Tinker Tailor Soldier Spy, UK/F/D 2011 • 127 Min • Mit: Gary Oldman, Colin Firth, Toby Jones, Tom Hardy, Benedict Cumberbatch, Mark Strong, John Hurt • Regie: Tomas Alfredson • FSK: Ab 12 Jahren • Kinostart: 02.02.2012 • Deutsche Website
Handlung
Es ist 1973. Die Kubakrise ist bereits über zehn Jahre her, aber die Welt befindet sich trotzdem auf dem Höhepunkt des Kalten Krieges. Control (John Hurt), Chef des „Circus“, wie der britische Auslandsspionagedienst MI6 im Jargon seiner Mitarbeiter genannt wird, schickt einen seiner Agenten, Jim Prideaux (Mark Strong) nach Prag, um mit einem sowjetischen Überläufer zu verhandeln. Die Mission geht schief, Control wird entlassen, ebenso wie seine rechte Hand, der Spionage-Profi George Smiley (Gary Oldman). Der arrogante Bürokrat Percy Alleline (Toby Jones) nimmt Controls Position ein. Doch vor seiner Entlassung äußerte Control noch den begründeten Verdacht, dass es einen sowjetischen Maulwurf auf der Spitze des Circus gibt – und es kann nur einer von fünf Männern sein: Percy Alleline (Toby Jones), einer seiner drei Vertrauten – Roy Bland (Ciarán Hinds), Toby Esterhase (David Dencik) und Bill Haydon (Colin Firth) – oder gar Smiley selbst. Ein Staatssekretär der Regierung tritt an Smiley (der trotz allem immer Controls Vertrauen genoss) heran, mit der Bitte, inoffiziell und außerhalb der „Familie“ Nachforschungen anzustellen und den Verräter zu finden. Gemeinsam mit dem jungen und eher unerfahrenen Agenten Peter Guillam (Benedict Cumberbatch) begibt sich Smiley auf die Suche…
Kritik
John le Carré ist mit Sicherheit einer der bekanntesten und erfolgreichsten Autoren von Spionageromanen der Welt. Seine bekanntesten Werke beschäftigen sich alle mit Ost-West-Spannungen und dem Kalten Krieg. Es ist wohl auch wenig überraschend, wenn man bedenkt, dass le Carré selbst einige Jahre für den MI6 gearbeitet hat. So haben seine Werke eine gewisse Authentizität, welche sie im starken Gegensatz zu vielen anderen Vertretern des Genres setzt. Seine Bücher, voller Fachjargon, zeigen keine spannungsgeladene, aufregende und actionreiche Welt der internationalen Spionage mit Superagenten und Bösewichten, die die ganze Welt vernichten/einnehmen wollen. Die Welt, die, wie le Carré immer betont, stark an die Realität angelehnt ist und durchweg von seinen Erfahrungen inspiriert wurde, ist traurig und voller Ängste und Zweifel. Es ist eine Welt, die dem Titel „Geheimdienst“ gerecht wird. Jeder verbirgt hier Geheimnisse – sowohl kleine als auch große. Es ist eine Welt, in der man sich danach sehnt, jemandem vertrauen zu können und es dennoch nie kann.
Die Figur von George Smiley ist wohl die wichtigste Schöpfung von le Carré. Für ihn personifiziert Smiley in gewisser Hinsicht ihn selbst, wie le Carré in einigen Interviews betonte. Es ist ein Mann, der in seiner Arbeit herausragend ist, sein privates Leben aber mehr schlecht als recht meistert. Es ist ein persönliches Porträt. Wie Smiley, so war auch le Carré desillusioniert von der Arbeit des Geheimdiensts, doch im Gegensatz zu seinem Autor macht Smiley trotzdem weiter, sogar nach seiner Entlassung – weniger aus direkter Vaterland Liebe, sondern vielmehr, weil es einfach etwas ist, was er kann. Diese Arbeit ist ein Teil von ihm geworden.
Le Carrés Klassiker "Dame, König, As, Spion", veröffentlicht im Jahre 1974, ist bereits der fünfte Auftritt von George Smiley, nachdem der Charakter bereits im allerersten Roman von le Carré, "Schatten von Gestern", auftauchte. Es ist aber auch sein bekanntester und der Auftakt der so genannten "Karla"-Trilogie, welche mit "Eine Art Held" fortgesetzt und Agent in eigener Sache beendet wurde. Darin geht es um Smileys Kampf gegen den Kopf des sowjetischen Geheimdiensts, welcher den Decknamen Karla trägt. "Dame, König, As, Spion" wurde bereits 1979 als eine Fernseh-Miniserie mit Alec Guinness als Smiley verfilmt, doch die nun erschienene Adaption des Schweden Tomas Alfredson ist wohl die bislang beste Verfilmung eines Romans von le Carré.
Einen richtigen Coup landeten die Filmemacher mit der Besetzung. Der Film ist bis in die kleinsten Nebenrollen perfekt besetzt und bietet wohl eines der herausragendsten britischen Cast-Ensembles aller Zeiten mit Schauspielgrößen wie Ciarán Hinds, John Hurt, Colin Firth und, allen voran, Gary Oldman. Oldman ist die perfekte Besetzung für den gealterten Spion und heimste für die Darstellung wohlverdient seine allererste Oscarnominierung ein. Oldman spielte im Laufe seiner Karriere viele markante Rollen, aber mit Smiley hat er vielleicht nun die Rolle seiner Karriere gefunden, denn er füllt den Charakter vollständig aus. Für den in der Vergangenheit für viele ausschweifende over-the-top Darstellungen bekannte Oldman (man denke an seine Rollen in Leon – Der Profi oder Das fünfte Element) ist Dame, König, As, Spion eine signifikante Änderung im Tempo. Es ist eine extrem subtile, leise und ruhige Darstellung. Jede einzelne Bewegung, jede Betonung eines Worts wird hier mit Bedacht gewählt. In den nur selten emotionalen, faltigen Gesichtszügen und den müden Augen sieht man die Jahre, die Smiley seinem Beruf geopfert hat. Dennoch ist es ein wahrer Spion, der selten viel von sich preisgibt und bis zum Ende einen Hauch des Unbekannten trägt.
Dennoch ist es keine One-Man-Show für Oldman, denn der Rest der Besetzung kann mithalten. Obgleich viele altbekannte britische Gesichter im Film zu finden sind, verdienen zwei junge Talente hier eine besondere Erwähnung. Benedict Cumberbatch als Smileys Helfer Guillam ist eines der wenigen emotionalen Anhaltspunkte dieses Films. An seinem Charakter sieht man, was dieser Job einem abverlangt und welche Auswirkungen er auf den Menschen in allen Bereichen seines Lebens hat. Tom Hardy, der dem breiten Publikum durch seinen Auftritt in Inception auffiel und bald als Bösewicht Bane im dritten Batman Abenteuer von Christopher Nolan zu sehen sein wird, stellt hier als ein so genannter „Skalpjäger“ einen scharfen lebendigen Kontrast zu den sonst ruhigen und reservierten Geheimdienstlern. Auch er zeigt hier eine ungemein menschliche Seite, die wohl den Älteren in diesem Geschäft bereits abhanden kam. Ferner sollte man noch Colin Firth erwähnen, dessen aalglatte Performance hier in keiner Weise an seinen Auftritt im Oscargewinner des letzten Jahres, The King’s Speech, erinnert. Dies sind nur einige der beeindruckenden Performances in diesem Film. Leider erhalten nicht alle der großartigen Schauspieler die Gelegenheit, ihr Talent unter Beweis zu stellen. Das verbietet einfach die Komplexität der Story und die schiere Menge an wichtigen Charakteren. Darunter leidet vor allem Ciarán Hinds.
Es ist höchst interessant, dass die wohl besten Kino-Adaptionen von le Carrés Werken von Regisseuren bewerkstelligt wurden, dessen Muttersprache nicht Englisch ist. Bereits 2005 brachte der Regisseur Fernando Mereilles mit Der Ewige Gärtner eine erfolgreiche Verfilmung in die Kinos, welche dann auch fünf Oscar-Nominierungen für sich beanspruchen konnte. Diesmal ist es der schwedische Filmemacher Tomas Alfredson, der mit seinem ungewöhnlichen und zu Recht hochgelobten Vampirdrama So finster die Nacht bekannt wurde. Vielleicht fällt es diesen Regisseuren leichter durch Le Carrés reichhaltige und komplexe Romane durchzusteigen und eine gute Adaption abzuliefern, ohne sich zu sehr an die Bücher zu binden oder um eine 1:1 Umsetzung zu bemühen. Jedenfalls liefert Alfredson hier nach So finster die Nacht erneut eine superbe Leistung ab. Wie in seinem Vorgänger, zeigt sich hier erneut seine Stärke die Stimmung des Films durch die Farbpalette auszudrücken. Der in graue und blaue Töne getauchte Film, erweckt schnell die trostlose Atmosphäre, die le Carré vermitteln wollte. Die Kälte, die man in der beeindruckenden Bildsprache des Films aber auch in den Darstellungen vieler Charaktere sieht ist eine deutliche Symbolik für den Kalten Krieg. Nur in wenigen Momenten des Glücks, wie zum Beispiel in Ricki Tarrs (Tom Hardy) Szenen mit Irina (Svetlana Khodchenkova) sieht man etwas hellen Sonnenlicht und die damit einhergehende Freude – doch auch diese währt nicht lange.
Es ist auch bemerkenswert, dass zwei sehr gute und zugleich extrem unterschiedliche Filme über die Welt der Spionage in letzter Zeit in die Kinos kamen. Mission: Impossible – Phantom Protokoll und Dame, König, As, Spion könnten unterschiedlicher nicht sein. Alfredsons Film hat nichts von der glamourösen, aufregenden und action-geladenen Welt von Brad Birds Film. Während in Mission: Impossible das Spektakel und die exotischen Schauplätze im Fokus der Aufmerksamkeit stehen, geht es in Dame, König, As, Spion um die Atmosphäre, welche von Angst, Paranoia und Unsicherheit geprägt ist. Trotz kurzer Abstecher nach Istanbul, Budapest und Paris im Laufe des Films, spielt der Großteil der le Carré Verfilmung im tristen und verregneten London. Der Protagonist hier ist auch kein Superagent mit übermenschlichen Fähigkeiten, der einen Wolkenkratzer erklimmt, sondern ein unauffälliger, bebrillter Mann im mittleren Alter, der einen Regenmantel trägt. Beide Versionen dieser Welt – die eskapistische und die realistische – haben durchaus ihre Daseinsberechtigung. Alfredsons Film ist keine leichte Kost. Es gibt keine Action, keinen extrem spannungsgeladenen Höhepunkt am Ende. Allerdings bleibt das Ganze auch nicht völlig spannungsfrei. Die simple Szene, in der Guillam für Smiley Unterlagen aus dem Circus schmuggeln soll ist ebenso spannend wie alles, was man in Mission: Impossible sieht, auch wenn hier nicht geschossen wird und nichts explodiert.
Alfredsons Regie wird unterstützt durch eine perfekte Ausstattung, die diese Welt zum Leben erweckt. Die Umsetzung des Circus ist beeindruckend und im Zusammenspiel mit wundervoller Kameraarbeit durchaus atemberaubend, auch wenn das meiste hier nach alten Containern anmutet. Die Zeit, in der der Film spielt wird sehr treffend umgesetzt. Dies wird mit einem sehr guten, wennauch eher subtilen Score von Alberto Iglesias abgerundet, der bereits die Musik für Der Ewige Gärtner schrieb und für beide Filme eine Oscar-Nominierung kassierte.
Trotz allem merkt man aber, dass es sich hierbei um die Umsetzung von einem sehr komplexen Werk handelt. Vieles wurde mit Sicherheit ausgelassen und gekürzt und obwohl dabei ein sehr befriedigendes Ergebnis herauskam, kommt man nicht umhin, das Gefühl zu haben, dass irgendetwas fehlt, auch wenn alle einzelnen Teile an und für sich perfekt sind. Es ist ein Film, der nicht nur vollste Aufmerksamkeit erfordert, sondern vielleicht auch ein wiederholtes Anschauen, um alle Nuancen zu erfassen. Eine etwas längere Laufzeit hätte es den Filmemachern vielleicht erlaubt, die Geschichte noch mehr zu entfalten. Die vier Verdächtigen werden nicht sehr ausführlich eingeführt, sodass die Enthüllung des Verräters am Ende nicht als eine große Überraschung daherkommt, das man sich um diese Charaktere einfach nicht so sehr kümmert. Es ist ein sehr interessanter Einblick in diese Welt, aber man bleibt dennoch etwas außen vor.
Fazit
Dame, König, As, Spion ist ein komplexer Thriller mit herausragenden schauspielerischen Leistungen, der den einen oder anderen Zuschauer vielleicht überfordern wird. Wenn man sich aber auf das Labyrinth einlässt, wird mit einer beklemmend realistisch erschaffenen Welt belohnt.


Die Bestseller-Adaption „Die Frau in Schwarz“ markiert zugleich die Rückbesinnung der reanimierten Hammer-Studios zu ihren klassischen Horrorwurzeln und die Leinwandrückkehr Daniel Radcliffes, als Hauptdarsteller in einem Nicht-„Harry Potter“-Film. Inszeniert worden ist die Geistermär von James Watkins, der 2008 mit „Eden Lake“ ein erbarmungsloses Debüt vorgelegt hat, welches sein Publikum vor allem mit seiner drastischen, realistischen Härte schockiert hat. Seine neue Arbeit könnte kaum weiter von dem Erstling entfernt sein: „Die Frau in Schwarz“ entpuppt sich leider als angestaubter Popcorn-Grusel, dessen nostalgische Bilder sein stärkster Trumpf bleiben. Ich weiss nicht, wie oft ich diese Geschichte auf Film bereits erlebt habe, nur aufbereitet in einem anderen Stil und unter anderem Titel. In den Sechzigern hieß sie zum Beispiel „Die toten Augen des Dr. Dracula“, in den Achtzigern „Das Grauen“, in den Neunzigern „Ringu“, und so weiter. Man könnte vermutlich ewig damit fortfahren, ähnliche Werke aufzuzählen. Natürlich ist es irgendwo auch unfair, einen Film mit der schlichten Begründung an die Wand fahren zu lassen, er sei nicht wirklich originell. Mal Hand aufs Herz: Ich habe bereits etliche Arbeiten über den grünen Klee gelobt, die sich nicht minder ausgiebig bei ihren Kollegen bedient haben. Es muss in erster Linie ja auch gar kein absolut einzigartiger Meilenstein entstanden sein – das Resultat sollte einen aber zumindest irgendwo packen, oder zumindest gut unterhalten. Eine stimmige Umsetzung von Susan Hills subtiler Vorlage ist hier übrigens nicht herausgekommen. „Die Frau in Schwarz“ ist keine cineastische Katastrophe, aber er ist eine streckenweise reichlich lustlos heruntergespulte Variation eines alten Themas, deren visuelle Eleganz nicht völlig über die ärgerliche Beliebigkeit hinweghelfen kann.
Die Frau des jungen Anwalts Arthur Kipps (Radcliffe) ist im Kindsbett gestorben. Hinterlassen hat sie dem noch immer trauernden Mann ihren gemeinsamen Sohn Edward, mit dessen Aufzucht er sich völlig überfordert sieht. Auch Arthurs Arbeitsleben leidet unter der persönlichen Tragödie. Sein Chef räumt ihm noch eine letzte Chance ein, sich bei ihm zu beweisen: Er muss in die abgeschiedene Ortschaft Crythin Gifford reisen, um den Nachlass der verstorbenen Alice Drablow aufzulösen und in ihrer opulenten Villa Eel Marsh House ihren letzten Willen ausfindig zu machen. Im dortigen Wirtshaus angekommen muss er feststellen, dass ihm die Einwohner aus einem unbekannten Grund nicht wohlgesonnen gegenüberstehen. Lediglich der Gutsbesitzer Mr. Daily (Ciarán Hinds, „Dame, König, As, Spion“) ist ihm ein Freund in der neuen Umgebung. Von seiner Kontaktperson Mr. Jerome (Tim McMullan) wird er am nächsten überraschenderweise aufgefordert, Crythin Gifford umgehend zu verlassen. In dem Anwesen der Verstorbenen gäbe es nichts mehr zu finden. Arthur beschließt jetzt erst recht, Eel Marsh House, das mitten im Watt erbaut und bei Flut von Wasser unerreichbar umschlossen ist, zu besuchen. Was er dort vorfindet, sind Briefe, die ein dunkles Geheimnis offenbaren, und eine mysteriöse Frau in einem schwarzen Kleid. Menschen kommen anschließend auf furchtbare Weise ums Leben, und der Vater fürchtet, dass auch sein kleiner Sohn in Gefahr sein könnte. Er muss handeln, um das Unheil ein für alle Mal abzuwenden…
Verwunschene Landschaften, dichte Nebel, eine paranoide Stimmung und ein tragischer Held – das sind unter anderem Zutaten, die die frühen Horrorstoffe ausgezeichnet haben. Auch „Die Frau in Schwarz“ greift auf diese breitspurig zurück, verliert aber letzten Endes in dem Dunst die Tiefe seiner Geschichte aus den Augen. Es ist nicht so, als wäre aus dem Grundkonzept nicht mehr herauszukitzeln gewesen – den Verantwortlichen hat aber offensichtlich eher das (zugegebenermaßen gelungene) Recycling einer antiquierten Atmosphäre und ein frischer Star-Name an der Cast-Spitze am Herzen gelegen. Fest steht: Das Werk ist mehr Schein als Sein, mehr lautes Tamtam als stille, aus dem Inhalt erwachsende, Gänsehaut. Ein Problem ist hier auch der Hauptdarsteller. Daniel Radcliffe mag als populärer Magier bereits achtmal Millionen von Fans begeistert haben – das Format für eine tiefgreifendere Figur scheint er (noch?) nicht zu besitzen. Der 22-jährige bewegt sich äußerst steif durch den Mystery-Plot und blickt etwas hilflos drein, so als ob er sich ohne Zauberstab etwas unwohl vor der Kamera fühlt.mEs fällt schwer, sich als Zuschauer mit seinem uninteressanten Arthur zu identifizieren. Viel holt er aus seiner Rolle, die selbstverständlich auch keinen grenzenlosen Sprung nach oben zulässt, nicht heraus.
Visuell weiss „Die Frau in Schwarz“ zu gefallen. Vor allem die Gestaltung des Eel Marsh House-Umlandes ist ein Augenschmaus. Das dürfte dann auch der Grund sein, weshalb in diversen Szenen die Anreise zum, beziehungsweise Abreise vom, Grundstück per Luftaufnahme als großes Ereignis dargestellt wird. Doch, hier hat man sich wirklich Mühe gegeben, die geographische Isolation auf spannende Weise zu thematisieren. Was dem Film nun aber am schmerzlichsten fehlt, ist eine gesunde Portion frischen Nervenkitzels. Verdächtige Geräusche, die die Bedrohung etwa fünf Minuten vor dem Schreck ankündigen, mögen die Aufmerksamkeit in vereinzelten Momenten erregen – wenn diese jedoch den Horror während der etwa 90-minütigen Spielzeit dominieren, hat man als erfahrener Zuschauer spätestens nach der Hälfte die Nase voll davon. Jüngere Produktionen wie „Das Waisenhaus“ (2007) oder „Insidious“ (2010) haben vorgemacht, wie man das richtig hinbekommen kann. Indem man den Spuk um das Drama mauert und den Figuren Freiraum lässt, bei den Zuschauern Sympathie zu erwecken. Wie soll man sich auch sonst um diese sorgen, wenn dann später die Hölle losbricht?

So strotzt der Film nur vor diversen Gastauftritten (wie dies in der alten Muppets Show gang und gäbe war). So trifft man TV- und Kinogrößen wie Zach Galifianakis (The Hangover), Emily Blunt (Der Teufel trägt Prada), Jim Parsons (The Big Bang Theory), Neil Patrick Harris (How I Met Your Mother) und viele andere. Der bemerkenswerteste Auftritt kommt wohl von Jack Black, dessen „unfreiwilliger“ Auftritt bei der Muppets Show einen der komödiantischen Highlights des Films bietet. Vielleicht versucht der Film hier auch viel zu sehr das moderne Publikum durch aktuell bekannte Gesichter anzusprechen, aber gerade darum geht es ja auch in dem Film – das Alte für Neue zugänglicher zu machen. Die beiden menschlichen Hauptdarsteller – Jason Segel und Amy Adams – könnten nicht passender sein für einen Muppets Film. Amy Adams versprüht wie immer enorm viel Charme und bekommt zum ersten Mal seit ihrem großen Durchbruch mit Verwünscht (OT: Enchanted) wieder die Chance auf der Leinwand zu singen. Jason Segel hält locker mit. Die Figur von Walter spiegelt mit Sicherheit Segels Liebe zu den Muppets wider. Diese Personifizierung wird noch deutlicher, wenn Segel die Oscar-prämierte Ballade „Man or Muppet“ auf der Leinwand schmettert.
Trotz all der namhaften Schauspieler geraten hier die Muppets selbst glücklicherweise dennoch nie in den Hintergrund. Bei dem Road Trip, bei dem durchaus der Atlantik in einem Auto überquert wird, bekommen die meisten Muppets Charaktere die Gelegenheit in den Fokus der Aufmerksamkeit zu treten. Die Figuren werden sehr liebevoll und mit Respekt behandelt und dennoch wird die Albernheit des Ganzen durch die Muppets selbst einem immer wieder vor die Augen geführt, wenn sich Fozzie zum Beispiel darüber überrascht zeigt, dass das Filmbudget groß genug für eine Explosion war oder wenn er mit Furz-Schuhen auftreten will. Es ist dieser doppelbödige Humor, der vordergründig durchaus die kleinen Zuschauer zufrieden stellt, gleichzeitig aber auch ein Schmunzeln bei den Älteren auslöst, welcher die Muppets in deren goldenen Zeiten berühmt und beliebt gemacht hat. Zu einer weiteren Stärke des Films gehört eine Reihe von Songs, wie das Eröffnungslied „Life’s a Happy Song“, Kermits trauriger Solo-Auftritt mit „Pictures in My Head“ oder die Muppets Version von „Smells like Teen Spirit“.
Psst! An dieser Stelle wird mal nicht gesprochen. Der französische Regisseur Michel Hazanavicius, zuvor nur bekannt durch seine Agentenfilm-Parodien OSS 117, nimmt mit seiner neuen Arbeit „The Artist“ die Kino-Welt im stummen (und obendrein schwarz-weissen) Sturmangriff ein. Mit bisher unter anderem drei Golden Globes (u.a. „Best Motion Picture – Comedy or Musical“), vier Critics Choice-Awards (u.a. „Best Picture“) und sieben BAFTA Film-Awards (u.a. „Best Film“) ausgezeichnet und weiterhin nominiert für zehn Oscars (u.a. „Best Motion Picture of the Year“), stellt die französisch-belgische Independent-Produktion wohl das Phänomen der diesjährigen Preissaison dar – und das nicht zuletzt aufgrund seiner eigentlich reichlich unpopulären (oder besser: unzeitgemäßen) Umsetzung.
Wer schonmal an einer Kinokasse gesessen hat, wird wissen, dass schon allein die Bemerkung „Schwarz-weiss-Film“ viele engstirnige Zuschauer völlig abschreckt (da kann der Regisseur sogar Robert Rodriguez heissen); wenn man nun zusätzlich anführt, dass das Werk ohne Sprache präsentiert, nur von Musik begleitet, wird … wie viele werden sich dann wohl noch für die entsprechende Vorstellung begeistern können? Dabei macht „The Artist“ so viel richtig, was unzählige, effektbeladene Blockbuster heutzutage gänzlich falsch anstellen: Er unterhält, indem er uns in seine Geschichte zieht, unser Interesse an dem Geschehen weckt; nicht unsere Sinne mit ohrenbetäubendem Lärm, bunten Zerstörungsszenarien oder hölzernen Figuren betäubt. Wenn Kino für Zauber, und nicht für Spektakel, steht, dann ist „The Artist“ Kino in seiner reinsten und schönsten Form. Michel Hazanavicius' Arbeit ist inhaltlich eine Komödie, aber gleichzeitig auch ein Drama. Und vor allem eine klassische Love-Story.
Im Jahre 1927 ist der Stummfilmdarsteller George Valentin (Jean Dujardin) noch ein gefeierter Hollywood-Star, dem die Frauen und Studios zu Füßen liegen. Valentin ist ein Charmeur, ein Entertainer vor dem Herrn. Wenn seine Abenteuer über die Leinwände flimmern und er anschließend – zusammen mit seinem treuen Hund – zum Applaus schwerelos über die Bühne tanzt, bebt das Publikum in Verzückung. Seine größte Gabe ist seine Fähigkeit, den Menschen ein Stück Freude zu vermitteln. Sein stärkster Gegner ist sein eigener Stolz, seine Sturköpfigkeit. Nach einer Premiere läuft eine unbekannte Schönheit in den Prominenten. Ein tiefer Blick in die Augen genügt – da hat zwischen den Beiden etwas Funken geschlagen. Die Zeitungen berichten. Valentins Frau Doris (Penelope Ann Miller) schaut empört von der Titelseite auf. Seiner Verehrerin gelingt es schließlich, sich zu einem Casting durchzumogeln und als Peppy Miller (Bérénice Bejo) langsam immer weiter die Karriereleiter empor zu steigen. Ein Wandel kündigt sich an – nicht nur in Valentins Liebesleben, sondern auch in Bezug auf seine Tätigkeit: Die Talkies erhalten Einzug in Hollywoodland. Die bewegten Bilder werden nun auch sprechen können, ganz zum Leidwesen des mimisch und gestisch versierten Helden der Geschichte. Dieser stellt sich entschieden gegen den Trend, gegen seinen Produzenten Al Zimmer (John Goodman). Auf eigene Faust produziert er selbst weitere Stumm-Werke – ohne Erfolg an den Kassen. Während ein neuer Stern am Filmhimmel erstrahlt, droht ein ausgebrannter am Erdboden zu zerschellen…
Das, was Michel Hazanavicius mit seiner liebevollen wie detaillierten Hommage an die Stummfilm-Ära so überaus grandios gelingt, ist, mit einfachsten Mitteln auf der emotionalen Klaviatur der Zuschauer zu spielen. Das Heben und Senken einer Augenbraue, die Veränderung der Musik – hier findet ein ständiger, fließender Wechsel von Gefühlen und Stimmungen statt. Tragik und Komik sind ineinander verzahnt, teilen sich harmonisch ein und dieselbe Szene. „The Artist“ begeistert Nostalgiker, weil er den Charme der alten Klassiker nahezu perfekt reproduziert – und er gewinnt ein frisches Publikum für sich, weil er eben das auf solch leichtfüßige, unverkrampfte Weise tut. Hier wird nicht versucht, die Zuschauer durch ein künstlerisch-verkopftes Projekt über die Anfänge des Kinos zu belehren, sondern im Kern eine ganz einfache, greifbare Geschichte über die Kunst und die Liebe erzählt. Und die Liebe zur Kunst, natürlich. Das Format des Stummfilms entpuppt sich dabei nicht als schnödes Gimmick, sondern verleiht dem Werk tatsächlich eine direkte, unmittelbare Kraft. Schließlich wird hier der Inhalt nicht durch lange Dialoge gestreckt: Die einzigen verbalen Äußerungen werden in Form von Schrifttafeln kurz eingeblendet, der Rest bleibt dem intensiven, mimischen Geschick der Darsteller vorbehalten. Der international bislang eher unbekannte Jean Dujardin als charismatischer Superstar und Bérénice Bejo als sein treuer „Schutzengel“ und Retter in der Not haben sich mit ihren herausragenden Performances bereits einen festen Platz in sowohl Zuschauer – als auch Kritikerherzen erspielt.
Wenn das Werk während einer Traumszene kurz mal aus seinem selbstgewählten Korsett ausbricht, so kommt diesem Moment eine besondere Bedeutung zu. Der Künstler spürt, wie in der technischen Revolution seine eigene Ausdrucksfähigkeit untergeht – von allen Seiten ersticken Geräusche seine stillen Hilferufe. Selbst eine herabschwebende Feder landet mit einem unerträglichen Lärm auf der Erde. Der Gedanke an den bevorstehenden Wandel benetzt seine Stirn mit Angstschweiss. Wird er allein mit seinem offenbar unbezwingbaren Stolz gegen die Macht der populären Talkies ankämpfen können? Nein, denn wir kennen die Geschichte des Kinos und ahnen die Tragödie. Doch der Film hinterlässt uns am Ende nicht mit einem pessimistischen, niedergeschmetterten Eindruck – so viel sei bereits verraten. Das Kino erfährt eine radikale, erzählerische Umwälzung, und unser Held muss lernen, dass das Einzige, das seiner Zukunft tatsächlich im Weg steht, sein eigener Dickkopf ist.
Ein Blick auf den Regiestuhl hätte dies bereits erahnen lassen können. McG startete seine Filmkarriere mit der Leinwandadaptation von Drei Engel für Charlie. Der erste Film lebte noch ganz gut von seinem lockeren, überdrehtem und sinnfreien Stil und der Videoclipästhetik (kein Wunder, denn genau aus diesem Bereich kommt McG). Doch schon in der Fortsetzung nervte das einfach nur noch. Seine Versuche ernsthaftes Terrain mit Filmen wie Wir sind Helden oder dem letzten Terminator Streifen zu betreten, wurden mit nicht sonderlich viel Begeisterung aufgenommen. So kehrte McG zu dem Genre zurück, das ihn erfolgreich gemacht hat – einer locker-lässigen Actionkomödie. Das große Problem hier ist aber, dass er nicht in der Lage ist kompetent irgendeins der Komponenten der beiden Genres zu inszenieren. Die Probleme liegen hier sicherlich auch am Drehbuch, welches einfach keinen guten Stoff für die Charaktere liefert. Die meisten Witze fallen flach und Situationskomik kommt nur selten auf. Es gibt zwischendurch einige Lacher, aber diese sind einfach nicht genug und die meisten davon werden bereits im Trailer verraten. Das humoristische Highlight ist wohl die Szene, in der Tom Hardys Tuck sich in FDRs Hörkapsel einhackt und ihn sich bei einer Privatvorführung von Klimts Kunstwerken an die Klimt-begeisterte Lauren völlig blamieren lässt. Dies zeugt aber noch vor allem vom schauspielerischen Können der beiden und weniger von einem gut geschriebenen Film.
Da bleibt nur die Hoffnung auf die Schauspielerriege. Reese Witherspoon hat bekanntlich oft genug bewiesen, dass sie das sowohl das Zeug zu dramatischen Stoffen (was ihr auch schon einen Oscar einbrachte) als auch zu Komödien (ihr Auftritt als Elle Woods in Natürlich Blond bleibt ein Genre-Klassiker) hat. Ihre männlichen Co-Stars sind zwar noch nicht so bekannt, haben aber auch enormes Potenzial bewiesen. Tom Hardys Durchbruch kam mit dem skurrilen Drama Bronson und Hollywood wurde auf ihn durch seine Rolle in Christopher Nolans Inception aufmerksam. Seine wohl größte Rolle steht noch bevor – als Bösewicht Bane in Nolans drittem (und wohl letzten) Batman Abenteuer The Dark Knight Rises. Chris Pine hat ebenfalls eine gewisse Fangemeinde seit seinem Auftritt als Captain James T. Kirk in der erfolgreichen Neuauflage von Star Trek. Umso mehr schmerzt es diese drei Schauspieler in diesem Film zu sehen. Tom Hardy kommt noch am besten davon und holt aus dem Drehbuch mehr heraus, als dieses hergibt. So ist stehen die Sympathien des Zuschauers vom Anfang an auf seiner Seite. Chris Pines James Bond-Möchtegern wirkt dagegen viel blasser. Viel schlimmer kommt allerdings noch Reese Witherspoon weg. Ihr Charakter Lauren ist oberflächlich, ignorant und schlichtweg nervtötend. Lauren bestätigt viele Klischees, die oft böswillig den Frauen unterstellt werden und tut den Frauen in Filmen wirklich keinen Gefallen. Je weniger man über ihre sogenannte „beste Freundin“ Trish sagt, desto besser. Sie sollte hier wohl die schlüpfrigen Witze liefern, doch Handler und ihr Charakter sind einfach nur unangenehm. Eine Sexszene, bei der sie Nachos aus dem Mund ihres dicken Ehemannes isst und dabei mit Witherspoons Charakter telefoniert hätte man sich wirklich sparen können!
Es ist nicht selten, dass auch mittelmäßige Filme bei solidem, wenn auch nicht überwältigendem Erfolg fortgesetzt werden. Es ist eben Hollywood und Studios versuchen immer ein neues Franchise zum Laufen zu bringen. Es ist aber in der Regel bei solchen Sequels wichtig, diese möglichst schnell nach dem Original auf die Leinwände zu bringen, bevor der erste Film durch seine Mittelmäßigkeit völlig in Vergessenheit gerät. Hier gilt das Motto: Man muss das Eisen schmieden, solange es heiß ist. Umso überraschender ist es, dass es ganze fünf Jahre dauerte bis Ghost Rider eine weitere Chance bekam, das Publikum zu überzeugen. Der erste Film hatte zwar einige nette Actionsequenzen und einen netten Look zu bieten, konnte aber, alles in allem, nicht sonderlich überzeugen. So entschied sich Sony, wohl nach langer Überlegung, Nicholas Cage erneut für die Rolle des verfluchten Johnny Blaze, der vor vielen Jahren einen Pakt mit dem Teufel geschlossen hat, um das Leben seines Vaters zu retten, zu verpflichten. Zugleich wollte man aber die Geschichte gänzlich neu aufrollen, da man sich dessen bewusst war, dass sich nicht so viele Kinogänger an das Original noch erinnern würden.
Ferner wurde (für eine Fortsetzung ungewöhnlich) das Budget von $110 Mio auf knapp $57 Mio halbiert. Diese Einsparnis war unter anderem durch viel billigere Drehorte in Osteuropa und der Türkei möglich, ist der Film aber leider jederzeit anzusehen. In den meisten Szenen, vor allem in der Eröffnung, in der die Söldner des Teufels ein Kloster stürmen und in den anderen (wohlgemerkt spärlichen) Actionszenen des Films, sieht der Steifen einfach billig aus. Die Schauwerte hier gleichen einer typischen, für den Heimmarkt gedrehten Billigproduktion der Marke "Steven Seagal". Wenn die Söldner das Kloster nach dem Jungen durchforsten und alle erschießen, die sich ihnen in den Weg stellen, erwartet man, dass Seagal, Lundgren oder ein anderer abgehalfterter Actionheld plötzlich auftaucht und die Bösewichte erledigt. Die Filmemacher wollten hier wohl einen dreckigen, realistischen Look bewirken (denn Mittel für viel mehr hatten sie ja auch nicht). Dies gelingt aber nicht. Stattdessen sehen die Ausstattung, die Kamera und der Schnitt einfach unbeholfen und billig aus. Auch die Ghost-Rider-Effekte, die hier eher sparsam eingesetzt werden, haben sich in den Jahren nach dem ersten Film nicht verbessert. Im Gegenteil, das CGI sieht noch schlechter aus. Das erwartet man sicherlich nicht von einer größeren Marvel-Verfilmung.
Während der erste Ghost-Rider-Film vom weitgehend kreativitätsfreien, aber routinierten Mark Steven Johnson inszeniert wurde (der davor einen besseren Marvel Film mit Daredevil abgeliefert hatte), wurden hier eigensinnigere Wege beschritten. Man übertrug die Verantwortung dem Regie-Duo Mark Neveldine und Brian Taylor, die sich mit ihren beiden Crank-Filmen einen Namen gemacht haben. Ihr übertriebener hyper-brutaler Stil machte Crank und seinen Nachfolger zu den aufregendsten und interessantesten Actionfilmen der letzten Jahre. Denkt man an den comichaften Stil der Action und der Gewalt in ihren Filmen, so erscheint es nur logisch, dass die beiden eine Comicverfilmung inszenieren. Mit einem Antihelden wie Ghost Rider hatten sie auch genau den passenden Charakter dazu. Doch etwas ging hier gewaltig schief. Das große Problem war, dass die beiden dazu verpflichtet waren, mit Ghost Rider einen jugendfreien Film abzuliefern, um so seine kommerziellen Chancen zu verbessern. Doch gerade die zügellose, überzeichnete und kaum ernstzunehmende Gewalt in ihren Filmen zeichnete die Regisseure bislang aus. So bekommt man zwar die gleichen cinematischen Eindrücke hier, wie in deren anderen Filmen – überdrehte Kamerafahrten, schnelle Schnitte, sinnfreie aber ironische Einblendungen – doch bei den Actionszenen halten sich die beiden zurück, was sich hier einfach falsch anfühlt. Dies ist sicherlich nicht das größte Problem dieses vollkommen misslungenen Films, aber zumindest hätte dies eine Trash-Perle werden können, hätte man den beiden freie Hand gelassen. In der jetzigen Fassung kann man die Zurückhaltung der Filmemacher förmlich spüren, die Szenen, in denen sich Ghost Rider der Bösewichte entledigt sind einfach zu zahm.
Wie die Plotbeschreibung schon anmutet, handelt es sich hier storytechnisch um einen Terminator 2-Verschnitt. Mit von der Partie sind ein unzerstörbarer Antiheld, ein wichtiger Junge und seine taffe Mutter. Sie wandeln auf den Spuren von Arnie, Edward Furlong und Linda Hamilton – nur hinterlassen sie leider nicht annähernd einen so guten Eindruck. Eine völlig originelle und schlüssige Handlung erwartet man ja auch nicht unbedingt von so einem Film – er muss ja einfach "nur" unterhalten. Nur leider tut er dies auch nicht besonders gut. Der inszenatorische Stil stört hier eher, als dass er hilft. Dies fängt schon mit einer direkten Warnung an Raubkopierer an, die im animierten Prolog des Films eingebaut wurde und setzt sich in einer lächerlichen Szene fort, in der der Fluch von Blaze genommen wird. Ebenso peinlich und sinnfrei sind nicht eine, sondern gar zwei völlig beiläufige Einblendungen von Ghost Rider beim Feuerpinkeln. Die beiläufig eingestreuten Pop Culture Anspielungen (Jerry Springer als Verkörperung des Teufels!) erreichen hier einfach nicht die erhoffte Wirkung und kommen als beliebig rüber. Die zwei großen Actionsequenzen des Films sind eine spannungsfreie Verfolgungsjagd und eine Szene, in den der Rider ein riesiges Tagebaugerät in eine flammende Todesmaschine verwandelt. Der überdrehte und ständig wackelnde Stil der Kameraführung macht die ganze Idee der 3D-Effekte hier zunichte, denn diese kommen so gut wie nie zum Tragen. Die Bösewichte sind alle entbehrlich und warten nur darauf, dass der Rider sie immer auf die gleiche Art und Weise zu Asche verwandelt. Der eigentliche Bösewicht, Ray Carrigan, welcher mitten im Film vom Teufel in Blackout, einen Dämon mit der Fähigkeit alles, was er anfasst, zum Zerfall zu bringen, verwandelt wird, lässt Wes Bentleys schon schwachen Blackheart aus dem ersten Film bedrohlich und stark aussehen. Durch Ghost Riders eindeutige Überlegenheit gegenüber seinen Gegnern kommt in keinem seiner Kämpfe auch nur ein Funken Spannung auf
Gavin O’Connors „Warrior“ erzählt die Geschichte zweier entfremdeter Brüder, welche sich infolge eines populären Martial-Arts-Turniers erneut gegenüberstehen. Der aus dem Irak zurückgekehrte Marine Tommy Conlon (Tom Hardy, „Inception“) sucht nach Jahren absoluter Funkstille seinen verhassten Vater Paddy (Nick Nolte, „Kap der Angst“) auf. Mit einer persönlichen Bürde, welche er seit dem Krieg auf seinen Schultern trägt, bittet er den inzwischen trockenen Alkoholiker und Ex-Trainer widerwillig, ihn als Kämpfer für den lukrativen Sparta-Grand-Prix auszubilden. Dem Gewinner winken fünf Millionen Dollar – eine Summe, die Tommy bereits einem bestimmten Zweck angedacht hat. Sein Bruder Brendan (Joel Edgerton, „Königreich des Verbrechens“), der weder mit ihm noch mit Paddy Kontakt hält, versinkt zeitgleich unter einem Berg aus Schulden. Obwohl dieser einer Arbeit als Physiklehrer nachgeht, schaffen er und seine Frau Tess (Jennifer Morrison) es einfach nicht, die Hypotheken für das neue Heim zu tilgen. Ihre jüngste Tochter hat obendrein ein Herzleiden. Der Familienvater sieht nur eine Möglichkeit, aus der finanziellen Misere zu gelangen: Er muss erneut in den Ring – auch wenn er Tess versprochen hat, die ehemalige, gefährliche Beschäftigung ein für alle Mal hinter sich zu lassen. Die Wege der Brüder kreuzen sich erneut beim erbarmungslosen Turnier, welches am Ende nur einen Gewinner vorsieht…
„Warrior“ präsentiert uns drei Hauptfiguren, die – zunächst jeder für sich – einen Kampf austragen: Tommy, der einst ein Versprechen gegeben hat und für die Einhaltung dessen beim Sparta siegen muss. Brendan, der für seine Familie sorgt und deshalb dringend die große Geldsumme benötigt. Und schließlich Paddy, der seine vergangenen Fehler wiedergutzumachen versucht und gegen innere Dämonen antritt. Eine zerrissene Familie ist es, die im Scheinwerferlicht unerwartet eine neue Chance erhält, wieder zueinander zu finden. Das Drama der ersten Filmhälfte vermag aufgrund greifbarer Figuren und bodenständiger Motivationen zu fesseln. Hier haben wir die Not und die Schuld, die die Protagonisten zum Handeln zwingt. Der physische Kampf, das brutale Aufeinanderprallen von Fleisch, Muskeln und Knochen, wird zur Metapher für die unvermeintlichen Kämpfe, der uns selbst tagtäglich begegnen – den Kampf um Anerkennung, den Kampf, die eigene Familie über die Runden zu bringen, den Kampf gegen die Ketten der Vergangenheit. Es sind die stillen, intimen Szenen, die dem neuen Werk von Gavin O’Connor („Miracle – Das Wunder von Lake Placid“) eine gewisse Tiefe und Stärke verleihen: Der erfolglose Versuch Paddys, die Wogen mit seinem verbitterten Sohn Brendan zu glätten. Das erste Wiedersehen der Brüder, die sich auch am nächtlichen Strand wie fremde Feinde in die Augen blicken. Die undurchdringliche, eiskalte Mauer um Tommy, die seinen Vater fast erneut in einen dunklen Abgrund drängt.
So sorgfältig und emotional die Charaktere und ihre Konflikte allerdings anfangs eingeführt werden, so sehr kippt „Warrior“ leider, wenn nach der mitreißenden, ersten Stunde plötzlich alle Augen auf das rohe Getümmel im Käfig gelenkt werden. Die Verschmelzung der persönlichen Geschichten mit dem folgenden, wüsten Spektakel gelingt nicht recht. Das mag zum einen daran liegen, dass das stumpfe Pathos, das die Moderatoren über knappen Bildmontagen heraufbeschwören, in Bezug auf die beiden Hauptfiguren befremdlich wirkt: Betreten diese wirklich die Arena, um herauszufinden, wer der „stärkste Mann der Welt“ ist? Ist es nicht eher so, dass ihnen nur diese eine Option bleibt, um ihr ganz eigenes Ziel zu erreichen? Wen interessiert bitte noch machohaftes Kräftemessen, wenn man womöglich in seinen Einzelteilen zu seiner verhungernden Familie zurückgeschickt wird? Anhänger der sogenannten Mixed-Martial-Arts werden vielleicht ihre Freude daran haben, wenn anonyme Fleischberge zu Klump geschlagen werden, doch treiben diese Momente das eigentliche Drama nicht weiter. Im Gegenteil: Man entfernt sich von dem Innenleben Tommys und Brendans, schaut ihnen enttäuschend distanziert dabei zu, wie sie als absolute Underdogs offensichtlich relativ problemlos auf der Karriereleite von ganz unten nach ganz oben steigen. Wir werden Zeuge, wie Brendans Ehefrau, der Schuldirektor und seine Schüler mit leuchtenden Augen jubelnd vorm Fernseher sitzen, während er gerade mit einem quadratischen Gorilla einen potentiell fatalen Zweikampf austrägt. Martial-Arts ist kein Tischtennis, aber in „Warrior“ reagiert das ärgerlich naiv gezeichnete Umfeld nahezu so, als wäre es das. Tommys Army-Kameraden besetzen ganze Zuschauerreihen – einer hat ihn in einem youtube-Video als tapferen Kriegshelden identifiziert, der vielen Männern mit dem Wegreißen einer ganzen Panzertür das Leben gerettet hat. Wer so etwas vermag, hat wohl auch keine Schwierigkeiten, frühere Champions in die Knie zu zwingen.
„Warrior“ ist ein gänzlich durchkonstruierter Film. Das muss nichts zwangsläufig Schlechtes bedeuten. Worauf der Plot am Ende hinausläuft, ist zumindest von Anfang an offensichtlich. Es sind schließlich die Charaktere, die uns interessieren. Und ihre unsichtbaren Narben. Wie wollen zuhören, wie ihre bitteren Worte kollidieren – ob sie je das Vergangene begraben und eine gemeinsame Zukunft ansteuern können. Oder ob es dafür bereits zu spät ist. Das Gestöhne, Geächze und Geprügel ist Beiwerk; mich zumindest haben die physischen Kämpfe zu keiner Sekunde berührt. Wahrscheinlich auch deshalb nicht, weil der Regisseur nie vermittelt, was die Brüder mit dem Sport verbinden – abgesehen davon, dass sie ihn beherrschen und Geld damit verdienen müssen. Von Magie kann keine Rede sein. Joel Edgerton, Tom Hardy und Nick Nolte liefern allesamt überzeugende, teils großartige, Leistungen in ihren Rollen ab, nur muss leider auch angemerkt werden, dass die ursprüngliche Intensität ihrer problematischen Figurenkonstellation durch das später in den Vordergrund tretende Hau-drauf-Getöse verwässert wird. Es gibt da gegen Ende eine Szene in einem Spielcasino. Paddy hat von der Heldentat Tommys erfahren und geht voller Stolz auf seinen Sohn zu. Dieser blockt – wie immer – ab, kontert mit gemeinen Kommentaren und wirft seinem gebrochenen Vater schließlich einen Haufen Kleingeld zu: Damit könne er sich wieder besaufen gehen. Wir sehen daraufhin das traurige Resultat der reichlich unbedachten, verbalen Böswilligkeit. Der vermutlich stärkste Moment des insgesamt soliden Films.
Insgesamt mag die Prämisse des Films zwar durchaus interessant klingen, doch originell ist hier fast gar nichts. Der Film bedient sich diverser Versatzstücke aus anderen (und vor allem besseren) Filmen wie Verhandlungssache, Nicht Auflegen! und Inside Man. Insbesondere an die Handlung von Joel Schumachers Nicht Auflegen! erinnert ein Teil dieses Films. In Nicht Auflegen! wird Colin Farrells Charakter fast über die gesamte Länge des Films von einem gesichtslosen Scharfschützen in einer Telefonzelle in Schach gehalten. Trotz (oder gerade wegen) einer solch stark eingeschränkten Location, schaffte Schumacher einen durch und durch spannenden Thriller. Die Voraussetzungen hier sind ähnlich. Fast 90% seiner Szenen verbringt Sam Worthington, dessen Rolle im Megablockbuster Avatar ihn zum Weltruhm katapultierte, auf dem Fenstersims des Hotels. Dennoch gelingt es dem Regie-Neuling Asger Leth, der vorher nur die Dokumentation Ghosts of Cité Soleil gedreht hat, nicht, einen ähnlichen Grad an Spannung heraufzubeschwören. Worthington macht das Beste aus seiner nicht allzu ausgearbeiteten Rolle. Trotzdem fehlt hier die konstante „Wird-er-oder-wird-er-nicht“-Spannung, die in Nicht Auflegen! die ganze Zeit präsent ist. Es gibt keinen Sinn für imminente Gefahr hier, denn Cassidy scheint die Lage immer unter Kontrolle zu haben, während Colin Farrell Charakter in Nicht Auflegen! gar keine Kontrolle über sein Schicksal hatte. In seinem Zusammenspiel mit Elizabeth Banks mag auch gar keine Chemie aufkommen. Umso dankbarerer muss man sein, dass der Drehbuchautor nicht versucht, eine romantische Geschichte den beiden aufzuzwingen. Elizabeth Banks ist eine sehr sympathische Schauspielerin und versucht ihr Bestes hier, aber es ist schwer gegen eine so wenig ausgereifte und klischeebehaftete Charakterschreibung anzukommen. Die Schnelligkeit, mit der sie Nick Cassidys Geschichte Glauben schenkt, erscheint doch fragwürdig.
Desweiteren nehmen die Übergänge zwischen den Einbruchsequenzen und den Szenen mit Worthingtons Charakter etwas weg von der Spannung. Beide Teile des Films an und für sich funktionieren ganz gut, an der Passung der beiden mangelt es allerdings. In der Tat ist es vor allem der Einbruch in den Tresor, der zu den spannenderen Aspekten des Films gehört. Obwohl Leth auch hier nichts Neues an den Tisch bringt und vom Zuschauer verlangt, von jeglichem Realismus abzusehen, so sind diese Szenen doch gut inszeniert und mit einer ständigen Spannung behaftet. Es hilft, dass Jamie Bell wie immer eine natürliche Präsenz ausstrahlt, während Genesis Rodriguez für visuelle Reize sorgt. Erfrischend kommt hier die Interaktion zwischen den beiden hinzu. Die ständigen Kabbeleien zwischen den beiden und kleine menschliche Fehler sorgen für einige humorvolle Momente, die in diesem ernsten Film für gute Abwechslung sorgen. Dabei muss man sich dennoch auf die Idee einlassen, dass zwei komplette Amateure in der Lage sein können, innerhalb eines Jahres allein in Theorie zu lernen, wie man in einen enorm gut gesicherten Tresor einbricht und dies dann in Praxis umsetzen. Doch die Bankraub-Filme solcher Art strotzen in der Regel sowieso nicht vor Realismus und man kann dieses Detail angesichts der sonst gut umgesetzten Einbruchsszenen vernachlässigen.
Nichtsdestotrotz hat der Film definitiv seine guten Momente und wirkt zu keiner Minute langweilig. Die Handlung wird schnell vorangetrieben und der Film ist auf technischer Ebene sehr solide umgesetzt. Ferner überzeugt Ed Harris als ein sehr moderner Bösewicht. Hier ist das Böse nicht ein Irrer, oder vom organisierten Verbrechen, sondern, passend in die modernen Zeiten, ein vermögender Betrüger. Nur zu schade, dass Harris nur wenige Szenen in diesem Film hat. Man hätte ihm mehr Platz einräumen können und stattdessen Kyra Sedgwicks sensationsgeile Reporterin aus dem Film komplett streichen können, denn das Fehlen ihres Charakters wäre sicherlich niemandem aufgefallen.
Ich kann mir vorstellen, dass Jo Nesbøs „Headhunter“ ein durchaus fesselnder, interessanter Roman ist. Selbst habe ich ihn nicht gelesen, aber mir ist vor Beginn der Vorstellung von Morten Tyldums Kino-Adaption von einer Kollegin glaubhaft versichert worden, dass die Werke des norwegischen Bestseller-Autoren äußerst empfehlenswert seien. Tyldums Film dagegen ist ein wahrer Reinfall. Ich weiss gar nicht so recht, wo ich anfangen soll, um dieses Kraut-und-Rüben-Spektakel irgendwie sinnvoll zusammenzufassen. Da wäre zunächst der hochdekorierte Unternehmens-Headhunter Roger Brown (Aksel Hennie), der mit seiner attraktiven Frau Diana (Synnøve Macody Lund) ein Leben im Luxus führt. Was Diana nicht – und auch sonst kaum jemand – weiss, ist, dass ihr Mann trotz seines Jobs in einem Berg aus Schulden sitzt, und all die schöne Fassade erst aus dessen „Nebenbeschäftigung“ hervorgegangen ist: Roger ist ein gewiefter Gemäldedieb, der in geeigneten Momenten in die Häuser der Sammler einsteigt, um die wertvollen Originale gegen verblüffende Fälschungen auszutauschen. Er wartet noch immer auf die eine, große Möglichkeit – ein Bild, das es ihm ermöglicht, mit einem Schlag so viel abzukassieren, dass die finanziellen Sorgen ein für alle Mal ein Ende haben. Auf einer Kunst-Ausstellung Dianas lernt er den charismatischen Geschäftsmann Clas Greve (Nikolaj Coster-Waldau, „Nightwatch – Nachtwache“) kennen, dem er schließlich die Vermittlung einer lukrativen Führungsposition bei einem GPS-Unternehmen anbietet. In Wahrheit gilt Rogers Interesse einem Rubens-Gemälde, das Greve in seinem Besitz wähnt. Jetzt kommt es Schlag auf Schlag (und ich vergaß zu erwähnen, dass der kriminelle Held der Geschichte seiner Frau keine Kinder schenken möchte – ein Fehler, natürlich): Roger stiehlt das Bild zusammen mit seinem partner in crime Ove (Eivind Sander) und bekommt anschließend heraus, dass mit seinem jüngsten Opfer gar nicht gut Kirschen essen ist. Greve hat als Elite-Soldat gedient und außerdem einen gelartigen Peilsender entwickelt. Den Rest kann man sich denken – der Beklaute wird böse, ortet Roger und macht ihm die Hölle heiß. Ach ja: Und außerdem hat Roger in Greves Wohnung noch Dianas Handy gefunden. Die geht ihm wohl fremd…
Prinzipiell finde ich es ja ganz toll, wenn ein Film die Konfrontation seiner Protagonisten so unbeschwert herbeiführen kann, wie dieser. Greve hat sein Ortungsgel, schmiert es Roger in die Haare, fährt ihm hinterher und ab geht die Post. Allerdings erwarte ich dann auch irgendwo, dass es später richtig im Karton rappelt – oder besser: Mich der Zweikampf fesselt, ergreift, schockiert, schüttelt, fasziniert, interessiert…egal was. Irgendwas. „Headhunters“ ist, das muss man leider so sagen, in seinen besten Momenten zerfahren und ansonsten mächtig langweilig. Das, was in dem Buch scheinbar funktioniert hat, kommt hier nicht harmonisch zusammen. Ich glaube, der Film möchte gleichzeitig clever, witzig, spannend, actiongeladen, tiefgründig und cool sein. Unterm Strich ist er leider nichts davon, weil sich die verschiedenen Elemente gegenseitig auslöschen. Es kommen so viele Charaktere in der Geschichte vor, die allesamt einen gewissen Zweck erfüllen, aber nie wirklich mit Leben gefüllt werden. Leere Hülsen. Was ist zum Beispiel mit Greve, Rogers Gegner? Er taucht kurz auf, verführt die Frau des Helden und wird danach zum gemeinen Rache-Rambo. Wieso ist er überhaupt so extrem in Rage? Nur wegen seinem Bild? Wegen Rogers Frau? Oder weil er beim Militär gewesen ist, und Ex-Soldaten in Filmen gerne böse und psychotisch sind? Warum muss es ein so aufwendiger Feldzug sein, den er veranstaltet, warum überfällt er nicht einfach Roger im Schlaf? Damit es nicht langweilig ist? Bitte! Das ist es auch so. Greve jagt seine Beute mitsamt Flinte und Dogge durch die Pampa und mäht später noch einen Polizeiwagen mit einem Truck um. Krächz. Zäng. Boing. Klirrr. Dötsch. Ich muss mich für die Lautmalerei entschuldigen, aber so langsam verlässt mich wirklich die Lust, weitere Sätze über diese Räuberpistole zu verlieren.
Lösen wir das Problem doch diplomatisch: Vielleicht ist ein tiefsinniger Betrug/Rache/Ehrgeiz-Kontext einfach nicht zu mir durchgedrungen, weil mir die Figuren zu egal, zu comicartig und zu stumpf geraten sind. Vielleicht hat mich die Action nicht so mitgerissen, weil es für mich zu wenig Action zu bestaunen gab und diese – meiner Meinung nach – nicht sonderlich gut umgesetzt worden ist. Vielleicht habe ich die Coolness des Films nicht verstanden, weil ich zu uncool für in Plumpsklos tauchende Figuren und auf Traktoren gespießte Hunde bin. Vielleicht ist „Headhunters“ einfach nicht der richtige Film für mich. Vielleicht gefällt er anderen besser. Quentin Tarantino zum Beispiel.
Eigentlich hatte David Fincher die Zuschauer ja bereits mit der frechen, spektakulären Titelsequenz seines, wahlweise als Romanadaption oder Remake bezeichneten, Thrillers „Verblendung“ am Haken – eine Kunst, die der frühere Musikvideo-Regisseur seit seinem Meisterwerk „Sieben“ (1995) versteht wie kein Zweiter. Wilde, schwarz-weisse Eindrücke schlagen auf das Auge ein, dazu eine von Karen O gesungene Coverversion von Led Zeppelins „Immigrant Song“: „We come from the land of the ice and snow / From the midnight sun where the hot springs blow“, heisst es in den Lyrics, und weiter „On we sweep with, with threshing oar / Our only goal will be the western shore“. Die Nordmänner kommen also, um den Westen zu erobern. In diesem Fall: Stieg Larsson goes Hollywood. Es ist ja schon ein wenig unverschämt von der Traumfabrik, nur zwei Jahre nach Niels Arden Oplevs erfolgreicher Erstverfilmung des weltweiten Bestsellers bereits eine Neuauflage auf den Markt zu bringen. Und inhaltlich ist diese US-Version auch eher marginalen Änderungen unterzogen worden, so dass man sie tatsächlich vorschnell als weiteres, überflüssiges Cash In-Projekt abtun könnte. Aber Halt: Ein Film besteht schließlich immer noch aus vielen Komponenten, die den Erzählstil der Geschichte und die Atmosphäre prägen – die Kameraaufnahmen, die Musik, der Ton, der Schnitt. Finchers „Verblendung“ ist ein schattenwerfendes Monstrum und in seiner Gestaltung um Längen intensiver als das schwedische Original. Ein hypnotisches Schauderstück, dessen finsterem Sog man sich kaum entziehen kann.
Im Mittelpunkt steht natürlich erneut der Reporter Mikael Blomkvist (diesmal nicht minder überzeugend verkörpert von James Bond Daniel Craig), dessen Ermittlungen gegen den zwielichtigen Unternehmer Wennerström (Ulf Friberg) ihm vor Gericht eine deftige Geldstrafe eingehandelt haben. Um sich eine längere Zeit von der Bildfläche zurückzuziehen, und im Austausch gegen angeblich nützliche Informationen über Wennerströms Machenschaften, nimmt Blomkvist den Auftrag von Henrik Vanger (Christopher Plummer, „Insider“), dem Ältesten eines mächtigen Familienkonzerns, an, das mysteriöse Verschwinden von dessen Nichte Harriet, im Sommer 1966, aufzuklären. Der geplagte Mann möchte vor seinem Tod Gewissheit über den Vorfall haben, der ihn seit vierzig Jahren quält. Zu jedem Geburtstag erhält er von einer unbekannten Person eine gepresste Blume – ganz so, wie zuvor von seiner Harriet. Sie ist ermordet worden, da ist sich Vanger sehr sicher. Und der Täter muss ein Mitglied seiner eigenen Familie, die noch zum großen Teil mit ihm auf einer abgeschiedenen Privatinsel lebt, aber trotzdem kaum sozialen Kontakt untereinander pflegt, sein. Die Vangers sind ein ganz schön kauziger Haufen, mild ausgedrückt – einige von ihnen haben einst gar stolz dem Nationalsozialismus gedient. In ihren Kellern stapeln sich Leichen. Blomkvist erhält Zugang zu sämtlichen Archiven. Um die aufwendigen Recherchen zu bewältigen, nimmt er die Dienste der brillanten Hackerin Lisbeth Salander (Rooney Mara, „The Social Network“) in Anspruch. Salander, äußerlich ein kühler Goth-Punk, steht unter staatlicher Vormundschaft, seitdem sich in ihrer Vergangenheit fürchterliche Dinge ereignet haben. Bei ihren Nachforschungen decken die Beiden schließlich einen Zusammenhang zwischen der vermissten Frau und einer ganzen Serie grausamer Morde auf…
Ich habe Niels Arden Oplevs „Verblendung“ bisher erst einmal gesehen (und im Übrigen keinen der Larsson-Romane gelesen) und kann mich, ehrlich gesagt, nicht mehr an jede Einzelheit daraus erinnern. Der Film hat mir damals gefallen, regelrecht umgehauen hat er mich aber nicht – anders als Finchers Variante, die mir dieselbe Story auf eine Weise erzählt, die mich mehr berührt. Mir eiskalt unter die Haut kriecht. Leblose, grau-monochrome Landschaften, von deren Dunkelheit die Figuren fast verschluckt werden – ein unheimliches Geheimnis, das in dieser bedrohlichen Stimmung seine Entsprechung findet: In dem Werk gibt es so wenig Sonnenlicht zu sehen, dass man das üppige Vanger-Domizil auf den ersten Blick ebensogut für ein modernes Vampir-Nest halten könnte. Mikael Blomkvists Anreise dort erinnert fast schon an die Ankunft Jonathan Harkers am Schlosse Draculas. Nur, dass die Dämonen hier allzu real sind. „Verblendung“ ist, nach „Sieben“ und „Zodiac – Die Spur des Killers“ (2007), David Finchers dritte Serienkiller-Hatz. Obwohl der Film visuell die trostlose Schwärze von Erstgenanntem erreicht und inhaltlich eine ähnlich detailierte Spurensuche wie Letzter präsentiert, ist diese Arbeit dennoch ein ganz anderes Biest. Es sind drei Welten, die im Verlauf der Handlung aufeinanderprallen: Die des idealistischen, von seiner Informationsquelle hinters Licht geführten, Blomkvist, das abstossend-misstrauische Reich der Vangers, denen trotz ihres gigantischen Reichtums sämtliches Glücksempfinden abhanden gekommen zu sein scheint, und schließlich das beklemmende Loch, in das man Lisbeth Salander geworfen hat.
Salander ist die vielschichtigste und interessanteste Figur der Geschichte. Noomi Rapace hat diese Rolle im Original bereits spannend ausgefüllt, aber Rooney Mara fügt der mental zerrissenen Frau mit ihrer zurückhaltenden, lauernd gefährlichen Performance eine neue Seite hinzu. Ihre Darstellung ist kälter, unberechenbarer, psychotischer, als die von Rapace. Als ein „Bündel des Staates“ aufgewachsen, ist Salander sehr gut vertraut mit dem Gefühl der Abhängigkeit. Sie hasst es. Sie liegt an einer sozialen Kette und wird nach Belieben schikaniert, vom zuständigen Betreuer gar sexuell mißbraucht. Ihr Äußeres ist geziert von Piercings und Tattoos – ein Ausdruck der inneren Qualen und der Abscheu? Die aggressive, abweisende Fassade schützt sie vor Angriffen, davor, dass sich Menschen Zugang zu ihrem zerbrechlichen Inneren verschaffen. Wenn es sein muss, kann sie sich auch blitzschnell und brutal zur Wehr setzen – sie bellt nicht, sie beisst. In der US-Version schließt „Verblendung“ mit einer Szene, die uns Salander emotional näherbringt. Dieser Moment hat für mich besser funktioniert als das Original-Ende, das schlicht die Handlung weitertreibt.Es sind unterm Strich vielleicht Kleinigkeiten, die hier anders sind, aber diese Kleinigkeiten machen einen Unterschied. Oplev stürzt sich ausgiebiger auf den Crime-Plot, während Fincher mich tiefer in die Charaktere zieht. Ich weiss nicht, ob es diese Veränderungen sind, oder womöglich noch stärker die erbarmungslos dichte Umsetzung und der – die unheilvollen Bilder meisterhaft unterstreichende – melancholische bis treibende Score von Trent Reznor und Atticus Ross (Nine Inch Nails), aber die Amis haben mich dieses Mal mit einer Neu-Interpretation restlos überzeugt. Man darf mich abschließend gerne mit Gemüse bewerfen, aber ich bleibe dabei: Finchers „Verblendung“ ist besser als Oplevs Vorgänger. Ich bin gespannt auf die Fortsetzungen.







