Die Tribute von Panem – Catching Fire (2013)

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Die Tribute von Panem - Catching Fire (2013) Filmkritik

The Hunger Games: Catching Fire, USA 2013 • 146 Min • Regie: Francis Lawrence • Mit: Jennifer Lawrence, Josh Hutcherson, Liam Hemsworth, Woody Harrelson, Elizabeth Banks, Donald Sutherland, Jena Malone, Sam Clafin, Philip Seymour Hoffman • FSK: ab 12 Jahren • Kinostart: 21.11.2013Deutsche Website

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Handlung

Katniss (Jennifer Lawerence) und Peeta (Josh Hutcherson) haben dank einem verzweifelten Trick die Hungerspiele knapp überlebt, doch ihre Zukunft bleibt weiterhin ungewiss. Katniss‘ Weigerung, nach vorgegebenen Regeln zu spielen wurde von vielen als ein Akt der Auflehnung gegen Kapitols diktatorisches Regime gesehen. Präsident Snow (Donald Sutherland) sieht in Katniss eine mögliche Symbolfigur des Aufstandes und verlangt von ihr durch Einschüchterung und Drohungen gegen ihre Liebsten, dass sie und Peeta auf der „Tour der Sieger“ durch alle 12 Distrikte das unsterblich verliebte Pärchen spielen, das sie während der Hungerspiele vorgegeben haben zu sein. Für Peeta, der die Charade mitmachen muss, Gale (Liam Hemsworth), der ebenfalls seit Jahren in Katniss verliebt ist und Katniss, deren Gefühlswelt ein absolutes Chaos ist und die noch sichtlich von den Schrecken der Hungerspiele traumatisiert ist, beginnt eine qualvolle Zeit. Auf der Tour erleben Peeta und sie hautnah die gnadenlose Unterdrückung der Distrikte durch das Kapitol. Snow ist mit der Show der beiden aber nicht zufrieden, die Gemüter der Distrikte beruhigen sich nicht. Gemeinsam mit dem neuen Spielemacher Plutarch Heavensbee (Philip Seymour Hoffman) heckt er einen perfiden Plan aus, um Katniss und andere potenzielle Gefahren ein für alle Mal zu eliminieren. Zum 75. Jubiläum der Hungerspiele werden die männlichen und weiblichen Tribute unter den bisherigen Siegern gezogen. Katniss muss wieder in die Arena und diesmal sind ihre Gegner keine unerfahrenen Kinder…

Kritik

Die Tribute von Panem - Catching Fire (2013) Filmbild 4Mit Die Tribute von Panem – The Hunger Games landete das einst auf Independent- und Horrorfilme spezialisierte Studio Lionsgate letztes Jahr seinen ersten weltweiten Riesenhit. Von einigen im Vorfeld als ein weiterer Versuch auf der Twilight-Teenie-Welle mitzuschwimmen abgeschrieben, überraschte The Hunger Games mit seiner starken Erzählung, einer interessanten Welt und einem weiblichen Hauptcharakter, der von der (in jeder Hinsicht) blassen, schmachtenden und häufig hilflosen Bella so weit entfernt war wie ein durchschnittlicher männlicher Kinogänger von einer Twilight-Filmvorstellung. Der Grund, warum der Erfolg von Die Tribute von Panem so durchschlagend war, lag darin, dass er es geschafft hat, sich nicht nur auf ein Publikum zu konzentrieren und dabei die anderen Zielgruppen zu verscheuchen. Es ist schwer abzustreiten, dass auch Panem einige der Elemente enthält, die das Twilight-Publikum ansprechend findet – nämlich ein fantastisches Setting in dem eine junge Frau hin- und hergerissen ist zwischen zwei unterschiedlichen und dennoch auf ihre Art und Weise ansprechenden männlichen Charakteren, während die stete Lebensgefahr jede Beziehung zu verdammen scheint. Diese Love Story gleitet allerdings häufig in den Hintergrund ab, während der Kampf um das Überleben, schwierige moralische Entscheidungen und der Mut, trotz aller Widrigkeiten weiterzumachen in den Mittelpunkt rücken. Die Action und die interessant gestaltete post-apokalyptische Welt lassen die männlichen Zuschauer auch die Liebesgeschichte leicht verschmerzen. Dann ist da natürlich noch Jennifer Lawrence, spätestens seit dem Erfolgsdoppel Die Tribute von Panem und Silver Linings Everybody’s Darling. Selten gibt es einen Schauspieler oder eine Schauspielerin, die in solch jungem Alter so universell geliebt wird – von den Zuschauermassen, den Kritikern und offensichtlich auch der Academy, die sie dieses Jahr mit einem Oscar ausgezeichnet hat.

Die Tribute von Panem - Catching Fire (2013) Filmbild 1Lawrence ist auch wieder die Hauptattraktion in Die Tribute von Panem – Catching Fire, einer in vielerlei Hinsicht gelungenen Fortsetzung. Die sich zunächst aufdrängende Frage, ob nach ihrem Oscar die Hauptrolle in einer „Young-Adult“-Verfilmung wie Panem nicht doch unter ihrem Niveau liegen würde, vergisst man ganz schnell, wenn Lawrence in den ersten 15 Minuten des Films wieder die Aufmerksamkeit der Zuschauer komplett für sich einnimmt und bis zum Ende nicht loslässt (insbesondere ihre letzte Szene prägt sich einem stark ein). Die Tribute von Panem mag kein Oscarstoff sein, doch das merkt man an der Performance von Lawrence nicht, die die junge Frau, an der die traumatischen Erlebnisse aus dem ersten Film nicht spurlos vorbeigegangen sind, so überzeugend und ergreifend spielt, wie man es in großen Blockbusterfilmen selten zu sehen bekommt. Ihre Darbietung hat mit einer Mischung aus Mut und Zerbrechlichkeit etwas ganz Intimes und Persönliches, was auch vor dem Hintergrund der „großen“ Geschehnisse um sie herum nicht verloren geht. Als Zuschauer bleibt man immer bei Katniss, auch wenn die Geschichte nicht wie in der Vorlage gänzlich aus ihrer Perspektive erzählt wird.

Die Tribute von Panem - Catching Fire (2013) Filmbild 3Lobend muss hier auch die Autorin Suzanne Collins erwähnt werden. Ihre Schreibweise haut vielleicht niemanden vom Hocker, doch mit Katniss hat sie eine interessante Figur erschaffen, die mal ausnahmsweise nicht die eine Auserwählte ist, die die Welt retten muss. Sie hat keine geheimnisumwobene Familiengeschichte und es gibt auch keine Prophezeiung über sie. Sie wird zum Symbol des Widerstands, doch das liegt außerhalb ihrer eigenen Macht. Sie ist einfach nur ein Mädchen, das diejenigen beschützen will, die sie liebt und dafür nach und nach Teile ihres Selbst opfern muss. Sie gerät in unmögliche Situationen, in denen sie unmögliche Entscheidungen treffen muss, doch sie kämpft nie für das „große Ganze“, sondern lediglich für das eigene Überleben und das ihrer Familie. Dass sie dabei zur Galionsfigur der Rebellion und zur heimlichen Staatsfeindin Nummer 1 wird, entzieht sich ihrem Einfluss. Gerade das spielt eine große Rolle beim Erfolg der Romane und auch der Filme – Katniss ist eine Jedefrau (ausgestattet mit exzellenten Bogenschießfähigkeiten). Die Symbiose der Romanfigur und Jennifer Lawrences Performance macht sie zu einem dreidimensionalen Filmcharakter, der vor all der Action und dem Blockbusterbombast niemals untergeht.

Die Tribute von Panem - Catching Fire (2013) Filmbild 5Der Erfolg des ersten Films ermöglichte ein deutlich höheres Budget für die Fortsetzung, das eins der wenigen Mankos von Teil1 erfolgreich beheben konnte: der Film sieht deutlich besser aus. Wirkte die Welt des Kapitols im ersten Film noch teilweise wie eine TV-Kulisse, konnte sich der Regisseur Francis Lawrence (der Gary Ross ersetzt) diesmal wirklich austoben und präsentiert eine im höchsten Maße überzeugende dystopische Welt, in der die Bilder der großen Armut in den Distrikten im starken Kontrast zum pompösen, faux-altrömischen Exzess des Kapitols stehen. Auch die Action in der Arena ist dank deutlich besserer Effekte beeindruckender geworden. Erzeugen die 75. Hungerspiele im letzten Drittel der Romanvorlage noch ein Dèjá-Vu-Erlebnis, stellt sich dieses im Film nicht ein, da die Gestaltung der Arena diesmal deutlich beeindruckender ausfällt als im ersten Film und die Betonung weniger auf dem Reality-TV-Aspekt und dem „alle-gegen-alle“-Szenario à la Battle Royale liegt, sondern auf den zahlreichen grausamen Fallen, die die Spielemacher diesmal für Katniss und ihre Verbündeten in petto haben. In der Tat – Verbündeten. Es sind nicht nur Katniss und Peeta, denen wir in der Arena folgen, sondern auch diverse andere Mitstreiter, darunter Sam Clafin als Kapitols Golden Boy Finnick Odair (er erfüllt die Oberkörper-frei-Quote des Films, die von Gale und Peeta vernachlässigt wird) und Jena Malone als die unvorhersehbare Killerin Johanna Mason. Amanda Plummer und Jeffrey Wright runden das seltsam zusammengewürfelte Team ab. Zwar bleiben auch diese Charaktere größtenteils eindimensional, doch sie kommen immer noch besser weg als die Tribute der Distrikte 1 und 2, die wie bereits im Vorgänger leider nur als mordlustige Killer ohne jegliche Tiefe oder Seele dargestellt werden, obwohl sie mit dem Kapitol eigentlich genau so sehr ein Hühnchen zu rupfen hätten wie die anderen Charaktere.

Unter der restlichen Besetzung sind hauptsächlich Donald Sutherland und der Neuzugang Philip Seymour Hoffman zu erwähnen. Als der undurchsichtige Spielemacher ist Hoffman ein Genuss, erhält aber nicht viel Screentime. Sutherlands Bösewicht ist routiniert gespielt und bekommt durch die Szenen mit seiner Enkeltochter eine unerwartet menschliche Note.

Die Tribute von Panem - Catching Fire (2013) Filmbild 2Während Catching Fire durch mehr Spannung und bessere Bilder punktet, leidet er zugleich noch mehr als sein Vorgänger unter der eigenen Januskopf-Struktur. Einerseits erzählt Francis Lawrence eine für einen Massenblockbuster ungewöhnlich düstere und grausame Geschichte des Überlebens unter widrigen Umständen, die in manchen Szenen (wenn beispielsweise ein hilfloser alter Mann vor Katniss‘ Augen erschossen wird) beim Zuschauer einen bleibenden Eindruck hinterlässt. Andererseits merkt man auch, dass der Film gelegentlich auch von seinem eigentlichen Ziel ablenkt wird, um auch den Erwartungen des nach einem neuen Twilight sich sehnenden Publikums gerecht zu werden. In diesen Momenten bekommt man als Zuschauer mit unerträglich kitschig-romantischer Musik untermalte Liebeleien zu sehen, die hauptsächlich daran scheitern, dass Jennifer Lawrence weder mit Josh Hutcherson noch mit Liam Hemsworth überzeugende Chemie aufbauen kann. Das liegt nicht einmal an der Darstellungen der Beteiligten, sondern viel eher an dem Gefühl, dass die entsprechenden Szenen nicht natürlich entstehen, sondern um bestimmte Zuschauersegmente zu befriedigen, gelegentlich eingestreut werden, nur um später sich der eigentlichen Handlung wieder zu widmen. So wird man das Gefühl nicht los als würden die Macher in ihren Intentionen teilweise zurückgehalten werden. Doch was nicht ist, kann definitiv noch werden, denn das Ende des Films stimmt den Zuschauer perfekt auf das (zweiteilige) düstere Finale ein.

Fazit

Erneut bildet die facettenreiche Performance von Jennifer Lawrence das Herz, die Seele und die Hauptattraktion des Films, der in jeglicher Hinsicht eine angemessene Fortsetzung der Geschichte ist, die im ersten Film begann. Doch Die Tribute von Panem – Catching Fire ist ein Film mit zwei Gesichtern – seine gelungenen Spannungsmomente, die beindruckend erschaffene dystopische Welt und seine für einen Massenblockbuster ungewöhnlich intelligente Geschichte muss er mit dem Zwang balancieren, sich gelegentlich den Erwartungen des Twilight-Zielpublikums zu beugen.

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