Weapons, USA 2025 • 128 Min • Regie & Drehbuch: Zach Cregger • Mit: Josh Brolin, Julia Garner, Alden Ehrenreich, Benedict Wong, Austin Abrams, Amy Madigan, Cary Christopher • Kamera: Larkin Seiple • Musik: Ryan Holladay, Hays Holladay, Zach Cregger • FSK: ab 16 Jahren • Verleih: Warner Bros. • Kinostart: 07.08.2025 • Deutsche Website
Wie schon sein oscarprämierter Kollege Jordan Peele zuvor, hat auch Zach Cregger vor drei Jahren mit „Barbarian“ den Sprung vom Comedy- ins Horrorfach gewagt und mit seinem Einstand einen beachtlichen Box-Office-Erfolg vorgelegt. Als ebenso verschachtelt, aber noch deutlich ambitionierter, präsentiert sich der mit ordentlich Vorschusslorbeeren bedachte Nachfolger „Weapons – Die Stunde des Verschwindens“, der dem Regisseur und Drehbuchautoren zugleich einen millionenschweren Coup mit dem Studio New Line Cinema eingebracht hat. In dem Genre-Epos beschränkt sich Cregger diesmal nicht auf den Schrecken einer Airbnb-Unterkunft, sondern weitet sein Mysterium über eine beschauliche US-Kleinstadt aus.
Eine Kinderstimme fasst die Geschichte gleich zu Beginn rückblickend zusammen: Um exakt 2:17 Uhr nachts sind siebzehn Kinder einer Schulklasse ohne Hinweise auf ihren Verbleib in der Dunkelheit verschwunden. Groteske Todesfälle folgten. Die örtliche Polizei hat die letztliche Aufklärung vor Scham nie öffentlich gemacht, doch kann man die Wahrheit erfahren, wenn man die Einwohner Maybrooks befragt.
In sechs Kapiteln und von jeweils anderem Blickwinkel betrachtet, breitet Zach Cregger sein unheimliches Geheimnis aus. Da ist zunächst die neue Lehrerin Justine (Julia Garner), aus deren Klasse alle verschwundenen Kinder stammen, und die sich einer modernen Hexenjagd von Seiten der aufgebrachten Eltern ausgeliefert sieht. Zu diesen Eltern gehört der Vater Archer (Josh Brolin), der nicht recht wahrhaben will, dass Justine nicht mehr über die Vorfälle weiss und schließlich eigene Ermittlungen anstellt. Auch der Polizist Paul (Alden Ehrenreich), der Ex-Freund der Lehrerin, bekommt neben dem Schuldirektor Andrew (Benedict Wong), dem drogenabhängigen Einbrecher James (Austin Abrams) und Alex (Cary Christopher), dem einzig übriggebliebenen Schüler von Justine, einen eigenen Eintrag in dieser Chronik des Unheils spendiert.
Wie schon in „Barbarian“, spielt Zach Cregger genüsslich mit der Struktur seiner Arbeit und führt das Publikum langsam aber stetig zum Ursprung des Grauens. Kryptische Zeichen, wirre Albtraumlandschaften sowie immer wieder die beunruhigenden Kameraaufnahmen der in die Nacht stürmenden Kinder deuten einen Horror an, der sich lange nicht konkret fassen lässt. In Gestalt von Justine und Archer bemühen sich zwei der Charaktere, der Lösung selbst auf die Spur zu kommen. Mit seinem investigativen Ansatz und einem Fokus auf die Figuren-Dynamik, ruft „Weapons“ dabei durchaus Erinnerungen an Denis Villeneuves Thriller „Prisoners“ hervor, in dem ebenfalls Eltern das Verschwinden ihrer Kinder auf eigene Faust aufzuklären versuchten. Und wie dort, gerät auch in Creggers hochspannendem Schocker ein Charakter ins Visier von vermeintlich rechtschaffenen Bürgern.
Das Wort „Hexe“ steht groß auf Justines Auto geschmiert – doch sind wir uns bei der eingeschüchterten Lehrerin ziemlich sicher, dass diese trotz problematischer Vergangenheit nichts mit den Vorfällen zu tun hat. Stecken Aliens, Vampire oder vielleicht gar ein satanischer Kult hinter dem Mysterium, das die kleine Gemeinde nachhaltig vergiftet? Tatsächlich ist die abschließende Erklärung gar nicht so bahnbrechend neu und sticht bereits früh – wenn auch unbedacht – ins Auge. Der Zauber von Creggers Schauermärchen besteht viel mehr darin, mit den wunderbar lebhaften Figuren um des Pudels Kern zu kreisen und dabei einen Einblick in deren Mikrokosmos zu erhalten.
Während das Haus in „Barbarian“ einen Eisberg der Misogynie darstellte und der Film klar die MeToo-Thematik aufgegriffen hat, zeichnet Cregger im Nachfolger ein (Kleinstadt-)Bild der aktuellen USA. So steht die junge, moderne Frau zunächst dem engstirnigen weißen Mann gegenüber. Der nicht sonderlich motivierte Polizist lässt seine aufgestaute Wut an einem unschuldigen Häftling aus. Und abseits der schicken Einfamilienhäuser lauern ebenso Armut, Elend und Hoffnungslosigkeit. Doch auch wenn wir die von Julia Garner sehr verletzlich dargestellte Justine zu Beginn als klare Identifikationsfigur wahrnehmen, stellen wir bald fest, dass auch der von Josh Brolin eher schroff verkörperte Archer gar kein so übler Typ ist und lediglich unter einem enormen Stress steht. Zach Cregger macht keinen stumpfen Kulturkampf auf, sondern zeigt Charaktere mit sowohl positiven Eigenschaften als auch Makeln. Die Wege der sehr unterschiedlichen Figuren kreuzen sich im Verlauf und ihre kleinen Geschichten laufen zu einem wilden und reichlich blutigen Finale zusammen, bei dem Horrorfans entzückt aufschreien dürfen.
Wenn das Böse schließlich sein wahres Gesicht zeigt, spielen eine von Mächten beeinflusste Gesellschaft und die Verantwortung gegenüber der jungen Generation eine Rolle. Trotz diverser Grand-Guignol-Einlagen, kommt „Weapons“ hier inhaltlich Kiyoshi Kurosawas intelligentem Meisterwerk „Cure“ näher, als einem suburbanen Gruselstoff aus der Feder Stephen Kings. Ein nicht explizit erklärtes Bild aus einer Traumsequenz brennt sich vielleicht besonders stark ein: Eines der Kinder läuft in einer Haltung, die spielerisch an ein Flugzeug erinnert, auf ein Gebäude zu, während am Nachthimmel ein riesiges Maschinengewehr schwebt. Was genau sind die titelgebenden Waffen? Archer liefert im Verlauf eine mögliche Erklärung. Es geht um Manipulation. Um die Manipulation von vor allem der kindlichen Altersgruppe. Wenn man allein einen Blick ins eigene Land wirft und feststellen muss, mit welcher Perfidie junge Menschen in sogar öffentlich-rechtlichen Medien auf die zunehmende Kriegstüchtigkeit vorbereitet werden sollen, läuft einem der kalte Schauer ganz ohne Genre-Zugabe über den Rücken …
Doch „Weapons“ ist kein pessimistischer Downer, sondern wagt trotz all der Gänsehaut erzeugenden Zutaten zum Schluss einen wütenden, befreienden Aufschrei. Zach Cregger hat mit seiner erfrischend schwarzhumorigen und maximal intensiven neuen Kreation ein Werk nachgelegt, das in einer Reihe mit den modernen Großtaten „The Witch“, „Wir“ und „Midsommar“ stehen kann. Einen originelleren und packenderen Horrorfilm wird man 2025 kaum zu Gesicht bekommen.






[…] Bastian G. von FilmfutterDoch „Weapons“ ist kein pessimistischer Downer, sondern wagt trotz all der Gänsehaut erzeugenden Zutaten zum Schluss einen wütenden, befreienden Aufschrei. Zach Cregger hat mit seiner erfrischend schwarzhumorigen und maximal intensiven neuen Kreation ein Werk nachgelegt. Einen originelleren und packenderen Horrorfilm wird man 2025 kaum zu Gesicht bekommen […]
This review is gripping! The detailed analysis and insights into Weapons make it impossible not to be excited for the film. Zach Creggers direction sounds incredible, and the comparisons to other great horror films add to the anticipation. Cant wait to see this!
[…] Bastian G. von FilmfutterScott Derrickson verleugnet seine Wurzeln nicht – doch ist er erfahren und kompetent genug, um aus „Black Phone“ letztlich auch sein eigenes Baby zu machen. Für Blumhouse dürfte „Black Phone 2“ nach zahlreichen Misserfolgen der erste Schritt zurück in Richtung Horror-Olymp werden. 3.5 von 5 Sterne. […]