Dame, König, As, Spion (2011)

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Tinker Tailor Soldier Spy, UK/F/D 2011 127 Min Mit: Gary Oldman, Colin Firth, Toby Jones, Tom Hardy, Benedict Cumberbatch, Mark Strong, John Hurt Regie: Tomas Alfredson FSK: Ab 12 Jahren Kinostart: 02.02.2012 Deutsche Website

Handlung

Es ist 1973. Die Kubakrise ist bereits über zehn Jahre her, aber die Welt befindet sich trotzdem auf dem Höhepunkt des Kalten Krieges. Control (John Hurt), Chef des „Circus“, wie der britische Auslandsspionagedienst MI6 im Jargon seiner Mitarbeiter genannt wird, schickt einen seiner Agenten, Jim Prideaux (Mark Strong) nach Prag, um mit einem sowjetischen Überläufer zu verhandeln. Die Mission geht schief, Control wird entlassen, ebenso wie seine rechte Hand, der Spionage-Profi George Smiley (Gary Oldman). Der arrogante Bürokrat Percy Alleline (Toby Jones) nimmt Controls Position ein. Doch vor seiner Entlassung äußerte Control noch den begründeten Verdacht, dass es einen sowjetischen Maulwurf auf der Spitze des Circus gibt – und es kann nur einer von fünf Männern sein: Percy Alleline (Toby Jones), einer seiner drei Vertrauten – Roy Bland (Ciarán Hinds), Toby Esterhase (David Dencik) und Bill Haydon (Colin Firth) – oder gar Smiley selbst. Ein Staatssekretär der Regierung tritt an Smiley (der trotz allem immer Controls Vertrauen genoss) heran, mit der Bitte, inoffiziell und außerhalb der „Familie“ Nachforschungen anzustellen und den Verräter zu finden. Gemeinsam mit dem jungen und eher unerfahrenen Agenten Peter Guillam (Benedict Cumberbatch) begibt sich Smiley auf die Suche…

Kritik

John le Carré ist mit Sicherheit einer der bekanntesten und erfolgreichsten Autoren von Spionageromanen der Welt. Seine bekanntesten Werke beschäftigen sich alle mit Ost-West-Spannungen und dem Kalten Krieg. Es ist wohl auch wenig überraschend, wenn man bedenkt, dass le Carré selbst einige Jahre für den MI6 gearbeitet hat. So haben seine Werke eine gewisse Authentizität, welche sie im starken Gegensatz zu vielen anderen Vertretern des Genres setzt. Seine Bücher, voller Fachjargon, zeigen keine spannungsgeladene, aufregende und actionreiche Welt der internationalen Spionage mit Superagenten und Bösewichten, die die ganze Welt vernichten/einnehmen wollen. Die Welt, die, wie le Carré immer betont, stark an die Realität angelehnt ist und durchweg von seinen Erfahrungen inspiriert wurde, ist traurig und voller Ängste und Zweifel. Es ist eine Welt, die dem Titel „Geheimdienst“ gerecht wird. Jeder verbirgt hier Geheimnisse – sowohl kleine als auch große. Es ist eine Welt, in der man sich danach sehnt, jemandem vertrauen zu können und es dennoch nie kann.

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Die Figur von George Smiley ist wohl die wichtigste Schöpfung von le Carré. Für ihn personifiziert Smiley in gewisser Hinsicht ihn selbst, wie le Carré in einigen Interviews betonte. Es ist ein Mann, der in seiner Arbeit herausragend ist, sein privates Leben aber mehr schlecht als recht meistert. Es ist ein persönliches Porträt. Wie Smiley, so war auch le Carré desillusioniert von der Arbeit des Geheimdiensts, doch im Gegensatz zu seinem Autor macht Smiley trotzdem weiter, sogar nach seiner Entlassung – weniger aus direkter Vaterland Liebe, sondern vielmehr, weil es einfach etwas ist, was er kann. Diese Arbeit ist ein Teil von ihm geworden.

Le Carrés Klassiker "Dame, König, As, Spion", veröffentlicht im Jahre 1974, ist bereits der fünfte Auftritt von George Smiley, nachdem der Charakter bereits im allerersten Roman von le Carré, "Schatten von Gestern", auftauchte. Es ist aber auch sein bekanntester und der Auftakt der so genannten "Karla"-Trilogie, welche mit "Eine Art Held" fortgesetzt und Agent in eigener Sache beendet wurde. Darin geht es um Smileys Kampf gegen den Kopf des sowjetischen Geheimdiensts, welcher den Decknamen Karla trägt. "Dame, König, As, Spion" wurde bereits 1979 als eine Fernseh-Miniserie mit Alec Guinness als Smiley verfilmt, doch die nun erschienene Adaption des Schweden Tomas Alfredson ist wohl die bislang beste Verfilmung eines Romans von le Carré.

Einen richtigen Coup landeten die Filmemacher mit der Besetzung. Der Film ist bis in die kleinsten Nebenrollen perfekt besetzt und bietet wohl eines der herausragendsten britischen Cast-Ensembles aller Zeiten mit Schauspielgrößen wie Ciarán Hinds, John Hurt, Colin Firth und, allen voran, Gary Oldman. Oldman ist die perfekte Besetzung für den gealterten Spion und heimste für die Darstellung wohlverdient seine allererste Oscarnominierung ein. Oldman spielte im Laufe seiner Karriere viele markante Rollen, aber mit Smiley hat er vielleicht nun die Rolle seiner Karriere gefunden, denn er füllt den Charakter vollständig aus. Für den in der Vergangenheit für viele ausschweifende over-the-top Darstellungen bekannte Oldman (man denke an seine Rollen in Leon – Der Profi oder Das fünfte Element) ist Dame, König, As, Spion eine signifikante Änderung im Tempo. Es ist eine extrem subtile, leise und ruhige Darstellung. Jede einzelne Bewegung, jede Betonung eines Worts wird hier mit Bedacht gewählt. In den nur selten emotionalen, faltigen Gesichtszügen und den müden Augen sieht man die Jahre, die Smiley seinem Beruf geopfert hat. Dennoch ist es ein wahrer Spion, der selten viel von sich preisgibt und bis zum Ende einen Hauch des Unbekannten trägt.

Dennoch ist es keine One-Man-Show für Oldman, denn der Rest der Besetzung kann mithalten. Obgleich viele altbekannte britische Gesichter im Film zu finden sind, verdienen zwei junge Talente hier eine besondere Erwähnung. Benedict Cumberbatch als Smileys Helfer Guillam ist eines der wenigen emotionalen Anhaltspunkte dieses Films. An seinem Charakter sieht man, was dieser Job einem abverlangt und welche Auswirkungen er auf den Menschen in allen Bereichen seines Lebens hat. Tom Hardy, der dem breiten Publikum durch seinen Auftritt in Inception auffiel und bald als Bösewicht Bane im dritten Batman Abenteuer von Christopher Nolan zu sehen sein wird, stellt hier als ein so genannter „Skalpjäger“ einen scharfen lebendigen Kontrast zu den sonst ruhigen und reservierten Geheimdienstlern. Auch er zeigt hier eine ungemein menschliche Seite, die wohl den Älteren in diesem Geschäft bereits abhanden kam. Ferner sollte man noch Colin Firth erwähnen, dessen aalglatte Performance hier in keiner Weise an seinen Auftritt im Oscargewinner des letzten Jahres, The King’s Speech, erinnert. Dies sind nur einige der beeindruckenden Performances in diesem Film. Leider erhalten nicht alle der großartigen Schauspieler die Gelegenheit, ihr Talent unter Beweis zu stellen. Das verbietet einfach die Komplexität der Story und die schiere Menge an wichtigen Charakteren. Darunter leidet vor allem Ciarán Hinds.

Es ist höchst interessant, dass die wohl besten Kino-Adaptionen von le Carrés Werken von Regisseuren bewerkstelligt wurden, dessen Muttersprache nicht Englisch ist. Bereits 2005 brachte der Regisseur Fernando Mereilles mit Der Ewige Gärtner eine erfolgreiche Verfilmung in die Kinos, welche dann auch fünf Oscar-Nominierungen für sich beanspruchen konnte. Diesmal ist es der schwedische Filmemacher Tomas Alfredson, der mit seinem ungewöhnlichen und zu Recht hochgelobten Vampirdrama So finster die Nacht bekannt wurde. Vielleicht fällt es diesen Regisseuren leichter durch Le Carrés reichhaltige und komplexe Romane durchzusteigen und eine gute Adaption abzuliefern, ohne sich zu sehr an die Bücher zu binden oder um eine 1:1 Umsetzung zu bemühen. Jedenfalls liefert Alfredson hier nach So finster die Nacht erneut eine superbe Leistung ab. Wie in seinem Vorgänger, zeigt sich hier erneut seine Stärke die Stimmung des Films durch die Farbpalette auszudrücken. Der in graue und blaue Töne getauchte Film, erweckt schnell die trostlose Atmosphäre, die le Carré vermitteln wollte. Die Kälte, die man in der beeindruckenden Bildsprache des Films aber auch in den Darstellungen vieler Charaktere sieht ist eine deutliche Symbolik für den Kalten Krieg. Nur in wenigen Momenten des Glücks, wie zum Beispiel in Ricki Tarrs (Tom Hardy) Szenen mit Irina (Svetlana Khodchenkova) sieht man etwas hellen Sonnenlicht und die damit einhergehende Freude – doch auch diese währt nicht lange.

Es ist auch bemerkenswert, dass zwei sehr gute und zugleich extrem unterschiedliche Filme über die Welt der Spionage in letzter Zeit in die Kinos kamen. Mission: Impossible – Phantom Protokoll und Dame, König, As, Spion könnten unterschiedlicher nicht sein. Alfredsons Film hat nichts von der glamourösen, aufregenden und action-geladenen Welt von Brad Birds Film. Während in Mission: Impossible das Spektakel und die exotischen Schauplätze im Fokus der Aufmerksamkeit stehen, geht es in Dame, König, As, Spion um die Atmosphäre, welche von Angst, Paranoia und Unsicherheit geprägt ist. Trotz kurzer Abstecher nach Istanbul, Budapest und Paris im Laufe des Films, spielt der Großteil der le Carré Verfilmung im tristen und verregneten London. Der Protagonist hier ist auch kein Superagent mit übermenschlichen Fähigkeiten, der einen Wolkenkratzer erklimmt, sondern ein unauffälliger, bebrillter Mann im mittleren Alter, der einen Regenmantel trägt. Beide Versionen dieser Welt – die eskapistische und die realistische – haben durchaus ihre Daseinsberechtigung. Alfredsons Film ist keine leichte Kost. Es gibt keine Action, keinen extrem spannungsgeladenen Höhepunkt am Ende. Allerdings bleibt das Ganze auch nicht völlig spannungsfrei. Die simple Szene, in der Guillam für Smiley Unterlagen aus dem Circus schmuggeln soll ist ebenso spannend wie alles, was man in Mission: Impossible sieht, auch wenn hier nicht geschossen wird und nichts explodiert.

Alfredsons Regie wird unterstützt durch eine perfekte Ausstattung, die diese Welt zum Leben erweckt. Die Umsetzung des Circus ist beeindruckend und im Zusammenspiel mit wundervoller Kameraarbeit durchaus atemberaubend, auch wenn das meiste hier nach alten Containern anmutet. Die Zeit, in der der Film spielt wird sehr treffend umgesetzt. Dies wird mit einem sehr guten, wennauch eher subtilen Score von Alberto Iglesias abgerundet, der bereits die Musik für Der Ewige Gärtner schrieb und für beide Filme eine Oscar-Nominierung kassierte.

Trotz allem merkt man aber, dass es sich hierbei um die Umsetzung von einem sehr komplexen Werk handelt. Vieles wurde mit Sicherheit ausgelassen und gekürzt und obwohl dabei ein sehr befriedigendes Ergebnis herauskam, kommt man nicht umhin, das Gefühl zu haben, dass irgendetwas fehlt, auch wenn alle einzelnen Teile an und für sich perfekt sind. Es ist ein Film, der nicht nur vollste Aufmerksamkeit erfordert, sondern vielleicht auch ein wiederholtes Anschauen, um alle Nuancen zu erfassen. Eine etwas längere Laufzeit hätte es den Filmemachern vielleicht erlaubt, die Geschichte noch mehr zu entfalten. Die vier Verdächtigen werden nicht sehr ausführlich eingeführt, sodass die Enthüllung des Verräters am Ende nicht als eine große Überraschung daherkommt, das man sich um diese Charaktere einfach nicht so sehr kümmert. Es ist ein sehr interessanter Einblick in diese Welt, aber man bleibt dennoch etwas außen vor.

Fazit

Dame, König, As, Spion ist ein komplexer Thriller mit herausragenden schauspielerischen Leistungen, der den einen oder anderen Zuschauer vielleicht überfordern wird. Wenn man sich aber auf das Labyrinth einlässt, wird mit einer beklemmend realistisch erschaffenen Welt belohnt.

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