohlene Plutonium-Sprengköpfe auf dem Schwarzmarkt zu erwerben und sie dazu einzusetzen, eine neue Weltordnung herzustellen. Ethan Hunt (Tom Cruise) und sein IMF-Team erhalten den Auftrag, die Sprengköpfe sicherzustellen. Doch die Mission läuft schief, nachdem Ethan eine schwierige Entscheidung treffen musste, und nun hat er möglicherweise Millionen von Menschenleben auf dem Gewissen. Die einzige Hoffnung auf die Wiederbeschaffung der Massenvernichtungswaffe besteht in der Ergreifung von John Lark, der sich in Paris bei einer Benefizgala mit der Waffenhändlerin White Widow (Vanessa Kirby) treffen soll. Nach dem Fiasko der vorigen Mission besteht CIA-Direktorin Sloane (Angela Bassett) jedoch darauf, dass Ethans Team dabei vom kaltblütigen CIA-Killer August Walker (Henry Cavill) begleitet wird. Er ist autorisiert, jeden zu töten, der zwischen ihm und die Sprengköpfe kommt. Die unmögliche Mission wird noch komplizierter, als mit der MI6-Agentin Ilsa Faust (Rebecca Ferguson) ein Gesicht aus Ethans Vergangenheit auftaucht und eigene Ziele verfolgt.

Kritik

Wow! Dieser Ausruf ist zugleich die kompakte, spoilerfreie Rezension von Mission: Impossible – Fallout, die angemessene Reaktion auf die unglaublichen Actionsequenzen des Films und der Ausdruck des Erstaunens über das Durchhaltevermögen der Reihe und ihres unermüdlichen Stars Tom Cruise. Fallout ist ein furioses, adrenalingeladenes Spektakel, das nach der größtmöglichen Leinwand verlangt und die Zuschauern für das Eintrittsgeld in eine Welt entführt, die das Unmögliche möglich macht. Das ist Eskapismus pur.

Mission: Impossible – Fallout ändert erstmals die bislang bewährte Formel, die mit jedem Teil einen neuen Regisseur der Reihe seinen eigenen Stempel aufdrücken ließ. Nach dem Erfolg des großartigen Vorgängers Rogue Nation ist Christopher McQuarrie bei Fallout wieder für Buch und Regie zuständig gewesen. Fallout ist die erste direkte Fortsetzung der Mission: Impossible-Reihe, deren Filme bislang weitgehend unabhängig voneinander geblieben sind. Dieses Experiment ist zum Glück deutlich besser gelungen als bei Casino Royale und Ein Quantum Trost. Der Streifen bringt nicht nur alle Schlüsselfiguren des letzten Films zurück (bis auf Jeremy Renner, dessen Marvel-Verpflichtungen ihn davon abgehalten haben), sondern greift auch Ethan Hunts Privatleben aus dem dritten Film wieder auf, indem er Michelle Monaghan als seine Ex-Frau wieder ins Spiel bringt. Es gibt sogar einen subtilen, aber dennoch eindeutigen Verweis auf eine Figur aus dem allerersten Film. In gewisser Hinsicht ist der Film ein Best-Of der gesamten Reihe und ein Gipfelpunkt, auf den die bisherigen Filme hingearbeitet haben. Die recht komplexe, wendungs- und maskenreiche Handlung des Films erinnert ebenso an Teil 1 wie die Hubschrauberaction. Ethans Free-Solo-Kletterfähigkeiten aus Mission: Impossible II werden in einer schwindelerregenden Szene gefordert.

Mission Impossible Fallout (2018) Filmbild 1Doch McQuarrie weiß es besser, als sich einfach zu wiederholen. Mission: Impossible – Fallout ist düsterer und ernster als Rogue Nation. Die Gags werden zurückgefahren, jedoch funktionieren die wenigen verbleibenden Humorspitzen hervorragend. Auch ist der Film sichtlich härter geraten als die letzten Teile. Zwar bewegt sich alles immer noch im PG13-Blockbusterrahmen, doch es gibt einige überraschend fiese Einlagen, die das meiste der Vorstellungskraft der Zuschauer überlassen, jedoch gerade genug zeigen, um diese anzukurbeln.

Mission: Impossible – Fallout ist außerdem der erste Film der Reihe, der in Ethan Hunts Psyche eintaucht. Bislang bloß als US-amerikanischer James Bond bekannt, stellt sich der Film die Frage, weshalb Ethan das tut, was er tut, und welche Ängste er hat. So steigen wir nicht mit einer spektakulären Actionsequenz in den Film ein (diese gibt es später reichlich), sondern recht nüchtern mit einem wiederkehrenden Albtraum von Ethan, gefolgt von einer vermasselten Mission, die ihn an seine moralischen Grenzen bringt. Natürlich bleibt es immer noch eher oberflächlich und ein wenig dick aufgetragen (Ethan leidet eindeutig unter einem Heldenkomplex), denn es ist schließlich Mission: Impossible 6 und keine Charakterstudie, doch der Film setzt sich dadurch erfolgreich von seinen Vorgängern ab und macht seine Hauptfigur ein klein wenig menschlicher und nachvollziehbarer. Auch Ving Rhames und Simon Pegg als seine Teamkollegen Luther und Benji haben ihre kleinen, persönlichen Momente. Rhames hat als Luther deutlich mehr zu tun als in den letzten drei Filmen und teilt emotionale Szenen mit Rebecca Ferguson und Michelle Monaghan, während sich Simon Pegg als frischgebackener Feldagent tatkräftig an der Action beteiligen darf.

Mission Impossible Fallout (2018) Filmbild 2Mit knapp zweieinhalb Stunden Laufzeit ist die sechste Mission von Ethan Hunt seine längste und das macht sich in der ersten Hälfte auch ein wenig bemerkbar. Diese braucht der Film, um seine vielen Schachfiguren mit ihren eigenen Plänen, Agendas und Geheimnissen in Position zu bringen. Mit der Zeit wird der Plot nach diversen, mal sehr vorhersehbaren, mal tatsächlich überraschenden Twists komplexer und konfuser, als es ihm gut tut. Doch sobald die Action wieder loslegt, werden die einzelnen Details dessen, wer für wen arbeitet und warum, immer unwichtiger, denn es ist ein Film der großen Bilder und diese übertreffen jegliche Erwartungen. Die meisten Blockbuster heutzutage können froh sein, wenn sie eine wirklich nachhaltig denkwürdige Actionsequenz auf die Beine stellen können. Mission: Impossible – Fallout hat gleich vier mit steigender Intensität. Der bei den Dreharbeiten von Cruise über 100 Mal wiederholte Halo-Fallschirmsprung mit Komplikationen ist eine Augenweide. Fans altmodischer Kampfszenen können sich auf die toll choreografierte Toiletten-Prügelei zwischen Tom Cruise, Henry Cavill und dem Stuntman Liang Yang als taffer Widersacher freuen. Durch den Verzicht auf jegliche Musik in der Szene gewinnt sie an Intensität und man spürt als Zuschauer die Wucht hinter jedem Schlag, Wurf und Tritt. Außerdem findet die Szene einen perfekten Abschluss. Zu den weiteren Highlights gehört auch die atemlose Auto- und Motorradverfolgungsjagd durch Paris. Ohne viel Rumgetrickse, schnelle Schnitte oder viele Computereffekte, und virtuos eingefangen von Kameramann Rob Hardy (Ex Machina) gehört sie zu den allerbesten ihrer Art in der Filmgeschichte.

Mission Impossible Fallout (2018) Filmbild 3Die Krönung der Action, die alleine schon den Kinobesuch rechtfertigt, ist das ausgedehnte Finale, an dem zwei Helikopter und eine steile Felswand beteiligt sind. Genial zwischengeschnitten mit einer weiteren Szene, in der sich ebenfalls ein Rennen gegen die Zeit abspielt, erreicht der Film darin seinen Spannungshöhepunkt, der lange anhält und immer wieder einen draufsetzt. In dieser Szene kommt das 3D (ein weiteres Novum für das Franchise) am besten zur Geltung und wer die Gelegenheit hat, den Film auf einer der in Deutschland leider raren IMAX-Leinwände zu sehen, sollte sich das auf keinen Fall entgehen lassen. Lob gebührt Christopher McQuarrie, der sich nach Jack Reacher, Rogue Nation und Fallout als einer der besten Actionregisseure unserer Zeit empfiehlt. Er inszeniert die Action sehr klar und deutlich, ohne Wackelkamera oder hastige Schnitte. Abgerundet wird die starke Inszenierung durch Lorne Balfes gelegentlich an Hans Zimmer erinnernde Neuinterpretation des klassischen Mission: Impossible-Scores, die in richtigen Momenten für unheilvolle Atmosphäre sorgt.

Mission Impossible Fallout (2018) Filmbild 5Dass die Action allerdings so gut ist und der CGI-Einsatz minimal gehalten werden kann, ist vor allem Tom Cruise zu verdanken. Egal, wie abgedreht die Stunts sind, Cruise ist immer mittendrin und voll dabei. Mit seinem sechsten Auftritt in der Rolle zeigt er, dass kein anderer Schauspieler Hollywoods die Star-Bezeichnung so sehr verdient wie er. Teamarbeit ist in Mission: Impossible – Fallout wieder zentral, doch es bestehen nie Zweifel darüber,  dass das Franchise Cruise gehört. Er mag inzwischen in die Jahre gekommen sein (56 an der Zahl), doch er gibt in dem Film wieder alles. Voller Leidenschaft riskiert er Leib und Leben, um sich selbst immer wieder aufs Neue zu übertreffen. Sicher, die heutigen Computereffekte sehen täuschend echt aus, doch wenn er an einem Helikopter hängt oder an einer Felswand, bestehen keine Zweifel darüber, dass es sich dabei um keine Tricks handelt. Allein schon wenn Cruise über die Dächer und Brücken Londons rennt und aus Fenstern springt, als sei Teufel hinter ihm her, stockt einem der Atem. Der Film scheut sich aber auch nicht davor zu zeigen, dass sein Charakter kein Jungspund mehr ist und manchmal an seine Grenzen gerät. Ethan muss viel einstecken in dem Film und kann sich manchmal nur mühsam wieder aufrichten und Luft schnappen. Doch wie bei seinem Darsteller Cruise treibt auch Ethan der eiserne Wille zum Triumph voran.

Mission Impossible Fallout (2018) Filmbild 6Mission: Impossible ist und bleibt eine Tom-Cruise-Show, doch spätestens seit dem vierten Film hat auch das Team um ihn herum an Wichtigkeit zugenommen. Rebecca Ferguson gelingt etwas, das Maggie Q und Paula Patton nicht geschafft haben: als erste an der Action beteiligte Frau in dem Franchise in einem weiteren Teil zurückzukehren. Ferguson stahl in Rogue Nation ihren Mitstreitern die Show. In Fallout kommt sie aufgrund des noch größeren Ensembles leider etwas kürzer, darf aber erneut ihre Badass-Qualitäten eindrucksvoll unter Beweis stellen und hat wieder tolle Chemie mit Cruise. Man kann hoffen, dass sie weiterhin zur Stamm-Crew der Filme gehören wird. Der Part der neuen mysteriösen und unberechenbaren Femme Fatale geht diesmal an die hinreißende Vanessa Kirby ("The Crown"). Als verführerische, verspielte und, wenn nötig, effizient tödliche Waffenhändlerin macht sie wirklich viel aus ihrer begrenzten Screentime und lässt ebenfalls auf ein künftiges Wiedersehen hoffen.

Mission Impossible Fallout (2018) Filmbild 7Seitens der Männer spielt Henry Cavill als seinen CIA-Killer lässig, empathielos und mit sichtlicher Begeisterung an der Sache, auch wenn der Charakter etwas mehr Entwicklung vertragen hätte. Angela Bassetts CIA-Chefin vergleicht im Film seinen Charakter mit einem Hammer als Gegensatz zu Ethan Hunts Skalpell, und das trifft es ziemlich auf den Punkt. Während Ethan und sein Team auf clevere (wenn auch gelegentlich improvisierte) Pläne setzen, spricht Walker die Sprache der rohen Gewalt. Gerade in Actionsequenzen ist Cavill eine sehr imposante Figur und sein viel diskutierter Porno-Schnurrbart hilft ihm tatsächlich dabei, sich von seinen meist deutlich glatteren, sympathischen Rollen zu distanzieren. Sean Harris wiederum zementiert mit seiner ultracreepy Performance als Solomon Lane den Status als bester Antagonist der Reihe und gewissermaßen Ethan Hunts eigener Blofeld.

Mission Impossible Fallout (2018) Filmbild 4Nicht viele Big-Budget-Franchises aus Hollywood können von sich behaupten, sechs Filme erreicht zu haben, und noch seltener ist der sechste Film dann wirklich gut. Dass der sechste Teil einer 22 Jahre alten Actionreihe mit einem 56-jährigen Star in der Hauptrolle locker mit jedem der besten Blockbuster heutzutage mithalten kann, erscheint auf den ersten Blick noch unmöglicher als jede Mission von Ethan Hunt. Unter Einsatz all ihrer Ressourcen haben Cruise und McQuarrie es jedoch geschafft, die Messlatte für Action-Spektakel dieses Jahr auf ein ganz neues Level zu heben.

Fazit

Ernster, härter, ambitionierter und noch mitreißender als sein Vorgänger: Mission: Impossible – Fallout zeigt Tom Cruise und Regie-Rückkehrer Christopher McQuarrie in absoluter Bestform. Der furchtlose Einsatz des ersteren in halsbrecherischen Stunts und die fokussierte, auf Spektakel, Spannung und Schauwerte bedachte Inszenierung des letzteren machen das Sequel zum besten Blockbuster des Sommers und dem besten Actionfilm seit Jahren. Die exquisite Nebenbesetzung, virtuose Kameraarbeit von Rob Hardy und eine intensive Neuinterpretation der Filmmusik setzen dem Film die Krone auf. Das lässt auch über den gelegentlich unnötig konfusen Plot und die lange Laufzeit hinwegsehen. Unbedingt auf großer Leinwand ansehen!

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Ant-Man and the Wasp (2018) Kritik

Ant Man and the Wasp (2018) Filmkritik

Ant-Man and the Wasp, USA 2018 •118 Min • Regie: Peyton Reed • Mit: Paul Rudd, Evangeline Lilly, Michael Douglas, Hannah John-Kamen, Laurence Fishburne, Michelle Pfeiffer, Walton Goggins, Michael Peña • FSK: ab 12 Jahren • Kinostart: 26.07.2018 • Deutsche Website

Handlung

Zwei Jahre sind vergangen, seit Scott Lang (Paul Rudd) Captain America und dessen Verbündeten nach Deutschland folgte, um sie dort als Ant-Man im Kampf gegen Iron Man und Co zu unterstützen. Da er dadurch gegen die Socovia Accords verstoßen hat, die Superhelden verbieten, eigenmächtig zu agieren, verbüßt er nun seine Strafe als Hausarrest samt Fußfessel. Von der alltäglichen Routine gelangweilt, sind die Besuche seiner Tochter Cassie (Abby Ryder Fortson) sein einziger Lichtblick. Strenge Auflagen untersagen ihm jeglichen Kontakt zu Dr. Hank Pym (Michael Douglas) und seiner Tochter Hope (Evangeline Lilly). Gut zu sprechen sind die beiden auf Scott jedoch sowieso nicht. Als Erfinder der illegalen Ant-Man-Technologie werden sie gesucht und befinden sich seit Scotts Deutschlandtrip auf der Flucht. In ihrem mobilen Labor schmieden sie einen neuen Plan: Seit es Scott gelungen ist, sich auf subatomare Größe zu schrumpfen und dann dennoch zurückzukehren, schöpfen die beiden Hoffnung, auch Hopes Mutter Janet (Michelle Pfeiffer) retten zu können, die vor 30 Jahren in der Quantenebene verschwunden ist. Als Scott plötzlich eine lebhafte Vision von Janet hat und dies Hank mitteilt, kidnappt Hope ihn nur wenige Tage vor Ablauf seiner Strafe kurzerhand aus seinem Haus, damit er ihnen bei der Rettungsmission helfen kann. Es dauert nicht lange, bis dem Trio nicht nur FBI-Agenten auf den Fersen sind, sondern auch ein schmieriger Waffenhändler (Walton Goggins) und eine mysteriöse, geisterhafte Gestalt (Hannah John-Kamen). Dieser Ghost verfolgt ganz eigene Ziele, die jedoch mit Hanks und Hopes untrennbar verknüpft sind.

Kritik

Marvels kleinster Held ist zurück mit einem mittelgroßen Abenteuer. Als Einbrecher ohne eigene Superkräfte, Reichtum, extrem hohe Intelligenz oder besonderes Training ist Scott bei seinen Unternehmungen als Held gänzlich auf sein Kostüm angewiesen. Neben allmächtigen Göttern, noblen Supersoldaten, hochtrainieten Agenten, einsilbigen Bäumen und genialen Wissenschaftlern repräsentiert er den absoluten Durchschnittskerl, einen liebenswerten Loser. Diese Wahrnehmung wird noch mehr durch die Besetzung von Paul Rudd verstärkt, der sich den Großteil seiner Karriere auf die Darstellung ebensolcher liebenswerten Loser und netten Durchschnittstypen von Nebenan spezialisiert hat. Das macht ihn für viele Zuschauer zu einer Identitätsfigur, in der sie sich eher wiederfinden als in Thor, Hulk oder Groot. Möglicherweise war das auch einer der großen Gründe, weshalb der erste Ant-Man-Streifen auf Anhieb zu einem Publikumsliebling avancierte – trotz einer problematischen Produktionsgeschichte (erster Regisseur Edgar Wright verließ nach acht Jahren Projektentwicklung kurzfristig den Film und wurde durch Peyton Reed ersetzt) und eines Helden, dessen Superfähigkeit ihn auf den ersten Blick wie eine Lachnummer hätte wirken lassen können. Ant-Man ist ein Außenseiter unter den Superhelden des Marvel Cinematic Universe. Seine Filme sind es auch.

Ant Man and the Wasp (2018) Filmbild 1Da Marvels perfekt durchgeplante Strategie nichts dem Zufall überlässt, ist es wohl auch keiner, dass beide bisherigen Ant-Man-Filme unmittelbar nach einem Avengers-Abenteuer in die Kinos gekommen sind. Bereits im Vergleich zu allen anderen Solo-Filmen von Marvel wirken sie kleiner, ruhiger und unaufregender, doch der Kontrast ist natürlich umso größer, wenn sie direkt nach den großen Ensemble-Events erscheinen. Während andere Helden eine Stadt, einen Planeten, eine Galaxie oder gar das halbe Universum retten müssen, sind die Einsätze bei Ant-Man deutlich niedriger. Im ersten Film, dessen Heist-Elemente mehr mit Ocean’s Eleven denn mit einem typischen Marvel-Superheldenfilm zu tun hatten, ging es letztlich darum, dass eine fortgeschrittene Technologie nicht in die falschen Hände fällt. Die Mission in Ant-Man and the Wasp ist keineswegs größer, jedoch viel persönlicher.

Nach dem politisch geladenen, sehr zeitgemäßen Spektakel von Black Panther und dem superernsten, intergalaktischen Bombast von Avengers: Infinity War gewährt Ant-Man and the Wasp den Fans eine Verschnaufpause, drückt auf die Bremse und sorgt für ordentlichen Tempowechsel. Es geht lange Zeit recht gemächlich, wenn auch nicht langweilig zu, bis der Film dann doch das Bedürfnis verspürt, den Charakteren Feuer unter den Hintern zu machen. Diese Dringlichkeit wirkt jedoch leider zu gekünstelt, wenn man als Zuschauer dann vor die Tatsache gestellt wird, dass gleich mehreren Charakteren ausgerechnet im gleichen kurzen Zeitraum die Zeit rasant davonläuft, obwohl ihre jeweiligen Umstände (die hier nicht gespoilert werden sollen) bereits seit sehr langer Zeit bestehen.

Ant Man and the Wasp (2018) Filmbild 2Ein weiterer Grund, weshalb es gelegentlich schwer fällt, mit den Protagonisten richtig mitzufiebern, ist die Leichtigkeit, mit der ihnen letztlich alles gelingt. Nicht nur die Titelhelden des Streifens sind (meist) klein, sondern auch die Herausforderungen und Hindernisse, die sie bewältigen müssen, halten sich in Grenzen. Hannah John-Kamens Ava alias Ghost ist eine interessante Figur, deren Motivation so nachvollziehbar ist, dass sie kaum noch als echte Antagonistin durchgeht, auch wenn sie hin und wieder die Pläne von Scott, Hope und Hank durchkreuzt. Ihre Kräfte, die es ihr ermöglichen, durch feste Materie hindurchzudringen, sind visuell fantastisch umgesetzt. Jedoch stellt sie nie eine ernstzunehmende Bedrohung für die beiden Helden dar. Walton Goggins, dessen Talent und Charisma nach Maze Runner 3 und Tomb Raider in einem weiteren großen Blockbuster völlig verschwendet werden, entspräche viel mehr der Vorstellung eines echten Bösewichts, wenn der Charakter doch nur nicht so eine Witzfigur wäre.

Ant Man and the Wasp (2018) Filmbild 3Überhaupt sieht man Ant-Man and the Wasp am besten als eine Komödie, denn als wirklich mitreißender Actionstreifen gerät er schnell an seine Grenzen. Die Gagquote ist noch höher als im ersten Film, auch wenn nicht alle von ihnen zünden. Wer Michael Peña als Luis im ersten Film mochte, wird auch hier auf seine Kosten kommen und bekommt eine weitere seiner weit ausholenden Geschichten erzählt. Für mich funktionierte das beim ersten Mal schon nicht und es hat sich seitdem nicht geändert. Leider fanden die fünf Drehbuchautoren (darunter auch Paul Rudd) offenbar, dass Luis und die anderen beiden Ex-Knacki-Freunde von Scott nicht mehr für den Humoranteil ausreichen. Vorhang auf für Randall Park als FBI-Agent und Scotts Bewährungshelfer Jimmy Woo, der ebenfalls den Trottel vom Dienst spielen darf, ebenso wie Goggins als Sonny Burch.  Ich habe nichts gegen Humor oder gar Albernheit in den Marvel-Filmen (Guardians of the Galaxy und Thor – Tag der Entscheidung haben Unmengen von beidem), doch hier wirkt es gelegentlich zu aufgesetzt und bemüht. Wenn der Film aber endgültig die Frage klärt, ob so etwas wie ein Wahrheitsserum existiert oder nicht, wird es allerdings tatsächlich sehr witzig.

Ant Man and the Wasp (2018) Filmbild 4Wie schon beim Erstling, bleibt Charmebolzen Paul Rudd die größte Waffe im Arsenal des Films. Dank ihm bleibt der Charakter durchweg sympathisch, erst Recht wenn er den Zuschauern aus der Seele spricht, indem er Hank und seinem ehemaligen Kollegen und Rivalen Bill Foster (Laurence Fishburne) entnervt vorwirft, sie würden beim Fachsimpeln einfach vor jedes Wort "Quantum" davorsetzen. Eine gewisse Entwicklung der Handlung ermöglicht Rudd auch eine großartige humorvolle Szene mit Michael Douglas, der ansonsten recht routiniert das grantige, arrogante Wissenschaftsgenie zum Besten gibt. Wirklich toll sind auch die kleinen, einfühlsamen Vater-Tochter-Momente, die Rudd mit Abby Ryder Fortson as Cassie teilt. Diese deuten sogar Cassies mögliche Zukunft als Superheldin ein wenig an (in den Comics erst als Stature, später als Stinger bekannt).

Durch ihr Upgrade zur Superheldin The Wasp hat Evangeline Lilly im zweiten Film deutlich mehr zu tun und übernimmt den Großteil der Action. Ob in normaler oder geschrumpfter Form, tritt sie in Actionszenen sehr souverän auf und lässt Scott alt aussehen. Es würde echt Spaß machen, sie Seite an Seite mit Scarlett Johanssons Black Widow kämpfen zu lassen.

Ant Man and the Wasp (2018) Filmbild 5Trotz viel Aufsehen um ihre Besetzung hat Michelle Pfeiffer leider wenig Screentime in dem Film und die besten Momente der Figur gehören gar nicht der Schauspielerin (das wird Sinn ergeben, wenn man den Film gesehen hat).

Man muss es den Machern lassen, dass sie sich nicht in die typische Versuchung haben führen lassen, das Sequel auf Teufel komm raus größer, lauter und bombastischer zu machen. Doch etwas mehr Aufregung und das Gefühl, dass die persönlichen Einsätze zumindest für die Hauptfiguren hoch sind (Scott könnte schließlich für 20 Jahre in den Knast wandern und Hope ihre Mutter nie wieder sehen), hätten nicht geschadet. Ein Punkt, in dem Ant-Man and the Wasp auf jeden Fall eine Schippe drauflegt, sind die visuellen Effekte. Es wird noch viel mehr mit Klein, Groß und Sehr Groß gespielt. Autos und ganze Gebäude werden geschrumpft, PEZ-Spender werden gigantisch und die entsprechenden Effekte werden sehr clever in Actionsequenzen und Verfolgungsjagden eingebunden. Die Fehlfunktionen eines Ant-Man-Kostüms von Scott sorgen hingegen für herrliche optische Humorspitzen. Fast noch bemerkenswerter sind jedoch die unglaublichen Verjüngungseffekte an Douglas, Pfeiffer und Fishburne. Diese Technologie hat seit X-Men – Der letzte Widerstand und TRON: Legacy Quantensprünge gemacht und ist sogar auf einem anderen Level, als man sie im ersten Ant-Man gesehen hat.

Ant Man and the Wasp (2018) Filmbild 6Obwohl Ant-Man and the Wasp, wie alle anderen MCU-Filme, in 2D gedreht und später in 3D konvertiert wurde, werden die 3D-Effekte in dem Film sehr wirkungsvoll eingesetzt. In dieser Hinsicht gehört er neben Doctor Strange und dem zweiten Guardians of the Galaxy zu den seltenen Ausnahmen des Marvel’schen Kinouniversums.

Die spektakulären Effekte und das charmante Zusammenspiel der Akteure lassen immer wieder vergessen, dass der Film keine echte Spannungskurve besitzt und im Prinzip über weitere Strecken locker vor sich hinplätschert. Wenn man jedoch nach der Sichtung auf den Film zurückblickt, bleibt nicht mehr viel hängen. Schon kurz nach dem Abspann beginnt der Film, aus der Erinnerung zu verschwinden, wie nach einem gewissen Fingerschnipsen in einem Marvel-Film auf jüngster Vergangenheit. Dessen Ereignisse bleiben hier natürlich nicht unbeachtet, auch wenn die Verbindung plötzlich in einem starken Kontrast zum ansonsten fröhlich entspannten Film steht.

Fazit

Wie schon seit Vorgänger, ist Ant-Man and the Wasp ein eher unbedeutender, wenn auch unterhaltsamer Beitrag zum Marvel-Kinouniversum. Das Sequel punktet mit sympathischen Darstellern und clever eingesetzten, fantastischen Effekten, entbehrt jedoch echter Spannung und überspannt gelegentlich den Bogen bei seinen Bemühungen, lustig zu sein. Wer jedoch schon beim ersten Mal riesengroßen Spaß hatte, wird sich auch am zweiten Film des kleinen Kerlchens erfreuen.

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Your Name. – Gestern, Heute und für Immer (2016) Kritik

Your Name. -Gestern, Heute und für Immer, Japan 2016 • 111 Min • Regie: Makoto Shinkai • Drehbuch: Makoto Shinkai • Synchronsprecher: Laura Jenni, Maximillian Belle, Janne Wetzel, Tobias John von Freyend, Eva-Maria Lahl • Produktion: CoMix Wave Films • Musik: Radwimps • FSK: 6 • Verleih: Universum Film • Kinostart: 11.01.2018

Anderthalb Jahre nach seiner Premiere bekam der weltweit erfolgreichste Anime aller Zeiten in Deutschland zwei Ausstrahlungstermine (11./14.01.18) in ausgewählten Kinos. Während Animefans hierzulande solche Verzögerungen schon lange gewöhnt sind, arbeitet Regisseur J.J. Abrams (Star Wars XVII) bereits an der Realverfilmung. Und Hollywood weiß, was gut ist: Your Name von Makoto Shinkai (The Garden of Words) ist einer der besten Filme seit 2016 und ein Spektakel, das man sich auf der großen Leinwand nicht entgehen lassen sollte. Zu Recht ist er mit zahlreichen Preisen ausgezeichnet worden. Mit seinem weltweiten Einspielergebnis von 355 Mio. US Dollar hat er selbst Chihiros Reise ins Zauberland (2001), von Altmeister Hayao Miyazaki aus dem Studio Ghibli, von der Spitze der erfolgreichsten japanischen Filme gestoßen. Eine Sensation! In Japan selbst ist der Film von Miyazaki übrigens nachwievor die Nummer 1, Your Name belegt dort Platz vier. Soweit die wichtigsten Zahlen.

Basierend auf seiner eigenen Buchvorlage erzählt Makoto Shinkai die Geschichte zweier Teenager, die eines Tages im Körper des jeweils anderen aufwachen. Mitsuha ist ein Mädchen vom Dorf, das als Tochter der Miyamizu-Familie für verschiedene Rituale des örtlichen Shinto-Schreins zuständig ist. Unzufrieden mit ihrem öden Landleben und den familiären Verpflichtungen, wünscht sie sich nichts sehnlicher, als in ihrem nächsten Leben ein attraktiver Junge in der Metropole Tokio zu sein. Nachdem Mitsuha ihren Wunsch eines Nachts lauthals in den Himmel ruft, wacht sie am nächsten Morgen im Körper des Schülers Taki Tachibana in Tokio auf. Dieser wiederum, beinahe ebenso unglücklich über sein Leben in der Stadt, wacht in Mitsuhas Körper auf. Fortan tauschen beide jede Nacht ihre Körper und versuchen so gut es geht mit diesem verrückten Umstand zurecht zu kommen. Dann bricht ihre geheimnisvolle Verbindung ab. Taki möchte nun das Mädchen ausfindig machen, mit der er sein Leben auf so unerklärliche Weise geteilt hat.

Was zunächst wie eine Zeichentrick-Version von Freaky Friday oder 30 über Nacht klingt und auch so beginnt, entwickelt sich schnell zu etwas ganz anderem, zu mehr. Your Name ist nämlich nicht nur eine fantastische Coming-of-Age-Story, sondern auch ein intelligentes Drama, das mit fortschreitender Spielzeit immer größere Dimensionen annimmt und sogar die Grenzen zwischen Raum und Zeit herausfordert. Unübersehbar sind hier gewisse Parallelen zu Donnie Darko oder Arrival. Dass sich Eric Heisserer, der Drehbuchautor von letzterem, nun an das Skript der Hollywood-Adaption ranmacht, dürfte also kein Zufall sein – Hoffen wir mal das Beste! Schöpfer Makoto Shinkai folgt in seinem Film jedoch einer eigenen Logik und unterwirft sie ganz der Dramatik seiner eigentlichen Geschichte: Die Sehnsucht der Protagonisten nach ihren Seelenverwandten und einem erfüllteren Leben. Das ist das Herz des Films. In sich geschlossen funktioniert Your Name auf allen Ebenen und dürfte mit seiner emotionalen Wucht am Ende auch die härteste Schale eines Zuschauers knacken.

Zwei Faktoren sind dafür maßgeblich: Zum Einen ist es die erwähnte Komplexität, die man in einer Geschlechtertausch-Geschichte niemals erwarten würde und somit Takis Suche nach Mitsuha ungeheuer spannend macht. Wer nach dem ersten Akt zu wissen glaubt, wo die Reise hingeht, irrt gewaltig. Zum Anderen fesseln die liebenswerten Figuren den Zuschauer. Alle Charaktere und deren Beziehungen sind authentisch aus dem Leben entworfen. Die Gefühle und Erfahrungen sind echt. Shinkai hat genau die richtigen Szenen gefunden, dies zu vermitteln. Charmant und clever positioniert er seine Charaktere in Situationen, die jeder von uns aus seinem Alltag kennt. Egal ob beispielsweise Mitsuha mit ihrer Großmutter um ihre häuslichen und familiären Verpflichtungen streitet oder Taki seinen Balanceakt zwischen Kellner-Job und Schule zu bewältigen versucht. Jede Einstellung ist nachvollziehbar und stets mit einer gesunden Portion Humor serviert. Apropos: die komödiantische Prämisse des Films sorgt in der ersten Hälfte für einige Lacher!

Your Name ist auch eine wahre Augenweide. Die Bilder haben eine unvergleichliche Tiefe und auch im hintersten Winkel sind die Konturen eines Treppengeländers noch messerscharf. Die technische Seite des Films lässt keine Wünsche offen. Es ist weniger ein spezieller Zeichenstil, der hervorsticht – auf den ersten Blick mag er aussehen, wie viele andere Animes – sondern die endlose Farbenpracht, Schärfe und Detailverliebtheit. Und wenn sich die Perspektive etwa bei Takis Betrachtung eines Kometen, der als wunderschönes Leitmotiv durch das Geschehen führt, elegant verschiebt, kommt man aus dem Staunen nicht mehr heraus.

Fazit

Wir alle suchen nach etwas. Vielleicht wissen wir nicht, wonach aber die Sehnsucht danach treibt uns an. Makoto Shinkai hat eine einzigartige Geschichte entworfen, die auf unkonventionelle Art und Weise von dieser Suche erzählt. Und zwar mit ebenso viel Humor wie Tragik, ohne dabei in die bekannten Kitsch-Gefilde einer Tragikomödie abzudriften. Your Name ist komplexer und spannender, als man erwartet und präsentiert sich in wunderschönen Bildern, die das Herz erwärmen und den Zuschauer ermutigen, sein Schicksal selbst in die Hand zu nehmen.


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Box-Office USA: Jurassic World 2 startet toll, Die Unglaublichen 2, Deadpool 2 und Solo erreichen neue Meilensteine

Jurassic World Das gefallene Königreich Box Office

© 2018 Universal Pictures

Quelle: Boxofficemojo

Erst zum zweiten Mal in der nordamerikanischen Box-Office-Geschichte gab es gleich zwei Starts oberhalb von $100 Mio hintereinander. Das erste Mal war, als erst Shrek der Dritte die Marke knackte, gefolgt von Pirates of the Caribbean – Am Ende der Welt am Memorial-Day-Wochenende 2007. Diesmal ergab sich eine solche Situation sogar ohne Feiertagshilfe. Dadurch erspielte die gesamte Top 12 satte $271,3 Mio. Das war 4% mehr als das vorige Wochenende und 104% mehr als entsprechende Juni-Wochenende aus dem letzten Jahr, als Transformers: The Last Knight auf Platz 1 enttäuschte. Insgesamt wurde es zum zweitgrößten Wochenende (nach Gesamtumsatz der Top 12) des Jahres, zum viertgrößten überhaupt sowie zum umsatzstärksten Wochenende im Juni. Kinobetreiber in den USA und in Kanada dürfen sich die Hände reiben.

Auf Platz 1 startete Jurassic World: Das gefallene Königreich mit $148 Mio von 4475 Kinos durch. Der fünfte Teil der Jurassic-Park-Reihe erzielte einen Schnitt von $33078 pro Spielstätte. Mit einem Kino mehr als Avengers: Infinity War war es der zweitbreiteste Start aller Zeiten in Nordamerika Lediglich Ich – Einfach unverbesserlich 3 lief in noch mehr Kinos an.

Universal kann mit dem Ergebnis mehr als zufrieden sein, auch wenn es 29% unter dem Startwochenende von Jurassic World liegt. Jener stellte vor drei Jahren mit $208,8 Mio einen neuen Startrekord auf und schlug damit überraschend Marvel’s The Avengers. Seitdem toppten nur Avengers: Infinity War ($257,7 Mio), Star Wars – Das Erwachen der Macht ($248 Mio) und Star Wars – Die letzten Jedi ($220 Mio) den Start des Films. Doch Jurassic World war ein einzigartiges Phänomen, das von der Nostalgie und der Beliebtheit von Spielbergs Original enorm profitierte. Als Jurassic World in die Kinos kam, haben die Kinogänger seit 14 Jahren die Dinosaurier aus Jurassic Park nicht mehr auf der Leinwand gesehen. Es war schon im Vorfeld klar, dass der Nachfolger dessen gigantischen Erfolg nicht wiederholen können würde, sondern wie ein "gewöhnliches" Blockbuster-Sequel laufen würde. Dass er dennoch fast $150 Mio zum Start eingebracht hat, ist bemerkenswert. Es ist das viertbeste Startwochenende des Jahres (nach Infinity War, Black Panther und Die Unglaublichen 2) sowie der beste Start eines Films, der nicht von Disney ist. In der All-Time-Liste platziert sich Jurassic World: Das gefallene Königreich auf Rang 20. Für Universal ist es der zweitbeste Start des Studios, lediglich hinter dem ersten Jurassic World.

Sogar wenn man die Startergebnisse aller Jurassic-Park-Filme um die Inflation bereinigt, liegt Das gefallene Königreich immer noch vor den ersten drei und lediglich hinter seinem direkten Vorgänger. Es bleibt ein unheimlich beliebtes Franchise, insbesondere unter Familien. Laut Universal waren 56% der Zuschauer am Startwochenende jünger als 25. Trotz teilweise durchwachsener Rezensionen genießt das Sequel positive Mundpropaganda. Der CinemaScore beträgt nach einer Zuschauerumfrage "A-", äquivalent einer "1-". Das ist besser als bei den ersten zwei Jurassic-Fortsetzungen. Da sich der Film am Samstag mit einem Minus von 15,1% gegenüber Freitag fast identisch zum ersten Jurassic World hielt, scheint er auch nicht erheblich frontlastiger zu sein. Sollte sich der Film über den Rest seiner Laufzeit genau so alten wie der erste, wird er fast $470 Mio in Nordamerika erreichen. Da mit Ant-Man and the Wasp jedoch sehr starke Konkurrenz bevorsteht, wird es wohl eher auf $390-420 Mio hinauslaufen. Auch das wäre jedoch ein fantastisches Ergebnis und genug für einen Platz in der Top 5 des Jahres.

Weltweit hat Jurassic World: Das gefallene Königreich bis dato gigantische $712 Mio eingespielt und wird die Milliardenmarke wieder locker knacken.

Die Unglaublichen 2 bekam die mächtige Konkurrenz der Dinos zu spüren und sank um 56% auf $80,3 Mio an seinem zweiten Wochenende. Es ist das siebtbeste zweite Wochenendergebnis aller Zeiten in den USA und in Kanada. Allerdings hielt sich der Film in Woche 2 deutlich schlechter als Findet Dorie und Toy Story 3, die jeweils um 46% bzw. 46,2% nachgaben. Doch die beiden hatten auch keinen familienfreundlichen $150-Mio-Start an ihrem zweiten Wochenende gehabt, was den heftigen Rückgang durchaus erklärt. Insgesamt hat Die Unglaublichen 2 in den ersten zehn Tagen $349,8 Mio erwirtschaftet und damit alle Pixar-Filme überholt bis auf Alles steht Kopf ($356,5 Mio), Toy Story 3 ($415 Mio) und Findet Dorie ($486,3 Mio). Außerdem belegt das Sequel Platz 9 unter allen erfolgreichsten computeranimierten Filmen in Nordamerika. Der Spitzenplatz wird nicht lange auf sich warten lassen. Der deutliche Drop gefährdet die Chancen des Films auf $600 Mio, doch der absolute Mangel an Konkurrenz im August wird dem Film stark helfen, sodass er irgendwo im Bereich von $580-610 Mio landen sollte.

Ocean’s 8 war wieder einmal passendes Kontrastprogramm für die Kinogänger, die weder an Kinos noch an Superhelden interessiert waren und gab mit 39,1% weniger nach als jeder andere nicht-expandierende Film in der Top 10. Der am Wochenende drittplatzierte Ensemble-Streifen spielte $11,5 Mio ein und steht jetzt bei $100,3 Mio. Damit liegt Ocean’s 8 immer noch vor allen anderen teilen der Reihe, auch wenn Ocean’s Eleven die Lücke schnell schließt. Auch in den kommenden Wochen sollte sich der Streifen mit Sandra Bullock, Cate Blanchett und Anne Hathaway gut halten und letztlich etwa $135 Mio erreichen, bevor er aus den Kinos verschwindet. Warner Bros. darf damit mehr als zufrieden sein und eine weitere Fortsetzung erscheint wahrscheinlich.

Auf Seite 2 erfahrt Ihr die neusten Einspielergebnissen von Solo: A Star Wars Story, Avengers: Infinity War und Hereditary.

Mord im Orient Express (2017) Kritik

Mord im Orient Express, USA 2017 • 114 Min • Regie: Kenneth Branagh • Drehbuch: Michael Green • Mit: Kenneth Branagh, Johnny Depp, Michelle Pfeiffer, Judi Drench, Willem Dafoe, Penélope Cruz, Daisy Ridley, Josh Gad, Leslie Odom Jr., Tom Bateman, Derek Jacobi • Kamera: Haris Zambarloukos • Musik: Patrick Doyle • FSK: ab 12 Jahren • Verleih: 20th Century Fox • Kinostart: 09.11.2017 • Website

Es gibt Filme, die man am liebsten wie ein gutes Buch am gemütlichen Kaminfeuer aufschlagen möchte, um sie bis tief in die Nacht hinein zu genießen. Kenneth Branaghs Mord im Orient Express ist einer dieser Filme. Mit der fünften Filmadaption des Krimiklassikers von Agatha Christie ist dem Regisseur kein perfekter aber durchweg unterhaltsamer und schöner Film gelungen, der das Rad auch nicht neu erfindet, dafür aber eigene Akzente setzt. Und mit diesen liegt Branagh goldrichtig. Sidney Lumets Version von 1974 mit Albert Finney, Ingrid Bergmann und Sean Connery gilt als beste Adaption und wurde sowohl mit sechs Oscar-Nominierungen und einer Auszeichnung geadelt, als auch mit Agatha Christies Zufriedenheit geehrt – Prädikat „besonders wertvoll“ also und damit ein schweres Erbe für Kenneth Branagh. Doch kaum jemand anderes als der Shakespeare-Mime hätte diesem Stoff mit so viel Charme und Liebe einen modernen Anstrich verpassen können. Von erster Minute an hatte ich ein so wohliges Gefühl wie beispielsweise bei seinem vergnügten Viel Lärm um Nichts von 1993. Das liegt nicht nur an der von ihm fantastisch gespielten Hauptfigur. Mord im Orient Express ist kein überflüssiges Remake.

Die Handlung ist schnell umrissen: Nach seinem letzten Fall in Jerusalem, den der Meisterdetektiv Hercule Poirot (Kenneth Branagh) eindrucksvoll gelöst hat, wird der charismatische Belgier mit Schnurrbart nach England beordert. Sein Freund Bouc (Tom Bateman) verschafft ihm im eigentlich vollbesetzten Orient Express einen Platz. An Bord trifft er auf die unterschiedlichsten Passagiere aus aller Welt. Kurz nachdem ihn der zwielichtige Geschäftsmann Edward Ratchett (Johnny Depp) aus Angst vor einem Attentäter, darum bittet, auf ihn aufzupassen, wird er mit zahlreichen Messerstichen ermordet aufgefunden. Poirot, der sich eigentlich nach Ruhe sehnt, nimmt die Ermittlungen auf…

Einer der neuen Akzente ist die Hauptfigur Monsieur Poirot. Kenneth Branaghs Bühnenpräsenz geht weit über das zu erwartende Maß hinaus und lässt seine Figur sogar mehr hervorstechen als dessen exorbitanter Schnurrbart. Hercule Poirot ist Dreh- und Angelpunkt. Er ist es, mit dem wir am meisten mitfühlen, weil wir als Zuschauer seine elementare Krise und Entwicklung beobachten und nachvollziehen können. Angesichts der emotionalen Hintergrundgeschichte des Täters ist das auf den ersten Blick natürlich etwas überraschend- eigentlich sogar sehr schade. Natürlich reicht es nicht, Poirot bei seiner Arbeit aufmerksam über die Schulter zu schauen. Man muss beobachten können, was der Fall mit der Hauptfigur macht. Aber dabei dürfen die übrigen Charaktere nicht an Profil verlieren. Tatsächlich kriegen nur wenige von ihnen den Spielraum, den sie verdient hätten. Zwar bekommen alle im Drehbuch von Michael Green (Blade Runner 2049, Logan: The Wolverine) ihren glänzenden Moment zugeschrieben. Aber manchmal wirkt dieser wie eine bloße Gelegenheit, die man dazu nutzt, die wichtigsten Stichpunkte des jeweiligen Profils kurz vorzutragen. Branaghs insgesamt tolle Regiearbeit rettet leider auch niemanden. Davon ausgenommen und damit außen vor sind Back To Business-Michelle Pfeiffer, Daisy Ridley und Josh Gad. Erstere hinterlässt bei mir nach mother! bereits zum zweiten Mal in diesem Jahr einen bleibenden Eindruck! Johnny Depp als bösartiger Ganove Edward Ratchett wirkt leider etwas unentschlossen.

Wo er als Regisseur nicht ganz überzeugt, leistet Branagh als Schauspieler hingegen grandiose Arbeit. Seine Interpretation des vermutlich größten Detektivs der Welt ist für mich die beste auf ebendieser. Sie beschränkt sich natürlich nicht nur auf die gleichnamige Buchvorlage von 1934, welche allein nicht genug für diese große Rolle hergibt. Kenneth Branagh zeigt uns, was sich der Leser aus zahlreichen Printwerken erschließt. Besonders daran sind zwei Dinge: Zum einen ist es die Tatsache, dass dieser von sich selbst überzeugte und nach Ordnung und Struktur lechzende Detektiv so unglaublich sympathisch und nahbar ist. Egal wie übergenau der anmutige Poirot auf die schiefe Krawatte seines Gegenübers hinweist oder fast schon notorisch nach zwei exakt gleichförmigen gekochten Eiern sucht. Er hat entweder ein Schmunzeln im Gesicht, weil er genau weiß, wie seltsam das auf andere wirkt oder er leidet so niedlich wie Großpapa, wenn Großmama schimpft. Die andere Besonderheit ist schlicht, dass Kenneth Branagh sein überzeugendes Spiel bis zum Schluss durchhält und es schafft, den Zuschauer mitfiebern und mitfühlen zu lassen, wenn dieser außergewöhnliche Fall Hercule Poirot an seine intellektuelle wie emotionale Grenze bringt.

Insbesondere für Kenner der Geschichte oder zumindest deren Auflösung dürfte die Neuverfilmung nicht allzu spannend sein. Durchaus aufregend und clever wie das Original aber nicht so dramatisch wie erhofft. Nicht, dass es der Roman unbedingt gewesen wäre- Krimis funktionieren anders. Aber der offensichtliche Spagat gelingt hier nicht ganz. Der Spannungsbogen ist nicht fest gespannt, wichtige Plotpoints sind kaum zu spüren. Wenn dann aus der ursprünglichen Schneeverwehung, die den Zug zum Halten zwingt, auch noch eine durch einen Blitz ausgelöste Lawine wird, muss man bei der entsprechenden Kamerafahrt schon mit den Augen rollen. Und wo steckt der Zug deswegen fest? Richtig! Mitten auf einer Brücke, den Abgrund stets vor Augen… Dieses bedrohliche Szenario wird selbstverständlich noch für „dramatische“ Szenen genutzt.

Das sind jedoch keine gravierenden Schwächen. Die phänomenale Verkörperung Poirots entschädigt, weil sie genügend Pathos hat, um uns an die Leinwand zu kleben. Der schwere Gang des Ermittlers reißt mit, seine Lektion ergreift. Darüber hinaus sieht jedes Bild in Mord im Orient Express fantastisch aus (in ausgewählten Kinos übrigens auch in 70 mm zu sehen). Die Kamera von Haris Zambarloukos fängt manche Szenen so elegant ein, dass man gar nicht genug davon kriegt. Da wäre zum Beispiel die langsame Fahrt durch das Abteil an den Verdächtigen vorbei. Mit Poirots Augen sehen wir jeden Fahrgast auf seine Ansprache reagieren. Was wird getrunken, wie gestikulieren oder artikulieren die Angesprochenen? Wer fühlt sich überhaupt angesprochen? Nichts entgeht dem Zuschauer. Kenneth Branagh dirigiert in solchen Momenten exzellent und sein hochkarätiger Cast folgt hingebungsvoll.

Tragisch schön ist der Zeitraffer in schwarz-weiß, der den Mord zeigt. Eine Einstellung, die eindeutig auf die gleichartige Rückblende in Lumets Film verweist, diese aber mühelos übertrifft. Sie trifft mitten ins Herz, genauer gesagt. Die emotionale Tragweite, die lange nicht zu greifen war, findet letztendlich doch noch seine Anteilnahme. Überhaupt ist alles, das im tollen Werk von 1974 vielleicht nicht so ganz überzeugte, 2017 so gut realisiert, wie man es sich nur hätte wünschen können. Das Setdesign ist top, der generelle Look ist eine Augenweide. Man geht nicht ins Kino, man steigt in den Orient Express. Zum Finale lässt der Regisseur sogar noch Da Vinci die Figuren in seinem Geiste zusammenrücken. Fantastisch!

Fazit

Kenneth Branaghs Mord im Orient Express ist ein gelungenes Remake mit neuen Akzenten und einem phänomenalen Hercule Poirot, der sich längst nicht nur durch seinen aufdringlichen Schnurrbart von seinen Vorgängern abhebt. Die dramaturgischen Schwächen und die zuweilen einseitige Perspektive nimmt man angesichts der tollen Inszenierung schmunzelnd hin. Es ist höchstens schade, dass sich nicht alle Charaktere entfalten. An dem großartigen Cast, wie dem Setdesign kann man sich kaum sattsehen, die Kamera vermittelt unmittelbar. Dieser Film macht Lust auf einen weiteren mit, und gerne auch wieder von Kenneth Branagh. Das Ende dieses Werks war zumindest schon einmal eine klare Ansage. Es gibt heute nur noch wenig Filme dieser Art und es ist beinahe großartig, wie man diesen Krimiklassiker modern aber stets originaltreu realisiert hat.

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