Power Rangers, USA 2017 • 124 Min • Regie: Dean Israelite • Mit: Dacre Montgomery, RJ Cyler, Naomi Scott, Ludi Lin, Becky G, Elizabeth Banks, Bryan Cranston • FSK: ab 12 Jahren • Kinostart: 23.03.2017 • Deutsche Website
Handlung
Sportskanone Jason (Dacre Montgomery), Cheerleaderin Kimberly (Naomi Scott), autistischer Außenseiter Billy (RJ Cyler), Draufgänger Zack (Ludi Lin) und das neue Mädchen Trini (Becky G) gehen auf die gleiche Highschool im verschlafenen Nest Angel Grove, könnten aber augenscheinlich kaum unterschiedlicher sein. Sie verbindet jedoch eine gewisse Unangepasstheit an die Außenwelt und ihre Mitmenschen. Zufall (und Billys unbändige Neugier) bringt alle fünf eines Tages in einer alten Mine zusammen, in der sie etwas entdecken, das ihre Leben für immer verändern wird. Nach dem Fund von fünf seltsamen, in unterschiedlichen Farben glühenden Münzen wacht das Quintett am nächsten Tag plötzlich mit ungeahnten Superkräften auf. Auf der Suche nach einer Erklärung kehren sie zur Mine zurück, und was sie dort finden, übersteigt ihre Vorstellungskraft. In einem uralten Raumschiff klärt sie der Außerirdische Zordon (Bryan Cranston), dessen Geist innerhalb der Systeme des Raumschiffs existiert, darüber auf, dass sie fortan die Power Rangers sind, auserwählte Krieger, die die Welt vor bösen Mächten beschützen sollen. Zordon selbst war einst der Rote Ranger und Anführer eines Power-Rangers-Teams, der sein Leben opferte, um die machtbesessene Weltraumhexe Rita Repulsa (Elizabeth Banks) aufzuhalten. Nun ist aber auch sie zum neuen Leben erwacht und strebt nur ein Ziel an: Herrschaft über alles Leben. In kürzester Zeit müssen die frischgebackenen Power Rangers lernen, als Team zusammenzuarbeiten, denn nur dann können sie in ihre Kampfanzüge morphen und damit ihr ganzes Potenzial freisetzen.
Kritik
Man nehme Kampsszenen aus einer japanischen Serie, in der fünf kostümierte, etwas lächerlich aussehende Superhelden gegen Gummimonster kämpfen und inszeniere als Rahmenhandlung eine Highschool-Geschichte mit fünf Protagonisten, die die Multikulturalität der US-amerikanischen Gesellschaft widerspiegeln und die, wenn sie nicht gerade als Auserwählte einer außerirdischen Macht die Welt retten, sich mit typischen Teenager-Problemen herumschlagen. Das war das Rezept von "Power Rangers", einer TV-Serie, die 1993 an den Start ging und den meisten Endzwanzigern und Anfang-Dreißigern von heute noch als Kindheitserinnerung präsent sein sollte. Weniger bekannt ist vielleicht, dass die Produktion von diversen "Power Rangers"-Serien seitdem nie aufgehört hat und bis heute andauert, doch den Höhepunkt ihrer Popularität erreichten die bunten Weltraum-Ninjas zweifelsohne Mitte der Neunziger. Da Hollywood aktuell auf einer Nostalgie-Erfolgswelle surft und bereits die Ninja Turtles in die Kinos zurückholte, war es natürlich nur eine Frage der Zeit, bis auch die Power Rangers in neuer Aufmachung die Leinwände erobern würden. Dass die Originalserie rückblickend schon recht trashig und albern war, sollte natürlich kein Hindernis sein. Schließlich kommt dieses Jahr auch "Baywatch", die Adaption der kultigen Trashserie schlechthin, in die Kinos. Doch während man sich bei der Verfilmung von "Baywatch" wie zuvor schon bei 21 Jump Street in weiser Voraussicht für einen selbstironischen Ansatz entschieden hat, der sich zumindest beim letzteren bereits bewährte, wählten die Macher des Power-Rangers-Kinofilms eine andere Herangehensweise an die Vorlage: nüchtern, hip und bierernst. Das Ergebnis ist ein Film, der trotz oder gerade wegen seiner guten Vorsätze in einer schweren Identitätskrise steckt.
Einerseits versucht der Film mit dem Best-Of aus der Originalserie alle Zuschauer zu beschwichtigen, die mit ihr aufgewachsen sind. Das Grundmuster der Serie wird eingehalten (grundverschiedene Jugendliche wachsen als Team zusammen und kämpfen unter der Anleitung ihres weisen Mentors gegen böse Monster) und es gibt zahlreiche Verweise und Referenzen zur Vorlage. So wird beispielsweise der große Showdown im Film – in einem Fall von eklatantem Fanservice – mit dem Einspielen von "Go Go Power Rangers" eingeleitet. Doch genau so abrupt wie er erklingt, verstummt auch der Titelsong der Serie, als ob den Machern die plötzliche Rückbesinnung auf ihre ultrakitschigen Wurzeln peinlich wäre. Diese Power Rangers sollen ja eigentlich seriöser und bodenständiger sein, Identifikationsfiguren für heutige Jugendliche, die seit Jahren bereits mit Superheldenfilmen und -serien der Marken Marvel und DC sozialisiert werden. Da ist eigentlich kein Platz mehr für quietschbunte Ninja-Helden in albernen Gummianzügen, die gegen absurd aussehende Bösewichte kämpfen. Daher sind die neuen Power-Rangers-Kampfanzüge auch schnittiger, deren Farben etwas matter, das Design Iron Mans Montur nicht unähnlich und der Morphing-Effekt erinnert an Mystiques Verwandlungen aus den X-Men-Filmen. Die Handlanger von Rita Repulsa sehen ein wenig aus wie die Steinriesen aus Darren Aronofskys Noah und ihr Elitekrieger Goldar wurde zu einem gigantischen Monster aus geschmolzenem Gold überarbeitet. Doch der Film stößt in seinen Bemühungen um Ernsthaftigkeit an seine Grenzen, wenn weiterhin Ausrufe wie "It’s Morphin Time!" fallen, von Megazords und Zeo-Kristallen die Rede ist oder Elizabeth Banks als Rita Repulsa in einem Juweliergeschäft genüsslich Goldkettchen verspeist. Mit ihrem zügellos aufgedrehten, verrückt-verführerischem Auftritt scheint Banks in einem anderen Film mitzuwirken und deutlich mehr Spaß zu haben als der Rest der Besetzung. Sie weiß trifft perfekt den Ton der albernen Vorlage und erinnert einen daran, wie sträflich unterfordert sie in Hollywood häufig ist, sodass sie ausgerechnet in der Schurkenrolle in einem Power-Rangers-Film endlich wieder glänzen darf.
Die Verwirrung des Films hinsichtlich seines eigenen Tons und seines Zielpublikums beginnt bereits in einer der ersten Szenen, in der ein Jugendlicher erzählt, dass er versehentlich einem Stier einen runtergeholt hat. Es bleibt leider auch nicht der einzige Masturbationswitz des Films, in dem aber später auch das Versenden von Nacktbildern als Racheakt ausführlich thematisiert wird. Was nach der Nebenhandlung einer The-CW-Teenie-Serie klingt, soll die Figur von Kimberly (alias der Pinke Ranger) interessanter und komplexer gestalten, fällt jedoch, wie auch im Falle der anderen vier Rangers, flach. Wie vieles Andere in diesem Film, scheinen die fünf Helden von einem Komitee nach einer Checkliste zusammengestellt worden zu sein, um möglichst vielfältig, modern, multikulturell und ansprechend zu wirken. Nicht falsch verstehen, es ist wichtig und gut, wenn möglichst viele Kulturen in Filmen repräsentiert werden, doch hier hat dies den Beigeschmack eines berechnenden Kalküls, insbesondere da Zordons Roboter-Assistent Alpha 5 in einer Szene sogar explizit auf die "verschiedenfarbenen Kids" hinweist, falls dies den Zuschauern entgangen sein sollte. Die Vielfalt wird endgültig dadurch unterminiert, dass die Führung des Teams, zu dem ein Asiate, ein Afroamerikaner und zwei Frauen gehören, natürlich der blonde, blauäugige, beliebte Football-Star der Truppe übernimmt. Halbe Sachen macht der Film auch bei der Figur von Trini, dem Gelben Ranger, hier von der Sängerin Becky G als eine mexikanischstämmige Amerikanerin verkörpert. Sie ist möglicherweise lesbisch, was durchaus fortschrittlich wäre, wenn der Film diesen Aspekt nicht so vage und schnell abgehandelt hätte. Genug, um sich damit zu rühmen, aber nicht deutlich genug, um konservative Kinogänger zu verärgern.
Die fünf Hauptdarsteller sind dabei nicht unsympathisch und hätten bei einem besseren Drehbuch und mehr als schemenhafter Figurenentwicklung, ein gutes Team darstellen können, denn Anflüge von Chemie sind in ihren Interaktionen außerhalb der Trainingssequenzen zu spüren. RJ Cyler, der vorletztes Jahr im Sundance-Gewinner Ich, Earl und das Mädchen überzeugte, holt als schräger und liebenswürdiger Nerd das meiste aus seinem Charakter raus, während Dacre Montgomerys Jason, der Rote Ranger und eigentlicher Hauptcharakter des Films, kurioserweise besonders blass und ohne Ecken und Kanten bleibt.
Über weite Strecken des Films scheint dessen klares Vorbild der Found Footage-Superheldenfilm Chronicle zu sein, der bereits den Debütfilm des Regisseurs Dean Israelite, Project Almanac, maßgeblich beeinflusste. Wir folgen lange den jungen Protagonisten, erfahren mehr über ihre (leider eher uninteressanten) privaten Probleme und sehen zu, wie sie ihre Kräfte langsam entdecken und erforschen. In diesen Momenten macht der Film tatsächlich am meisten Spaß. Wer jedoch Chronicles bodenständige, unaufgeregte Art zu schätzen wusste und diese zunächst auch in Power Rangers wiederfindet, wird sich an dem holprigen Übergang zum bombastischen CGI-Spektakel im Finale des Films stören. Es ist als wäre Chronicle plötzlich mit einer großen Actionszene aus The Avengers geendet – beide an und für sich gute Filme, die jedoch einfach nicht zusammengehören. Wer jedoch in Power Rangers hauptsächlich mit der Erwartung reingeht, endlich zu sehen, wie die Actionszenen der Originalserie aussehen, wenn man ihnen ein $100-Mio-Budget spendiert, wird erst nach über eineinhalb Stunden auf seine Kosten kommen. So lange dauert es nämlich, bis die Protagonisten endlich in ihre Anzüge morphen und in die einzige Actionszene des gesamten Films ziehen. Ironischerweise ist gerade das Finale der schwächste Teil des Films. Hektisch gefilmt und schnell geschnitten, erinnert die Action an die überlangen Showdowns aus Michael Bays Transformers-Filmen und wirkt bereits nach fünf Minuten eher ermüdend, denn aufregend. Erst überstrapaziert der Film der Geduld seiner Zuschauer, weil man die Rangers endlich in ihren Anzügen und kampfbereit sehen möchte, wenn es jedoch soweit ist, sehnt man sich schnell nach den ruhigeren Momenten des Films zurück.
Mit seinem extrem langen Aufbau der Helden, die erst im Finale zu solchen werden, erinnert Power Rangers leider an das katastrophale Fantastic-Four-Reboot von 2015, wenn auch deutlich kohärenter und unterhaltsamer. Das Problem ist, dass der Film an seinen Bemühungen scheitert, allen gerecht zu werden, und letztlich wie ein überlanger, seltsam zusammengeschnittener Trailer für ein Franchise wirkt, das langfristig vor allem die Verkäufe von Power-Rangers-Merchandise wieder ankurbeln und Schleichwerbung mit der Subtilität eines Las-Vegas-Casinos unterbringen soll.
Fazit
Wohlwollend kann man sagen, dass sich die Macher von Power Rangers darum bemüht haben, sowohl den Ansprüchen der heutigen Generation von Kinogängern als auch der Nostalgie der Fans der Originalserie gerecht zu werden. Leider finden sie keinen Weg, die beiden Ambitionen nahtlos miteinander zu verknüpfen. Der Film hat immer wieder gute Momente, wirkt jedoch uneinheitlich und wie nach einer Checkliste zusammengestellt. Immerhin bereitet Elizabeth Banks’ schurkische Performance großen Spaß.
Trailer
Box-Office USA: Bombastischer Start für Die Schöne und das Biest
© Walt Disney Pictures
Quelle: Boxofficemojo
An den Kinokassen kann Disney aktuell niemand etwas vormachen und davon profitierten am Wochenende die nordamerikanischen Kinobetreiber. Dank einem überwältigenden Start der neusten Märchen-Realverfilmung des Studios legte der Gesamtumsatz der Top 12 um 67% gegenüber der Vorwoche auf $253,5 Mio zu und lag unglaubliche 115% über dem gleichen Wochenende im Vorjahr, als Zoomania zum dritten Mal in Folge die Charts anführte. Solche Zahlen sind an einem Wochenende außerhalb des Sommers oder der Feiertage im Dezember bislang unvorstellbar gewesen und nur an fünf anderen Wochenenden in der gesamten Box-Office-Geschichte hat die Top 12 noch höhere Einnahmen erzielt. Alle diese fünf Wochenenden lagen jedoch im Juni, Juli oder Dezember. Beeindruckend ist auch, dass bereits am dritten Wochenende in Folge ein Film mit mehr als $60 Mio eröffnete. Das konnte man zuletzt im Mai 2014 beobachten. Ironischerweise waren die drei Filmen damals ein X-Men-Sequel, ein Monster-Film aus dem Godzilla-Universum und eine Realverfilmung von Disney – also genau die gleiche Kombination wie diesen Monat.
Was sich bereits lange im Vorfeld abgezeichnet hat, hat sich vergangenes Wochenende nicht nur bestätigt, sondern sogar alle Erwartungen übertroffen. Disneys Die Schöne und das Biest eröffnete mit bombastischen $174,8 Mio von 4210 Kinos, mit einem Schnitt von $41508 pro Spielstätte, und schaffte so nicht nur das beste März-Startwochenende aller Zeiten (der Rekord wurde erst letztes Jahr von Batman v Superman: Dawn of Justice mit $166 Mio aufgestellt), sondern gleich den sechstbesten Start überhaupt. Nur Star Wars – Das Erwachen der Macht ($248 Mio), Jurassic World ($208,8 Mio), Marvel’s The Avengers ($207,4 Mio), Avengers: Age of Ultron ($191,3 Mio) und The First Avenger: Civil War ($179,1 Mio) kamen noch erfolgreicher aus den Startlöchern. Es fällt übrigens auf, dass damit fünf der sechs besten Startwochenenden aller Zeiten in Nordamerika Disney gehören (Jurassic World ist die einzige Ausnahme). Außerdem gelang Die Schöne und das Biest locker der beste Start eines Films, der nicht Teil eines bereits bestehenden Franchises ist (wobei man bei diesem Film durchaus von einem Remake sprechen kann). Der Rekord gehörte bis dato Die Tribute von Panem – The Hunger Games mit $152,5 Mio und wird vermutlich nicht sehr bald wieder fallen. Hauptdarstellerin Emma Watson ist dank dem Harry-Potter-Franchise an Blockbuster-Starts ihrer Filme gewohnt, dennoch hat Die Schöne und das Biest die Startwochenenden aller Filme über den Zauberlehrling mühelos übertroffen.
Obwohl die höheren Eintrittspreise für 3D-Vorstellungen sicherlich geholfen haben, waren sie nur für 26% der Einnahmen am Startwochenende verantwortlich. Die überwiegende Mehrheit der Zuschauer zog 2D-Vorführungen vor. IMAX-Leinwände steuerten $12,5 Mio zum Start des Films bei. Nachdem Logan – The Wolverine und Kong: Skull Island, die Spitzenreiter der letzten beiden Wochen, hauptsächlich männliche Zuschauer in die Kinos lockten, profitierte Die Schöne und das Biest von der Angebotslücke für Frauen. Etwa 60% der Zuschauer des Films am Startwochenende waren weiblich. Wie bei allen anderen Märchen-Realverfilmungen von Disney aus den letzten Jahren, kam auch Die Schöne und das Biest bei den Kinogängern sehr gut an und erzielte im Schnitt einen "A"-CinemaScore (äquivalent einer "1").
Doch nicht nur diese positive Resonanz ist ein Zeichen dafür, dass sich Die Schöne und das Biest nach dem monumentalen Start in den nächsten Wochen gut halten sollte. Am Wochenende zeigte der Film kaum Anzeichen für Frontlastigkeit, wie sie bei Riesenblockbustern häufig zu beobachten sind. War der Starttag des Films mit $63,8 Mio lediglich der 19.-größte Freitag aller Zeiten, gab der Film am Samstag kaum nach und erzielte mit $62,7 Mio den viertbesten Samstag aller Zeiten in Nordamerika (nur Jurassic World, Das Erwachen der Macht und The Avengers hatten einen erfolgreicheren ersten Samstag). Der Sonntag belegte mit $48,3 Mio Platz 5 unter den umsatzstärksten aller Zeiten. Für sein Zielpublikum wird Die Schöne und das Biest bis Mai nur minimale Konkurrenz haben, sodass aktuell alles auf ein Gesamteinspiel von mehr als $500 Mio hindeutet. Diese Barriere knackten bislang lediglich sieben weitere Filme, zuletzt Disneys Rogue One: A Star Wars Story. Ich erwarte ein Gesamteinspiel in Höhe von $520-550 Mio. Mit etwas Glück könnte Die Schöne und das Biest sogar auf Platz 6 der erfolgreichsten Filme aller Zeiten in den USA und in Kanada aufsteigen. Man kann sich nur ausmalen, wie gigantisch die "Realverfilmung" von Der König der Löwen werden wird…
Auch außerhalb von Nordamerika lief es für Die Schöne und das Biest blendend mit $180 Mio von 44 Ländern. In 41 davon belegte er den ersten Platz der Kinocharts. Die besten Zahlen stammen aus China mit $44,8 Mio (mehr als Maleficent insgesamt in dem Land einspielte) und aus Großbritannien ($22,8 Mio). Weltweit wird der Film langfristig weit mehr als $1 Milliarde einnehmen und sich vermutlich als einer der zehn erfolgreichsten Filme aller Zeiten positionieren.
Angesichts solch übermächtiger Konkurrenz hielt sich Kong: Skull Island an seinem zweiten Wochenende verhältnismäßig solide und fiel um 54,4% auf $27,8 Mio und Platz 2 der Wochenendcharts. Der Rückgang spricht für positive Mundpropaganda, was bei diesem Crowd Pleaser keine Überraschung ist. Zum Vergleich: Godzilla fiel vor drei Jahren an seinem zweiten Wochenende um 66,8%. Da jener Film jedoch deutlich besser gestartet ist, liegt Kong: Skull Island aktuell mit $109,1 Mio nach zehn Tagen 26% hinter ihm im selben Zeitraum, wird aber diesen Abstand in den nächsten Wochen zumindest etwas verkleinern. Sein komplettes Potenzial wird der Film jedoch vermutlich nicht entfalten können, da Power Rangers, Ghost in the Shell und Fast & Furious 8 in den kommenden Wochen ein ähnliches, Blockbuster-affines Publikum in die Kinos ziehen werden. Deshalb wird Kong seine Laufzeit in den nordamerikanischen Lichtspielhäusern mit etwa $160-170 Mio beenden und erst in der Übersee seine hohen Produktionskosten ($185 Mio ohne Marketing) wieder einspielen.
Logan – The Wolverine fiel ebenfalls um einen Platz und spielte an seinem dritten Wochenende $17,8 Mio (-53,3%) ein. Mit $184,3 Mio auf der Bank nach 17 Tagen hat Logan bereits X-Men Origins: Wolverine überholt und liegt nur noch hinter X-Men – Der letzte Widerstand ($234,4 Mio), X-Men – Zukunft ist Vergangenheit ($233,9 Mio) und X-Men 2 (214,9 Mio) aus der Hauptreihe. An die ersten beiden wird er nun doch nicht mehr herankommen, was an der heftigen Konkurrenz diesen Monat liegt, doch X-Men 2 ist definitiv in seiner Reichweite. Bereits kommendes Wochenende wird Logan als zweiter Film dieses Jahr (nach Die Schöne und das Biest) die $200-Mio-Marke knacken sowie erst als 14. R-rated-Film überhaupt. Die Kinos wird die Comicverfilmung mit etwa $220-225 Mio verlassen – genug, um sich unter die zehn erfolgreichsten Filme mit einem R-Rating zu platzieren.
Auf Seite 2 verraten wir Euch die neusten Einspielergebnisse des Horror-Phänomens Get Out und der Oscarkandidaten Hidden Figures, Lion und La La Land.
Box-Office USA: Triumph des R-Ratings dank Logan und Get Out
Links: Logan – The Wolverine © 2017 20th Century Fox
Rechts: Get Out © 2017 Universal Puctures
Quelle: Boxofficemojo
Eigentlich hat schon Deadpool vergangenes Jahr mit seinem gigantischen Startwochenende keine Zweifel daran gelassen, dass auch ein Film mit einem R-Rating (US-Altersfreigabe ab 17 Jahren) bei richtigem Stoff und guter Vermarktung großen Erfolg finden kann. Erfreulicherweise hat Logan – The Wolverine diese Annahme am Wochenende erneut bestätigt. Doch nicht nur die neue Nummer 1 der nordamerikanischen Kinocharts legte eine härtere Gangart ein, auch der zweitplatzierte Film – ein kleines Phänomen für sich – trug ein R-Rating. Gemeinsam waren die beiden für 67% der Gesamtumsätze der Top 12 verantwortlich – ein wahrer Triumph für das R-Rating, der hoffentlich weitere Studios dazu bewegen wird, mehr Mut zu zeigen. Bei Fox dürfte man jetzt vollstes Vertrauen in "erwachsene" Filme haben und das Studio macht jetzt dem bisherigen R-Rating-König Warner Bros. (dem bis 2016 die drei besten R-rated-Starts aller Zeiten gehörten) mächtige Konkurrenz. Der starke Start von Logan und der wahnsinnig gute Rückgang des Vorwochensiegers Get Out führten dazu, dass die Gesamteinnahmen der Top 12 um 56% auf $173,2 Mio zulegten. Verglichen mit dem gleichen Wochenende im Vorjahr, als Zoomania auf Platz 1 eröffnete, ging es um 18% hinauf.
Nach seinem großartigen Starttag von $33 Mio zeigte Logan – The Wolverine überraschend gutes Stehvermögen über das gesamte Wochenende hinweg und kam auf $88,4 Mio bis Sonntag. In 4071 Kinos (ein neuer Rekord für einen R-rated-Film) erzielte Logan einen Schnitt von $21717 pro Spielstätte. Trotz eines etwas schwächeren Starttags gelang es dem Film, das Startwochenende von X-Men Origins: Wolverine ($85,1 Mio) deutlich toppen. Aus der Hauptreihe starteten lediglich X-Men – Der letzte Widerstand ($102,8 Mio) und X-Men – Zukunft ist Vergangenheit ($90,8 Mio) deutlich besser. Unter Filmen mit einem R-Rating liegt Logan auf Platz 4 der besten Startwochenenden aller Zeiten in Nordamerika. Lediglich Deadpool ($132,4 Mio), Matrix Reloaded ($91,8 Mio) und American Sniper ($89,3 Mio) liefen mit der Freigabe besser an. Es ist außerdem das viertbeste März-Startwochenende aller Zeiten. Bemerkenswert ist auch, dass der Film diese beeindruckenden Zahlen ohne einen 3D-Zuschlag geschafft hat. Etwa $10,1 Mio des Wochenendeinspiels kamen von 381 IMAX-Kinos.
Deadpool hatte den Neuheits-Bonus auf seiner Seite, während die Zuschauer Hugh Jackman schon etliche Male als Wolverine auf der Leinwand gesehen haben und sich nicht gerade vor Begeisterung bei seinen bisherigen Solo-Filmen überschlugen. Wolverine – Weg des Kriegers eröffnete vor vier Jahren mit nur $53,1 Mio, dem bislang schwächsten Start eines Films aus dem X-Men-Universum. Wie gelang es Logan also, noch einmal großes Interesse unter den Kinogängern zu wecken? Es lag vermutlich hauptsächlich an zwei Faktoren. Das Marketing hat unmissverständlich klargemacht, dass es Hugh Jackmans allerletzter Auftritt als Wolverine werden würde und man darf nicht vergessen, dass eine ganze Generation mit ihm in der Rolle aufgewachsen ist. Höchstens Robert Downey Jr. wird mit seiner Superheldenrolle so sehr assoziiert wie Jackman mit Wolverine. Es war nicht einfach nur "ein weiterer Wolverine", es war der letzte und diesen Abschied wollten viele nicht verpassen. Der zweite Aspekt ist die sehr starke Marketingkampagne selbst, die spätestens ab dem genialen ersten Trailer mit Johnny Cashs "Hurt" einen Film versprochen hat, wie man ihn in diesem X-Men-Universum noch nicht gesehen hat: beinhart, rau und sehr emotional. Fox hat riskiert und gewonnen.
Wie weit es Logan nach diesem Startwochenende bringen wird, wird wohl davon abhängen, wie erfolgreich seine Konkurrenz diesen Monat werden wird. Etwa 63% der Zuschauer am Startwochenende waren Männer und 83% waren zwischen dem Alter von 18 und 44. Kong: Skull Island, Power Rangers und Ghost in the Shell richten sich diesen Monat an ein ähnliches Publikum, sodass die Filme sich gegenseitig auffressen werden. Mindestens $200 Mio sind Logan sicher, insbesondere bei seinem "A-"-CinemaScore (äquivalent einer "1-"), der ihm von den Zuschauern vergeben wurde. Ich gehe von einem Endergebnis im Bereich von $220-230 Mio aus und es besteht tatsächlich eine Chance, dass Logan zum erfolgreichen X-Men-Film (von Deadpool abgesehen) werden könnte. Dazu muss er $234,4 Mio von Der letzte Widerstand toppen.
Auch international ging es für Logan blendend los. Außerhalb von Nordamerika spielte der Film am Wochenende $159 Mio ein, davon $46,3 Mio in China und $11,4 Mio in Großbritannien. Nur zwei X-Men-Filme (außer Deadpool) spielten weltweit mehr als $500 Mio ein (X-Men: Apocalypse und X-Men – Zukunft ist Vergangenheit). Logan wird diesen Meilenstein spielend erreichen.
Doch Logan war nicht einmal die größte Erfolgsgeschichte an den US-Kinocharts am Wochenende. Dieser Titel geht an den zweitplatzierten Film Get Out. Die Horrorsatire, die in der Vorwoche überraschend stark an der Chartspitze angelaufen war, hielt sich mit einem mickrigen Rückgang von nur 15,4% phänomenal und spielte weitere $28,2 Mio von Freitag bis Sonntag ein. Nach nur zehn Tagen steht das $4,5 Mio teure Regiedebüt des Comedians Jordan Peele bei $78,1 Mio. Damit liegt der Film bereits 1% vor M. Night Shyamalans Split im selben Zeitraum, obwohl Split ein um 20% besseres Startwochenende hatte. Die Mundpropaganda von Get Out ist herausragend. Aus dem Genre erhielten in den letzten Jahren nur noch die beiden Conjuring-Filme ebenfalls einen "A-"-CinemaScore wie Get Out. Gerade wegen seines überraschenden Erfolgs, seiner überwältigend guten Kritiken und seiner den Zeitgeist treffenden Themen ist Get Out in Nordamerika aktuell in aller Munde und dieser Umstand wird auch in den nächsten Wochen den Erfolg des Films fördern. Man kann es kaum glauben, aber Get Out wird tatsächlich sogar das nordamerikanische Einspiel des Horror-Überfliegers Conjuring ($137,4 Mio) übertreffen und höchstwahrscheinlich zum erfolgreichsten Horrorfilm seit The Sixth Sense ($293,5 Mio) vor 18 Jahren werden. Aktuell traue ich ihm etwa $175-185 Mio in den USA und in Kanada zu, doch sogar $200 Mio sind im Spiel, was den Film zu einem der größten Überraschungshits des Jahrzehnts machen würde.
Das christliche Drama Die Hütte – Ein Wochenende mit Gott startete mit $16,2 Mio von 2888 Lichtspielhäusern (im Schnitt $5600 pro Kino) auf Rang 3. Da der Film dem Studio Lionsgate nur $20 Mio kostete (ohne Marketing) kann es mit dem Start zufrieden sein. Die Reaktionen der Kinogänger sind sehr positiv (was bei solchen Filmen durch natürliche Vorselektion allerdings so gut wie immer der Fall ist). Mit einem "A"-CinemaScore (äquivalent einer "1") als Zuschauer-Wertung im Rücken sollte sich Die Hütte gegen die effektreichen Blockbuster diesen Monat gut behaupten und insgesamt $55-65 Mio in Nordamerika einspielen.
Auf Seite 2 verraten wir Euch, wie sich John Wick: Kapitel 2 und The LEGO Batman Movie schlagen und wie sehr Moonlight und La La Land von ihren Oscarauszeichnungen profitieren konnten.
Box-Office USA: Riesenstart für die Horrorkomödie Get Out
© 2017 Universal Pictures
Quelle: Boxofficemojo
Nach dem langen und durch den Presidents' Day am Montag gepolsterten Feiertags-Wochenende fielen am vergangenen Oscars-Wochenende die meisten Filme um mehr als 40%. Ausnahmen bildeten lediglich die Anwärter auf die goldenen Statuen, die sich dank den Kinogängern, die vor der Verleihung am Sonntagabend die größten Kandidaten nachholen wollten, durchweg gut hielten. Dass der Gesamtumsatz der Top 12 dennoch nur um rund 18% auf $111,1 Mio sank, war der neuen Nummer 1 der nordamerikanischen Kinocharts zu verdanken, die über den meisten Erwartungen eröffnete. Der Film sorgte auch dafür, dass letztes Wochenende 15% über dem entsprechenden Wochenende aus dem Vorjahr lag, an dem Deadpool zum dritten Mal in Folge die Spitze belegte.
2017 scheint ein außerordentlich gutes Jahr für Genrefilme zu werden. Nachdem schon M. Night Shyamalans Split im Januar mit $40 Mio zum Start die Chartspitze erklommen hat und dort sagenhafte drei Wochen verbrachte, gelang jetzt der Horrorkomödie Get Out trotz des restriktiven R-Ratings ein fantastischer Start über den Erwartungen. Das nur $4,5 Mio teure Regiedebüt des erfolgreichen Comedians Jordan Peele sammelte von Freitag bis Sonntag $33,4 Mio von nur 2781 Kinos ein und erreichte einen Schnitt von $12002 pro Kino. Was diesen Start noch beeindruckender macht als den von Split, ist nicht nur die höhere Altersfreigabe, sondern auch das Fehlen jeglicher der breiten Masse bekannter Hauptdarsteller (Allison Williams ist durch ihre HBO-Serie "Girls" bestenfalls einem Nischenpublikum bekannt). Außerdem ist das Subgenre von Horrorkomödien berüchtigt dafür, kein großes Publikum im Kino zu finden. Was war also bei Get Out anders? Neben einer sehr effektiven Marketingkampagne von Universal, die die Neugier der Zuschauer darauf weckte, was sich hinter den durchgeknallten Trailern zum Film verbirgt, traf die Thematik der Rassenspannungen und ethnischen Beziehungen den aktuellen Nerv der Zeit. Als Get Out dann auch noch zum Start für einen Horrorfilm nahezu ungeahnt positive Kritiken erhielt (nur eine von 150 Rezensionen auf RottenTomatoes ist negativ ausgefallen!), wurde er zum Must-See-Filmereignis am Wochenende. Es ist schön, wieder einmal ein Beispiel dafür zu sehen, dass Qualität auch belohnt wird.
Doch das sollte erst der Anfang der Erfolgsgeschichte von Get Out sein. Durch den erfolgreichen Start und die überschwänglichen Rezensionen erhält der Film aktuell ein sehr großes Medienecho, durch das ihm eine noch größere Aufmerksamkeit zuteil wird. Am Wochenende zeigte der Streifen keinerlei Anzeichen einer Frontlastigkeit und hielt sich am Sonntag sogar besser als jeder andere Film in den Charts. Sehr selten ist auch der "A-"-CinemaScore (äquivalent einer "1-"), den die Zuschauer dem Film im Schnitt vergaben. Solche hohen Wertungen gibt es für die wenigsten Horrorfilme. Die beiden Conjuring-Teile waren die einzigen Genrevertreter in den letzten Jahren, die ebenfalls so gut bewertet worden sind. Das spricht für eine lange Lebzeit in den Kinos, insbesondere als Kontrast zu den großen Action-Spektakeln im März wie Logan, Kong: Skull Island und Power Rangers. Ein Gesamteinspiel von mehr als $100 Mio ist so gut wie garantiert. Get Out sollte mindestens $110-125 Mio in den USA und in Kanada einspielen, könnte jedoch sogar Split (aktuell bei $130,8 Mio) toppen.
The LEGO Batman Movie fiel nach zwei Wochen von der Chartspitze auf Rang 2 und spielte dabei weitere $19,2 Mio ein (-41,2%). Nach 17 Tagen steht der Animationsfilm von Warner Bros. bei $133,2 Mio und damit 27% hinter dem Einspiel von The LEGO Movie im selben Zeitraum. Doch man kann sich über die Einnahmen angesichts des $80-Mio-Budgets nicht beklagen. Vor dem Start von The Boss Baby Ende März erwartet The LEGO Movie keine neue animierte Konkurrenz, sodass er sich diesen Monat neben den großen, effektreichen Blockbustern gut behaupten sollte. Insgesamt wird The LEGO Batman Movie rund $175-185 Mio in Nordamerika einspielen, was eine Fortsetzung definitiv rechtfertigen sollte.
John Wick: Kapitel 2 hielt sich mit einem Rückgang von 42,3% auf $9,4 Mio an seinem dritten Wochenende überraschend gut und kletterte um einen Platz auf #3 der US-Charts. Mit $74,8 Mio in der Tasche hat das Action-Sequel das Gesamteinspiel seines Vorgängers ($43 Mio) bereits fast verdoppelt und belegt den 10. Platz unter den umsatzstärksten Filmen mit Keanu Reeves in Nordamerika. Mit seiner positiven Mundpropaganda hätte er unter gewöhnlichen Umständen noch gute Chancen auf $100 Mio, doch die sehr direkte R-rated-Konkurrenz von Logan – The Wolverine wird ihm vermutlich einen Strich durch die Rechnung machen, sodass sich der Film mit etwa $92 Mio begnügen sollte. Spätestens Kapitel 3 wird die magische Grenze vermutlich knacken.
Das von China co-produzierte Fantasyabenteuer The Great Wall mit Matt Damon fiel an seinem zweiten Wochenende um einen Platz und 50,6% auf Rang 4 und $9,1 Mio von Freitag bis Sonntag. Nach zehn Tagen im Verleih zählt der Film $34,8 Mio und wird seine Laufzeit angesichts der gewaltigen Blockbuster-Konkurrenz im März mit maximal $50 Mio beenden. Unter gewöhnlichen Umständen würde das den $150 Mio teuren Film zu einem Riesenflop machen, doch sein Einspiel stammt hauptsächlich aus der Übersee, wo The Great Wall bislang satte $266 Mio eingenommen hat. Es ist zwar kein weltweiter Riesenhit für Damon, wird aber am Ende vermutlich auch kein großes Verlustgeschäft sein.
Die Erotik-Romanze Fifty Shades of Grey – Gefährliche Liebe stürzte an ihrem dritten Wochenende um heftige 61,6% auf $7,8 Mio und fiel dabei um drei Plätze auf den fünften Platz der US-Wochenendcharts. Dabei überschritt das Sequel jedoch nach 17 Tagen die $100-Mio-Barriere und erreichte insgesamt $103,7 Mio. Zwar liegt der Film aktuell 30% hinter dem ersten Shades-of-Grey-Teil im selben Zeitraum, dennoch hat der Film bereits durch deutlich besseres Durchhaltevermögen als sein Vorgänger überrascht, der nicht einmal sein Startwochenende verdoppeln konnte. Gefährliche Liebe steuert auf etwa $115 Mio zu und wird weltweit vermutlich mehr als $400 Mio einnehmen, sodass die $55-Mio-Produktion als ein weiterer großer Hit für Universal gewertet werden kann.
Auf Seite 2 verraten wir Euch u. a., welche Box-Office-Meilensteine Oscaranwärter Hidden Figures und Arrival vergangenes Wochenende erreichten.
Filmfutter auf der Berlinale 2017 – Teil 4
Die Läden sind geschlossen, die Straßen leer – es ist Sonntag und doch tummeln sich die Leute am Potsdamer Platz in Berlin, um Filme zu schauen. Mit bereits eingeschränkten Kraftreserven und ganz viel Kaffee geht es am vierten Tag zum ersten Mal in die Sektion Retrospektive, um sich dem vollen Genuss der 35mm-Projektion hinzugeben und anschließend den Wettbewerb erkunden.
Teil 4
Mit voller Wucht stößt uns Kathryn Bigelow (Zero Dark Thirty) in eine POV-Sicht, durch die wir in den ersten Minuten von Strange Days einen adrenalingeladenen Raubzug durchleben, bis wir auf der Flucht vor der Polizei von einem Hausdach stürzen und sich Ralph Fiennes' (Grand Budapest Hotel) Lenny die Strange-Days-Version einer Virtual-Reality-Brille vom Kopf reißt. Mit dieser Bewegung koppelt er sich jedoch keinesfalls von dieser dreckigen Welt ab. "It’s not "TV only better", it’s life", sagt er später über die Ciberdiscs, mit Hilfe derer diese intensiven Erfahrungen durchlebt werden können und spielt damit nicht einfach auf das extrem realistische Gefühl einer Simulation an. Die illegal verbreiteten Discs beinhalten reale Aufnahmen. Um diese zu beschaffen, stattet Lenny Leute mit dem Aufnahme-Equipment aus und macht ihre Erfahrungen zum Geschäft. Mit dieser fiktionalen Technik beschreibt Bigelow aus dem Jahre 1995 vorausgreifend nicht nur das hochaktuelle Virtual-Reality-Thema. Was unter den Konsumenten der illegalen Wahre beliebt ist, ist von POV-Pornos über Livestreams bis hin zu Snuff-Videos (auch wenn nicht bewiesen) Teil unserer heutigen Realität. Und damit ihre dunklen Seiten, auf die sich ein dystopischer Science-Fiction-Film wie Strange Days natürlich konzentriert. Sie bilden den Kern einer auch äußerlich verrohten Welt. "I never had no dreams, 'cause my life is a nightmare."
Um dem Frust über diesen von Dreck, Gewalt und Rassismus durchzogenen Polizeistaat von Welt zu entkommen, greifen so einige zu den Ciberdiscs wie zu Drogen. Auch Lenny flieht, in seinem Falle in sonnendurchflutete Erinnerungen, wo er mit seiner mittlerweile Ex-Freundin Faith (Juliette Lewis) auf Rollerblades am Strand entlangfährt. Die Thematisierung des technologisch verschuldeten Realitätsverlusts wirkt im Gegensatz zu ihrer Form zugegebenermaßen heute schon wieder etwas verbraucht und Lennys Beziehung zu Faith als emotionaler Kern der Geschichte mit dieser Szene als Fundament zu instabil. Spannendender ist da, in was für einer Skrupellosigkeit die Menschen drumherum ihre Wut katalysieren. Der Plot begibt sich auf die Suche nach gleich zwei Killern, an dessen Spur aus aufgezeichneten Verbrechen sich Lenny und seine Freundin Lornette (Angela Bassett) entlanghangeln. Ein brutaler Vergewaltiger zentralisiert das Unheil der Ciberdiscs, der Mord an einem bedeutenden schwarzen Musiker, der sich gegen den Rassismus und die Polizeigewalt einsetzt, die politische Situation. Letzterem Kommentar spendiert das Drehbuch im etwas zu action- und twistüberladenen Finale einen pathetischen Hoffnungsschimmer zwischen Konfetti und Gewalt der Silvesternacht zur Jahrtausendwende. Im Kontext der heutigen Lage und Dokumentationen wie Der 13. und I Am Not Your Negro wirkt das traurigerweise ernüchternd.
3,5/5 Sterne
Zu Vivaldis Trio Sonata stampft er wütend durch den Schnee, der aufgebrachte Bürger Georg. Erzürnt darüber, von seinem langjährigen Job als Musikkritiker einer Wiener Zeitung gekündigt worden zu sein. Sein Chef (Jörg Hartmann) sortiert die ältere Garde aus und ersetzt Georg durch eine jüngere Journalistin (Nora von Waldstätten), die Georg nach deutlich weniger von der Materie versteht, wie er im Gespräch nach einem Konzert, dass er zum ersten Mal wieder außerberuflich besucht, entsetzt feststellen muss. Es ist die Geschichte einer in zweierlei Hinsicht bedauernswerten Person, die Josef Hader (Vor der Morgenröte) hier nicht nur verkörpert, sondern auch selbst zu Papier brachte und im Regiestuhl dirigierte. Sitzt Georg wehmütig zwischen Zukunftsangst und Selbstmitleid in der hintersten Reihe eines Konzertsaals, tut er einem schon leid. Zerkratzt er im kleinbürgerlichen Größenwahn heimlich das teure Auto seines Chefs, ist er statt dem System trotzendem Rebell, den er damit heraufbeschwören möchte, höchstens eine wilde Maus.
Etwas später wird mit Schulkamerad Erich (Georg Friedrich) eine Gruppierung der Verstoßenen gebildet, anschließend die Wilde Maus mit Drama-Spiegelung im Eigenheim und globalen Problemen in den Nachrichten kontrastiert. Josef Hader lässt den Zuschauer schon längst lachen, bis sich Georg halbnackt im Regen stehend, blamieren und seine Lächerlichkeit eingestehen muss. Durch Haders charakterbezogene Regie, die Ballast abwirft und Umstände prägnant formuliert, wird seine Hauptfigur trotz komödiantischer Konnotation nicht zur Karikatur.
3,5/Sterne

"Warum hast du ihn nie besucht?", fragt Luis (Tristan Göbel) seinen Vater Michael (Georg Friedrich) über dessen Vater aus. Wie so oft in Thomas Arslans (Gold) Helle Nächte wird eine Antwort von Schweigen übertönt. Es ist ein Schweigen, das von generationsübergreifender Entfremdung erzählt, von einer Kommunikation, die nicht nur verbal dysfunktional ist. Als Michaels Vater stirbt, begibt er sich zusammen mit seinem Sohn in die vernebelten, ungewissen Berglandschaften Norwegens und damit auf die Suche nach einem verlorenen Vater-Sohn-Verhältnis im doppelten Sinne. In langen Einstellungen folgt Arslan seinen Charakteren auf einer nachdenklichen Wanderung mit zarten Annäherungsversuchen und verirrten Blicken. Kein kathartisches Erlebnis steht am Ende dieses zurückgenommenen Road-Movies, es bleibt eine ungewisse Reise durch dichten Nebel.
Formal ist Arslans Film ein fast schon hypnotischer Aufarbeitungsprozess, inhaltlich fällt er aber schnell flach. Obwohl Helle Nächte immer wieder potente Situationen entwirft, durch die Eltern-Kind-Beziehungen universell erkundet werden könnten, wendet sich das Drehbuch oft von ihnen ab und breitet die eigene individuelle Beziehung zwischen Luis und Michael in wortkargen, atmosphärischen Bildern aus. Georg Friedrich kann seiner Figur noch eine gewisse Zerrissenheit abgewinnen, Tristan Göbel (Tschick) hingegen kann mit seiner starren Miene nicht das aufgewühlte Innenleben seines Charakters evozieren.
2,5/5 Sterne
Hier geht es zu den bisherigen Berichten:
Filmfutter auf der Berlinale 2017 – Teil 1




Für viele Zuschauer und Kritiker gilt das Zeichentrick-Musical Die Schöne und das Biest aus dem Jahr 1991 als der Höhepunkt der Disney-Renaissance, die zwei Jahre zuvor mit Arielle – Die kleine Meerjungfrau begann. Es war auch lange Zeit der einzige Animationsfilm, der von der Academy in der Königsklasse "Bester Film" nominiert wurde. Im Zuge der Welle von Realadaptionen von Disneys Zeichentrickklassikern war es also nur eine Frage der Zeit, bis das Studio auch Die Schöne und das Biest mit Schauspielern aus Fleisch und Blut auf die Leinwand bringen würde, was aber gerade angesichts der großen Beliebtheit des Originals eine Herausforderung darstellte, denn niemand möchte die Erinnerungen von Millionen an einen Film, mit dem sie aufgewachsen sind, mit einem lauen Neu-Aufguss ruinieren. Doch wenn die großen Kassenerfolge von Alice im Wunderland, Maleficent, Cinderella und
Nachdem bereits bei
Der Film hat viele magische Momente und die große Tanzszene zwischen Belle und dem Biest zu den Klängen von "Beauty and the Beast" lässt die Herzen immer noch so hoch schlagen wie vor 25 Jahren. Doch es fällt auf, dass der Film nahezu alle seine schönsten Momente der Vorlage zu verdanken hat und weniger dem Einfallsreichtum seiner Macher. Die Choreographien und die musikalischen Darbietungen sind allesamt solide, nichts fällt aus dem Rahmen, aber es ragt auch nichts besonders heraus. Handwerklich ist Die Schöne und das Biest makellos inszeniert. Kostümdesignerin Jacqueline Durran kann bereits Platz im Regal für ihren zweiten Oscar machen (den ersten gewann sie für Joe Wrights Anna Karenina) – es ist schwer vorzustellen, dass ein Film dieses Jahr ihre opulenten Kreationen toppen wird. Auch in puncto Ausstattung, Kamera und visuelle Effekte, die neben dem Biest auch Lumière, Von Unruh, Madame Pottine und den restlichen Haushalt des Biests zum Leben erwecken, bleibt der Streifen makellos. Er tut sich jedoch damit schwer, was der Originalfilm in einer deutlich kürzeren Laufzeit geschafft hat: echte Emotionen. Wie leider alle bisherigen Realadaptionen von Disney, wirkt auch diese über weite Strecken zu steril, glatt und durchkalkuliert, und Gefühle ersticken immer wieder unter dem visuellen Prunk und der Opulenz. Dass Die Schöne und das Biest dennoch ein besserer Film ist als Cinderella oder 
Wie schon bei
Von den Schwergewichten Jackson, Goodman und Reilly bis zu den heißen jungen Stars Hiddleston, Larson und Corey Hawkins ist die Besetzung des Films bemerkenswert, doch Vogt-Roberts vergisst nie, weshalb sich die meisten Zuschauer diesen Film anschauen: Riesenmonster und Riesenmonster, die gegeneinander kämpfen. Und davon gibt es hier jede Menge. Der Vorwurf, der Titelstar sei nur eine Nebenfigur, kann diesem Film – im Gegensatz zu
Dass der Film seinen Schwerpunkt auf die Monster-Action legt, soll jedoch keineswegs bedeuten, dass Kong: Skull Island hohles Effekte-Kino ist. Wie die besten Blockbuster, unterhält der Film die Zuschauer, ohne sie für dumm zu verkaufen. Wie schon in
Das hohe Budget sieht man auf der Leinwand. King Kong selbst, dessen Design sich (trotz eines gewaltigen Wachstumsschubs in den letzten 80 Jahren) nah an dem Original von 1933 orientiert, entwickelt zwar keine eigene Persönlichkeit wie in Peter Jacksons gefühlvollem Remake, ist aber eine visuelles Wunder. Das gilt auch für die anderen Wesen in dem Film, die ihn zum ersten ernstzunehmenden Anwärter für den nächsten Effekte-Oscar machen sollten. Doch nicht nur die makellosen Computereffekte laden bei Kong: Skull Island zum Staunen ein, sondern auch die atemberaubenden Aufnahmen von Zack Snyders Stamm-Kameramann Larry Fong (300, Watchmen), der sein Zeitlupen-Markenzeichen gelegentlich auch hier einfließen lässt. Die Bilder von Kong, der sich gegen die Sonne erhebt, während Helikopter auf ihn zufliegen, oder vom Absturz eines Hubschraubers aus dem Blickwinkel einer Nixon-Wackelkopf-Figur bleiben noch lange nach der Sichtung im Gedächtnis haften.
Der Fokus auf das Spektakel und die Bildgewalt bedeutet auch, dass die Charakterentwicklung weitgehend auf der Strecke bleibt bzw. in sehr erwarteten Bahnen verläuft, was jedoch nur bedingt negativ auffällt. Die Menschen spielen hier nach Kong und den anderen tierischen Bewohnern von Skull Island die zweite Geige. Es ist zwar ein wenig schade, dass man tolle, junge Darsteller wie Tom Hiddleston und Oscargewinnerin Brie Larson in den Hauptrollen hat, ohne besonders viel daraus zu machen, doch sie erfüllen ihre Funktionen – Hiddleston als fescher Adrenalinjunkie hinter der Fassade eines desillusionierten Soldaten und Larson als entschlossene, prinzipientreue Idealistin, die sogar ihren Fay-Wray-Moment mit King Kong bekommt. Bleibenderen Eindruck hinterlassen Sam Jackson als Colonel-Kurtz-Verschnitt, John C. Reilly als der Robinson Crusoe von Skull Island und Shea Whigham als Armee-Captain mit einer sehr kuriosen Sicht auf die Dinge. Derweil bleiben die meisten anderen Darsteller wie Corey Hawkins, Toby Kebbell und Jing Tian nicht mehr als Platzhalter. Das ist jedoch nur ein geringfügiges Manko im unterhaltsamsten reinen Popcornfilm seit Monaten. Kong ist wieder der König der Leinwand und eine Szene nach dem Abspann stimmt perfekt auf weitere Abenteuer aus dem MonsterVerse um ihn und Godzilla ein.

Hugh, wer? Nachdem Bryan Singers erste Wahl für die Rolle von Wolverine im ersten X-Men-Film, Russell Crowe, ablehnte und der daraufhin besetzte Dougray Scott aufgrund von Terminschwierigkeiten und einer Schulterverletzung drei Wochen nach Drehbeginn den Film verlassen musste, ging der Part an den damals praktisch unbekannten Australier Hugh Jackman. Obwohl der fast 1,9 Meter große Schauspieler dem bekanntermaßen kleinen (1,6 m in den Comics) und stämmigen Marvel-Superhelden nicht sonderlich ähnlich aussah, war die Besetzung dennoch ein Geniestreich und machte Jackmans Wolverine gewissermaßen zum Gesicht der X-Men-Reihe, in der er als einziger Darsteller in jedem der bisherigen Filme (
Bewegte sich
Doch nicht nur Jackmans Wolverine ist für das Gemetzel auf der Leinwand verantwortlich, sondern auch die große Entdeckung Dafne Keen als Laura. Vergleiche mit Chloë Moretz’ Hit-Girl werden unausweichlich sein, doch während Moretz Figur in Kick-Ass auch durch freche und unflätige Sprüche die Aufmerksamkeit auf sich zog, bleibt Keen wortkarg und es sind ihre Mimik und Körpersprache, die einen die Augen von ihr nicht abwenden lassen. Wenn sie dann doch spricht, kommen die wenigen Worte meist mit einer emotionalen Wucht, die eine Reife weit über ihrem eigentlichen Alter suggeriert. Logan mag der letzte X-Men-Film für Hugh Jackman und Patrick Stewart sein, doch das Herz des Streifens gehört der Newcomerin Keen, die ihre Mitstreiter locker in die Tasche steckt. Stewarts Performance sollte an dieser Stelle jedoch auch nicht unerwähnt bleiben, denn so gut wie in Logan, war er auch in keinem Teil der Reihe. Auch seine Zeiten als Professor X liegen längst hinter ihm, er ist nur noch der etwas senile Charles Xavier, dessen Weisheit in wenigen klaren Momenten zum Vorschein kommt und der im Film auch eine schwere Last zu tragen hat.

Mit zittrigen Händen steigt er aus seinem Auto. Narben und ein grauer Bart zieren das Gesicht. Der Geruch von Alkohol entsteigt dem verknitterten Anzug. Eine Klinge will im Kampf nicht richtig ausfahren und als Logan (Hugh Jackman) zusammengetreten am Boden liegt, legt sich der Titel über das Bild. Er scheint gebrochen, der einst so agile Wüterich mit den Klingenhänden, der seine Krallen nun voller Hass und Weltfrust in den Köpfen seiner Gegner versenkt. Der Wolverine ist nur noch eine Legende aus verklärenden Comicbüchern, an dessen Ende der Garten Eden wartet. Oder um es auf die uns bekannte Filmwelt zu übertragen: eine glorreiche Version des gealterten Mannes, den wir bei Logan vor uns sehen, aus einem Genre, in dem vermeintliche Tote nur bis nach den Credits auf ihre Wiedergeburt warten müssen. „In the real world people die.“
Logan lebt zusammen mit dem gebrechlichen Charles Xavier (Patrick Stewart) und Mutanten Caliban (Stephen Merchant) im Exil auf einem verlassenen Fabrikgelände. Die einsame Wüstenlandschaft um sie herum erzählt von einer hoffnungslosen Welt, in der seit 25 Jahren kein Mutant mehr geboren wurde und sich die aussterbende Generation auf der Flucht befindet. Die X-Men-Filme funktionierten schon immer als Außenseiter-Parabel und führen dies unter James Mangold (Wolverine: Weg des Kriegers) im Kontext einer verfeindeten Welt fort, die in ihrem beiläufigen Worldbuilding nicht selten an eine futuristischere Version des diesjährigen Oscar-Kandidaten Hell or High Water erinnert. Die Mutanten sind Geflüchtete, endgültig Verstoßenen der Gesellschaft. Unter der mit dem Dazustoßen von Jungmutantin Laura (Dafne Keen) entstehenden Familiendynamik mit Papa Logan und Opa Charles wird Logan vordergründig zu einem Superhelden-Drama, das seine Hauptfigur nicht nur gegen die Welt um sich herum, sondern vor allem gegen sich selbst antreten lässt. Eine Figur am Abgrund, die sich für das Leben entscheiden muss, auch wenn das den Tod bedeutet. „Someone will come along.“ „Someone has come along.“
Immer wieder explodiert die Ruhe in James Mangolds Superhelden-Western-Drama aber auch in brachiale Actionszenen, die abgetrennte Köpfe in riesigen Blutlachen zurücklassen. Das in den USA vergebene R-Rating wird so stark ausgereizt, dass es fast schon in komödiantische Übertreibung ausartet, verleiht der ansonsten eher schwachen Action jedoch die nötige Wucht. Die verkommt ähnlich wie unter Marvels Russo-Brüdern (







