Bis zu 40% aller Kinos in China könnten dauerhaft schließen

Foto: Kino in Binjiang, Hangzhou © Huandy618

Quelle: Variety

Neben Nordamerika ist China der größte Filmmarkt der Film. Bereits einige ansonsten kommerziell eher unter den Erwartungen gelaufene Hollywood-Produktionen wurden durch einen Zuschaueransturm in China gerettet, und immer mehr Filme werden auf das chinesische Publikum gemünzt oder, wie beispielsweise MEG oder The Great Wall, direkt mit China co-produziert. Doch diese Bedeutung könnte der chinesische Markt vorerst verlieren.

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Ende 2019 gab es in China rund 12400 Kinos mit insgesamt 69800 Leinwänden – deutlich mehr als in jedem anderen Land der Welt. Aktuell surren jedoch in keinem davon die Projektoren. Seit Januar sind die Kinos im Reich der Mitte aufgrund der Coronavirus-Pandemie geschlossen. Im März wurden testweise rund 500-600 Kinos wiedereröffnet, jedoch nach nur wenigen Tagen und nahezu ohne Zuschauer auf Anweisung der Regierung wieder dichtgemacht. Obwohl es laut "offiziellen" Zahlen kaum noch aktive Infektionen in China gibt, zögert das Land immer noch mit der Wiederaufnahme des regulären öffentlichen Lebens, obwohl in ganz Europa bei noch deutlich höheren Zahlen die Kinos den Betrieb wieder aufnehmen. Lediglich in Hongkong durften die Kinos bislang aufmachen.

Kinos und Filmvertrieb sind in China natürlich eine staatlich regulierte Angelegenheit und aktuell arbeitet die chinesische Regierung auch an einem Konzept für die baldige Wiedereröffnung, die mit Vorführungen von einheimischen und US-amerikanischen Blockbustern aus den letzten Jahren vorangetrieben werden soll. Doch wenn das grüne Licht endlich kommt, könnte es für sehr viele Kinos zu spät sein.

Die China Film Association und China Film Distribution Association haben eine Umfrage bei den Betreibern von 187 Kinos durchgeführt, die die rund 20 größten Kinoketten des Landes vertreten. Von den befragten Teilnehmern gaben 42% an, dass es sehr wahrscheinlich sei, dass sie demnächst dauerhaft geschlossen bleiben werden. Etwa 10% gaben an, dass ein Besitzerwechsel erfolgen, das Kino aber weiter betrieben werden würde.

Eine Schließung von 40% der Lichtspielhäuser würde einen Verlust von knapp 5000 Kinos und fast 28000 Leinwänden bedeuten. Neben massiven Arbeitsplatzverlusten würde es auch eine große Schrumpfung des Box-Office-Potenzial des Markts bedeuten.

Unrealistisch sind die Zahlen nicht. Artisan Gateway, ein Forschungsinstitut, spezialisiert auf die asiatische Kinoindustrie, berichtete bereits im April, dass mindestens 2300 Kinos in China während der ersten zwei Monate der Coronavirus-Pandemie landesweit dauerhaft schließen mussten. Das wären 20% der Gesamtkapazität der Kinos im Land.

In Deutschland könnten die Kinos mit sehr viel Glück, dank Spenden der treuen Kinogänger, Unterstützung der Länder und der baldigen Wiederaufnahme des regulären Betriebs, mit einem großen blauen Auge davonkommen. Bislang ist hieruzulande lediglich die Schließung von zwei großen Kinos als direkte Folge des Corona-Lockdowns bekanntgeworden. Sollte uns jedoch eine zweite Welle im Herbst überrollen, wenn die Kinos normalerweise ihr bestes Geschäft machen, sehe ich für die hiesige Industrie auch schwarz.

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