Golden Globes 2023: The Banshees of Inisherin führt bei den Nominierungen

Brendan Gleeson und Colin Farrell in The Banshees of Inisherin © 2022 Searchlight Pictures

Quelle: Hollywood Foreign Press Association

Jahrzehntelang galten die Golden Globes als zweitwichtigste US-amerikanische Film- und TV-Preise (natürlich hinter den Oscars bzw. den Emmys) und als Stimmungsbarometer während der Oscar-Saison, auch wenn ihre tatsächliche Übereinstimmung mit den Oscars nicht so hoch war, wie häufig angenommen. Das liegt einerseits an der fehlenden Überschneidung der WählerInnen und andererseits an dem Umstand, dass die Oscars von den Mitgliedern der Filmindustrie selbst verliehen werden, während über die Globes größtenteils Filmjournalisten abstimmen. Genau genommen sind ist es der exklusive und elitäre Kreis der Hollywood Foreign Press Association (HFPA) – ausländische Journalisten, die in Hollywood ansässig und beruflich tätig sind – der entscheidet, wer für die Golden Globes nominiert wird und wer sie nach Hause mitnehmen darf.

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Die Organisation, die sehr wenig von ihren internen Mechanismen preisgibt, war leider ziemlich skandalanfällig, weil über die Jahre diverse Studios und Filmproduzenten die Mitglieder mit üppigen Geschenken und Reiseeinladungen umwarben (lies: bestachen) und sich so mehr oder weniger ihre Gunst bei der Abstimmung erkauften. Um es knapp und böse auszudrücken: HFPA wurde allmählich zur FIFA der Filmwelt.

Das war lange bekannt und irgendwie auch akzeptiert, doch ein vernichtender Enthüllungsbericht der Los Angeles Times 2021 brachte das Fass zum Überlaufen. Dieser verriet, dass die für die mangelnde Diversität der nominierten Globes-Kandidaten häufig kritisierte HFPA seit 2002 kein einziges schwarzes Mitglied in ihren Reihen mehr zählte. Außerdem wurden die Hürden für die Aufnahme in die HFPA und die mangelnde Transparenz der Organisation angeprangert sowie die hingenommenen Bestechungsmethoden der Studios. Die HFPA fiel in Hollywood in Ungnade. Filmemacher, Schauspieler und Studios wandten der Organisation den Rücken zu und erklärten, die nächste Verleihung nicht besuchen zu wollen, bis massive Reformen implementiert worden sind. Tom Cruise schickte sogar seine drei gewonnenen Golden Globes als Zeichen seines Protests zurück. Schließlich sagte US-Sender NBC die Übertragung einer etwaigen Verleihung ab, bis zufriedenstellende Veränderungen eintreten. Die letzten Golden Globes wurden deshalb unter Ausschluss der Öffentlichkeit und ohne Stars vergeben und kaum ein Sieger würdigte die HFPA mit Dank.

Doch die HFPA war entschlossen, ihren Status zurückzuerlangen, versprach hoch und heilig Veränderungen, einschließlich einer großen Ausnahmewelle diverser Journalisten. Noch im Herbst letzten Jahres wurden 21 neue Mitglieder aufgenommen. Diesen Sommer kündigte die HFPA weitere große Restrukturierungen an und sprach ein Verbot für ihre Mitglieder aus, jegliche Geschenke der Studios anzunehmen. Hollywood erweichte zögerlich und pünktlich zum 80. Jubiläum der Golden Globes werden die Preise mit einer neuen Verleihung zu NBC zurückkehren.

Gestern hat die HFPA ihre Nominierungen für die 80. Golden Globes bekanntgegeben und interessanterweise sehen diese nicht viel anders aus als vor den Reformen der Organisation. Starkräftige Projekte und große Namen stehen weiterhin hoch im Kurs.

Die kompletten Film-Nominierungen könnt Ihr unten nachlesen:

FILME

Bester Film (Drama)

Avatar: The Way of Water
Elvis
Die Fabelmans
Tár
Top Gun: Maverick

Bester Film (Komödie/Musical)

Babylon – Rausch der Ekstase
The Banshees of Inisherin
Everything Everywhere All at Once
Glass Onion: A Knives Out Mystery
Triangle of Sadness

Beste Regie

James Cameron (Avatar: The Way of Water)
Daniel Kwan und Daniel Scheinert (Everything Everywhere All At Once)
Baz Luhrmann (Elvis)
Martin McDonagh (The Banshees of Inisherin)
Steven Spielberg (Die Fabelmans)

Bester Hauptdarsteller (Drama)

Austin Butler (Elvis)
Brendan Fraser (The Whale)
Hugh Jackman (The Son)
Bill Nighy (Living)
Jeremy Pope (The Inspection)

Beste Hauptdarstellerin (Drama)

Cate Blanchett (Tár)
Olivia Colman (Empire of Light)
Viola Davis (The Woman King)
Ana de Armas (Blonde)
Michelle Williams (Die Fabelmans)

Bester Hauptdarsteller (Komödie/Musical)

Diego Calva (Babylon – Rausch der Ekstase)
Daniel Craig (Glass Onion: A Knives Out Mystery)
Adam Driver (Weißes Rauschen)
Colin Farrell (The Banshees of Inisherin)
Ralph Fiennes (The Menu)

Beste Hauptdarstellerin (Komödie/Musical)

Lesley Manville (Mrs. Harris und das Kleid von Dior)
Margot Robbie (Babylon – Rausch der Ekstase)
Anya Taylor-Joy (The Menu)
Emma Thompson (Meine Stunden mit Leo)
Michelle Yeoh (Everything Everywhere All at Once)

Bester Nebendarsteller

Brendan Gleeson (The Banshees of Inisherin)
Barry Keoghan (The Banshees of Inisherin)
Brad Pitt (Babylon – Rausch der Ekstase)
Ke Huy Quan (Everything Everywhere All at Once)
Eddie Redmayne (The Good Nurse)

Beste Nebendarstellerin

Angela Bassett (Black Panther: Wakanda Forever)
Kerry Condon (The Banshees of Inisherin)
Jamie Lee Curtis (Everything Everywhere All at Once)
Dolly De Leon (Triangle of Sadness)
Carey Mulligan (She Said)

Bester Animationsfilm

Guillermo del Toros Pinocchio
Inu-Oh
Marcel the Shell with Shoes On
Der gestiefelte Kater: Der letzte Wunsch
Rot

Bester fremdsprachiger Film

Im Westen nichts Neues (Deutschland)
Argentinien, 1985 (Argentinien)
Close (Belgien)
Die Frau im Nebel (Südkorea)
RRR (Indien)

Bestes Drehbuch

Martin McDonagh (The Banshees of Inisherin)
Daniel Kwan, Daniel Scheinert (Everything Everywhere All at Once)
Steven Spielberg & Tony Kushner (Die Fabelmans)
Todd Field (Tár)
Sarah Polley (Die Aussprache)

Beste Filmmusik

Justin Hurwitz (Babylon – Rausch der Ekstase)
Carter Burwell (The Banshees of Inisherin)
John Williams (Die Fabelmans)
Alexandre Desplat (Guillermo del Toros Pinocchio)
Hildur Guðnadóttir (Die Aussprache)

Bester Song

"Lift Me Up" (Black Panther: Wakanda Forever)
"Ciao Papa" (Guillermo del Toros Pinocchio)
"Carolina" (Der Gesang der Flusskrebse)
"Naatu Naatu" (RRR)
"Hold My Hand" (Top Gun: Maverick)
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Martin McDonaghs pechschwarze Komödie The Banshees of Inisherin führt mit acht Nominierungen, darunter vier für seine Schauspieler. McDonaghs Three Hillboards Outside Ebbing, Missouri gewann 2018 vier Golden Globes, darunter als "Bester Film" und für zwei seiner Darsteller. Sein neuster Film ist eindeutig einer der größten Oscarfavoriten dieses Jahr, doch das war Three Billboards damals auch, bis Shape of Water ihn im Rennen überholt hat.

Die zweitmeisten Nominierungen zählte die herrlich bizarre Sci-Fi-Actionkomödie Everything Everywhere All At Once, die sechsmal nominiert ist. Steven Spielbergs autobiografisches Drama Die Fabelmans ist fünfmal nominiert, ebenso wie Damien Chazelles Babylon, der sehr polarisierenden Reaktionen trotzte und drei seiner Schauspieler Nominierungen einbrachte. Bemerkenswert ist die Nominierung zweier großer Blockbuster – Top Gun: Maverick und Avatar: The Way of Water – in der "Bester Film"-Kategorie. Der erste Avatar gewann 2010 in der Kategorie, während James Cameron als Regisseur ausgezeichnet wurde. Bei den Oscars setzte sich Tödliches Kommando – The Hurt Locker in beiden Kategorien gegen ihn durch. Etwas überraschend ist, dass Todd Field als Regisseur für Tár nicht nominiert wurde und stattdessen Baz Luhrmann für Elvis die Nominierung ergatterte. Aber wie gesagt, die Globes mögen große Namen.

Olivia Colman erhielt für Empire of Light ihre siebte Globes-Nominierung seit 2016. Die ersten drei hat sie gewonnen. Sehr erfreulich ist Angela Bassetts Nominierung für Black Panther: Wakanda Forever. Deutschland holt sich für Netflix' Im Western nichts Neues eine Globe-Nominierung. Zuletzt gewannen Deutschland den Globe 2018 für Fatih Akins Aus dem Nichts.

Geradezu schockierend ist jedoch die Auslassung von Danielle Deadwyler als "Beste Hauptdarstellerin" für Till, die bisher als eine der größten Kandidatinnen in der Kategorie galt. Überhaupt wurde Till in keiner Kategorie nominiert.

Natürlich haben die Globes auch in den TV-Kategorien ihre Nominierungen bekanntgegeben. In diesen führt die Sitcom "Abbott Elementary" mit fünf Nennungen:

SERIEN/TV-FILME

Beste Serie (Drama)

"Better Call Saul"
"The Crown"
"House of the Dragon"
"Ozark"
"Severance"

Bester Hauptdarsteller (Drama)

Jeff Bridges ("The Old Man")
Kevin Costner ("Yellowstone")
Diego Luna ("Andor")
Bob Odenkirk ("Better Call Saul")
Adam Scott ("Severance")

Beste Hauptdarstellerin (Drama)

Emma D’Arcy ("House of the Dragon")
Laura Linney ("Ozark")
Imelda Staunton ("The Crown")
Hilary Swank ("Alaska Daily")
Zendaya ("Euphoria")

Beste Serie (Komödie/Musical)

"Abbott Elementary"
"The Bear"
"Hacks"
"Only Murders in the Building"
"Wednesday"

Bester Hauptdarsteller (Komödie/Musical)

Donald Glover ("Atlanta")
Bill Hader ("Barry")
Steve Martin ("Only Murders in the Building")
Martin Short ("Only Murders in the Building")
Jeremy Allen White ("The Bear")

Beste Hauptdarstellerin (Komödie/Musical)

Quinta Brunson ("Abbott Elementary")
Kaley Cuoco ("The Flight Attendant")
Selena Gomez ("Only Murders in the Building")
Jenna Ortega ("Wednesday")
Jean Smart ("Hacks")

Beste Miniserie oder TV-Film

"Black Bird"
"Dahmer – Monster: Die Geschichte von Jeffrey Dahmer"
"The Dropout"
"Pam and Tommy"
"The White Lotus"

Bester Hauptdarsteller (Miniserie/TV-Film)

Taron Egerton ("Black Bird")
Colin Firth ("The Staircase")
Andrew Garfield ("Mord im Auftrag Gottes")
Evan Peters ("Dahmer – Monster: Die Geschichte von Jeffrey Dahmer")
Sebastian Stan ("Pam and Tommy")

Beste Hauptdarstellerin (Miniserie/TV-Film)

Jessica Chastain ("George and Tammy")
Julia Garner ("Inventing Anna")
Lily James ("Pam and Tommy")
Julia Roberts ("Gaslit")
Amanda Seyfried ("The Dropout")

Bester Nebendarsteller (Serie)

John Lithgow ("The Old Man")
Jonathan Pryce ("The Crown")
John Turturro ("Severance")
Tyler James Williams ("Abbott Elementary")
Henry Winkler ("Barry")

Beste Nebendarstellerin (Serie)

Elizabeth Debicki ("The Crown")
Hannah Einbinder ("Hacks")
Julia Garner ("Ozark")
Janelle James ("Abbott Elementary")
Sheryl Lee Ralph ("Abbott Elementary")

Bester Nebendarsteller (Miniserie/TV-Film)

F. Murray Abraham ("The White Lotus")
Domhnall Gleeson ("The Patient")
Paul Walter Hauser ("Black Bird")
Richard Jenkins ("Dahmer – Monster: Die Geschichte von Jeffrey Dahmer")
Seth Rogen ("Pam and Tommy")

Beste Nebendarstellerin (Miniserie/TV-Film)

Jennifer Coolidge ("The White Lotus")
Claire Danes ("Fleishman Is in Trouble")
Daisy Edgar-Jones ("Mord im Auftrag Gottes")
Niecy Nash ("Dahmer – Monster: Die Geschichte von Jeffrey Dahmer")
Aubrey Plaza ("The White Lotus")
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Obwohl die zweite "Euphoria"-Staffel 16 Emmy-Nominierungen erhielt, reichte es bei den Globes lediglich für eine für Hauptdarstellerin Zendaya. Das ist immerhin mehr als das, was es für Staffel 1 gab. Hingegen wurde die Miniserie "Dahmer" trotz gemischter Reaktionen und einiger Kontroversen mit vier Nominierungen bedacht. Auch Netflix' anderer Megahit, "Wednesday", ist mit zwei Nominierungen im Rennen. Hingegen ging die vierte "Stranger Things"-Staffel trotz ihres großen Hypes leer aus.

Nachdem die erste Staffel von "Only Murders in the Building" lediglich ihren beiden männlichen Hauptdarstellern Steve Martin und Martin Short Globe-Nominierungen eingebracht hatte, wurde diesmal ihr Co-Star Selena Gomez ebenfalls nominiert. Die größte Gewinnerin der Globes-Nominierungen ist Julia Garner, die mit "Inventing Anna" und "Ozark" gleich doppelt im Rennen ist.

Die Golden Globes werden am 10. Januar verliehen und dann werden wir erfahren, wer sich gegen die Konkurrenz durchsetzen konnte.

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