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T2 Trainspotting (2017) Kritik

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T2 Trainspotting (2017) Filmkritik

T2: Trainspotting, GB 2017 • 117 Min • Regie: Danny Boyle • Drehbuch: John Hodge • Mit: Ewan McGregor, Ewen Bremner, Jonny Lee Miller, Robert Carlyle, Kelly Macdonald, Shirley Henderson, Anjela Nedyalkova • Kinostart: 16.02.2017 • FSK: ab 16 Jahren  Deutsche Website

T2 Trainspotting (2017) Filmbild 120 Jahre nachdem Renton (Ewan McGregor) seine Heroin-Gang zu "Born Slippy" um 16.000 Pfund erleichterte und mit der Hoffnung auf ein besseres Leben ins Ende des Films wanderte, kehrt er zurück. Nach einem Zusammenbruch auf dem Laufband im Fitnessstudio und damit einhergehenden harten Aufschlag bricht zwar nicht seine Schädeldecke aber vorerst der Film in mehrere Einzelteile. Bevor sich die Wege von Renton, Spud (Ewen Bremner), Sick Boy (Jonny Lee Miller) und Begbie (Robert Carlyle) wieder kreuzen, postet Danny Boyle (Slumdog Millionär) erst einmal einzelne Status-Updates in den Film #whathaveyoubeenuptofor20years. Die Welt um die Charaktere herum ist mittlerweile noch zerfallener als in Trainspotting. Sick Boy, im fortgeschrittenen Alter nun unter seinem richtigen Namen Simon unterwegs, unterhält einen spärlich besuchten Pub inmitten von abgerissenen Häusern und versucht sich nebenbei als Erpresser, Begbie sitzt mit 20 Jahre lang angestauter Wut seit den damaligen Ereignissen im Knast und Spud hat sich in einem verwahrlosten Hochhaus mit Müllberg-Skyline eingerichtet, wo er sich gerade mit einer Plastiktüte über dem Kopf die Luft und von der Welt abschneiden will, als Deus ex Machina Renton die Wiedervereinigung einleitet.

T2 Trainspotting (2017) Filmbild 2T2 Trainspotting ist nicht nur für Fans des 1996er-Kultfilms ein nostalgischer Trip, Danny Boyles Sequel trieft in seiner melancholischen Midlife-Crisis nur so vor dem Blick zurück. In seinem alten Zimmer blättert Renton wehmütig durch seine Platten, Spud erscheint die 20 Jahre jüngere Version seines Freundes auf der Straße, über die dieser in der Eröffnungsszene von T1 vor der Polizei floh und beide trauern unerfüllten Träumen nach. In Momenten wie Rentons bedrückender Heimkehr, einer allen Schmerz ausdrückenden Umarmung mit seinem Vater, ist T2 Trainspotting genau die tragische Ergänzung über Vergänglichkeit und Reue, die seinem großartigen Vorgänger würdevoll neue Facetten hinzufügt. Um die Aufarbeitung seiner Charakter-Beziehungen konstruiert Drehbuchautor John Hodge (Trance – Gefährlicher Erinnerung) nur leider eine den Großteil des Films einnehmende, entzaubernde Weitererzählung, die Begbie seine ehemaligen Mitstreiter durch den Plot jagen lässt. Dass für diese Wandlung zum Antagonisten nicht einfach ein dreistelliger Pfund-Betrag der Grund ist, sondern sich wie auch anfänglich bei Sick Boy vor allem Frust über vernachlässigte Loyalität gegenüber einem Freund äußert – also nicht Geld sondern Freundschaft der Knackpunkt ist – wirkt nicht nur sehr eingeschoben, mehr als dies durch nostalgische Aufnahmen aus Kindheitszeiten zu untermauern, fällt dem Film dazu auch nicht ein.

T2 Trainspotting (2017) Filmbild 3Die drei zuletzt genannten Charaktere bleiben bis auf wenige Szenen, bei denen sich schonungslos auf Ereignisse aus Teil 1 bezogen wird, sowieso recht blass. Im Gegensatz dazu kann sich Ewen Bremners (Snowpiercer) Spud über eine interessante Entwicklung freuen und die Erzählung zumindest für einige Momente an sich reißen. Dieser fängt im Laufe des Films an, all seine alten Erlebnisse schriftlich festzuhalten, um am Ende gewissermaßen zum Autor dieser neuen zu werden. Am Ende wäre es Spuds Stimme, die die Geschichte erzählt, nur ohne Voice-Over, sagte Danny Boyle bei der Berlinale-Pressekonferenz.

Fazit

Zumindest Danny Boyles dauerstimulierende Power-Inszenierung wird auch in T2 Trainspotting wieder in elektrisierenden Werbebildern und Montagen entladen und wirft einen tollen neuen "Choose life"-Monolog ab, ist aber aufgrund des Drehbuchs wie so oft bei Danny Boyle in den Zwischenräumen wieder verhältnismäßig wenig mitreißend. Dies bis auf die Perfektion zu verdichten, schafft man vielleicht nur mit einem Sorkin-Skript.

Trailer

Filmfutter auf der Berlinale 2017 – Teil 3

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Berlinale 2017 Tag 3 Titelbild

Zumindest etwas ausgeschlafener als am Vortag ging es wieder die gleiche Strecke mit der U-Bahn zum Potsdamer Platz und dort ins Hyatt-Hotel in eine chaotisch arrangierte Schlange vor dem Presse-Ticket-Schalter. Um kurz nach halb Acht bekam ich glücklich ein Ticket für meine erste Retrospektive-Vorstellung ausgehändigt (das nur mal aus kleiner Teaser für den nächsten Teil). Kurz danach stand schon die erste Pressevorführung an. Zum Frühstück gab es Verstörung.

Teil 3

Skins | Panorama Special

Skins (2017) FilmbildIn einem in bleiches, ekliges Rosa getauchten Zimmer, das mit Möbeln eingerichtet ist, die aussehen, als wären sie einmal in einem Wes-Anderson-Film benutzt worden und danach jahrelang im Lager eines Second-Hand-Shops eingestaubt, stellt eine ältere, üppige nackte Frau einem Mann die Angebote an Menschen auf, mit denen er im Hinterzimmer seinen Trieben nachgehen kann. Nach einem Auswahl-Fotobuch mit kleinen Jungen und einem mit deformierten Menschen schlägt sie ihm die junge Laura vor. Die Kamera fliegt förmlich durch den Raum, als diese den Raum betritt und anfängt zu singen, bevor sie dem zu Tränen gerührten Mann ins Zimmer folgt. Dort weint auch sie, Tränen bleiben jedoch aus, denn Laura hat keine Augen. Eduardo Casanovas verstörendes Drama ist durchzogen vom Absurden und Melodramatischen und so unangenehm wie das eine lange Haar, das dem Gegenüber aus der Warze wächst und die gesamte Aufmerksamkeit beansprucht. 77 Minuten, in den man sich so unwohl in seiner eigenen Haut fühlt wie die auf verschiedene Arten unangepassten Charaktere , denen Casanova folgt, in ihrer.

Bei nahezu allen Charakteren drückt sich diese Unangepasstheit äußerlich aus: Die einsame Prostituierte Laura (Macarena Gómez) hat keine Augen, die von Ernesto (Secun de la Rosa) nur auf Grund ihrer optischen "Reize" fetischisierte Ana (Candela Peña) hängt ein Geschwür über das halbe Gesicht. Zu den normaleren Beispielen gehört die Übergewichtige Itziar (Itziar Castro), zu den absurderen die introvertierte Samantha (Ana Polvorosa), bei der Anus und Mund vertauscht sind. Bierernst nimmt sich das natürlich nicht und ungläubige Lacher entweichen den Zuschauern wie ein unkontrollierter Furz aus Samanthas Anus-Mund, seine Figuren schlicht denunzieren tut der Film aber keinesfalls. Auch in Casanovas Film dürfen die Leidenden neue Stärken aus ihrem Schmerz entwickeln. Die dramatischen Elemente sind jedoch oft nur auf Grund ihrer absurden Form interessant. Wenn das Drehbuch zwischendurch verhältnismäßig normale Passagen runterleiert, offenbaren sich die Schwächen von Skins und ihm geht die Ironie verloren, aus der stumpfe Expositionsszenen und melodramatischer Kitsch ihren Unterhaltungswert ziehen.

3/5 Sterne

Streetscapes [Dialogue] | Forum

Streetscapes [Dialogue] (2017) FilmbildIm 4. Kapitel von Heinz Emigholz' Streetscape-Reihe wird es persönlich. Auch wenn er, wie er selbst sagt, der verbalen Sprache weniger vertraut, besteht sein autobiographischer Film aus einem einzigen fortlaufenden Dialog. Durch eine lose Einteilung in Wochentage zusammengehalten springen John Erdman als Filmregisseur und Jonathan Perel als Analytiker in einem assoziativen Fluss durch die verschiedensten architektonischen Werke Berlins und Urugays. Neben dem selbstreflektiven Dauergespräch über Emigholz' persönliches Leben, seine Philosophie über das Filmemachen und die Verbindung zwischen beidem stehen die poetischen Aufnahmen der Bauwerke und Umgebung. Aus den natürlichen Umgebungsgeräuschen entwickelt sich eine eigene meditative Melodie. Dialog und Bild funktionieren in Streetscapes [Dialogue] ergänzend und getrennt voneinander. Die Hallen, Treppen, Wände erzeugen ein ganz eigenes Stimmungsbild, dasndurch das Gesprochene aber noch um zusätzlich Ebenen erweitert und zum Subtext für den Dialog wird. Dieser wiederum beschreibt in seinem abstrakten Duktus oft eher eine Suche nach dem, was Emigholz eigentlich ausdrücken möchte und was durch die visuelle Eben vervollständigt wird.

Aufrichtig und nachdenklich öffnet sich der Filmemacher dem Analytiker, um bewusst eine "Selbstvergiftung" zu abzuwenden, wie Perels Figur es nennt. Denn ein Bewusstsein über sich selbst zu erlangen, ist ein Akt der Psychoanalyse. Jede Erkenntnis und jeder Gedankensatz, den die beiden herausarbeiten, ist gleichzeitig ein Aussage über die Person Heinz Emigholz und über das Filmemachen. Die Grenzen sind dabei so unklar wie die zwischen Dokumentation und Inszenierung bei diesem Film. Klare Aussagen bleiben aus, Antworten müssen wir schon selbst finden. In der ersten Szene des Films baut der Analytiker einen Autounfall, steigt aus und geht. "Do you think we should stop now?"

3,5/5 Sterne

The Dinner | Wettbewerb

The Dinner (2017) FilmbildSchon die Titelsequenz von Oren Movermans (The Messenger – Die letzte Nachricht) Romanadaption The Dinner suggeriert, dass besagtes Dinner unter keinem guten Stern steht. Wie ernst die Situation allerdings ist, lässt der Film lange im Hintergrund. Wenn die Stimmung am Tisch eines feinen Restaurants zu einem späteren Zeitpunkt im Film endgültig dahin ist, blicken sich dort vier geplagte Gesichter an: Der Kongressabgeordnete Stan (Richard Gere), seine jüngere Frau Katelyn (Rebecca Hall), Stans Bruder Paul (Steve Coogan) und dessen Frau Claire (Laura Linney). Bis dahin wandelt sich der Film von einem schwarzhumorigen Familiendrama zu einer bösen Gesellschaftskritik, unterbrochen durch unzählige Flashbacks. Als Aperitif serviert Moverman noch ein schwarzhumoriges Familiendrama, als Digestif eine böse Gesellschaftskritik. "We’re gonna talk tonight", sagt Richard Gere und es klingt fast wie eine Drohung.

Mit jedem Gang tut sich ein weiterer Abgrund auf, die dauernden Exposition liefernden Rückblicke wirken jedoch wie geschmacklich unpassende Zwischenmahlzeiten und machen The Dinner zu einem wirren Film, der viel vom Themen-Kuchen anschneidet und probiert, aber wenig aufisst (Wow, die Berlinale hinterlässt offensichtlich ihre ersten Spuren). Würde man diese Allegorie fortführen, müsste man Oren Moverman wohl vorwerfen, dass die Augen größer als der Magen waren. Zumindest in den großen Leitthemen trifft er ein paar interessante Aussagen über die faschistische Ader der privilegierten weißen Mittel- und Oberschicht. Auch wenn sich sonst durch eine menge Plattitüden geredet wird, kann das Star-Ensemble und dabei allen voran Steve Coogan, der seinem komplizierten Charakter in einer brodelnden Tragik verkörpert, The Dinner knapp über ein solides Mittelmaß heben.

3/5 Sterne

 

Hier geht es zu den bisherigen Berichten:

Filmfutter auf der Berlinale 2017 – Teil 1

Filmfutter auf der Berlinale 2017 – Teil 2

Box-Office USA: LEGO Batman siegt, Fifty Shades schwächelt, John Wick 2 beeindruckt

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John Wick 2 Box Office

Links: Fifty Shades of Grey – Gefährliche Liebe © 2017 Universal Pictures
Mitte: The LEGO Batman Movie © 2017 Warner Bros. Pictures
Rechts: John Wick: Kapitel 2 © Lionsgate

Quelle: Boxofficemojo

Ein starkes Trio von Neustarts räumte vergangenes Wochenende an den nordamerikanischen Kinokassen ordentlich ab und sorgte für drei Viertel der Gesamtumsätze der Top 12. Diese beliefen sich auf insgesamt $174,3 Mio und lagen damit gewaltige 116% über dem vorigen Wochenende, das unter der Ausstrahlung des Super Bowls gelitten hat. Gegenüber dem gleichen Wochenende im Vorjahr ging es dennoch um 21% runter, auch wenn der Vergleich nicht ganz fair ist, denn das zweite Februar-Wochenende 2016 war ein langes Feiertags-Wochenende (President’s Day), an dem Deadpool mit unglaublichen Zahlen eröffnete. Insgesamt war letztes Wochenende das umsatzstärkste in den USA und in Kanada seit Rogue One: A Star Wars Story vor fast zwei Monaten anlief. Nichts desto trotz starteten zwei der drei großen Newcomer leicht unter den Erwartungen bzw. unter ihren unmittelbaren Vorgängern.

Am Freitag musste sich The LEGO Batman Movie noch mit $14,5 Mio und Platz 2 begnügen, doch dank einem gewaltigen Anstieg um 58,7% auf $23 Mio am Samstag, eroberte der Animationsfilm von Warner Bros. am Gesamtwochenende mit $53 Mio von 4088 Kinos die Chartspitze und erzielte einen soliden Schnitt von $12966 pro Kino. Es ist ohne Frage ein sehr guter Start für die $80-Mio-Produktion, dennoch haben viele noch höhere Zahlen erwartet, denn Vieles sprach im Vorfeld für einen gigantischen Start. Als erster Animationsfilm seit dem Start von Sing (der mittlerweile die Top 10 verlassen hat) Ende Dezember, hatte The LEGO Batman Movie den Familienmarkt komplett für sich, insbesondere da die beiden anderen Neustarts ein restriktives R-Rating tragen. Vor fast exakt drei Jahren startete The LEGO Movie in über 300 Kinos weniger als The LEGO Batman Movie und erstaunte mit $69,1 Mio zum Start. Der Film war extrem beliebt und spielte insgesamt $257,8 Mio in Nordamerika an. Die Annahme war, dass dank der positiven Mundpropaganda des ersten LEGO-Films und der enormen Beliebtheit der Comicfigur Batman, ein LEGO-Film über Batman zwangsläufig besser abschneiden würde. Auch die Kritiken zum neuen Film sind außerordentlich positiv ausgefallen.

Doch es sieht so aus, als hätte The LEGO Movie seinerzeit vom Neuheitswert des Konzepts profitiert, der beim zweiten Mal nicht mehr funktionierte. Die Zuschauer von The LEGO Batman Movie waren überwiegend jünger waren als die von The LEGO Movie (48% unter 25 Jahren) und Batman sorgte wohl für einen großen Anteil von männlichen Kinogängern (65%). Möglicherweise hat gerade die Comicfigur den Film weniger universell zugänglich gemacht, als angenommen wurde.

Doch man sollte das Ergebnis auch nicht schlechtreden, denn mit einem vielversprechenden "A-"-CinemaScore (äquivalent einer "1-"), positiven Rezensionen, anstehenden Schulferien und einem Feiertags-Wochenende im Rücken sowie ohne nennenswerte direkte Konkurrenz bis zum Start von Die Schöne und das Biest in einem Monat, wird The LEGO Batman Movie eine lange Laufzeit in den Kinos genießen und mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit als erster Film des Jahres die $200-Mio-Marke knacken. Der Film sollte ein finales Einspielergebnis in Höhe von $205-220 Mio alleine in Nordamerika erreichen.

Auch der zweitplatzierte Film schrieb ein leicht enttäuschendes, wenn auch dennoch positives Startergebnis. Fifty Shades of Grey – Gefährliche Liebe nahm $46,6 Mio von 3710 Lichtspielhäusern ein. Davon entfielen $21,5 Mio auf seinen Starttag am Freitag, an dem er noch den Spitzenplatz belegte. Diese Verteilung zeigt, wie frontlastig der Film ist. Das merkt man auch am Preview-Anteil am Starttag. Etwa $5,7 Mio spielte der Film in den Previews am Donnerstagabend ein, was knapp 27% seines Starttags ausmachte. Fans der Romanvorlagen stürmten bereits am ersten Tag die Kinos, sodass der Film danach stark nachgab. Pro Kino setzte der Erotikfilm $12563 um. Der Start des Films lag ganze 45% unter dem Startwochenende von Teil 1. Jener profitierte natürlich stark davon, dass der Valentinstag auf seinen ersten Samstag fiel, sodass er anstatt an seinem zweiten Tag zu sinken (wie es bei Gefährliche Liebe der Fall war) um 21% zulegte. Dennoch lässt sich der große Rückgang der Einnahmen gegenüber dem Vorgänger nicht alleine durch den Valentinstag erklären. Währen der erste Film noch viele neugierige Zuschauer in die Kinos lockte, die die Romane nicht kannten und mit dem Film auch wenig anfangen konnten, musste sich das Sequel hauptsächlich auf die große Fangemeinde der Bücher verlassen. Dadurch erklärt sich auch die deutlich bessere Zuschauerwertung für den Film, der einen "B+"-CinemaScore erhielt (äquivalent einer "2+"), während Teil 1 noch mit einer "C+" (äquivalent einer "3+") bewertet wurde. Diesmal waren es wohl überwiegend die Fans, die am Starttag in den Kinos saßen und um ihre Meinung gefragt wurden.

Trotz der besseren Wertung wird sich Fifty Shades of Grey – Gefährliche Liebe vermutlich nicht viel besser halten als der erste Shades-of-Grey-Film, der in seinen erste drei Tagen bereits mehr als die Hälfte seines Gesamteinspiels eingenommen hat. Weil der Valentinstag am Dienstag die Einnahmen kurzzeitig in die Höhe schießen lassen wird, könnte das Sequel ein solches Schicksal vermeiden, dennoch wird es sich schwer tun, $100 Mio in Nordamerika zu erreichen (Teil 1 spielte insgesamt $166,2 Mio ein). Aktuell gehe ich von $90-100 Mio aus. Da das Budget jedoch nur $55 Mio beträgt ($15 Mio mehr als bei Teil 1) und der Film außerhalb von Nordamerika schon mehr als $100 Mio eingenommen hat, kann Universal mit der Performance des Films zufrieden sein und dem Start des dritten Films entspannt entgegensehen.

Obwohl er zum Start nur Platz 3 der nordamerikanischen Wochenendcharts belegte, war John Wick: Kapitel 2 der wahre Sieger unter den drei Neustarts. Der Actioner mit Keanu Reeves überraschte mit $30,4 Mio von 3113 Kinos (im Schnitt $9777 pro Kino) und startete damit mehr als doppelt so stark wie der erste John Wick, der 2014 mit $14,4 Mio aus den Startlöchern kam. John Wick: Kapitel 2 hat jetzt schon knapp 70% von dessen Gesamteinspiel ($43 Mio) eingesammelt und wird ihn spätestens kommenden Freitag, nach nur acht Tagen, ganz hinter sich lassen. Es ist heutzutage mittlerweile eher ungewöhnlich geworden, dass Fortsetzungen bedeutend besser abschneiden als ihre Vorgänger und dass ein Sequel das Startergebnis des Originals mehr als verdoppelt, ist ein äußerst seltenes Phänomen, das zuletzt bei Pitch Perfect 2 zu beobachten war. Nicht einmal den erfolgreichen Sequels aus dem Marvel Cinematic Universe ist dies bislang gelungen. John Wick war ein solider Erfolg in den Kinos, doch wie auch schon Pitch Perfect, entwickelte sich der Actionstreifen erst im Heimkino zum Riesenbestseller und einem absoluten Publikumsliebling. Als John Wick fand Keanu Reeves nach Ted und Neo eine neue Rolle mit Kultstatus. Für den Schauspieler ist es das fünftbeste Startwochenende seiner Karriere. Bislang zeigte sich der Film nicht frontlastiger als Teil 1 und die Mundpropaganda scheint diesmal noch positiver zu sein, da der Streifen mit einem "A-"-CinemaScore bewertet wurde, während der erste Film eine "B"-Wertung (äquivalent einer "2") erhielt. Anfang März wird John Wick: Kapitel 2 auf sehr direkte Konkurrenz seitens der brutalen Comicverfilmung Logan stoßen, doch bis dahin sollte sich der Actionfilm gut halten und insgesamt $75-90 Mio in den USA und in Kanada erreichen. Der Film kostete lediglich $40 Mio (immerhin das Doppelte des Originals), sodass Kapitel 3 nichts im Wege stehen sollte.

Auf Seite 2 geht es um die älteren Filme in den Charts, darunter M. Night Shyamalans Überraschungshit Split, die Oscarfilme La La Land, Hidden Figures und Lion sowie den Mega-Blockbuster Rogue One: A Star Wars Story.

Filmfutter auf der Berlinale 2017 – Teil 2

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Berlinale 2017 Tag 2

Nach gerade einmal drei Stunden Schlaf ging es am zweiten Tag der 67. Berlinale auf zum Potsdamer Platz und pünktlich um 8:30 Uhr zum Presse-Ticket-Schalter, wo eine Karte für den Wettbewerbsfilm The Dinner auf mich wartete (mehr dazu im nächsten Teil) und anschließend mit großem Kaffee in die Panorama-Ecke im Sony Center. Ein Festivaltag begann, der spaßig anfangen und deprimierend enden sollte, jedoch nicht auf Grund filmischer Qualitäten.

Teil 2

Tiger Girl | Panorama Special

Berlinale 2017 Tag 2 Tiger Girl2013 feierte ein deutscher Film auf dem Filmfest München seine Premiere, der sich selbst als FOGMA-Film bezeichnete. Ein "Fuck Dogma"(?), sozusagen eine Antithese zum Dogma 95, ein Regelbuch gegen konventionelle Regeln. Das Ziel ist es, kreativ frei- und aufdrehen zu können. Love Steaks bildete, den Kritiken nach erfolgreich, den ersten FOGMA-Film, Tiger Girl ist der zweite und pflichtet dem subversiven Konzept mit geballten Fäusten bei. Vanilla (Maria-Victoria Dragus), als sie noch nicht unter diesem Spitznamen unterwegs ist, lässt sich nach gescheitertem Polizei-Eignungstest zur Security-Fachkraft ausbilden. Sie ist zielstrebig, höflich und recht verkrampft. Auf der anderen Seite des Geschehens wütet die anarchische Assi-Braut Tiger (Ella Rumpf) durch Berlin. Bisher verbinden die beiden nur ein paar seltsame Wegkreuzungen, doch als Vanilla übermäßig offensiv von Jung-Polizist Theo (Enno Trebs) angegraben wird, sitzt plötzlich Tiger im Taxi, das die beiden mitnehmen soll.

Theo wird links liegen gelassen und ehe sich Vanilla versieht, muss Tiger sie schon wieder retten. Diesmal müssen gleich drei Typen ordentlich einstecken. Mit dem ersten wuchtigen Schlag auf die Nase und dem ersten Baseballschläger, der jemandem durch das Gesicht gezogen wird, ist Tiger Girl endgültig entfesselt und wirbelt in seiner sympathisch assigen Attitüde über die Leinwand, das stetig enger zusammenwachsende Duo als emanzipatorische Zugkraft. Bei ihrem Job lässt Vanilla eine zusätzliche Security-Uniform mitgehen und begibt sich zusammen mit Tiger auf Streife. Passanten werden verarscht, Fahrräder für den Eigengebrauch konfisziert und Einkäufer bei Verdacht auf Diebstahl bis auf ihr Adamskostüm untersucht. Montagen in prolliger Musikvideoästhetik und Zeitlupen beschreiben das Hochgefühl: Die Farben sind knallig, die Action wuchtig und die Musik eine euphorisierende Dröhnung – der Absturz ist vorprogrammiert.

In der sich zusammenbrauenden Abwärtsspirale sorgen nicht nur Berliner Kulisse und Nebendarsteller Franz Rogowski für Victoria-Vibes. Die Stimmung kippt urplötzlich, aus Spaß wird bitterer Ernst, die Gewalt eskaliert und Vanillas antiautoritäre Haltung wirkt sich negativ auf ihre Ausbildung aus. Aus "Assi befreit Klemmi" wird gefährliche Überkompensation. Und bevor das dramatische Finale zu ernsthaft wird, fährt Tiger Girl Sekunden vor Schluss ein letztes Mal den Mittelfinger aus.

3,5/5 Sterne

Golden Exits | Forum

Berlinale 2017 Tag 2 Golden ExitsAlles beginnt so friedlich. Die ersten körnig lichtüberfluteten Bilder, anfänglich untermalt von einer New York Groove singenden Emily Browning (Legend), baden in einer wohligen Sommerabend-Atmosphäre. Dort begibt sich die Australierin Naomi (Browning) ins heimische Büro von Adam Horovitz (Gefühlt Mitte Zwanzig), den sie für einige Zeit als Assistentin unterstützen soll. Spannung zwischen älterem Mann und junger Frau und fein pointierte Dialoge im unaufgeregten Treiben lassen Alex Ross Perrys melancholisches Stimmungswerk vorerst wie seine Version eines Woody-Allen-Films wirken. Erinnert man sich jedoch an seinen letzten Film und ebenfalls Berlinale-Beitrag Queen of Earth und spürt die Phantomschmerzen in der Magengrube, ist absehbar, in welch depressive Tiefen sich Golden Exits herabsenken wird.

Jedes Close-Up drückt eine große Zerbrechlichkeit aus. Man wartet nur darauf, dass sich eine Träne aus den Augen der Charaktere löst oder sich zumindest andeutet. Doch Golden Exits' Welt ist eine tieftraurige ohne Tränen. Obwohl Chloë Sevignys (Love & Friendship) Alyssa die einzige Psychologin im Film ist, werden in den therapeutischen Dialogen alle mal zum offenen Ohr für die Probleme der ganz gewöhnlichen Menschen um sie herum. Die Art Mensch, über die, wie sich eine Figur beiläufig beschwert, nie Filme gemacht werden. Die Art Mensch aus der Mittelschicht, dessen Leben aus einer großen Mittelmäßigkeit besteht, aus der eine große Leere resultiert. Alex Ross Perry nimmt ein Gefühl und formt es zu einem Film. In 94 Minuten beobachtet er diese Menschen auf ihrer von Unzufriedenheit getriebenen Wanderung, ihrer Suche nach irgendetwas, das diese Leere füllen vermag. Niemand kann artikulieren, was es ist, und das macht es umso deprimierender.

3,5/5 Sterne

Zusatz: The Human Surge | Woche der Kritik

The Human Surge (2017) FilmbildAuf Grund der Koordinierung der Vorführungen blieb am zweiten Tag auf der Berlinale keine Zeit mehr für weitere Filme, dafür sei ein Highlight vom vorigen Tag erwähnt, das etwas abseits zu finden war. Die jährlich parallel zur Berlinale veranstaltete Woche der Kritik eröffnete am Donnerstagabend Eduardo Williams' The Human Surge. Wenn die Kamera einem jungen Mann kommentarlos durch eine zerfallene Gegend folgt, das Wasser bis zu den Knien, ist nicht nur schwer zu differenzieren, ob Regisseur Eduardo Williams einen dokumentarischen oder fiktionalen Film gedreht hat. Das zu klären würde nicht viel ändern, aber die Frage darüber hinaus beantworten, ob es sich bei dem Gezeigten um einen dystopischen Zukunftsentwurf handelt oder die Abbildung einer gegenwärtigen Dystopie.

In drei Akten fängt The Human Surge verschiedene perspektivlose soziale Ruinen ein, erzählt von ungebändigter Natur wie von menschlicher Entfremdung. Jeder Akt bewegt sich ein Stück weiter weg von Technologien und beschreibt eine Rückkehr zur Natur. Visuell genau gegenteilig eingefangen, beginnen die dreckig-ästhetischen Bilder im körnigen 16mm-Look und enden in digitaler Reinheit. Verbunden sind die drei Teile durch zwei beeindruckende Übergänge durch Computer-Bildschirme und Ameisenhaufen. Letzterer leitet in eine Panorama-Aufnahme einer Berglandschaft über, die aussieht, als wäre die gesamte Erde mit riesigen Ameisenhaufen überdeckt. Mit diesem Bild fasst Eduardo Williams das große Leitthema seines Films, der Überbevölkerung, am eindrucksvollsten zusammen.

4/5 Sterne

Hier geht es zu den bisherigen Berichten:

Filmfutter auf der Berlinale 2017 – Teil 1

Filmfutter auf der Berlinale 2017 – Teil 1

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Berlinale 2017 Tag 1

Neben der Grippe zieht auch die Berlinale im kalten Hauptstadt-Februar wieder durch Berlin und versammelt internationale Filme sowie Publikum in den Kinosälen. Vom 9.-19. Februar steppt nicht nur der Bär sondern auch Regie-Veteran Paul Verhoeven (RoboCop) als Kopf der diesjährigen Jury samt Gefolge (darunter auch Maggie Gyllenhaal und Diego Luna) von Film zu Film. Zahlreiche Stars und noch viel mehr nicht berühmte Leute tummeln sich am Potsdamer Platz und ausgeweitetem Radius und mittendrin: Ich. Gewappnet mit Festival-Badge, Notizblock und Before-Sunrise-DVD (man könnte ja Ethan Hawke über den Weg laufen) werde ich die nächsten Tage mehr Zeit vor der Leinwand verbringen als im Bett und mehr schreiben als schlafen. Mit diesen Worten herzlich Willkommen zu meinem Festival-Tagebuch zur 67. Berlinale.

Teil 1

Casting | Forum

Berlinale 2017 CastingZum 75. Geburtstag von Rainer Werner Fassbinder will die deutsche Filmlandschaft Originalität: Ein Remake von Fassbinders Die bitteren Tränen der Petra von Kant. Wenige Tage vor Drehbeginn ist Regisseurin Vera (Judith Engel) immer noch dabei, die komplexe Rolle der Petra von Kant zu besetzten. Der Sender und seine ausführende Hand Manfred (Stephan Grossmann) sitzen ihr bereits im Nacken, die Teamkollegen zweifeln bereits und der Proben-Anspielpartner springt plötzlich ab, als gerade die nächste Darstellerin zum Casting ankommt. So chaotisch, wie die Situation ist, stürzt sich auch die dokumentarische Kamera in das die Tour de Force, die Film über Film macht. Von plakativen Rollenzuweisungen, nach denen Manfred den Kommerzzwang der Industrie und Vera den Freigeist der Kunst repräsentieren, arbeitet sich Regisseur und Drehbuchautor Nicolas Wackerbarth in seinem fein konstruierten Meta-Werk durch die Facetten des so komplexen und disparaten Vorganges des Filmemachens und schafft letztendlich auch, das Werk Fassbinders durch sein ganz eigenes Kunststück zu beschreiben.

Für die nacheinander eintreffenden Schauspielerinnen springt Gerwin (Andreas Lust) als Anspielpartner in der Rolle des Karl ein und findet sich mit jeder Minute selbstbewusster in seine Rolle ein. Im Zuge der Proben erkundet Casting mit jeder Anmerkung der Regisseurin, jedem neuen Ansatz der Schauspielerinnen und jedem Eingriff des Senders die Philosophien der verschiedenen Parteien und Personen, spielt sie gegeneinander aus und entwickelt sich damit letztendlich zu einem unglaublich rasanten Diskurs über die Kunstform Film. Am Rande wird das System der deutschen Filmindustrie und ihren kreativen Zwangsjacken beleuchtet, in garstigen Fassbinder-Dialogen durch Figuren-Konstellationen gesaust und am Ende gar die Grenze zwischen Realität und Fiktion bis zur Unkenntlichkeit verwischt. In der besten Szene des Films spielen (oder eben nicht) sich zwei Darsteller so in Rage, dass sie selbst nicht mehr zu wissen scheinen, was Realität und was Schauspiel ist – es ist auf jeden Fall zum Niederknien.

3,5/5 Sterne 

Barrage | Forum

Berlinale 2017 BarrageDie meisten Filme auf dieser Welt kann man dafür kritisieren, zu wenig Isabelle Huppert (Elle) zu haben. Denn wo die einzigartige und wahrscheinlich beste Schauspielerin der Welt nicht mitwirkt, fehlt sie auch. Und obwohl Laura Schroeders Barrage (franz. Sperre) die Französin sowohl im Cast als auch zu wenig von ihr hat, ist sie in fast jeder Szene zu spüren. Würde man es nicht besser wissen, könnte man denken, Madame Huppert spiele hier an der Seite von sich selbst zu Zeiten von Madame Bovary und gewissermaßen ist dem auch so. Protagonistin Catherine wird durch ihre Tochter Lolita Chammah (Leb wohl, meine Königin!) verkörpert, die ihrer Mutter so ähnlich sieht, dass sie schon in Totalen kaum zu unterscheiden sind und sich Dialoge zwischen den beiden wie visualisierte Selbstgespräche anfühlen. Das spielt dem Film nur in die Karten, der die beiden Frauen auf eine steinige Vergangenheitserkundung sendet, als Catherine nach Jahren plötzlich bei ihrer Mutter Elisabeth auftaucht, die Catherines Kind Alba (Themis Pauwels) jahrelang allein großziehen musste. Sie wolle nun Zeit mit ihrer Tochter verbringen.

Der Annäherungsversuch stellt sich als noch schwieriger als vermutet heraus. Bei der ersten Mutter-Tochter-Wiederbegegnung scheint Alba fast schon ängstlich vor Catherine zurückzuweichen. Die strenge Elisabeth hat ihre Enkelin stark unter Kontrolle und fordert von ihr für das Tennis-Training militante Disziplin – eiserne Richtlinien, die Catherine aus ihrer Jugend nur allzu gut kennt. Unter Widerwillen entbehrt sie die Kleine doch für ein paar Stunden Zeit mit ihrer wiedergekehrten Mutter. In Barrages 4:3-Bildern lässt Laura Schroeder ihre Figuren oft allein und verloren wirken, separiert sie von ihren Mitmenschen und lässt stille Blickwechsel von untergrabenen Problemen erzählen. Jede Stille in ihrem Film markiert und fasst aber auch immer einen kleinen Schritt vorwärts in der rissigen Mutter-Kind-Beziehung an, bis diese Stille von Musik gefüllt wird. Gerade in dieser Phase des allmählichen Heilens schafft Schroeder jedoch nicht, die Kraft zu entfalten, nach der die Szenen verlangen. Wo ihre bedächtige Inszenierung zu Beginn noch eine emotionale Unklarheit und Verschlossenheit unterstreicht, dämmt sie die aufkommenden Emotionen zunehmend ein. So bleibt auch die Beziehung zwischen Catherine und ihrer Mutter bis auf eine Szene, in der Elisabeth durch eine Art Tanz der Vergangenheit wandert, recht blass.

2,5/5 Sterne

Dayveon | Forum

Berlinale 2017 DayveonSehr oft erzählen Filme von Leuten aus einer sozialen und ethnischen Unterschicht, einer schlechten Gegend, die von Gangs, Drogen und Gewalt unsicher gemacht wird, entweder Geschichten einer hoffnungslosen Abwärtsspirale, perspektivloser Tristesse, Tod und Knast oder in glorifizierter Form vom Gangster-Leben, es-raus-schaffen durch die harten Methoden, die das harte Leben bietet. Mit Dayveon vereint Amman Abbasi diese Komponenten zu einem ambivalenten Bild. Der titelgebende Dayveon (Devin Blackmon) ist voller Frust und Wut, nachdem sein großer Bruder erschossen wurde. Er lebt nicht mehr bei seinen Eltern, sondern seiner Schwester Kim (Dontrell Bright) und dessen Freund, die versuchen, im dauerbrodelnden Wespennest anständig über die Runden zu kommen. Doch Dayveon beginnt, auf die Falsche Bahn zu kommen, besitzt eine Waffe und wurde gerade mit brutalem Prügel-Ritual als ein Mitglied der Bloods-Gang aufgenommen.

Ein fehlgeschlagener Raub, an dem Dayveon beteiligt ist, würde in konventionellen Filmen dieser Art wahrscheinlich den dritten Akt in ein Extrem lenken, Abbasi liefert statt anschließender Konsequenz und Überblendung zu den Credits jedoch erfrischende und ehrliche Szenen, in denen ein paar der Gang-Mitglieder über ihre Probleme reden, über die Stromrechnung, das Essen für die Kinder. Wo einer Figur ein Hoffnungsschimmer spendiert wird, bleibt dieser bei anderen aus. Trauer, Frust, Aggressionen und Tragik liegen direkt neben Hoffnung und Schönheit, die Kameramann Dustin Lane in einer sonnendurchfluteten 4:3-Optik auf die Leinwand bannt und dabei nicht selten an Andrea Arnolds American Honey erinnert.

3,5/5 Sterne

Adieu, der nächste Tag wird lang, vielleicht noch länger, aber sicherlich mit viel weniger Schlaf durchzuhalten sein. Aber wer brauch schon Schlaf, wenn man auch im Kino träumen kann?

Django (2017) Kritik

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Django (2017) Filmkritik

Django, FR 2017 • 117 Min • Regie: Etienne Comar • Drehbuch: Etienne Comar, Alexis Salatko • Mit: Reda Kateb, Cécile de France, Beata Palya, Bim Bam Merstein, Gabriel Mirété, Vincent Frade, Ulrich Brandhoff • Kinostart: 27.07.2017 • Deutsche Website

Django (2017) Filmbild 1 Die 67. Berlinale eröffnend, erzählt Regisseur Etienne Comar in seinem Debütfilm die Geschichte von Jazzpionier Django Reinhardt, oder zumindest den geschichtlich wichtigsten Teil davon. Im besetzten Frankreich von 1943 spendet der Mann mit dem Schnauzer und der deformierten Hand mit seinem „Zigeuner-Swing“ Licht in dieser dunklen Zeit. Wenn Django Reinhardt die ersten Töne spielt scheint für kleine Momente Frieden einzukehren. Diese Ruhen im Sturm unterstreicht die zurückgenommene Inszenierung der Musikeinlagen, die Songs eigentlich immer durchspielen lässt und jeden Saitenzupfer auskostet.

Django (2017) Filmbild 2 Um der aufstrebenden „Negermusik“ aus den USA entgegenzuwirken, möchten die Deutschen Django auf eine Deutschlandtournee schicken. Das alles natürlich unter absurden Auflagen, deren Drastik in einer späteren Szene des Films geradezu satirische Maße annimmt. Welche Gefahr eine solche Tournee darüber hinaus birgt, ist nur grob abschätzbar. Um Django herum spitzt sich die Situation schnell zu. Menschen werden entführt und ermordet. Auch Django, der bisher größtenteils unberührt blieb und sich sicher fühlte, wird zunehmend involviert. Die Ermordung eines blinden Gitarristen, der ihn in seiner Jugend inspirierte, fordert erstmals nicht nur einen persönlichen Verlust, sondern beschreibt zudem auch den ersten (indirekten) Angriff auf seine Kunst. Die Pariserin Louise de Klerk (Cécile de France) will ihm helfen, in die Schweiz zu fliehen und bringt ihn Nahe der Grenze unter. Unter den anderen Flüchtlingen dort wird er als Held angesehen. „Ich bin nur ein Zigeuner wie ihr. Ich mache nur Musik“, erwidert er, als ihm das einer sagt. Die Rolle des Friedenskämpfers scheint ihm ebenso wenig zuzusagen wie die der Propaganda-Marionette. Von beiden Seiten fühlt er sich instrumentalisiert. Leider ist auch der Film mehr an der politischen Idee des Django interessiert, als an dem Menschen dahinter.

Django (2017) Filmbild 3Szenen, die die Person Django Reinhardt zeichnen verlaufen schnell im Sande und auch solche, die anderweitig die Menschen hinter dem Wikipedia-Eintrag erkunden, finden sich lediglich in Nuancen und werden vom Thron überschattet, der dem gebürtigen Belgier gebaut werden soll. Durch eben Szenen, wie man sie in einem solchen Biopic erwartet. Als Django doch noch von den Nazis gefunden wird und auf einem Fest auftreten soll, widersetzt er sich den strengen Vorgaben des uniformierten Bösen, nach denen er nicht einmal zum Rhythmus mit dem Fuß wippen darf, bringt die Feine Gesellschaft mit seinen Solos zum Durchdrehen und zerstört damit die Ordnung der Nazis in einem Mikrokosmos, womit er sich letztendlich doch entschließt, als Kämpfer zu agieren. Der Krieg habe also doch auch ihn verändert, bemerkt Louise später, denn er zwingt die Menschen, Position zu beziehen.

Fazit

Wenn der Film nach der Kapitulation der deutschen Wehrmacht und dem damit eintretenden Ende des Krieges in Europa im Mai 1945 zu einem von Django Reinhardt dirigierten Musikstück in den Frieden und Abspann einleitet, hat man nicht das Gefühl, ein besonders bedeutsames Stück Geschichte gesehen zu haben. Noch wenig aber hat man ein ansatzweise komplexes Gefühl dafür bekommen, was für ein Mensch Django Reinhardt überhaupt war.

John Wick: Kapitel 2 (2017) Kritik

John Wick Kapitel 2 (2017) Filmkritik

John Wick: Chapter 2, USA 2017 • 122 Min • Regie: Chad Stahelski • Mit: Keanu Reeves, Riccardo Scamarcio, Common, Ruby Rose, Ian McShane, Lance Reddick, Laurence Fishburne • FSK: ab 18 Jahren • Kinostart: 16.02.2017 • Deutsche Website

Handlung

Profikiller John Wick (Keanu Reeves) tut es sich schwer mit dem Ruhestand. Erst musste er 77 Leute töten, um den ermordeten Hund seiner verstorbenen Ehefrau zu rächen. Als er dann einige Dutzende Leichen später auch noch seinen gestohlenen 69er Ford Mustang (in einem reichlich ramponierten Zustand) zurückholen kann, wähnt er sich endlich im Frieden und kehrt samt neuem Hund nach Hause zurück, wo er sein Mordwerkzeug wieder im Keller einzementiert. Doch die Ruhe währt nicht lange. Johns Rachefeldzug bringt seinen alten Bekannten Santino D’Antonio (Riccardo Scamarcio) auf den Plan und schon steht dieser vor Johns Tür und verlangt die Einhaltung eines Blutschwurs, den John ihm einst im Gegenzug für seine Hilfe bei einem unmöglichen Auftrag gab. John soll nach Italien reisen und Gianna (Claudia Gerini), die Schwester des Gangsters, beseitigen, damit dieser an ihrer Stelle in den hohen Rat der weltweiten Mafia aufsteigen kann. Als er sich weigert, in sein altes Leben zurückzukehren, greift Santino zu rabiateren Argumenten und jagt Johns Haus in die Luft. Um mit der Vergangenheit endgültig abzuschließen, begibt sich John Wick für diesen letzten Auftrag nach Rom. Nach einem Verrat wird jedoch ein riesiges Kopfgeld auf ihn ausgesetzt und er wird nicht nur zur Zielscheibe von Giannas treuem Bodyguard Cassian (Common) und Santinos Schergen, sondern auch von allen Profikillern der Welt. Doch wer John Wick in die Ecke drängt, wird dafür teuer bezahlen…

Kritik

John Wick Kapitel 2 (2017) Filmbild 1Als John Wick 2014 in die Kinos kam, waren die Erwartungen an einen neuen Actionfilm mit Keanu Reeves eher gemäßigt. Die Geschichte um einen tödlichen Profi, der aus dem Ruhestand zurückkehrt und sich auf einen Rachefeldzug begibt, klang zu vertraut, um sich besonders große Hoffnungen auf ein außergewöhnliches Filmerlebnis zu machen. Reeves hat sich in den Jahren nach seiner Matrix-Zeit auch nicht gerade mit Ruhm bekleckert. Zum Glück war den ehemaligen Stuntleuten Chad Stahelski und David Leitch bei ihrem Regiedebüt durchaus bewusst, dass sie mit ihrer Geschichte auf ausgetretenen Pfaden wandeln würden, sodass sie alle ihre Bemühungen stattdessen darauf fokussierten, ein atemloses Actionfeuerwerk ins Leben zu rufen und Keanu Reeves eine neue ikonische Rolle auf den Leib zu schreiben. Mission: erfüllt. Als John Wick stieg Reeves gleich neben Tom Cruises Vincent (Collateral) und Jean Renos Léon (Léon – Der Profi) unter die ganz großen Auftragskiller der Filmgeschichte auf. Mit einer auf das nötigste Minimum reduzierten Handlung (Gangster töten seinen Hund und stehlen sein Auto, John tötet alle und jeden, die dafür verantwortlich oder dumm genug sind, sich ihm in den Weg zu stellen), war John Wick ein Destillat der reinen Action-Essenz, das auf jegliche Prätentionen oder einen größeren Überbau verzichtete und dafür die furiosesten Actionszenen der letzten Jahre neben The Raid enthielt. Aufgepeppt wurde der Film zudem durch die Erschaffung einer beinahe mythisch wirkenden kriminellen Unterwelt, in der mit Goldtalern bezahlt wird, spezielle Hotels für Kriminelle existieren und bestimmte Regeln gelten, die man auf keinen, keinen Fall brechen darf.

John Wick Kapitel 2 (2017) Filmbild 2Die Parallelen zu The Raid gehen weiter, denn auch John Wick erhält nun ein Sequel, bei dem das Motto "Mehr ist mehr" gilt. Es gibt mehr Action, mehr Blut, mehr Leichen, mehr exzentrische Nebencharaktere, mehr Rituale und eine längere Laufzeit. Viele Action-Sequels scheiterten in Vergangenheit eben an diesen Ambitionen, dem Vorgänger unbedingt noch einen draufsetzen zu wollen, doch wie schon bei The Raid 2 funktioniert dieser Ansatz bei John Wick: Kapitel 2 nahezu problemlos. Trotz seiner zweistündigen Laufzeit bleibt das Tempo stets hoch und wenn wir nicht gerade John Wick dabei zusehen, wie er mehr Kopfschüsse austeilt als bei "Call of Duty" (wobei seine Gegner immer brav auf seinen geschützten Oberkörper schießen), lernen wir die fremde und faszinierende Welt von Kriminellen und Assassinen noch näher kennen. Um den Film genießen zu können, setzt er jedoch voraus, dass man sich auf seine eigene Realität, die mit unserer in etwa so viel zu tun hat wie Matrix, einlässt, und akzeptiert, dass Straßenmusiker auch mal eine Knarre in ihren Geigen verstecken, dass jeder Obdachlose in New York augenscheinlich ein Profikiller ist oder zumindest für sie arbeitet, und dass man in der New Yorker U-Bahn mitten in einer Menschenmenge Schüsse (mit Schalldämpfer) auf einander abfeuern kann, ohne dass es den Passanten auffällt. Nimmt man das letztlich hin, wird man mit einem Actionspektakel belohnt, das mit dem ersten Film nicht nur mithalten kann, sondern diesen zuweilen auch übertrifft.

John Wick Kapitel 2 (2017) Filmbild 3Tatsächlich gehört jeder nennenswerte Charakter in diesem Film entweder der kriminellen Unterwelt an oder weiß von ihr Bescheid. An gewöhnlichen Menschen hat John Wick: Kapitel 2 kein Interesse. Dafür erwarten uns noch mehr geheimnisvolle, illustre Nebenfiguren, die häufig im Kontrast zum stoisch determinierten Protagonisten stehen. Als pflichtbewusster Bodyguard mit einem nachvollziehbaren Motiv ist Common ein würdiger Gegenspieler für John Wick und die beiden haben im Film gleich zwei brutale Kampfszenen, die die Herzen von Actionfans höher schlagen lassen sollten. Das australische Model Ruby Rose macht als stumme Killerin eine deutlich bessere Figur als in ihren Actionrollen in xXx: Die Rückkehr des Xander Cage oder dem neuen Resident Evil. Sehr willkommen ist die Rückkehr von Ian McShane als Hotelbetreiber Winston, eine Schlüsselfigur in der kriminellen Unterwelt, sowie Lance Reddick als sein mysteriöser Concierge Charon. Und wenn dann der Manager des italienischen Ablegers des Continental-Hotels in Erscheinung tritt, wird der Auftritt vielen Filmfans mit Sicherheit ein breites Grinsen auf die Gesichter zaubern. Die uninteressanteste Figur bleibt tatsächlich Scamarcios Schurke, doch er ist schließlich nur ein Mittel zum Zweck, um John Wicks tödliches Potenzial zu entfesseln.

Spätestens mit dem Auftritt von Laurence Fishburne als König der Bettler wird klar, dass hier eine Parallelwelt erschaffen wurde. Fishburne ist charismatisch und strahlt in jeder seiner Szenen Macht und Autorität aus. Es ist ein Charakter, der uns im unvermeidlichen dritten Film mit Sicherheit wieder begegnen wird, und das ist auch gut so.

John Wick: Kapitel 2 hat einen der beiden Co-Regisseure des Originals (David Leitch) verloren, doch sein Partner Chad Stahelski meistert die Herausforderung auch alleine mit Bravour. Der Look des Films ist noch einprägsamer. Der Däne Dan Laustsen, der u. a. für die eindringlichen Aufnahmen von Guillermo del Toros Crimson Peak verantwortlich war, taucht die Bilder in indigofarbene Töne. Ob in den Katakomben von Rom oder beim wilden Showdown in einem Spiegelkabinett (Die Lady aus Shanghai lässt grüßen!), viele Szenen im Sequel wirken beinahe surreal und traumartig.

John Wick Kapitel 2 (2017) Filmbild 4Der Mann, der alles zusammenhält, ist natürlich der offensichtlich vor Jahren in den Jungbrunnen gefallene Keanu Reeves und der Streifen setzt ihn noch besser in Szene als der Vorgängerfilm. Sein John Wick ist nicht mehr einfach nur ein Killer. Er ist ein Engel des Todes, ein Künstler in seinem Metier. Seine Kunst ist die des Tötens, seine Werkzeuge sind Schusswaffen, Messer, Autos, sein Körper und, in einer großartigen Szene, auch ein Bleistift. Ja, ein gottverdammter Bleistift! In diesem Film gehen mehr Tote auf sein Konto als Jason Voorhees im gesamten Freitag-der-13.-Franchise für sich beanspruchen kann und wenn uns das offene Ende eins verspricht, dann dass er gerade erst warm gelaufen ist. Wenn Kapitel 3 das Potenzial erfüllt, das das Finale des zweiten Films in Aussicht stellt, dann steht uns der Höhepunkt der John-Wick-Saga noch bevor.

Fazit

John Wick: Kapitel 2 spinnt die Geschichte um den unaufhaltsamen Profikiller und die beinahe mythische Unterwelt, die er bewohnt, konsequent weiter. Dabei stellt der Film seine eigenen Regeln auf, verzichtet endgültig auf jeglichen Anschein, in der realen Welt zu spielen, und setzt stattdessen auf ein virtuos choreographiertes, zuweilen beinahe surreal in Szene gesetztes Action-Ballet, bei dem Keanu Reeves als Stehaufmännchen Bergen von Leichen zurücklässt und seine beste Leistung seit dem ersten Matrix-Film abliefert. Actionfans werden diesen Film abgöttisch lieben.

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Fifty Shades of Grey – Gefährliche Liebe (2017) Kritik

Fifty Shades of Grey Gefährliche Liebe (2017) Filmkritik

Fifty Shades Darker, USA 2017 • 115 Min • Regie: James Foley • Mit: Dakota Johnson, Jamie Dornan, Eric Johnson, Kim Basinger, Bella Heathcote, Marcia Gay Harden, Rita Ora • FSK: ab 16 Jahren • Kinostart: 9.02.2017 • Deutsche Website

Handlung

"Keine Regeln, keine Bestrafungen, keine Geheimnisse." Unter diesen neuen Bedingungen gibt die junge, aber nicht mehr ganz so unschuldige Anastasia Steele (Dakota Johnson) dem attraktiven Milliardär Christian Grey (Jamie Dornan) eine zweite Chance. Anstelle des berüchtigten roten Zimmers der Schmerzen gibt es erst einmal Blümchensex, auch wenn diese Ansage natürlich nicht lange anhält. Doch während er ihre Beine mit einem dafür vorgesehenen Utensil öffnet, öffnet sich Christian selbst emotional immer mehr gegenüber Anastasia und aus einer Abmachung wird allmählich eine richtige Beziehung. Doch dem Glück der Verliebten werden zahlreiche Steine in den Weg gelegt. Während Christian von seiner Vergangenheit in Form einer psychisch labilen Ex-Sub Leila (Bella Heathcote) und der reifen Verführerin Elena (Kim Basinger) heimgesucht wird, muss Ana auf der Arbeit die dreisten Avancen ihres schmierigen Chefs Jack (Eric Johnson) abwehren. Außerdem wird sie weiterhin von Zweifeln geplagt, ob sie Christian wirklich das geben kann, was er braucht. Können sich echte Gefühle gegen die Dämonen einer traumatisierten Seele durchsetzen?

Kritik

Fifty Shades of Grey Gefährliche Liebe (2017) Filmbild 1Fifty Shades of Grey – Gefährliche Liebe ist ein Film, der sein Zielpublikum gut kennt. Das sollte er auch, denn nachdem sich Romanautorin E.L. James während des Drehs zum ersten Film mit Regisseurin Sam Taylor-Johnson und Drehbuchschreiberin Kelly Marcel zerstritten hat, weil sie versuchten, aus ihrer dürftigen Vorlage mehr herauszuholen, war diesmal James’ Ehemann Niall Leonard dafür verantwortlich, die nicht ganz Nobelpreis-verdächtige Prose zu einem Skript umzuarbeiten. Bei seinem ersten Film seit zehn Jahren stellte Regisseur James Foley (Verführung einer Fremden) sein routiniertes Handwerk ausschließlich in die Dienste der Vorlage, ohne auch nur den Hauch einer Bemühung, eine Vision umzusetzen oder dem Film seinen eigenen Stempel aufzudrücken. Dass die kreative Kontrolle beim Sequel noch mehr in den Händen von James lag, ist vermutlich ein Segen für die zahlreichen Fans der Romane, raubt dem Film jedoch auch den letzten Reiz gegenüber allen Außenstehenden. Jegliche Bemühungen, die der Vorgängerfilm unternommen hat, um aus Johnsons Anastasia eine dreidimensionale, selbstbestimmte und zunehmend couragierte Figur zu formen, die im Laufe der Geschichte zu sich selbst findet, werden hier zugunsten einer romantischen Wunscherfüllung fallen gelassen. Wen interessiert schon ein starker Charakter, wenn man romantische Segeltörns, leidenschaftliche Liebesbekundungen, große Maskenbälle und sexy Spielereien in einem Aufzug haben kann?

Fifty Shades of Grey Gefährliche Liebe (2017) Filmbild 2Der Sex bleibt natürlich für viele die Hauptattraktion und nimmt im zweiten Film an Häufigkeit, wenn auch nicht an Intensität gegenüber dem Vorgänger deutlich zu. Auch wenn es wieder einmal hauptsächlich Johnson ist, die ihren nackten Tatsachen in die Kamera halten muss, widmet sich immerhin eine ausgedehnte Workout-Szene, die in ihrer Schamlosigkeit als Fan Service kaum zu übertreffen ist, Jamie Dornans wohlgeformtem Adonis-Körper. Wer sich aber in diesen Film ins Kino verirrt hat, wird sich darüber nicht beschweren. Jedoch wirken die Sexszenen im Film viel zu durchkalkuliert und funktional, um prickelnde Erotik versprühen. Jeglicher Anschein der Spontaneität geht verloren, wenn man das Gefühl hat, dass Sexszenen in einer gewissen Frequenz kommen müssen, um die Fans bei Laune zu halten. Man merkt die sichtlichen Bemühungen, den Zuschauern den Eindruck zu vermitteln, Voyeure bei etwas Verbotenem zu sein, ohne sich zugleich zu weit aus dem Mainstream-Fenster zu lehnen. Es gibt ein wenig Fesselspielchen hier, einige Klapse auf den Po da, Lustkugeln kommen zum Einsatz und Nippelklemmen werden vorgeführt (allerdings nur an einem Zeigefinger!), doch dafür, dass die "Shades of Grey"-Reihe SM-Praktiken salonfähig gemacht haben soll, wirkt der Film wie der zahmste Sofcore-Porno aller Zeiten. "Du hast mir wehgetan und das törnte dich an!" wirft Anastasia Christian in einer Szene empört vor. Moment, ist das nicht genau die Definition von Sadomaso-Sex?! Mit seiner erschreckend simplen Küchenpsychologie, die postuliert, dass Christians Lustgewinn darin besteht, Frauen zu bestrafen, die seiner an einer Drogenüberdosis verstorbenen Mutter ähnlich aussehen, tut der Film den echten Liebhabern der SM-Praktiken wirklich keinen Gefallen, indem er diese als Menschen mit einem Knacks in der Psyche darstellt, der hier durch Anastasia langsam geheilt wird. Fesseln, Peitschen und Knebeln sind ja schön und gut, doch man braucht sie alle nicht mehr, wenn man die wahre Liebe gefunden hat. Und der Traummann ist natürlich umso traumhafter, wenn er, nach eigener Aussage im Film, alle 15 Minuten $24.000 verdient.

Es hilft auch nicht, dass obwohl das Schicksal die beiden Figuren füreinander vorbestimmt haben soll, die Hauptdarsteller weiterhin daran scheitern, spürbare Chemie miteinander zu entwickeln. Die Ursprünge als Twilight-Fanfiction sind im neuen Film deutlicher denn je und wie schon bei Robert Pattinson und Kristen Stewart sollte man nicht den schauspielerischen Fähigkeiten der Darsteller einen Vorwurf machen, sondern dem Ausgangsmaterial, mit dem die sie arbeiten müssen. Wer A Bigger Splash mit Johnson oder die britische Thrillerserie "The Fall" mit Dornan gesehen hat, weiß, dass die beiden deutlich mehr draufhaben, als der neue Film vermuten lässt. Es ist schwer, überzeugend in einer Rolle zu wirken, wenn man an eigenen Dialogzeilen zu zweifeln scheint, während man sie von sich gibt.

Fifty Shades of Grey Gefährliche Liebe (2017) Filmbild 3Doch während man sich über die fragwürdigen Botschaften des Films streiten oder die trashigen Dialoge und bemühte Erotik belächeln kann, ist das größte Vergehen des Films, dass er schlicht langweilig ist. Die zweistündige Laufzeit fühlt sich doppelt so lang an, alle Konflikte und Probleme, die die Protagonisten bewältigen müssen, bleiben belanglos. Der Plot wirkt episodenhaft und man kann sich des Gefühls nicht erwehren, dass alle Plot-Entwicklungen lediglich dazu dienen, um die Zeit zwischen den durchgetakteten Sexszenen zu füllen. Nimmt man diese heraus, bleibt neben einer handwerklich soliden Inszenierung (großes Lob an die Kamera und die Kostüme) nur ein blasses, dröges Romantik-Drama von der Stange. Die Neuzugänge Bella Heathcote als verschmähte Ex-Loverin und insbesondere 9½ Wochen-Veteranin Kim Basinger als Christians "Mrs. Robinson" haben Potenzial, werden aber vom Drehbuch sträflich unterfordert und auf oberflächliche Gastauftritte reduziert, die genau so konsequenzlos bleiben wie der beliebig wirkende Hubschrauberabsturz, der mit dem gleichen Ausmaß an Spannung gehandhabt wird wie ein platter Fahrradreifen. Eric Johnsons lüsterner Lektor, der klischeehafte Inbegriff eines sexuell übergriffigen Chefs, schneidet kaum besser ab. Seinen Höhepunkt erreicht Fifty Shades of Grey – Gefährliche Liebe mit der im Marketing sehr präsenten Maskenball-Szene, aber auch nur, weil diese Stanley Kubricks Eyes Wide Shut in Erinnerung ruft und auf diese Weise daran erinnert, dass es auch gute Erotikdramen gibt. Dieser Film ist keins.

Fazit

Trashige Dialoge, wenig harmonierende Darsteller, fragwürdige Aussagen und Erotikszenen, die höchstens bei den prüdesten Zuschauern als halbwegs skandalös durchgehen sollten, machen aus Fifty Shades of Grey – Gefährliche Liebe ein auf Hochglanz poliertes, jedoch sehr langweiliges Softcore-Filmchen, das trotz höherer Produktionswerte nie über das Niveau einer Seifenoper-Folge hinausgeht. Davon abgesehen, bekommt man als Fan vermutlich genau das geboten, wofür man bezahlt hat.

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Box-Office Deutschland: Rogue One wieder oben, Vaiana legt kräftig zu, Assassin’s Creed startet gut

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Assassins Creed Box-Office Deutschland

Links: Assassin’s Creed © 2016 20th Century Fox
Mitte: Rogue One: A Star Wars Story © 2016 Walt Disney Pictures
Rechts: Vaiana © 2016 Walt Disney Pictures

Quelle: Insidekino

Auch am letzten Wochenende von 2016 war der Samstag durch die frühe Schließung der Kinos (wegen Silvester) beeinträchtigt, doch Weihnachtsferien und die Urlaubszeit für viele Arbeitnehmer hat dieses Defizit mehr als wettgemacht und das Kinogeschäft boomte am Donnerstag, Freitag und Sonntag, sodass jeder einzelne Film in der Top 10 teilweise sehr kräftig gegenüber dem vorigen Wochenende zulegen konnte. Insgesamt steigerte sich die Gesamtbesucherzahl der Top-10-Filme um satte 53% gegenüber der Vorwoche und erreichte etwa 1,75 Mio.

Obwohl Rogue One: A Star Wars Story mit einem Plus von nur 2% den niedrigsten Zuwachs unter allen Filmen der Top 10 verbuchte, blieb der Blockbuster dennoch auch in der dritten Woche an der Spitze der deutschen Kinocharts und erreichte weitere 460,000 Kinogänger, was seine vorläufige Gesamtbesucherzahl auf 2,905,000 brachte. Damit zog Rogue One knapp an Ice Age – Kollision voraus! vorbei und belegte den sechsten Platz unter den besucherstärksten Filmen 2016. Bereits dieses Wochenende wird Rogue One die Top 5 knacken und steuert weiterhin zielsicher auf Platz 1 der erfolgreichsten Filme des vergangenen Jahres zu. Nach Umsatz ist es bereits so weit, denn mit knapp €33 Mio in 18 Tagen hat Rogue One schon mehr eingespielt als jeder andere Film 2016. Es sieht weiterhin so aus, als würde das Star-Wars-Spin-Off auf lange Sicht als einziger Film von 2016 auch die 4-Mio-Marke in Deutschland überschreiten, doch es wird vermutlich eine knappere Angelegenheit als anfangs vermutet. Letztendlich wird Rogue One wohl weniger als die Hälfte der Zuschauer von Das Erwachen der Macht in Deutschland in die Kinos locken. Insgesamt war 2016 ein sehr schwaches Jahr für die deutschen Kinobetreiber. Seit 1989 gab es kein einziges Jahr, in dem lediglich ein Film mehr als 4 Mio Besucher in Deutschland erreichte und damals kam Rain Man immerhin auf stolze 6 Mio Kinotickets. Das ist ein ziemliches Armutszeugnis für 2016.

Auch Platz 2 der Charts ging am Wochenende an einen Disney-Film. Vaiana war der eigentliche Gewinner vom Wochenende, denn der Animationsstreifen legte um tolle 75% gegenüber seinem recht verhaltenen Start in der Vorwoche zu und begeisterte weitere 280,000 Zuschauer, sodass der Film insgesamt etwa 798,000 gelöste Tickets nach 11 Tagen im Verleih zählt. Kommendes Wochenende wird Vaiana als 30. Film von 2016 die Millionenmarke in Deutschland erreichen und sollte dank positiver Mundpropaganda noch eine ganze Weile in den Charts bleiben. Der Feiertag am Freitag (immerhin in 31% von Deutschland) und die noch anhaltenden Weihnachtsferien werden das Geschäft weiterhin in die Höhe treiben. Zwar bekommt Vaiana im Januar mit Ballerina und Ritter Rost 2 – Das Schrottkomplott animierte Konkurrenz, doch wirklich ernst wird es erst mit The LEGO Batman Movie im Februar. Deshalb traue ich Vaiana auch ein Gesamtergebnis bis zu 2 Mio Besuchern in Deutschland zu. Das ist zwar immer noch deutlich hinter Die Eiskönigin oder Rapunzel, jedoch besser als das, was das schwache Startwochenende befürchten ließ.

Trotz ihrer FSK16-Altersfreigabe schaffte die Videospielverfilmung Assassin’s Creed einen wirklich überzeugenden Start auf Rang 3 und lockte am regulären Wochenende (Donnerstag bis Sonntag) 234,000 Zuschauer in die deutschen Kinos. In insgesamt 487 Spielstätten ergab das einen Schnitt von 481 Besuchern pro Kinos. Offiziell startete Assassin’s Creed jedoch schon vergangenen Dienstag (mit Previews am Montag), sodass er inklusive dieses Vorstarts stolze 467,000 Besucher bis Sonntag erreichte. Wäre der Film ganz regulär am Donnerstag gestartet, hätte er mit Sicherheit Platz 2 der Kinocharts belegt. Die hiesige Performance des Films steht im Kontrast zum schwachen Abschneiden von Assassin’s Creed in den nordamerikanischen Kinocharts. Ähnlich verhielt es sich im Sommer bereits bei Warcraft: The Beginning, der in den USA gnadenlos floppte, hierzulande aber mit 441,000 Zuschauern gestartet ist. Allerdings hatte Warcraft eine mildere Altersfreigabe ab 12 Jahren und lief in 120 Kinos mehr an als Assassin’s Creed, was den Start des letzteren umso bemerkenswerter macht. Warcraft: The Beginning beendete seine Laufzeit mit knapp 1,24 Mio Besuchern in Deutschland, profitierte aber auch vom komplett leeren Markt während der Europameisterschaft. Assassin’s Creed wird mehr Konkurrenz haben, sollte aber auch frontlastig sein, sodass er bestenfalls nur knapp über die Millionenmarke hinausgehen wird.

Auf Seite 2 verraten wir Euch, wie sich Wolfgang Petersens Ensemble-Krimikomödie Vier gegen die Bank sowie die Dauerbrenner Phantastische Tierwesen und wo sie zu finden sind und Willkommen bei den Hartmanns am Wochenende schlugen.

Housebound (2014) Kritik

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Housebound (2014) Filmkritik

Housbound, NZ 2014 • 110 Min • Regie: Gerad Johnstone • Mit: Morgana O’Reilly, Rima Te Wiata, Glen-Paul Waru, Cameron Rhodes • FSK: ab 16 Jahren • Verleih: Ascot Elite Home Entertainment • Heimkino-Start: 24.03.2015 • Internationale Webseite

Housebound – endlich wird dieses neuseeländische Kleinod vom Fantasy Filmfest 2014 nun von uns rezensiert. Neuseeland? Horror? Komödie? Da war doch was mit Vampiren von den Inseln unweit von Down Under. Richtig geraten: Die vampirische Mockumentary What We Do In The Shadows (der deutsche Titel 5 Zimmer Küche Sarg geht immer noch auf Keinsten klar)  war eine der Lachgaranten. Knackig. Ohne nennenswerte Längen. Schräg und sympathisch. Der andere Landesvertreter war Housebound. Ein bisschen Haunted House, ein bisschen Home Invasion (wer stört da eigentlich genau wen?), etwas Thriller, ein bisschen Spuk und Grusel plus eine Ladung physischer und verbaler Kick-Ass-Attitüde. Wo hakt es? Bei der Spiellänge von 110 Minuten. Die sind für diesen Film leider zu lang und bremsen an einigen Stellen das lustige Filmchen zu sehr ab.

Housebound (2014) Filmbild 1Die ca. 20 Jahre alte Kylie (Morgana O`Reilly) ist eine Rotzgöre mit Punkrock im Blut. Leider verläuft ihr Raubzug bei einem Geldautomaten so gar nicht Punkrock. Alles läuft schief und sie wird vom Gericht zu Hausarrest verdonnert. Daheim bei ihrer brabbelnden Mutter Miriam (Rima Te Wiata) soll sie die Strafe verbüßen. Von Kylie als Humbug abgestempelter Aberglaube der Mutter, dass das Haus verflucht sei, scheint sich als real zu entpuppen. Was läuft in dem Haus ihrer Kindheit schief? Kylie ist fest entschlossen, sich der Sache anzunehmen. Dabei bekommt sie Hilfe von dem Typen, der ihr die richterlich verordnete Fußfessel angebracht hat (Amos, gespielt von Glen-Paul Waru).

Housebound (2014) Filmbild 2In Housebound gibt es vor allen Dingen dann etwas zu lachen, wenn Regisseur Gerard Johnstone angestaubte Genre-Konventionen durch kleine, aber effektvolle Tricks entstaubt. Publikumserwartungen werden unterwandert, dann wieder auf angenehm, innovative Weise bestätigt. Man muss nicht alles ad-absurdum kehren, nur um die Lacher auf seiner Seite zu haben. Eine respektierende Verbeugung mit neuem Geschmack auf altbewährter Rezeptbasis tut genauso gut seine Wirkung. Stromausfälle gehören bei so einem Unterfangen per se dazu. Wie damit filmisch allerdings umgegangen wird, ist fast schon Sitcom-verdächtig und somit gehört die dunkle Szene Kylies dauerlabernden Mutter. Die Charaktere von Kylie und ihrer Mutter sind ohnehin Marken für sich. Kylie ist eine frische Alternative zur kreischenden, passiven Konsumentin, die sich non-stop erschrecken lässt. Sie ist grenzenlos abgefuckt. Die gute Lady haut auch drauf. Ihre Mutter scheint zwischendurch einen akuten Datenstau zu erleiden und redet ungefiltert drauf los. Zusammen ergeben die beiden ein brauchbares Buddy-Movie-Paar.

Housebound (2014) Filmbild 3Sind die Lach- und Gruselmomente gut abgestimmt, finden sich leider auch Längen bei der Ausgestaltung, der doch recht schmalen Geschichte (trotz Fußfessel würde doch jeder wegrennen, oder? Aber hey, egal!). Natürlich wollen Kylie und Amos wissen, ob der unheimliche Nachbar hinter all dem steckt. Diese Irrwege tun dem Film, der eigentlich in Richtung Horror-Partyabend-tauglich geht, nicht gut. Leider sind die Horrorelemente nicht haarig genug, um den Film in diesem Punkto das Label „Horror“ auch wirklich zuzusprechen. Der Film funktioniert viel eher als Dunkelhumor mit Slapstick (zum Glück kein alberner Klamauk) und Gruselfaktor. Trotzdem sind die mit Kylies angepisster Haltung zersetzte erste Hälfte und sich andeutenden – letztlich unbedeutenden – Nebenhandlungen irgendwann genug und man möchte, dass es endlich mal mehr und schneller etwas zu sehen gibt. Gegen Ende gelingt es dem Film dann wieder an Fahrt aufzunehmen und einen mehr als soliden Abgang hinzulegen. Etwas zu grobkörnig gemixt, aber für Sympathisanten des Fantasy Filmfests ist es en gros ein gelungener Beitrag.

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