Letztes Jahr liefen vier Marvel-Verfilmungen im Kino, nur eine von ihnen (Deadpool & Wolverine) stammte jedoch aus dem Hause Disney und war Teil des MCU. An den weltweiten Kinokassen spielte sie mehr als das Doppelte des Gesamtumsatzes der anderen drei Marvel-Filme (Venom: The Last Dance, Madame Web und Kraven the Hunter). Diese wurden von Sony produziert und basierten auf Marvel-Figuren aus dem Dunstkreis von Spider-Man, an denen Sony die Rechte besitzt. Lange bevor Marvel die Kinos dominierte, brauchte der Comicverlag dringend Geld und verscherbelte 1999 die Rechte an Spider-Man und allen Charakteren aus den Spider-Man-Comics für mickrige sieben Millionen US-Dollar an Sony. Einen besseren Deal hat kaum ein Studio je gemacht: Bis heute spielten Sonys Marvel-Verfilmungen über Spider-Man und Co. mehr als elf Milliarden US-Dollar ein. Kein anderes Film-Franchise, abgesehen vom MCU, kann damit mithalten.
Doch nicht alles, was in den Comics irgendwie mit Spider-Man zu tun hat, wird automatisch zu Gold an den Kinokassen. Diesem Trugschluss folgte Sony, als das Studio versuchte, den MCU-Erfolg mit einem eigenen Filmuniversum aus Spider-Man-nahen Charakteren nachzuahmen. Während die Venom-Trilogie mit Tom Hardy trotz durchwachsener Kritiken immerhin kommerziell erfolgreich wurden, waren die drei anderen Filme aus dem sogenannten SSU (Sony’s Spider-Man Universe) Rohrkrepierer. Zusammen wurden Morbius, Madame Web und Kraven the Hunter für 14 Goldenen Himbeeren nominiert und haben fünf gewonnen, darunter als schlechtester Film für Madame Web. Morbius blieb diese Schmach zwar erspart, dennoch wurde der Film mit Jared Leto zur Lachnummer des Internets.
Kommerziell floppte jedoch keiner er beiden so übel wie Kraven the Hunter, der letztes Jahr bei einem Budget von 115 Millionen US-Dollar lediglich nur 62 Millionen weltweit einspielte. Der spektakuläre Misserfolg des Films, gekoppelt mit dem Fiasko von Madame Web im selben Jahr, wurde zum letzten Sargnagel in Sonys Marvel-Filmuniversum. Ob der Film selbst jedoch wirklich so schlecht ist und sein miserables Schicksal verdiente, können viele von Euch bald selbst beurteilen. Im Rahmen des Vertrags zwischen Sony und Netflix wird Kraven the Hunter am 12. Juli hierzulande beim Streamer erscheinen.
Kaum jemand wird dem SSU eine Träne nachweinen, doch Kraven the Hunter ist tatsächlich besser als sein Ruf. Ja, der Film hat unbestreitbare Schwächen: Mit seinen Dialogen hätte er nie einen Drehbuch-Oscar gewonnen und einige Effekte in dem Film hätten schon vor 15 Jahren schlecht gealtert ausgesehen. Jedoch überzeugt der Film mit seinen Actionsequenzen, die vom R-Rating profitieren, und Aaron Taylor-Johnson macht eine sehr gute Figur in seiner dritten Comicrolle (nach Kick-Ass und Quicksilver in Avengers: Age of Ultron). Auch wenn seine Tage als Kraven vermutlich gezählt waren, noch bevor der Film überhaupt in die Kinos kam, hoffe ich, dass er künftig häufiger in Actionrollen besetzt werden wird.
Fand noch jemand von Euch den Film besser als seine vernichtenden Kritiken?
Quelle: Netflix Deutschland