Golden Globe-Nominierungen 2015: Gewinner und Verlierer

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Golden Globe Nominierungen 2015 Nachlese

Wir sind in einer neuen Phase des diesjährigen Oscar-Rennens angelangt. Die Bekanntgabe der Golden-Globe-Nominierungen 2015 (die Auszeichnungen werden zwar im Januar 2016 verliehen, doch sie gelten für das Kalenderjahr 2015) hat einige Favoriten bestätigt, andere Filme geschwächt und einige ganz neu ins Gespräch gebracht. Wie wir bereits erklärt haben, haben die Golden Globes keine unmittelbare Auswirkung auf die Oscars. Die Mitglieder beider Organisationen (auf der einen Seite die Hollywood Foreign Press Association, auf der anderen die Academy of Motion Picture Arts and Sciences) überschneiden sich nicht, doch die Wahrnehmung der Golden Globes als einer der großen Oscar-Prädiktoren ist nicht von der Hand zu weisen. Wie auch bei den Screen Actors Guild Awards gilt auch hier vor allem – wer hier nicht nominiert ist, hat schlechte Chancen auf den Sieg bei den Oscars. Das muss aber nicht heißen, dass es keine Ausnahmen gibt. So wurde L. A. Crash bei den Golden Globes 2005 nur für den "Besten Nebendarsteller" und das "Beste Drehbuch" nominiert und kassierte später u. a. den Oscar als "Bester Film". Auch der Golden Globe für den "Besten Film", sei es als Drama oder Komödie/Musical, bedeutet nicht automatisch einen Oscarsieg. In den letzten 15 Jahren kam es nur achtmal vor, dass der spätere Oscarsieger in der Kategorie "Bester Film" zuvor auch bei den Golden Globes in dieser ausgezeichnet wurde.

Neben der Aufteilung in die Kategorien "Drama" und "Komödie/Musical" (zu der offenbar auch Der Marsianer dieses Jahr gehört), gibt es noch eine weitere Sache, die Schlussfolgerungen von den Golden Globes auf die Oscars erschwert – und das sind Einordnungen in Haupt- und Nebenrollen. So wurden diesmal Alicia Vikander und Rooney Mara als Hauptdarstellerinnen für The Danish Girl und Carol nominiert, während die Schauspielergewerkschaft den beiden Nominierungen als Nebendarstellerinnen vergab. Auch für die Oscars pushen die Studios beide Schauspielerinnen in Nebenrollen, damit sie so bessere Chancen auf einen Sieg haben. Präzedenzfälle gab es bereits u. a. mit Jennifer Connelly in A Beautiful Mind und Jamie Foxx in Collateral – beide wurden (ungerechterweise) bei den Oscars als Nebendarsteller nominiert, Connelly gewann sogar.

Doch im Großen und Ganzen bieten die Golden Globes auf jeden Fall einen informativen Mehrwert für das Oscar-Rennen. Im Folgenden möchten wir ausführlicher auf den Stand der Dinge bei den Golden Globes nach den Film-Nominierungen eingehen sowie auf die diesjährigen Gewinner und Verlierer der Nominierungsphase. Auf Seite 2 wenden wir uns dann den Serien zu. Hier findet Ihr alle Nominierungen im Überblick.

FILME

Das Feld der Nominierten ist dieses Jahr sehr breit aufgestellt und tatsächlich gibt es keinen klaren Gewinner oder überragenden Favoriten im Rennen. Zum ersten Mal in 50 Jahren, seit es regulär Nominierungen in der Kategorie "Bestes Drehbuch" bei den Golden Globes gibt, wurde kein einziger Film dieses Jahr gleichzeitig in den Kategorien "Bester Film", "Beste Regie", "Bestes Drehbuch" und in mindestens einer Schauspielkategorie nominiert. Das kam tatsächlich so noch nie vor. In der Regel werden jedes Jahr sogar mehrere Filme in allen vier Bereichen nominiert. Letztes Jahr waren es mit Boyhood, The Imitation Game, Grand Budapest Hotel und Birdman gleich vier, im Jahr davor drei (American Hustle, 12 Years a Slave, Nebraska). Dass es dieses Jahr keiner geschafft hat, ist höchst verwunderlich und erklärt sich dadurch, dass zwei der für "Bestes Drehbuch" nominierten Filme kurioserweise nicht als "Bester Film" nominiert sind – The Hateful Eight und Steve Jobs. Die übrigens drei sind Raum, The Big Short und Spotlight. The Big Short und Raum erhielten keine Regienominierungen, aber damit hat auch niemand gerechnet. Dann bleibt also Spotlight, der mit den Nominierungen als "Bester Film (Drama)", "Beste Regie" und "Bestes Drehbuch" vermutlich am besten abgeschnitten hat, aber seltsamerweise keine einzige Nominierung für seine Schauspieler ergattern konnte. Nach dem Verpasser bei den SAG Awards und hier sinken Michael Keatons Chancen auf Oscarnominierung.

Ungewöhnlich ist außerdem, dass nur ein einziger Film fünf Nominierungen erhielt – Carol. Zum ersten Mal seit 2008 hat der meistnominierte Film nur fünf Nennungen vorzuweisen und 2008 waren es immerhin drei Filme mit fünf Nominierungen. Dafür verbuchten drei weitere Filme jeweils vier Nennungen (Steve Jobs, The Hateful Eight und The Revenant). Dennoch fehlt Carol die wichtige Drehbuchnominierung um als klarer Gewinner der diesjährigen Nominierungen zu gelten.

Wer sind aber die größten Gewinner und Verlierer dieses Jahr?

Gewinner

Mad Max: Fury Road

Der Film erhielt zwar nur zwei Nominierungen, aber es sind zwei verdammt wichtige: als "Bester Film (Drama)" und für seine Regie. Davon dass Mad Max: Fury Road bei den Filmkritikerverbänden gut abschneidet, war angesichts brillanter Rezensionen auszugehen, dass er sich jedoch in die oberen Ränge bei einer prestigeträchtigen Veranstaltung wie der Golden Globes vorarbeiten kann, ist mächtig beeindruckend und zeugt von echten Oscarchancen für den Film und seinen Regisseur. War es vor einigen Monaten nur ein Traum von begeisterten Filmfans, scheinen wichtige Oscarnominierungen für den neuen Mad Max wahrscheinlicher denn je. Dass er hier "nur" zwei Nominierungen erhielt, liegt auch daran, dass die Stärken des Films im Technischen liegen, also in den Kategorien, die bei den Golden Globes nicht beachtet werden (Kamera, Schnitt, Ton). Bei den Oscars wird er in diesen Kategorien einschlagen wie eine Bombe – und möglicherweise auch in den Hauptkategorien.

Raum

Das Drama verpasste zwar die Nominierung für seine Regie, doch ansonsten ist für den Film aller super gelaufen. Die Golden Globes haben häufig die Tendenz, kleinere Indie-Filme zugunsten größerer, glamouröserer Produktionen zu ignorieren. So wurden beispielsweise weder Whiplash noch Winter’s Bone bei den Globes als "Bester Film" nominiert. Umso erstaunlicher ist es, wie viel Liebe die Globes dem wirklich kleinen Film Raum entgegenbrachten, der in den USA nach acht Wochen keine $4 Mio eingespielt hat. Insbesondere mit einer Nominierung für das "Beste Drehbuch" haben vermutlich nicht viele gerechnet.

The Big Short

Die Oscarchancen des Films haben durch die Golden Globes auf jeden Fall eine Adrenalinspritze verpasst bekommen. Nominierungen für das Drehbuch, den Film und zwei seiner Darsteller erhöhen auf jeden Fall stark die Visibilität des Films und rücken ihn unter die Top-10-Kandidaten im Oscar-Rennen.

Steve Jobs

Steve Jobs ist ein interessanter Fall, denn der Film wurde nicht als "Bester Film" bei den Golden Globes nominiert. Nichtsdestotrotz zählt er eher zu den Siegern, denn er hat insgesamt vier Nennungen abgestaubt. Während die Nominierungen für Fassbender, Winslet und Aaron Sorkins Drehbuch zu erwarten waren, ist die Musik-Nom eine kleine Überraschung und mit insgesamt vier Nominierungen sieht Steve Jobs ganz schön stark aus und bleibt weiterhin im Rennen um wichtige Oscarnominierungen.

Alicia Vikander

Die schwedische Sensation ist einer der heißesten Shooting Stars Hollywoods und staubte gleich zwei Nominierungen ab – als "Beste Hauptdarstellerin" für The Danish Girl und, als kleine aber feine Überraschung, als "Beste Nebendarstellerin" für Ex Machina. Es ist zwar eher unwahrscheinlich, dass sie eine der beiden gewinnt, doch insgesamt macht sie einen sehr guten Eindruck im bisherigen Oscar-Rennen.

Trumbo

Die SAG-Nominierungen waren wohl kein Einzelfall, auch die Golden Globes liebten Bryan Cranston und Helen Mirren in Trumbo. Beide gehören jetzt zu den wahrscheinlichen Anwärtern auf Oscarnominierungen in ihren Kategorien, obwohl man vor zwei Tagen gar nicht mehr mit ihnen gerechnet hat.

Verlierer

Bridge of Spies – Der Unterhändler

Den größten Rückschlag steckte durch die Golden-Globe-Nominierungen auf jeden Fall Steven Spielbergs Drama mit Tom Hanks ein. Vor dem Beginn der Oscar-Saison schien der finanziell erfolgreiche und von der Kritik gefeierte Film als ein selbstverständlicher Kandidat und wurde von vielen sogar zu den fünf stärksten Filmen im Rennen gezählt, doch die Golden Globes machten diesem Kurs einen Strich durch die Rechnung. Lediglich eine einzige Nominierung – für Mark Rylance als "Bester Nebendarsteller" – erhielt Bridge of Spies. Dabei ist Steven Spielberg bei den Golden Globes eigentlich immer sehr beliebt gewesen. Bereits 14 Mal wurde Spielberg selbst für einen Golden Globe nominiert und gewann ihn viermal. Sogar sein deutlich schwächer rezensierter Streifen Gefährten wurde vor vier Jahren als "Bester Film" nominiert. Dass die Globes sowohl ihn als auch Tom Hanks übergangen haben, ist als ein recht schlechtes Zeichen für die Chancen des Films zu werten.

Brooklyn

Brooklyn gehörte angesichts seiner sehr positiven Kritiken und einiger gewonnener Kritikerpreise zu den frühen Favoriten im Oscar-Rennen, doch bei den Golden Globes gab es lediglich die erwartete Nominierung für Saoirse Ronan als "Beste Hauptdarstellerin (Drama)". Vermutlich ist Brooklyn für die Globes einfach zu "klein" gewesen, doch andererseits hat Raum es auch geschafft. Der Film hat immer noch solide Chancen auf mehrere Oscarnominierungen, doch er scheint nicht so stark im Rennen zu liegen wie vermutet, denn auch Nick Hornbys Drehbuch wurde hier nicht berücksichtigt.

The Hateful Eight

The Hateful Eight ist ebenfalls ein ganz kurioser Fall. Die Golden Globes lieben Tarantino und seine Filme. Django Unchained wurde für fünf Golden Globes nominiert und Inglourious Basterds für vier – beide als Filme und für Tarantinos Regie. Mit drei Nennungen schnitt The Hateful Eight zwar nicht sonderlich schlecht ab, doch es überrascht, dass er ausgerechnet in den Hauptkategorien nicht punkten konnte.

Johnny Depp

Zehnmal haben die Golden Globes Johnny Depp in Vergangenheit nominiert, sogar für Filme wie The Tourist, Alice im Wunderland und Charlie und die Schokoladenfabrik. Dass er ausgerechnet für seine beste Performance seit Jahren (in Black Mass) nicht nominiert wurde, und das nur einen Tag nach der Nominierung durch die Schauspielergewerkschaft, ist ein wenig erstaunlich, insbesondere wenn man bedenkt, wie gerne die Hollywood Foreign Press Association große Hollywood-Stars nominiert.

Sicario

Keine einzige Nominierung für den meisterhaft inszenierten und von der Kritik umjubelten Thriller ist auf jeden Fall eine Enttäuschung, die vermutlich die letzten Chancen des Films auf Oscarnominierungen in wichtigen Kategorien begräbt. Schade!

Auf Seite 2 gehen wir auf die Nominierungen für Serien und TV-Filme ein.