Black Panther: Wakanda Forever (2022) Kritik

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Black Panther Wakanda Forever (2022) Filmkritik

Black Panther: Wakanda Forever, USA 2022 • 161 Min • Regie: Ryan Coogler • Mit: Letitia Wright, Tenoch Huerta, Danai Gurira, Lupita Nyiong’o, Angela Bassett, Winston Duke, Martin Freeman • FSK: ab 12 Jahren • Kinostart: 9.11.2022 • Deutsche Website

Handlung

Der König ist tot! Wakandas Herrscher und Beschützer T’Challa fällt einer unbekannten Erkrankung zum Opfer und ohne das herzförmige Kraut, das dem Black Panther seine Kräfte verleiht und von Erik "Killmonger" Stevens bei seiner Machtergreifung restlos niedergebrannt wurde, kann ihn nicht einmal die hochentwickelte Technologie seines Landes retten. T’Challas Mutter Ramonda (Angela Bassett) wird zur neuen Königin und seine hochintelligente Schwester Shuri (Letitia Wright) versinkt in Trauer und Wut und verschließt sich vor der Welt.

Bevor Thanos Chaos über die Welt gebracht und T’Challa für fünf Jahre aus der Existenz verbannt hat, hatte der frischgekrönte König angekündigt, Wakandas jahrhundertelange Abschottung zu beenden und das Wissen und die Technologien des Landes mit dem Rest der Welt zu teilen. Doch seine Politik der Offenheit hatte weitreichende Folgen. Ein Jahr nach seinem Tod sehen die Weltmächte Wakanda ohne Black Panther als geschwächtes Land und trachten nach dessen Vibranium, der Quelle des Reichtums und technologischen Fortschritts des afrikanischen Staates. Als Versuche scheitern, Wakanda das Vibranium abzuluchsen, suchen die USA anderswo nach weiteren potenziellen Vorkommen des außerirdischen Metalls – und werden auf Meeresgrund fündig. Unabsichtlich stoßen sie dabei auf das geheime Unterwasser-Königreich Talokan, regiert vom jahrhundertealten Namor (Tenoch Huerta). Er hat guten Grund, sein Volk und seine Welt vor der Außenwelt zu verbergen und Wakanda gibt er die Schuld daran, dass das Geheimnis um Talokans Existenz nun bedroht ist. Sein Ultimatum an Königin Ramonda setzt eine gefährliche Kette von Ereignissen in Gang und bringt die beiden mächtigen Nationen an den Rand des Krieges. Nichtsahnend steht im Mittelpunkt des Konflikts eine 19-jährige Erfinderin (Dominique Thorne)…

Kritik

Es beeindruckt mich immer wieder, wie vielfältig das Marvel-Universum ist. Für nahezu jeden Geschmack ist etwas dabei. Dass kunterbunte, überdrehte Filme wie Guardians of the Galaxy Teil desselben Universums sind wie verhältnismäßig bodenständige, düstere Geschichten wie "Jessica Jones" oder "The Punisher" ist erstaunlich und dennoch irgendwie natürlich. Allein mit Blick auf die letzten Monate wird der Kontrast sehr deutlich, denn nach dem regelrecht albernen Thor: Love and Thunder und der federleichten Meta-Serie "She-Hulk" kommt mit Black Panther: Wakanda Forever diesen Monat ein nüchternes Epos, das großes Actionkino und eine intime Auseinandersetzung mit Trauer und Verlust miteinander verknüpft. Wer der Gag-Paraden der letzten MCU-Beiträge überdrüssig ist und sich etwas mehr echte Gefühle und Ernsthaftigkeit wünscht, kommt beim Film auf seine Kosten, muss aber auch eine etwas ausufernde Laufzeit von 160 Minuten in Kauf nehmen.

Black Panther Wakanda Forever (2022) Filmbild 1Es ist kein Geheimnis, dass die zentralen Themen des Sequels und sein schwermütiger Ton aus einer traurigen Notwendigkeit heraus geboren wurden. Als erste Comicverfilmung, die bei den Oscars als "Bester Film" nominiert wurde, schrieb der erste Black Panther vor rund vier Jahren Geschichte. Doch Black Panther war mehr als nur eine weitere Comicverfilmung, es war ein Film, der den Geist der Zeit mitten ins Herz traf und den zumindest die US-amerikanische Gesellschaft gebraucht hat. Der Schlachtruf "Wakanda Forever" wurde sofort Teil der Popkultur, Hauptdarsteller Chadwick Boseman zum Empowerment-Symbol für die afroamerikanische Bevölkerung und Marvel hatte das potenziell größte Solo-Franchise des Studios.

Doch dann geschah das Unfassbare. Boseman starb im August 2020 an Darmkrebs. Für seine Kollegen war es ein Schock, denn er hielt seine Erkrankung bis zum bitteren Ende geheim, drehte unermüdlich zwischen Chemo-Behandlungen weiter und hoffte bis zum Schluss, das Black-Panther-Sequel machen zu können. Es sollte leider nicht sein. Die Filmwelt hat ein großes Talent verloren und das junge Franchise seinen Star. Es stand schnell fest, dass die Rolle nicht neu besetzt werden würde und so musste Regisseur und Drehbuchautor Ryan Coogler das bereits fertige Skript umschreiben. Man kann sich nur vorstellen, wie der Film mit Boseman ausgesehen hätte. Es gab schon einige Filme, die nach dem Tod ihrer jungen Hauptdarsteller erschienen sind und dadurch einen morbide faszinierenden Beigeschmack hatten wie The Dark Knight, The Crow oder Fast & Furious 7. Black Panther: Wakanda Forever ist jedoch besonders in der Hinsicht, als dass Boseman zwar in dem Film gar nicht auftritt, gerade seine Abwesenheit aber über den gesamten Film hinweg spürbar ist und für eine wehmütige, trauervolle Grundstimmung sorgt, mit der sich Wakanda Forever von anderen MCU-Filmen abhebt. Tatsächlich ist der möglicherweise humorloseste unter den bisherigen Marvel-Filmen so nüchtern, dass die wenigen eingestreuten Gags (meist bezogen auf Martin Freemans Figur Agent Ross) fast schon unpassend wirken.

Black Panther Wakanda Forever (2022) Filmbild 2Es ist nachvollziehbar, dass Marvel aus Respekt Bosemans Charakter so kurz nach seinem Tod nicht neu besetzen wollte, doch die Charisma-Lücke, die sein Fehlen im Film hinterlassen hat, kann niemand wirklich füllen. Um das zu kompensieren, wurden die Rollen des restlichen Wakanda-Casts ausgebaut, wobei auch Oscarpreisträger Daniel Kaluuya diesmal fehlt (seine Abwesenheit wird mit einem Satz erklärt). Versteht mich nicht falsch, die gesamte Besetzung ist wieder in Topform, allen voran Angela Bassett mit einer kraftvoll emotionalen Performance, die zu den besten ihrer gesamten Karriere zählt, und Winston Duke, dessen kantiger, überlebensgroßer M’Baku einfach Spaß macht. Letitia Wrights Rolle wurde am deutlichsten vergrößert und sie macht im Sequel deutlich mehr durch, emotional wie körperlich. Auch Lupita Nyong’os Rückkehr als Nakia, deren Abwesenheit während der beiden Avengers-Filme ebenfalls adressiert wird, ist sehr willkommen. Newcomerin Dominique Thorne zeigt Potenzial als Riri Williams, fungiert in dem Film jedoch vor allem als Mittel zum Zweck, um die Handlung voranzutreiben. Auf mehr Entfaltung des Charakters hoffe ich bei ihrer kommenden eigenen Disney+-Serie "Ironheart".

Black Panther Wakanda Forever (2022) Filmbild 3So gut die DarstellerInnen auch sind, niemand hat Bosemans majestätische Ausstrahlung oder körperliche Präsenz aus dem Originalfilm. Am nächsten kommt Franchise-Neuzugang Tenoch Huerta als Namor dran, einer der ältesten Marvel-Antihelden überhaupt, der in dem Film endlich sein Realdebüt feiert. Huerta wechselt als Namor mühelos zwischen einem gewitzten, charmanten, begeisterungsfähigen Herrscher und einer erbitterten, wütenden Naturgewalt, die es schafft, dass sogar seine comicgetreuen Mini-Flügel an den Fußknöcheln nicht lächerlich wirken. Die von der Vorlage abweichende Neuinterpretation des Charakters, der in den Comics über Atlantis herrscht, und seines Volks ist inspiriert von der aztekischen Kultur und verleiht ihnen exotischen und dennoch real wirkenden Flair. Auch wenn er nicht ganz die feurige Performance von Michael B. Jordans Killmonger aus dem ersten Film erreicht, gehört Namor definitiv zu den besseren und komplexeren MCU-Antagonisten.

Black Panther Wakanda Forever (2022) Filmbild 5Es steckt wieder einiges unter der Oberfläche bei Wakanda Forever. Dass die Gier der Industriewelt ausgerechnet zwei indigene Völker, die nur ihre Ruhe haben wollen, in blutigen Konflikt miteinander stürzt, anstatt dass sie sich verbünden, ist eine von Coogler mit Sicherheit beabsichtigte Spiegelung unserer realen Welt. Ging es im ersten Film noch um Verantwortung und die Bürde eines Vermächtnisses, spielen diesmal Wertvorstellungen, die Konsequenzen unserer Entscheidungen und die Fähigkeit, mit der traurigen Vergangenheit abzuschließen, um optimistisch nach vorne zu schauen, zentrale Rollen.

Wakanda Forever ist ein Film voller herausragender Einzelelemente, bis hin zu den prächtigen Setdesigns, verbesserten visuellen Effekten, einigen virtuosen Actionsequenzen und einem großartigen Soundtrack, sie kommen nie so nahtlos zu einem großen Ganzen wie beim Vorgänger. Vielleicht war es nach Bosemans Tod gar zwingend notwendig, dass der zweite Film zu einer therapeutischen Trauerbewältigung für alle Beteiligten wird, um an Ende hoffnungsvoll und versöhnt der (Franchise-)Zukunft entgegenzublicken. Realität und Fiktion verschwimmen dabei sorgen für gewisse raue Authentizität, aber auch einige Längen während der 160-minütigen Laufzeit, die das Tempo verglichen zu den letzten Marvel-Filmen erheblich drosselt. Der gemessen an der Gesamtlaufzeit verhältnismäßig kurze Auftritt des titelgebenden Black Panther (natürlich gibt es ihn wieder) verkommt dabei schon fast zur Nebensache. Es ist kein erhebender oder belebender Film, doch er hinterlässt definitiv einen nachhaltigen Eindruck. Dieser wird dann auch durch die einzige und fürs MCU recht ungewöhnlicher Abspannszene des Films zementiert, die bei vielen im Publikum für feuchte Augen sorgen wird.

Fazit

Aus einer denkbar ungünstigen, tragischen Situation heraus hat Regisseur und Autor Ryan Coogler mit Black Panther: Wakanda Forever einen würdevollen, einfühlsamen und sentimentalen Tribut an den verstorbenen Chadwick Boseman erschaffen, wenn auch keinen Meilenstein im MCU-Katalog wie sein Vorgänger. Die ausschweifende Laufzeit ist spürbar und es fehlt eine wirklich interessante, charismatische Hauptfigur, dafür bekommt die Nebenbesetzung mehr Gelegenheiten zum Glänzen.

Trailer