Wegen Blackface-Kontroverse: Netflix nimmt u. a. "Little Britain" und "The Mighty Boosh" aus dem Programm

Links: David Walliams und Matt Lucas in "Little Britain" © BBC
Rechts: Noel Fielding und Julian Barratt in "The Mghty Boosh" © BBC

Quelle: Deadline

Die anhaltenden "Black Lives Matter"-Proteste haben zweifelsohne zu einer erhöhten Sensibilität gegenüber Themen wie Rassismus und Polizeigewalt geführt. Die Absetzung der am längsten ausgestrahlten Primetime US-Serie "COPS" nach 31 Jahren ist nur eins der vielen Beispiele. Auch US-Sender A&E hat seine vergleichbare Serie "Live P.D." trotz ihres Quotenerfolgs beim Sender mit sofortiger Wirkung abgesetzt. Der neue Streaming-Dienst HBO Max hat derweil den zehnfach oscarprämierten Klassiker Vom Winde verweht, in dem der US-amerikanische Süden samt Sklaverei während des Sezessionskriegs glorifiziert wird, kurzfristig aus dem Programm entfernt und angekündigt, ihn später mit einem Hinweis zur geschichtlichen Einordnung der Thematik zurückzubringen.

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Doch fragwürdige und lange Zeit akzeptierte Darstellungen betreffen nicht exklusiv US-amerikanische Produktionen. Netflix hat eine Reihe von britischen Comedy- und Sketch-Serien aus dem eigenen Angebot entfernt. Grund dafür sind Szenen in Blackface, also weiße Darsteller, die schwarze Charaktere verkörpern, eine Tradition, die ihren Ursprung in rassistischen, stereotypen Darstellungen Schwarzer im US-amerikanischen Theater des 18. und 19. Jahrhunderts haben.

Die bekannteste unter den entfernten Sendungen ist die kultige Sketch-Comedy "Little Britain", in der sich David Walliams und Matt Lucas über zahlreiche gesellschaftliche Randgruppen lustig gemacht und diese parodiert haben. In mehreren "Little Britain"-Sketchen verkörperte Walliams eine schwarze Frau namens Desiree DeVere und trug dabei Blackface. Natürlich ist Blackface auch nicht der einzige Vorwurf, der "Little Britain" seit geraumer Zeit gemacht wird. Auch Witze über Transgender-Menschen gehörten zum Repertoire von Lucas und Walliams. Lucas selbst gab vor drei Jahren in einem Interview zu, dass er einige dieser Darstellungen bereut und die Serie heutzutage anders gestalten würde als früher. Dieses Jahr bestätigte er Gespräche mit Netflix über ein mögliches Revival von "Little Britain", doch das dürfte jetzt erst einmal keine Option sein.

Auch Walliams' und Lucas' Nachfolgeserie "Come Fly With Me" wurde entfernt. Darin verkörperte Lucas in Blackface die Café-Mitarbeiterin Precious Little.

Nicht nur Netflix, sondern auch die britischen Plattformen BBC iPlayer und BritBox haben "Little Britain" und "Come Fly With Me" aus dem Programm genommen.

Netflix ging jedoch noch einen Schritt weiter und entfernte zusätzlich die Comedyserien "The Mighty Boosh" und "The League of Gentlemen" aus dem Programm. In  "The Mighty Boosh" spielten Noel Fielding und Julian Barratt zwei gescheiterte Musiker, die surreale Abenteuer erleben. In einer Folge der Serie trug Fielding als The Spirit of Jazz schwarzes Makeup, eine Dreadlocks-Perücke und einen weißen Zylinder. In "The League of Gentlemen" war der problematische Charakter der dämonische Zirkus-Betreiber Papa Lazarou, gespielt von Reece Shearsmith. Anstatt nur die betroffenen Folgen zu entfernen, nahm Netflix beide Serien komplett aus dem Programm. Ob diese pauschale Maßnahme wirklich sinnvoll ist, sei dahingestellt.

Aus dem gleichen Grund entfernte Netflix auch vier Mockumentary-Comedyserien des australischen Comedians Chris Lilley, in denen er Blackface eingesetzt hat – "Angry Boys", "Summer Heights High", "We Can Be Heroes" und "Jonah From Tonga".

BBC sieht es wiederum nicht ganz so eng. Sowohl "The League of Gentlemen" als auch "The Mighty Boosh", "Angry Boys" und "Summer Heights High" sind weiterhin in der Mediathek iPlayer-Mediathek verfügbar.

Haltet Ihr die Netflix' Reaktion für angemessen oder übertrieben?

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