"Hannibal" S03E10 "…And the Woman Clothed in Sun" Kritik

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Der Artikel enthält einige "Hannibal"-SPOILER zur besprochenen Folge!

Nur noch drei weitere Folgen "Hannibal" und die Staffel, wahrscheinlich auch die ganze Serie, hat ihr Ende gefunden. In der letzten Folge "…And the Woman Clothed With the Sun" lernten wir Francis Dolarhydes (Richard Armitage) Charakter endlich näher kennen und konnten sogar erstliche menschliche Regungen bei ihm beobachten. Diese Folge trägt mit "…And the Woman Clothed in Sun" fast den identischen Titel der Vorigen, das liegt daran, dass sich Bryan Fuller mit seinen Folgentiteln seid Folge 8 "The Great Red Dragon" von den Bildern von William Blake hat inspirieren lassen. Worauf die 13. Episode mit dem Titel "The Wrath of the Lamb" anspielt sollte jedem geläufig sein. (*Hust* Das Schweigen der Lämmer *Hust*)

Die Folge beginnt mit einem genaueren Blick auf das Gespräch zwischen Hannibal (Mads Mikkelsen) und Francis Dolarhyde, der den hinter Gittern sitzenden Kannibalen aus dessen damaligem Zuhause anruft. Er plauscht mit ihm darüber, wie sehr er ihn bewundert und das er ihn unglaublich gerne treffen würde, aber auch, dass er sich einer Verwandlung zum "Great Red Dragon" unterzieht. Als er sich dann plötzlich in Hannibals Gedankenpalast wiederfindet und wir den Roten Drachen in seiner wahren Gestalt zu sehen bekommen brennt der Bildschirm. Die Effekte dieser Folge wirken zunächst befremdlich im Nachhinein aber umso beeindruckender, dazu kommen wir auch später noch wenn es um die Frau in der Sonne geht.

Hannibal ...And the Woman Clothed in Sun Kritik

Someday, if circumstances permit, I would like to meet you and watch you meld with the strength of the dragon.

Für mich als Buchleser und -liebhaber der Romanvorlage von Thomas Harris ist diese Episode ein einziges Festmahl. Perfekt umgesetzt wurde die Beziehung zwischen dem sozial inkompatiblen Dolarhyde und der warmen und freundlichen blinden Reba McLane (Rutina Wesley). Die berühmte Tigerszene wurde fantastisch umgesetzt und erzeugte sogar wahre Gefühle, vor allem, als sich Reba entschloss an den Mund des Tieres zu fassen und man Dolarhydes unglaublich angespannten Gesichtsaudruck dabei beobachten konnte. Der Mix aus Dingen die sehr stark aus dem Buch genommen wurden und neuen Ideen macht diese Folge so groß, und zur bisher stärksten der ganzen Staffel.

Auch der Moment in dem die beiden schließlich wirklich zueinander finden und schließlich auch miteinander schlafen ist überragend inszeniert. Richard Armitages Dolarhyde trifft direkt ins Herz der Vorlage und zeigt die Figur bisher genauso, wie sie gehört. Man sollte sich mit der Lobpreisung natürlich bis zum Ende der Staffel gedulden, doch bisher sieht dies nach einer der besten Serienkiller-Darstellungen aus, die es gibt. Schade, dass "Hannibal" von allen hochwertigen Preisen scheinbar systematisch ignoriert wird. Regisseur Guillermo Navarro, der diese Staffel schon für die überragende Folge "Contorno" verantwortlich war, lässt seiner Kreativität beim Akt der beiden freien Lauf und stellt Rutina Wesley auf atemberaubende Weise als gemaltes Kunstwerk dar.

Sehr schön gemacht ist auch der Morgen danach, an dem unwissende Zuschauer sicher kurz vermuten, dass Dolarhyde seine Geliebte am Ende doch ermordet hat. Natürlich ist dem nicht so und wir werden nach einer kurzen Spannungspause aufgeklärt, dass es ihr blendend geht und sie die Nacht mit ihm genossen hat. An der Stelle sei auch ihre Darstellung der blinden und führsorglichen Reba McLane noch einmal hoch gelobt.

Eien weitere Powerfrau der Staffel ist eindeutig Bedelia Du Maurier (Gillian Anderson), die diese Folge gleich zu Anfang überraschend wieder auftaucht. Will Graham (Hugh Dancy) ist es, der sie aufsucht, um sie über ihre Vergangenheit mit Hannibal Lecter zu befragen. Warum genau sich Will nicht weiter den Ermittlungen widmet anstatt mit Bedelia zu tratschen bleibt geheim, doch nimmt das dem hochwertigen Dialog der beiden keinen Funken seines lodernden Feuers. Bedelia kontert Wills Anspielungen auf ihre Beziehung mit Hannibal darauf immer wieder mit einem fast schon homoerotischen Kommentar zur Beziehung zwischen Hannibal und Will selbst.

Is your wife aware of how intimately you and Hannibal know each other?

Dabei erfahren wir endlich auch mehr über ihre Vergangenheit und das Rätsel rund um den Patienten, den sie auf dem Gewissen hat, gespielt vom hervorragenden Zachary Quinto (Star Trek: Into Darkness) wird gelüftet. Sie unterstütze Hannibal schon damals bei seinem Vorhaben, scheinbar durchaus davon in Kenntnis gesetzt, was dieser mit seinen Patienten anstellte. Zwar wirkt die Szene so, als wolle sie ihren Patienten noch retten, als er sich verschluckt und sie versucht ihm in die Luftröhre zu greifen, doch trotzdem macht sie sich selbst für seinen Tod verantwortlich. Außerdem hat sie für Will auch noch einen ungewöhnt düsteren Rat in petto:

Hannibal ...And the Woman Clothed in Sun Kritik

The next time you have an instinct to help someone, you might consider crushing them instead. It might save you a great deal of trouble.

Will scheint jedoch ziemlich abgeneigt dem gegenüber, was die wahre Bedelia Du Maurier von sich gibt. Hannibal ist es schließlich, der Will den letzten Tipp gibt, der ihn zum Killer bringt. Er deutet das chinesische Zeichen, das Dolarhyde an einem Baum hinterlassen hat als eine Anspielung an die "The Great Red Dragon"-Gemälde von William Blake und bringt den Ermittler somit auf die Spur des Brooklyn Museums, in dem das Originalgemälde, von dem der Killer so angetan ist, aufbewahrt wird.

Die Szene in der Dolarhyde sich aufmacht, das Gemälde zu verspeisen um sich vom Roten Drachen zu befreien gehörte schon im Roman zu einer der spannendsten Stellen und ist auch hier sehr eindringlich in Szene gesetzt. Richard Armitage stopft sich das Bild nicht einfach nur in den Rachen, nein er reibt sich an ihm, atmet seinen Duft ein und reißt letztlich einen Fetzen nach dem anderen von seinem Peiniger um ihn zu zerstören. Ein fantastischer Moment!

Hannibal ...And the Woman Clothed in Sun Kritik

Ebenfalls toll sind die darauf folgenden Szenen, die zur großen Überraschung aller Buchleser und Kenner der Geschichte passieren. Will Graham kommt Dolarhyde hier nämlich schon im Museum auf die Schliche und die beiden begegnen sich sogar worauf es zu einem ersten Kampf kommt, der genial umgesetzt ist und spannend über den Bildschirm flimmert. Was Bryan Fuller und sein Team rund um Guillermo Navarro mit dieser Folge erschaffen haben ist Wahnsinn und trifft tief ins Herz der Geschichte. Ein wahrer Geniestreich, der die Hoffnungen auf ein grandioses Staffelfinale noch einmal gewaltig anhebt.