
Liebe Filmfutter-LeserInnen,
Es ist vorbei! Nach 12 Tagen und 37 Filmen (mein neuer FFF-Rekord!) sowie zwei in Wiederholungen ging für mich das 11. Fantasy Filmfest zu Ende, das ich besucht habe. Ich habe in einem ruhigen Moment mir die Zeit genommen und nachgezählt, wie viele Filme ich im Rahmen des FFF und der dazugehörigen Fantasy Filmfest Nights (FFN) gesehen habe und es stellte sich heraus, dass ich am 11. Tag mit Wolfcop meinen 300. FFF/FFN-Film gesehen habe. Eine ganze Menge, wie ich finde. Darunter waren viele großartige Filme, noch mehr solide, einige grottenschlechte und auch viele, an deren Inhalt ich mich gar nicht mehr erinnern kann. Alles in allem möchte ich aber kein Jahr beim Fantasy Filmfest missen, denn jede Ausgabe hat meinen filmischen Horizont ein kleines bisschen erweitert und mir ermöglicht, einige Perlen zu entdecken, auf die ich wahrscheinlich sonst nicht gekommen wäre.
Wirkliche Perlen gab es am letzten Tag des FFF2014 in Köln zwar nicht, doch auch von absoluten Reinfällen bin ich verschont geblieben. Interessant war, dass zwei Filme unter Tage spielten und auf denselben Klaustrophobie-Effekt setzten, der mich bereits bei The Descent – Abgrund des Grauens so nervös machte. An dessen Vorbild kamen die beiden Streifen aber nicht heran und warne insgesamt eher durchschnittlich. Die anderen beiden Filme, These Final Hours und Life After Beth, waren hingegen durchaus sehenswert, wenn auch bei weitem nicht perfekt. Ausführlich könnt Ihr es unten nachlesen.
TAG 12
In Darkness We Fall (Die Höhle)

Im Alltag zähle ich mich eigentlich nicht zu Klaustrophobikern, doch eine Ausnahme stellt die Vorstellung dar, in einer Höhle gefangen zu werden oder – noch schlimmer – in einem Felsspalt stecken zu bleiben. Mit diesen Ängsten spielt der spanische Streifen natürlich und entfaltet so bei mir ungemein schnell seine Wirkung, wie es auch The Descent seinerseits tat. An die Qualität von Neil Marshalls Film kommt In Darkness We Fall trotzdem nicht heran, da die arg unterentwickelten und zuweilen überspitzt dargestellten Figuren hier nicht so interessant sind und der "Found Footage"-Look eher stört als hilft. Die klaustrophobische Wirkung ist nämlich viel heftiger, wenn eine Kamera auf die jeweilige Situation still draufhält, anstatt dass ständig gewackelt wird. Auch leider der Film an dem Problem der meisten "Found Footage"-Streifen, und zwar, dass es irgendwann schlicht unglaubwürdig wird, dass die Beteiligten die Situation immer noch filmen und aus Bequemlichkeit immer der Charakter die Kamera (mit perfekter Nachtsichtfunktion ausgestattet und komplett wasserundurchlässig!) halten darf, der die spannendsten und interessantesten Momente erlebt.
Von dieser Kritik aber abgesehen, wird In Darkness We Fall sicherlich bei vielen Zuschauern seine gewünschte Wirkung erzielen, was die Spannung angeht, aber auch die Frage danach, wie man sich selbst in dieser Situation verhalten hätte. Wahrscheinlich nicht, wie einige Figuren in dem Film, würde man sich zumindest gerne einreden. Oder doch? 3/5

Obwohl The Rover und These Final Hours als zwei australische Endzeit-Filme beim FFF zwangsläufig miteinander vergleichen werden, sind die beiden Filme eigentlich ziemliche Gegensätze. Was These Final Hours an überragenden Darstellerleistungen und einer meisterhaften Regie mangelt, macht der Film mit dem Herz wieder wett, das in The Rover gänzlich fehlte. Ja, These Final Hours ist, trotz teilweise erschreckender Bilder von Verzweiflung und Anarchie angesichts des Weltuntergangs, kitschig. Die Musik und die sonnengetränkten Bilder sorgen dafür, beim Zuschauer möglichst auf die Tränendrüse zu drücken. Doch dank eines tollen Zusammenspiels zwischen Daniel Henshall und Angourie Rice funktioniert es auch und die Gefühle fühlen sich echt an. Von der Beziehung zwischen Henshalls Figur und seiner Geliebten kann man das eigentlich nicht sagen, denn diese wird einfach zu kurz angerissen und Freddy steht nicht wirklich als Sympathieträger da. Sein Charakterwandel vollzieht sich auch zu schnell und schemenhaft, doch zumindest in den Szenen mit dem Mädchen verzeiht man es dem Film.
Letztlich ist These Final Hours ein Film, der auf emotionaler Ebene funktioniert, obwohl er stellenweise offensichtlich manipulativ vorgeht, während The Rover einen zwar relativ kalt lässt, aber gleichzeitig visuell deutlich mehr beeindruckt. Eine Mischung aus den Stärken beider Filme hätte wahrscheinlich ein grandioses Endzeit-Epos ergeben. So haben wir "nur" zwei gute Filme. 3,5/5

Im Gegensatz zu In Darkness We Fall sind die Horrorelemente in Beneath deutlich prävalenter – Gedärme hängen von den Felswänden, die Gesichter der Leute "schmelzen" vor unseren Augen und aus jeder Ecke kann ein zombieäugiger Bergarbeiter mit einer Spitzhacke auf einen losgehen. Wie bereits bei zahlreichen Filmen des diesjährigen Fantasy Filmfests (scheint ein besonders beliebtes Thema zu sein), steht in Beneath die Frage im Raum, ob hier übernatürliche Mächte am Werke sind oder der Sauerstoffmangel bei den Figuren Halluzinationen hervorruft. Leider wird die Antwort auf diese Frage eigentlich sehr schnell sehr deutlich, was dem Geschehen viel an Spannung raubt. Nichtsdestotrotz bleibt es bis zum (vorhersehbaren) Ende recht kurzweilig und obwohl die Jump Scares selten unerwartet kommen und sich durch sich immer wiederholende Kameraeinstellungen und Situationen ankündigen, wirken einige davon trotzdem überraschend gut. Ich bezweifle aber, dass ich mich in einem Monat an den Film noch erinnern werde. 2,5/5

Junge Liebe – das ist das eigentliche Thema von Life After Beth. Es ist eine Geschichte von zwei Menschen, die offensichtlich viel füreinander empfinden, aber einfach nicht zusammenpassen. Liebe alleine ist manchmal eben einfach nicht genug und früher oder später muss ein Partner zum Wohle der beiden den Faden, der sie verbindet, durchtrennen, so schmerzhaft es auch ist. Eigentlich kann das jeder nachempfinden und das ist der Grund, weshalb Life After Beth, bei allen Ekelmomenten, dem Humor unter der Gürtellinie und der sich langsam ankündigenden Zombie-Apokalypse, trotzdem ein Film ist, der auch ans Herz geht. Jedenfalls stellenweise, wenn er nicht gerade durch Slapstick abgelenkt wird. Das größte Problem des Streifens ist nämlich der extrem ungleiche Ton, der durch die verschiedenen Genres entsteht, die hier bedient werden sollen und wenn dann in einem sehr emotionalen Moment ein Slapstick-Gag kommt, denkt man, dass jedes dieser Elemente getrennt funktioniert hätte, gemeinsam aber weniger.
Der Cast ist hervorragend, allen voran die Komikerin Aubrey Plaza ("Parks and Recreation"), die sich wirklich mit Haut und Haar in die Rolle stürzt. Sehr schön ist auch der Auftritt der stets sehr liebenswerten und niedlichen Anna Kendrick als Zachs Jugendfreundin Eirca, die seine Gefühlswelt durcheinander bringt. John C. Reilly überzeugt als nahezu manischer Vater von Beth. In den ersten 30 Minuten wirklich lustig, überwiegt bei Life After Beth irgendwann der ernste Ton, sodass die Comedy-Elemente am Ende nur noch sporadisch auftreten. Nicht jeder Gag zündet, doch der Film unterhält trotzdem vom Anfang bis zum Ende. Man wünscht sich nur, dass die Macher sich einfach nicht so viel während der 90-minütigen Laufzeit vorgenommen hätten und die Geschichte simpler gehalten hätten. Nichtsdestotrotz war es der beste Film des Tages und ein ordentlicher Abschluss des Festivals. 3,5/5
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Das war’s also! Nach 12 Tagen ist das Fantasy Filmfest 2014 zu Ende und so sehr ich es auch wieder genossen habe, in diese tolle Welt abzutauchen, bin ich auch froh, dass es wieder vorbei ist. Das war ich früher auch schon nach acht Tagen und die verlängerte Version ist für einen Dauerkarten-Besitzer wie mich ungemein anstrengender – insbesondere wenn man dann noch seinen Lesern von den Erfahrungen berichtet. Es hat mir aber natürlich auch wieder verdammt viel Spaß gemacht und ich hoffe, ich konnte Euch allen einen guten Eindruck vom Festival and den von mir gesehenen Filmen vermitteln. Vielleicht führt das ja dazu, dass Ihr Euch den einen oder anderen Film vormerkt. Genug Highlights aus verschiedensten Genres gab es ja allemal.
Ein allerletzter Artikel unmittelbar zum Fantasy Filmfest 2014 steht natürlich noch aus – mein Fazit. Dieses liefere ich in den kommenden Tagen ab und dann heißt es: warten auf die Fantasy Filmfest Nights im nächsten Frühjahr!
Bisherige Ausgaben:









Einen sehr subjektiven Bericht um das Fantasy-Filmfest in Frankfurt am Main und das Drumherum gibt es hier:
https://www.freitag.de/autoren/martin-betzwieser/filmfestivals-fuer-fortgeschrittene-1
Kurioserweise fangen Arhur A. und ich seit Jahren unabhängig voneinander unsere Festival-Tagebücher mit "Alle Jahre wieder" an.