Your Name. – Gestern, Heute und für Immer (2016) Kritik

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Your Name. -Gestern, Heute und für Immer, Japan 2016 • 111 Min • Regie: Makoto Shinkai • Drehbuch: Makoto Shinkai • Synchronsprecher: Laura Jenni, Maximillian Belle, Janne Wetzel, Tobias John von Freyend, Eva-Maria Lahl • Produktion: CoMix Wave Films • Musik: Radwimps • FSK: 6 • Verleih: Universum Film • Kinostart: 11.01.2018

Anderthalb Jahre nach seiner Premiere bekam der weltweit erfolgreichste Anime aller Zeiten in Deutschland zwei Ausstrahlungstermine (11./14.01.18) in ausgewählten Kinos. Während Animefans hierzulande solche Verzögerungen schon lange gewöhnt sind, arbeitet Regisseur J.J. Abrams (Star Wars XVII) bereits an der Realverfilmung. Und Hollywood weiß, was gut ist: Your Name von Makoto Shinkai (The Garden of Words) ist einer der besten Filme seit 2016 und ein Spektakel, das man sich auf der großen Leinwand nicht entgehen lassen sollte. Zu Recht ist er mit zahlreichen Preisen ausgezeichnet worden. Mit seinem weltweiten Einspielergebnis von 355 Mio. US Dollar hat er selbst Chihiros Reise ins Zauberland (2001), von Altmeister Hayao Miyazaki aus dem Studio Ghibli, von der Spitze der erfolgreichsten japanischen Filme gestoßen. Eine Sensation! In Japan selbst ist der Film von Miyazaki übrigens nachwievor die Nummer 1, Your Name belegt dort Platz vier. Soweit die wichtigsten Zahlen.

Basierend auf seiner eigenen Buchvorlage erzählt Makoto Shinkai die Geschichte zweier Teenager, die eines Tages im Körper des jeweils anderen aufwachen. Mitsuha ist ein Mädchen vom Dorf, das als Tochter der Miyamizu-Familie für verschiedene Rituale des örtlichen Shinto-Schreins zuständig ist. Unzufrieden mit ihrem öden Landleben und den familiären Verpflichtungen, wünscht sie sich nichts sehnlicher, als in ihrem nächsten Leben ein attraktiver Junge in der Metropole Tokio zu sein. Nachdem Mitsuha ihren Wunsch eines Nachts lauthals in den Himmel ruft, wacht sie am nächsten Morgen im Körper des Schülers Taki Tachibana in Tokio auf. Dieser wiederum, beinahe ebenso unglücklich über sein Leben in der Stadt, wacht in Mitsuhas Körper auf. Fortan tauschen beide jede Nacht ihre Körper und versuchen so gut es geht mit diesem verrückten Umstand zurecht zu kommen. Dann bricht ihre geheimnisvolle Verbindung ab. Taki möchte nun das Mädchen ausfindig machen, mit der er sein Leben auf so unerklärliche Weise geteilt hat.

Was zunächst wie eine Zeichentrick-Version von Freaky Friday oder 30 über Nacht klingt und auch so beginnt, entwickelt sich schnell zu etwas ganz anderem, zu mehr. Your Name ist nämlich nicht nur eine fantastische Coming-of-Age-Story, sondern auch ein intelligentes Drama, das mit fortschreitender Spielzeit immer größere Dimensionen annimmt und sogar die Grenzen zwischen Raum und Zeit herausfordert. Unübersehbar sind hier gewisse Parallelen zu Donnie Darko oder Arrival. Dass sich Eric Heisserer, der Drehbuchautor von letzterem, nun an das Skript der Hollywood-Adaption ranmacht, dürfte also kein Zufall sein – Hoffen wir mal das Beste! Schöpfer Makoto Shinkai folgt in seinem Film jedoch einer eigenen Logik und unterwirft sie ganz der Dramatik seiner eigentlichen Geschichte: Die Sehnsucht der Protagonisten nach ihren Seelenverwandten und einem erfüllteren Leben. Das ist das Herz des Films. In sich geschlossen funktioniert Your Name auf allen Ebenen und dürfte mit seiner emotionalen Wucht am Ende auch die härteste Schale eines Zuschauers knacken.

Zwei Faktoren sind dafür maßgeblich: Zum Einen ist es die erwähnte Komplexität, die man in einer Geschlechtertausch-Geschichte niemals erwarten würde und somit Takis Suche nach Mitsuha ungeheuer spannend macht. Wer nach dem ersten Akt zu wissen glaubt, wo die Reise hingeht, irrt gewaltig. Zum Anderen fesseln die liebenswerten Figuren den Zuschauer. Alle Charaktere und deren Beziehungen sind authentisch aus dem Leben entworfen. Die Gefühle und Erfahrungen sind echt. Shinkai hat genau die richtigen Szenen gefunden, dies zu vermitteln. Charmant und clever positioniert er seine Charaktere in Situationen, die jeder von uns aus seinem Alltag kennt. Egal ob beispielsweise Mitsuha mit ihrer Großmutter um ihre häuslichen und familiären Verpflichtungen streitet oder Taki seinen Balanceakt zwischen Kellner-Job und Schule zu bewältigen versucht. Jede Einstellung ist nachvollziehbar und stets mit einer gesunden Portion Humor serviert. Apropos: die komödiantische Prämisse des Films sorgt in der ersten Hälfte für einige Lacher!

Your Name ist auch eine wahre Augenweide. Die Bilder haben eine unvergleichliche Tiefe und auch im hintersten Winkel sind die Konturen eines Treppengeländers noch messerscharf. Die technische Seite des Films lässt keine Wünsche offen. Es ist weniger ein spezieller Zeichenstil, der hervorsticht – auf den ersten Blick mag er aussehen, wie viele andere Animes – sondern die endlose Farbenpracht, Schärfe und Detailverliebtheit. Und wenn sich die Perspektive etwa bei Takis Betrachtung eines Kometen, der als wunderschönes Leitmotiv durch das Geschehen führt, elegant verschiebt, kommt man aus dem Staunen nicht mehr heraus.

Fazit

Wir alle suchen nach etwas. Vielleicht wissen wir nicht, wonach aber die Sehnsucht danach treibt uns an. Makoto Shinkai hat eine einzigartige Geschichte entworfen, die auf unkonventionelle Art und Weise von dieser Suche erzählt. Und zwar mit ebenso viel Humor wie Tragik, ohne dabei in die bekannten Kitsch-Gefilde einer Tragikomödie abzudriften. Your Name ist komplexer und spannender, als man erwartet und präsentiert sich in wunderschönen Bildern, die das Herz erwärmen und den Zuschauer ermutigen, sein Schicksal selbst in die Hand zu nehmen.


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your-name-gestern-heute-und-fuer-immer-2016-kritikYour Name. -Gestern, Heute und für Immer, Japan 2016 • 111 Min • Regie: Makoto Shinkai • Drehbuch: Makoto Shinkai • Synchronsprecher: Laura Jenni, Maximillian Belle, Janne Wetzel, Tobias John von Freyend, Eva-Maria Lahl • Produktion: CoMix Wave Films • Musik: Radwimps • FSK:...