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Box-Office USA: Spider-Man: Homecoming schwingt sich an die Spitze

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Spider Man Homecoming Box Office

© 2017 Sony Pictures

Quelle: Boxofficemojo

Auf Marvels Spinnenmann ist Verlass. Der Start von Spider-Man: Homecoming, der einzigartigen Zusammenarbeit zwischen Rechteinhaber Sony Pictures und den kreativen Köpfen von Marvel Studios, sorgte dafür, dass die Gesamteinnahmen der Top 12 um satte 25% auf $200,7 Mio angestiegen sind. Es war der zweithöchste Top-12-Umsatz des Jahres, nach dem März-Wochenende, an dem Disneys Die Schöne und das Biest angelaufen ist und auch erst das zweite Mal dieses Jahr, dass die erfolgreichsten zwölf Filme zusammengerechnet mehr als $200 Mio am Wochenende verbuchen konnten. Im direkten Vergleich zum entsprechenden Wochenende aus dem Vorjahr, als Pets die Chartspitze eroberte, ging es dennoch um 4% runter.

Auch wenn der Film trotz 3D-Zuschlag und Inflationsbonus nicht in die Nähe des einstigen Rekordstarts von Spider-Man 3 ($151,1 Mio) gekommen ist, kann das Startwochenende von Spider-Man: Homecoming dennoch als Erfolg auf ganzer Linie gewertet werden. Der neuste Film des Marvel Cinematic Unverse spielte in den ersten drei Tagen $117 Mio von 4348 Kinos ein und erzielte einen Schnitt von $26915 pro Spielstätte. Nach Iron Man 2 (4390 Kinos) und Marvel’s The Avengers (4349 Kinos) war es der drittbreiteste Start eines MCU-Films. Das Startwochenende lag knapp oberhalb dessen von Spider-Man, der 2002 mit $114,8 Mio den damaligen Startrekord von Harry Potter und der Stein der Weisen nach einem halben Jahr zerschmetterte. Bedenkt man, dass es der erste Film überhaupt mit mehr als $100 Mio in den ersten drei Tagen war und dass er den Rekord so deutlich übertraf, ist der Start des ersten Spider-Man-Films in der Gesamtbetrachtung natürlich deutlich beeindruckender.

Doch man darf auch nicht vergessen, dass es der erste große Spider-Man-Kinofilm überhaupt war und dass er zu einer Zeit herauskam, als die Kinogänger weit davon entfernt waren, durch Comicverfilmungen übersättigt zu sein. Dass 15 Jahre und vier Spider-Man-Filme (einschließlich eines Reboots) später ein neues Spidey-Abenteuer wieder locker die $100-Mio-Marke knackt ist definitiv bemerkenswert, insbesondere da The Amazing Spider-Man 2: Rise of Electro in Nordamerika mit nur $202,9 Mio Einspiel nicht nur der umsatzschwächste Teil der Reihe war, sondern mit seiner schwachen Mundpropaganda auch das Image der Marke "Spider-Man" etwas trübte. Nur drei Jahre später schafft es dennoch ein neuer Spider-Man-Film, den Start von Rise of Electro ($91,6 Mio) deutlich zu toppen. Tatsächlich ist Spider-Man 3 der einzige Spider-Man-Steifen, der ein besseres Startwochenende als Homecoming schrieb. Jedoch litt Spider-Man 3 unter mieser Mundpropaganda und verlor auch Zuschauer an zwei weitere Riesenhits im selben Monat – Shrek der Dritte und Pirates of the Caribbean: Am Ende der Welt, die jeweils mehr als $300 Mio in Nordamerika einspielten. Spider-Man 3 spielte $336,5 Mio ein und trotz eines schwächeren Starts hat Spider-Man: Homecoming gute Chancen, dessen Gesamteinspiel zu überholen. Der Film erhielt nicht nur sehr positive Rezensionen, sondern wurde auch mit einem "A"-CinemaScore (äquivalent einer "1") von den Zuschauern bewertet. Es war die bislang beste CinemaScore-Wertung eines Spider-Man-Films überhaupt. Gerade die Comedy-Anteile des Films und seine Leichtfüßigkeit werden ihn in den nächsten Wochen neben düsteren Spektakeln wie Planet der Affen – Survival und Dunkirk zu einem beliebten Ziel der Kinogänger machen. Es hilft auch, dass gerade jüngere Zuschauer Interesse an dem Film haben. Etwa 43% der Kinogänger am Wochenende waren unter 18.

Am Wochenende zeigte sich der Film etwas frontlastig. Nach $50,8 Mio am Starttag (davon $15,4 Mio aus Donnerstags-Previews), fiel er am Samstag um 27% auf $37,1 Mio. Doch der anfängliche Andrang sollte nun vorüber sein und positive Mundpropaganda wird sich über die nächsten Wochen entfalten, sodass man etwa $340-370 Mio von dem Film erwarten kann. Die beiden Amazing-Spider-Man-Filme wird er sehr schnell überholen und könnte mit etwas Glück sogar Spider-Man 2 ($373,6 Mio) hinter sich lassen. Nur der erste Spider-Man ist mit $403,7 Mio vermutlich außerhalb seiner Reichweite. Man sollte auch im Kopf behalten, dass Homecoming mit "nur" $175 Mio Budget der zweitgünstigste von allen bisherigen Spider-Man-Filmen ist. Nur der erste kostete mit $139 Mio weniger. Der Erfolg von Homecoming zeigt letztlich zweierlei: Der Charakter ist auch nach mehreren Filmen in kurzer Zeit immer noch immens beliebt und die Einbindung von Spider-Man in Marvels Kino-Universum (mit dem dazugehörigen Auftritt von Robert Downey Jr. als Tony Stark/Iron Man) weckte auf jeden Fall zusätzliches Interesse an dem Film.

Ich – Einfach unverbesserlich 3 erlitt einen heftigen Einsturz und sank um 53,6% auf $33,6 Mio und Platz 2 der Wochenendcharts. Der Film hielt sich ein wenig besser als Minions an seinem zweiten Wochenende, jedoch deutlich schlechter als seine beiden direkten Vorgänger, die einen Drop von 50% vermeiden konnten. Nach zehn Tagen zählt der Film bereits $148,8 Mio in Nordamerika (und $448 Mio weltweit), was ihn bei einem Budget von nur $80 Mio sehr profitabel für Universal macht. Die Höhen des zweiten Teils, der $368,1 Mio in den USA und in Kanada eingenommen hat, wird er nicht erreichen, doch er hat immer noch eine gute Chance, die $251,5 Mio des ersten Films to toppen. Damit werden sieben der acht bisherigen Filme der Animationsschmiede Illumination mehr als $200 Mio in Nordamerika einspielen, sechs sogar höchstwahrscheinlich mehr als $250 Mio. Eine solche Erfolgsquote kann nicht einmal Pixar vorweisen. Ich – Einfach unverbesserlich 3 hat den Vorteil, dass ihn mit der Ausnahme des Emoji-Films Ende des Monats keinerlei große Animationskonkurrenz im Juli oder August erwartet, sodass er sich schnell stabilisieren und insgesamt $255-270 Mio erreichen sollte. Das könnte ausreichen, um der umsatzstärkste Animationsfilm des Jahres zu bleiben, außer Pixars Coco überrascht im November.

Edgar Wrights Baby Driver zeigte bereits die Auswirkungen positiver Mundpropaganda (der Film erhielt einen "A-"-CinemaScore, äquivalent einer "1") und fiel in der zweiten Woche lediglich um 36,7% auf $13 Mio. Nach zwölf Tagen im Kino hat der Film bereits $57,1 Mio erreicht und damit das Gesamteinspiel des davor erfolgreichsten Films von Edgar Wright fast verdoppelt (Scott Pilgrim gegen den Rest der Welt mit $31,5 Mio). Wright ist endlich sein großer Mainstream-Durchbruch in den USA gelungen. In den nächsten Wochen sollte es weiter gut laufen, lediglich Atomic Blonde könnte direkte Konkurrenz darstellen. Ein Gesamteinspiel von $90 Mio ist Baby Driver sicher und er könnte tatsächlich an der $100-Mio-Marke kratzen, was angesichts des $34-Mio-Produktionsbudgets und des R-Ratings großartig wäre.

Auf Seite 2 könnt Ihr nachlesen, weshalb Wonder Woman weiterhin ein Phänomen an den Kinokassen ist und Transformers: The Last Knight der mit Abstand größte Misserfolg der Reihe.

Pet: Blu-ray-Verlosung zum Heimkinostart

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Pet Gewinnspiel

© Pandastorm Entertainment

Mann liebt Frau. Frau liebt Mann nicht. Mann entführt Frau und sperrt sie in einen Käfig – so knapp lässt sich sehr vereinfacht die Handlung von Carles Torrens' Psycho-Kammerspiel Pet zusammenfassen. Der auf den diesjährigen Fantasy Filmfest Nights aufgeführte Schocker verbirgt jedoch ein finsteres Geheimnis und lässt die Zuschauer zu Beginn nicht gänzlich in seine Karten schauen. Mit einem überschaubaren Cast, der selbstbewusst von Dominic Monaghan und Ksenia Solo als nicht wirklich freiwilliges Paar getragen wird, wird im Verlauf nicht bloß Herzschmerz vermittelt, sondern auch gelegentlich Herzblut fließen. Für den spannenden Abend-Thrill ist also definitiv gesorgt.

Wer das Werk bei seiner kurzen Festival-Tour auf der Leinwand verpasst hat, kann sich nun zumindest die DVD oder Blu-ray ins Heimkino holen – beide Formate liegen ab dem 23. Juni ungekürzt im Handel aus. Wer Lust auf den Schocker hat, kann sein Glück auch an dieser Stelle versuchen: Mit freundlicher Unterstützung von Pandastorm Entertainment verlosen wir 1x die Blu-ray zuer Veröffentlichung! (Abbildung unten)

Pet Gewinnspiel Blu-ray

Um am Gewinnspiel teilzunehmen, beantwortet einfach nachstehende Frage und hinterlegt bitte zwecks Zusendung der Gewinne eure Kontaktdaten. Eure Daten werden selbstverständlich streng vertraulich behandelt und nicht an Dritte weitergegeben. Viel Glück!

Aus welcher populären Serie ist Pet-Darsteller Dominic Monaghan u. a. bekannt?

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Einsendeschluss ist am Donnerstag, den 20. Juli.

Teilnahmeberechtigt sind nur volljährige Personen mit Wohnsitz in Deutschland. Es ist nur eine Teilnahme pro Person möglich. Unvollständige Bewerbungen können leider nicht berücksichtigt werden. Die Mitarbeiter von FILMFUTTER sind von der Verlosung ausgeschlossen.

Viel Glück!

Offizieller Inhalt:

"Seth (Dominic Monaghan) ist ein scheuer Außenseiter, ohne soziale Kontakte und arbeitet für den Mindestlohn im örtlichen Tierheim. Die zufällige Begegnung mit seiner alten Highschool-Flamme Holly (Ksenia Solo) reißt ihn plötzlich aus seiner Trägheit. Hoffnungsvoll beginnt er ihr den Hof zu machen, bekommt aber wie immer eine Abfuhr. Doch dank Hollys Tagebuch, das er heimlich an sich bringen konnte, keimt in dem Verschmähten bald eine hinterhältige Idee: Er entführt die hübsche Kellnerin und sperrt sie in einen Käfig im Keller des Tierheims. Um zu überleben, muss Holly einen Weg finden, ihrem Verehrer die Stirn zu bieten…"

Bilder und Videomaterial © 2017 Pandastorm Entertainment

Spider-Man: Homecoming (2017) Kritik

Spider-Man: Homecoming (2017) Filmkritik

Spider-Man: Homecoming, USA 2017 • 133 Min • Regie: Jon Watts • Mit: Tom Holland, Michael Keaton, Robert Downey Jr., Marisa Tomei, Zendaya, Donald Glover, Logan Marshall-Green, Jon Favreau • FSK: ab 12 Jahren • Kinostart: 13.07.2017 • Deutsche Website

Handlung

Einige Monate nachdem er sich beim Kampf der Avengers am Leipziger Flughafen Captain Americas Schild schnappte, ist wieder Routine in den Alltag des übereifrigen 15-jährigen Superhelden Peter Parker alias Spider-Man (Tom Holland) eingekehrt. Während er ungeduldig auf den Anruf seines Mentors Tony Stark (Robert Downey Jr.) und dessen Einladung, offizielles Mitglied der Avengers zu werden, wartet, muss Peter weiterhin die Herausforderungen des Superheldenlebens (unter dem Deckmantel eines Praktikums bei Stark Industries) mit den Irrungen und Wirrungen der Highschool vereinbaren. Kleinkriminelle zu jagen fällt Peter leichter, als seinen hübschen Schwarm Liz (Laura Harrier) um ein Date zum anstehenden Homecoming-Ball zu bitten. Peter wittert endlich seine Chance, sich Tony gegenüber zu beweisen, als er einer Verbrecherbande auf die Schliche kommt, die mit gefährlichen Superwaffen handelt. Angeführt wird diese von Adrian Toomes (Michael Keaton), der ganz persönliche Antipathie gegen Tony Stark hegt. Seine Bergungsfirma wurde acht Jahre zuvor mit den Aufräumarbeiten nach der Schlacht von New York beauftragt, doch Starks Unternehmen übernahm stattdessen und ruinierte dadurch Toomes' Geschäft. Frustriert, schlug er einen kriminellen Weg ein und rüstete gemeinsam mit seinen Mitarbeitern die geborgene Chitauri-Technologie zu Waffen mit immenser Zerstörungskraft um. Peter widersetzt sich Tonys direkten Anweisungen und nimmt den alleinigen Kampf gegen Toomes und seine Handlanger auf. Doch er muss feststellen, dass er der Sache möglicherweise nicht gewachsen ist und seine Handlungen nicht ohne Konsequenzen bleiben.

Kritik

Spider Man Homecoming (2017) Filmbild 1Als Sony Pictures vor zweieinhalb Jahren die einzigartige Zusammenarbeit mit Marvel Studios angekündigt hat, im Rahmen welcher Spider-Man von Sony an Marvel "ausgeliehen" wird, um ihn ins Marvel Cinematic Universe an der Seite von Iron Man und anderen Avengers einzuführen, teilten sich die Reaktionen in Freude, Enttäuschung und Skepsis. Viele Comicfans freuten sich, weil Marvels berühmteste und beliebteste Schöpfung endlich Teil des umfassenden Film-Universums werden konnte, das durch anderweitig verkaufte Lizenzen bis dahin auf viele Helden der A-Riege verzichten musste (darunter auch die X-Men und die Fantastic Four). Enttäuschung machte sich hingegen unter den Fans der erst drei Jahre zuvor gestarteten Amazing-Spider-Man-Reihe mit Andrew Garfield breit, die nach einem für mindestens ein weiteres Sequel angelegten zweiten Film keinen Abschluss bekommen sollte. Doch gerade unter weniger direkt in die Materie involvierten Zuschauern war Skepsis das vorherrschende Gefühl: Ist nach fünf (größtenteils sehr erfolgreichen) Spider-Man-Filmen und zwei Darstellern von Peter Parker in nur 15 Jahren ein weiterer Franchise-Neustart gerechtfertigt?

Der Testlauf für den neuen Spider-Man verlief hervorragend. Kaum jemand verließ nach The First Avenger: Civil War das Kino und war nicht begeistert von Tom Hollands spritzigem Auftritt als neue freundliche Spinne aus der Nachbarschaft. Die ersten Vorbehalte waren überwunden, doch die wahre Bewährungsprobe kommt jetzt in Form von Spider-Man: Homecoming (ein in mehrfacher Hinsicht treffender Titel) in die Kinos. Kann der Film Spider-Man aus einem neuen Blickwinkel zeigen, der sich nicht redundant anfühlt, nachdem Sam Raimi und Marc Webb bereits mit unterschiedlicher Herangehensweise die Anfänge des Helden, die Bürde seines Doppellebens und die Opfer, die es mit sich bringt, ausführlich ausgelotet haben? Es ist eine berechtigte Frage und die kreativen Köpfe bei Marvel waren fest entschlossen, diese mit einem lautstarken "Ja" zu beantworten.

Spider Man Homecoming (2017) Filmbild 2Nach Marc Webb bekommt mit Jon Watts (Cop Car) ein weiterer Independent-Regisseur die Gelegenheit, Spider-Man seinen eigenen Stempel aufzudrücken, und mit Homecoming zeigt er sich der Aufgabe gewachsen. Indem der Film einsteigt, nachdem Spider-Man in New York bereits seit geraumer Zeit aktiv ist, bleiben uns die radioaktive Spinne, der Tod von Onkel Ben und die moralischen Belehrungen von großer Macht und ebensolcher Verantwortung erspart. Zugleich begegnen wir einem Peter Parker, der das Superheldentum noch nicht perfekt beherrscht, häufig Fehler macht und die kompletten Ausmaße seiner Kräfte noch nicht kennt. Dadurch, dass ein Großteil des Films im New Yorker Stadtteil Queens spielt, schwingt sich dieser Spider-Man nicht durch die Hochhaus-Schluchten von Manhattan und bekommt es an einer Stelle sogar mit der Höhenangst zu tun. Auch das haben wir so noch in keinem Spider-Man-Film gesehen. Der Film ist zu gleichen Teilen effektreiches Superheldenkino wie Highschool-Komödie, die sich John Hughes' Filme als Vorbild genommen hat – mal indirekt, mal sehr explizit in einer lustigen Hommage an Ferris macht blau.

Spider Man Homecoming (2017) Filmbild 3Tom Holland zerstreut jegliche Zweifel an seiner Besetzung und behauptet sich auch neben den schauspielerischen Schwergewichten Robert Downey Jr. und Michael Keaton als das konkurrenzlose Highlight des Films. Obwohl seine beiden Vorgänger in der Rolle ihre Sache jeweils gut gemacht und dem Charakter unterschiedliche Aspekte abgewonnen haben, ist Holland (nach Garfield schon der zweite Brite in der Rolle) am glaubwürdigsten als schüchterner, nerdiger, wenn auch unter seinem Shirt sehr durchtrainierter Highschool-Schüler, der zwar in seinem rot-blauen Strampelanzug ein Auto mit bloßen Händen aufhalten kann, in der Schule aber nicht den Mut fassen kann, das Mädchen seiner Träume anzusprechen. Kam der Liebesgeschichte in Spider-Man (2002) und The Amazing Spider-Man (2012) noch eine zentrale Rolle zu, die auch die Entwicklung von Peter Parker zu Spider-Man prägte, spielen romantische Gefühle in Spider-Man: Homecoming eine untergeordnete Rolle und es geht stattdessen um Peters Selbstfindung als Heranwachsender und Held.

Spider Man Homecoming (2017) Filmbild 4Die vielen Schulszenen sind größtenteils so gelungen, dass man sich noch mehr von ihnen wünscht. Wenn sich Peter aufrafft, zur Hausparty seines Schwarms zu gehen, stattdessen jedoch in letzter Sekunde von bösen Buben abgelenkt wird, wünschte ich mir, der Film hätte auf die daraus resultierende, generische Actionszene verzichtet und Peter auf der besagten Party gezeigt. Denn während Watts' Regie in den komödiantischen Momenten aus dem Leben eines typischen Teenagers aufgeht, kann sie bei der Comic-Action weniger punkten. Nicht dass diese schlecht umgesetzt ist oder die Effekte mangelhaft sind, doch es stellt sich nicht mehr das berauschende Gefühl ein, das man als Zuschauer hatte, als man Spider-Man vor 15 Jahren erstmals auf der Leinwand in Aktion sah, und der große Sprung bei den Effekten, der bei The Amazing Spider-Man im Vergleich zu Raimis erstem Film noch sichtbar war, bleibt aus. Den einzelnen Actionsequenzen fehlen die Ambition, der Einfallsreichtum oder die Größe, die man in bisherigen Spider-Man-Filmen schon erlebt hat. Spider-Man: Homecoming ist der Januskopf von einem Film. Sind in Blockbustern häufig die Alltagsszenen bloß Füllmaterial zwischen den Actionsituationen, ist dieses "Füllmaterial" hier interessanter als die eigentliche, obligatorische business-as-usual-Action. Nachdem The Amazing Spider-Man vermehrt auf echte, halsbrecherische Stunts setzte, sind die Spidey-Szenen hier offensichtliches (wenn auch sehr gutes) CGI, und die konvertierten 3D-Effekte von Homecoming können mit dem nativen 3D von Amazing auch nicht mithalten.

Spider Man Homecoming (2017) Filmbild 5Von allen Filmen aus Marvels Kinouniversum ist Spider-Man: Homecoming am ehesten mit Ant-Man vergleichbar, insofern, als dass der Schwerpunkt auf Comedy liegt, während die Tragweite der Gefahr, die vom Bösewicht ausgeht, eher gering ist. Es ist erfrischend, dass hier zur Abwechslung mal nicht die Stadt, die Welt oder das Universum gerettet werden müssen. Civil War zeigte sehr erfolgreich, dass bei einem Konflikt nicht zwingend Millionen von Menschenleben auf dem Spiel stehen müssen, um diesen spannend und wirkungsvoll zu gestalten, doch den Geplänkeln in Homecoming fehlen neben der visuellen auch die emotionale Wucht. Sie sind immer noch unterhaltsam, doch auch irgendwie beliebig. Die Balance zwischen den tollen Schulszenen und der Action gerät gelegentlich in eine Schieflage. Zum Glück ist jedoch Michael Keaton ein deutlich besserer Antagonist als Corey Stoll in Ant-Man. Es ist schon irgendwie amüsant, dass Tony Stark mal wieder (indirekt) für die Entstehung eines Superbösewichts verantwortlich war. Die Motivationen von Keatons Toomes sind nachvollziehbar und der Charakter wird trotz seiner Schurkerei nie komplett unsympathisch. Er ist kein Psychopath oder Größenwahnsinniger, sondern ein durchschnittlicher Arbeiter, dem der Kapitalismus übel mitgespielt hat, und der, um für seine Familie zu sorgen, aus den Umständen heraus zum Kriminellen wurde, ohne jedoch seine Integrität zu verlieren. Das macht ihn auch zu einem weitaus besseren Bösewicht als Spider-Mans Gegner in den beiden Amazing-Filmen. Dass kostümierte Comicfiguren in Filmen immer nur so gut sind, wie die Schauspieler, die sie verkörpern, zeigt die vermutlich beste Szene des Films, in der es zu einer sehr spannungsgeladenen Begegnung zwischen Toomes und Peter außerhalb ihrer Super-Alter-Egos kommt. Toomes könnte sogar zu den interessantesten MCU-Bösewichten gehören, doch Keatons Screentime ist zu eingeschränkt, um die Figur auszuarbeiten.

Spider Man Homecoming (2017) Filmbild 6Fans können sich in Spider-Man: Homecoming auf zahlreiche Easter Eggs, Cameos und bekannte Charaktere aus den Comics freuen, von denen manche höchstwahrscheinlich noch eine größere Rolle spielen werden. Auch eine ikonische Szene aus den Spider-Man-Comics wird nahezu im Film nahezu 1:1 umgesetzt und sollte bei Kennern für Gänsehaut sorgen. Robert Downey Jr. leistet als Tony Stark väterlichen Beistand auf Autopilot und ist in dem Film keine so große Präsenz, wie das Marketing es nahelegt, während Jon Favreaus Happy Hogan wiederum eine durchaus nennenswerte Rolle hat. Unter allen irdischen Abenteuern des Marvel Cinematic Universe könnte Homecoming tatsächlich das humorvollste sein (den Guardians kann er in dieser Hinsicht nicht das Wasser reichen), auch wenn Jacob Batalon als Peters bester (und einziger?) Freund Ned immer wieder an der Grenze zu nervig entlangschrammt. Es sind die Actionszenen, in denen der Film nicht für ähnliche Begeisterung sorgen kann, wie diverse Spidey-Auftritte zuvor. Unter den Marvel-Filmen der letzten zehn Jahre landet Spider-Man: Homecoming im soliden Mittelfeld (das allgemeine Niveau ist sehr hoch), ist aber ein Anwärter auf die beste finale Filmszene und die beste Abspannszene des bisherigen Universums.

Fazit

Spider-Man: Homecoming ist eine erfrischende Neubelebung des Franchises über den Spinnenmann, in der Tom Hollands bestechend sympathische Performance die Zuschauer daran erinnert, weshalb Spider-Man schon immer der Superheld mit dem größten Identifikationspotenzial war. Während der Film jedoch in seinen Highschool-Szenen aufgeht und ein Anwärter auf das humorvollste irdische Abenteuer im Marvel Cinematic Universe ist, gerät er in seinen effektreichen Actionszenen ins Straucheln und hinterlässt mit diesen keinen bleibenden Eindruck.

Trailer

Zehn Horrorfilme seit 2000, die Du verpasst haben könntest

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Zu Beginn dieses Jahrtausends stellte der US-amerikanische Horrorfilm The Ring (2002) die Weichen für die Horrorfilmlandschaft und wie so oft kam die Inspiration dafür aus dem asiatischen Raum, aus Japan um genauer zu sein. Ringu (1998), so das Original, erfreute sich in Fernost großer Popularität und so war es nur eine Frage der Zeit, bis die Vereinigten Staaten sich an einem Remake versuchten. Im bisherigen Verlauf dieses Jahrtausends war dies nicht das letzte Mal, dass die USA sich an ein Horrorfilmremake von ausländischen Produktionen wagten. Der Fluch der Zwei Schwestern (2009) ist ein nahezu direktes Remake des südkoreanischen Horrorfilms A Tale of Two Sisters (2003). Ebenso verhält es sich mit dem amerikanischen Vampir-Horrorfilm Let Me In (2010), dessen Original aus Schweden kommt und den Titel So finster die Nacht (2008) trägt.

Doch der moderne Horror wird nicht nur durch diverse Remakes geprägt, auch die Härte der Horrorfilme ist in diesem Jahrtausend drastisch gestiegen. Splatterszenen in expliziten Nahaufnahmen, literweise Blut, Verstümmelungen jeglicher Art, alles nichts, was es nicht schon zur Genüge auf der Leinwand gegeben hat. Filme wie Saw (2004) und Hostel (2005) legten ihren Fokus nicht auf eine atmosphärisch dichte Erzählung, wie es viele herausragende Horrorfilme machen, sondern einzig und allein auf die Gewalt, die das Publikum schockieren und verstören soll. Der Rattenschwanz, den sowohl Saw, als auch Hostel nach sich ziehen sind zahlreiche Sequels, die den Anschein erwecken, dass sie sich qualitativ gegenseitig unterbieten wollen. Nichtsdestotrotz hatten gerade diese beiden Horrorfilme durch ihr verhältnismäßig hohes Box-Office einen nachhaltigen Einfluss auf ihre Genrevertreter.

Neben überwiegend schlechten Remakes, unangebrachter und überstilisierter Gewalt gibt es noch einen weiteren Punkt, der mir als langjährigen Horrorfilmfreund besonders bitter aufstößt. Wer kennt es nicht: ein Charakter in einem Horrorfilm geht einem Geräusch oder einem Verdacht nach und natürlich erwartet der Zuschauer, dass er in dieser Szene erschreckt wird. Trotz der Vorhersehbarkeit der Szene schrickt man auf, da der Jump-Scare eingesetzt wird. Ein schneller Schnitt, grelle Musik, am besten verbunden mit der hässlichen Fratze des Monsters und schon hat man die optimale Zutaten, damit der Zuschauer kurz in seinem Sessel zusammenzuckt. Aber in meinen Augen ist das kein Horror und nicht das, was dieses altehrwürdige Filmgenre einst so populär machte. Eine dichte Atmosphäre, die sich schleichend aufbaut oder eine kunstvolle Inszenierung eines Horrorfilms mit innovativer Musik sucht man mittlerweile fast vergebens.

Mit den folgenden zehn Filmen möchte ich euch eine kleine Auswahl an Horrorfilmen bieten, die den schlechten Gewohnheiten des Genres in der heutigen Zeit trotzen. Hardcore-Fans werden zweifelsohne schon von vielen Titeln auf dieser Liste gehört haben. Nichtsdestotrotz habe ich mich darum bemüht, Horrorfilme zu wählen, die nicht die Popularität von den großen Vertretern wie Final Destination (2000), 28 Days Later (2002) oder Insidious (2010) erreichen.

 

1.

Das Waisenhaus (Spain & Mexico/ 2007)

Jüngst machte Regisseur J.A. Bayona mit seinem Drama Sieben Minuten nach Mitternacht (2016) noch auf sich aufmerksam, doch gewann er bereits mit seinem Film Das Waisenhaus den wichtigsten spanischen Filmpreis: den Goya – und das gleich sieben Mal.

Bei dem Film Das Waisenhaus darf man keine schnellen Schnitte erwarten oder schnelles Pacing, sondern man muss sich auf den Film einlassen, sich regelrecht in seinen Bann ziehen lassen und tatsächlich mitdenken, auch wenn gerade das mittlerweile eine Rarität geworden ist bei Horrorfilmen.

Laura und Carlos ziehen mit ihrem Adoptivsohn Simón in ein stillgelegtes Waisenhaus, in welchem Laura vor vielen Jahren selbst einmal aufwuchs. Ihr Ziel ist es, das Haus wieder zu eröffnen und dort neue Kinder zu beheimaten. Simón spricht jedoch ständig mit seinen Fantasiefreunden und kaum ist die Familie eingezogen, findet er neue Freunde, die ebenfalls imaginär sind. Auf einer Eröffnungsfeier für die neuen Kinder verschwindet auf einmal Lauras Sohn. Trotz einer eingehenden Suche ist der Junge unauffindbar und Laura droht allmählich daran zu zerbrechen.

Man mag bei der Handlung des Films eventuell denken, dass es sich hier um eine Klischeeansammlung dreht, da Dinge wie Fantasiefreunde und alte, leer stehende Gebäude bereits zur Genüge vorgekommen sind. Doch man bekommt mit Das Waisenhaus keine Klischees, man erhält vielmehr eine liebevoll erzählte Geschichte, die sich immer wieder in Richtungen entwickelt, die man nicht vorhergesehen hat, gepaart mit einer unheimlichen und (im positiven Sinne) unangenehmen Atmosphäre. Die wunderschöne Inszenierung des Kameramanns Óscar Faura, der sich für Sieben Minuten nach Mitternacht wieder mit J.A. Bayona zusammenschloss, zeichnet ein idyllisches Bild, das zugleich unheimlich und letztendlich erschütternd ist.

Manche sehen Das Waisenhaus nicht als einen Horrorfilm an und im klassischen Sinne muss ich diesen Stimmen Recht geben. Vielmehr bekommt man hier ein emotionales Drama, welches sich an diversen Horrorfilmelementen bedient, aber nichtsdestotrotz atmosphärisch sehr dicht ist und nicht nur ein Mal für eine bleibende Gänsehaut sorgt.

 

2.

So finster die Nacht (Schweden/ 2008)

Zu Beginn meines Artikels sprach ich über die unsäglichen US-Remakes, die vielen Horrorfilmfreunden ein Dorn im Auge sein dürften. Auch wenn Let Me In zu den besseren Vertretern dieser Remake-Welle zählt, ist sein Vorgänger, das schwedische Original So finster die Nacht, eine qualitativ vollkommen andere Kategorie.

Gleich vorweg: So finster die Nacht ist ein Vampir-Film, doch bevor jetzt alle Leser abspringen: hier glitzert niemand und es gibt keine unsägliche Liebesgeschichte (nochmal vielen Dank an Twilight für die Zerstörung einer ikonischen Horrorfigur). In diesem Film von Thomas Alfredson geht es nicht um Kitsch und auch nicht um die Auslöschung der Vampire, sondern hier werden viel emotionalere Töne angeschlagen, verpackt in den mitunter schönsten Bildern die ein Horrorfilm bis dato bot.

1982, eine Wohnsiedlung nahe Stockholm. Der kleine Oskar ist das Opfer von Mobbing und Hänseleien an seiner Schule und außer seinen Gedankenspielen Rache betreffend kann er nichts dagegen ausrichten.  In einer Nacht trifft Oskar seine neue Nachbarin, die junge Eli, die, so sagt sie von sich selbst, zwölf Jahre alt sei. Die beiden freunden sich miteinander an und Oskar erfährt, was es mit dem vermeintlich jungen Mädchen auf sich hat.

An dieser Stelle mochte ich den Handlungsabriss abbrechen, da ich dem Leser schließlich nicht alles auf dem Silberteller präsentieren möchte. Die Geschichte von So finster die Nacht ist emotional, berührend und schlägt Töne an, wie es noch kaum ein Horrorfilm zuvor getan hat. Regisseur Tomas Alfredson vermischt Elemente eines Coming-of-Age Films mit denen eines Familiendramas und all das wird begleitet von dem Horror, der in manchen Szenen auch gerne hart zur Sache geht.

Der Vampir ist ein Geschöpf, welches sowohl in der Literatur, als auch im Film bereits zahlreiche Auftritte hatte. Das erste Mal, dass man dieses Wesen auf der Leinwand sah, war 1915 mit dem französischen Stummfilm Les Vampires und seither folgte der mystischen Figur ein Kult, der bis heute anhält. Auch in Zeiten, in denen angsteinflößende Geschöpfe wie Vampire sanfte Liebesgeschichten erleben und in der Sonne glitzern anstatt qualvoll zu verbrennen, haben diese Figuren dennoch nicht ihre Aura verloren. So finster die Nacht beweist eindrucksvoll, dass eine emotionale Geschichte mit einem Vampir Hand in Hand gehen kann mit Horrorelementen und dabei nicht auf Klischees und gewöhnliche Vampirfilm-Elemente zurückgreift.

 

3.

Audition (Japan/ 1999/ 2001)

Ich muss gestehen, dass ich bei Audition meine eigens auferlegten Regeln breche. Diese Liste enthält  nur Horrorfilme, die entweder im Jahr 2000 oder danach erschienen sind, damit ich mich auf den modernen Horror beschränken kann. Dieser japanische Horrorfilm ist zwar in seinem Herkunftsland 1999 erschienen, in Deutschland jedoch erst im Jahre 2001. Deswegen bitte ich den Leser zu entschuldigen, dass ich mir selbst eine kleine Freiheit bei meinem Reglement herausgenommen habe.

Wer mit dem asiatischen, speziell mit dem japanischen Kino bereits vertraut ist, wird auch sicherlich den Namen des Regisseurs Takashi Miike kennen. Dieser ist besonders für seine überstilisierte und exzessive Gewalt bekannt, die in manchen seiner Filme fast schon karikiert und satirisch wirkt.  Mit Audition gelang ihm damals sein internationaler Durchbruch und auch hier war schon sein brutales Markenzeichen zu finden.

Shigeharu Aoyama möchte endlich wieder heiraten, nachdem seine erste Frau vor sieben Jahren verstarb. Sein Freund, der Fernsehproduzent Yoshikawa, beschließt mit ihm das Vorhaben, ein Casting aufzuziehen, in welchem mehrere junge Frauen für einen fiktiven Film vorsprechen sollen. So kommt es, dass der Witwer sich in die schüchterne Asami verliebt. Nach einigen Treffen lädt Aoyama sie in ein Hotel ein, wo er ihr einen Antrag machen möchte, doch nachdem sie miteinander die Nacht verbracht haben, ist die schüchterne Frau unauffindbar.

Bevor man Audition sieht, muss man mit einer gewissen Erwartungshaltung an den Film herantreten. Man darf keinen Horror erwarten, der dem westlichen Zuschauer bekannt ist. Es gibt in diesem Sinne keinen schnellen Einstieg in den ersten zwanzig Minuten, sondern ein sehr behäbiges Tempo, in dem sich die Handlung entfaltet und teilweise hat der Film surreale Sequenzen, sodass man sich nicht selten fragt, was gerade überhaupt passiert. All das soll aber nicht davor abschrecken, sich Miikes Horrorfilm anzuschauen, denn man erhält mit Audition ein absolutes Unikat.

Wie bereits zuvor erwähnt, ist Miikes Markenzeichen seine filmische Gewalt, die allen Grenzen des guten Geschmacks widerspricht und noch darüber hinausgeht. So auch in Audition, doch genau bei dieser gezeigten Gewalt muss man differenzieren. Im modernen Horror wird Splatter möglichst blutig und brutal eingesetzt, um das Publikum zu schocken, doch dadurch verkommt die Wirkung des Splatters zum reinen Selbstzweck. Miike hingegen setzt die Gewalt in seinem Horrorfilm sehr nuanciert ein und wenn sie vorkommt, ist sie stets eingebettet in den Plot. Diese Szenen möchten nicht einfach nur schockieren, vielmehr wollen sie in Verbindung mit der Handlung dem Zuschauer nachhaltig im Gedächtnis bleiben. Selten hat ein Horrorfilm sein Blut, seine Gewalt und seinen Anspruch eindrucksvoller gezeigt wie es Audition tut.

 

4.

Martyrs (Frankreich/ 2008)

Die Filmbewegung der neuen französischen Härte ist besonders für eines bekannt: ihre Gewalt, die nicht zu beschreiben ist. Filme wie High Tension (2008) und Inside (2007) sind namhafte Vertreter der Bewegung und schrecken vor keiner Gewaltdarstellung zurück, so unappetitlich und grenzüberschreitend sie auch sein mag. Doch der berühmteste und zugleich härteste Vertreter dieser Filmbewegung zeigt, dass filmische Gewalt auch in höchstem Maße anspruchsvoll sein kann.

Die Handlung von Martyrs kann man als zweigeteilt sehen. Zu Beginn sieht man, wie das kleine Mädchen Lucie sich aus der Gefangenschaft in einem verlassenen Schlachtbetrieb befreit. In einem Waisenhaus freundet sie sich mit der ebenfalls jungen Anna an. Schnitt. Fünfzehn Jahre später am Frühstückstisch der Familie Belfond. Es klingelt an der Tür und als die Familie sie öffnet, sehen sie in den Lauf einer Schrottflinte. Am anderen Ende der Waffe steht Lucie. Sie erschießt die beiden Eltern und ihre zwei Kinder und da wir hier von einem Film der neuen französischen Härte sprechen, geschieht dies natürlich in der explizitesten Art und Weise.

So weit, so gut. Die erste Hälfte von Martyrs schockt, verstört und kann manchen Zuschauer sogar (zurecht) anwidern, doch das ändert nichts daran, dass der Film kein gewöhnlicher oder gar plumper Splatterstreifen ist. Dafür ist er zu ruhig, zu mystisch und zu intelligent erzählt. Nach der ersten Hälfte dreht sich Martyrs vollkommen unerwartet in eine andere Richtung und verwirrt das Publikum vollends. Auch in der ersten Hälfte werden nicht alle Fragen beantwortet, die auftauchen, doch gerade das ist es, was einen großen Teil der Anziehungskraft des Films ausmacht.

Pascal Laugiers Film löste damals eine Diskussion darüber aus, was das Medium Film darf und wo ihm die Grenzen gesetzt sind. Martyrs beweist allen Kritikern der filmischen Gewalt, dass ein Film teilweise die gegebenen Grenzen überschreiten muss, um etwas Neues zu kreieren. Ja, dieser Film ist wahnsinnig gewalttätig und manche werden oder haben ihn bereits als geschmacklos und abartig abgetan. Doch diejenigen, die sich auf den Film einlassen können, werden fasziniert sein und besonders seine letzten Minuten zu schätzen wissen.

 

5.

The Descent – Abgrund des Grauens (Großbritannien/ 2005)

Dieser britische Horrorfilm dürfte wohl der populärste Vertreter auf meiner Liste sein, was jedoch nicht seine Qualität schmälert. Über das (überraschenderweise) gelungene Sequel  The Descent 2 – Die Jagd geht weiter möchte ich an dieser Stelle jedoch nicht sprechen, sondern mich auf den ersten Teil konzentrieren.

Es ist eine Vorstellung, die für viele die perfekte Definition von Horror ist. Eingeklemmt in einer engen Felsspalte tief unter der Erde, wo die Rettung genauso weit entfernt scheint wie das Tageslicht. Genau in einer solchen katastrophalen Situation befinden sich sechs Freundinnen, die Protagonistinnen des Films. Eine von ihnen, Juno, gesteht, dass das Höhlensystem, in welches sie ihre Freundinnen geführt hat, bis dato noch vollkommen unerforscht sei. Die Situation spitzt sich zu, indem sich bei einem Unfall eine der Kletterinnen das Bein bricht. Zu alledem scheint die Truppe nicht alleine zu sein in dem uralten Höhlenlabyrinth.

Nach den vorherigen Filmempfehlungen Audition und Martyrs ist The Descent – Abgrund des Grauens die deutlich konventionellere Kost, doch ich bitte den Leser darum, das Wort „konventionell“ so positiv wie möglich zu lesen. Zwar mag man hier keine ausgeklügelte und innovativ erzählte Handlung bekommen, doch man erhält das, wofür das Genre schließlich so beliebt ist: blanken Horror.

Was diesen Horrorfilm wahrhaft denkwürdig macht, sind seine eindringlichen Bilder. Kameramann Sam McCurdy sorgt mit seinen bedrückenden Bildern in jeder Sekunde dafür, dass man die unterirdische Höhle fürchtet. Das Farbenspiel in The Descent – Abgrund des Grauens ist ein Konglomerat aus blutrot und pechschwarz.

Es besteht kein Zweifel daran, dass Neil Marshalls Horrorfilm technisch hervorragend ist, doch auch das Schauspiel der sechs Protagonistinnen ist zu jedem Augenblick realistisch und ihre Aktionen sind stets nachvollziehbar. Vielen Horrorfilmen bricht gerade dieser Punkt das Genick, schließlich ist die Dummheit der Charaktere in diesem Genre fast schon ein Standard, doch nicht so in The Descent – Abgrund des Grauens.

Sollte man unter Klaustrophobie leiden oder einen Ausflug in eine Höhle oder ähnliches geplant haben, sollte man einen möglichst weitläufigen Bogen um diesen Film machen. Doch die Leser, die sich dazu entscheiden dem Film eine Chance zu geben, werden sich auch noch lange danach an das unterirdische Labyrinth zurückerinnern.

Box-Office USA: Transformers 5 floppt, Wonder Woman knackt $300 Mio

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Transformers 5 Box Office

Links: Transformers: The Last Knight © 2017 Paramount Pictures
Rechts: Wonder Woman © 2017 Warner Bros. Pictures

Quelle: Boxofficemojo

Vergangenes Wochenende gab es wieder einen Führungswechsel in den nordamerikanischen Kinocharts, doch der einzige breit gestartete Neuzugang brachte keinen Aufschwung für den Kinobetrieb. Der Gesamtumsatz der Top 12 sank stattdessen um 27% auf $133 Mio und lag 26% unter dem Vorjahr, als Findet Dorie zum zweiten Mal in Folge die Spitze innehatte.

Transformers: The Last Knight hat zwar zum Start mühelos die Spitze der US-Charts erklommen, doch sein Einspiel ist weitaus weniger beeindruckend ausgefallen, als bei seinen vier Vorgängern. Michael Bays fünfter Beitrag zur Sci-Fi-Actionreihe basierend auf HASBROs Spielfiguren spielte $44,7 Mio von Freitag bis Sonntag ein und erreichte im Schnitt $10981 pro Kino in insgesamt 4069 Lichtspielhäusern. Da der Film bereits am Mittwoch angelaufen ist, erzielte er in den ersten fünf Tagen insgesamt $68,5 Mio und man muss kein großer Experte sein, um zu erkennen, dass dies für die $217 Mio teure Produktion (exklusive Marketingkosten) kein gutes Ergebnis ist. Transformers: The Last Knight ist der teuerste Film der Reihe, doch sein US-Start ist mit Abstand der schwächste. In den ersten fünf Tagen spielte er kaum mehr ein als Transformers 2: Die Rache vor acht Jahren alleine am Starttag ($62 Mio) eingenommen hat, und das ohne den 3D-Zuschlag (53% der Zuschauer sahen The Last Knight am Startwochenende in 3D, was die Einnahmen natürlich in die Höhe trieb). Die ersten drei Transformers-Filme spielten in Nordamerika jeweils mehr als $300 Mio ein, wobei der Erfolgs-Höhepunkt mit dem zweiten erreicht wurde, der mehr als $400 Mio einbrachte. Bereits Transformers: Ära des Untergangs zeigte vor drei Jahren deutliche Ermüdungserscheinungen, spielte aber immerhin noch in den ersten drei Tagen $100 Mio ein und insgesamt $245,4 Mio. The Last Knight wird nicht einmal in die Nähe dieser Zahlen kommen und sogar noch deutlicher gegenüber seinem Vorgänger abfallen, als es bei Pirates of the Caribbean: Salazars Rache der Fall ist.

Man kann aber nicht behaupten, dass die Entwicklung nicht vorauszusehen war. Kinogänger liebten den ersten Film und so wurde Teil 2 zu einem Megahit. Doch das erste Sequel enttäuschte bereits viele Zuschauer. Der dritte Film gab etwas nach, konnte dies aber größtenteils durch den 3D-Bonus kompensieren, der damals noch relativ frisch war. Ära des Untergangs sank schon deutlich gegenüber Teil 3 und galt unter vielen Fans als schlechtester Film der Reihe. Die gemischte Mundpropaganda des Vorgängers, kombiniert mit sehr negativen Rezensionen des neuen Films und einer Übersättigung durch das Franchise, führte letztlich zu rückläufigen Einnahmen. Der "B+"-CinemaScore von The Last Knight (äquivalent einer "2+") ist auch schwächer als bei Ära des Untergangs, der eine "A-" erhielt (äquivalent einer "1-"). Daher ist nicht zu erwarten, dass The Last Knight das Ruder noch herumreißen wird. In den USA und in Kanada wird der Film etwa $130-150 Mio einspielen, bevor er die Kinos verlässt. Paramount muss sich jedoch wegen des Profits keine großen Sorgen machen, denn international läuft es für Transformers 5 immer noch respektabel. Am Wochenende spielte er fast $200 Mio außerhalb von Nordamerika ein, davon enorme $123 Mio zum Start in China. Weltweit könnte er bis zu $750-800 Mio erreichen und darüber kann man sich nicht beklagen. Doch angesichts der verhaltenen Reaktion auf den Film, kann man davon ausgehen, dass die Umsätze beim sechsten Film weiter sinken werden. Paramount sollte also darauf achten, dass das Budget von Transformers 6 nicht aus dem Ruder läuft.

Wonder Woman blieb am vierten Wochenende standhaft und belegte wieder den zweiten Platz der Kinocharts mit $24,9 Mio (-39,6%). Es war das zehntbeste vierte Wochenendergebnis aller Zeiten in Nordamerika, knapp vor Disneys The Jungle Book. An seinem 22. Tag im Verleih überquerte der Streifen als dritter Film von 2017 die $300-Mio-Marke und steht nun bei $318,1 Mio. Wonder Woman hat trotz eines schwächeren Starts das Gesamteinspiel von Man of Steel ($291 Mio) übertroffen und wird schon sehr bald Suicide Squad ($325,1 Mio) hinter sich lassen. Außerdem hat die Comicverfilmung im direkten Vergleich auch Batman v Superman überholt. Obwohl jener mit $63 Mio mehr angelaufen ist, liegt Wonder Woman jetzt um 2% vorne im selben Zeitraum. Es ist bemerkenswert, wie der Film Woche nach Woche jeder Konkurrenz trotzt und angesichts des bisherigen Verlaufs, gibt es keinen Anlass zu glauben, dass Wonder Woman im Juli plötzlich stark abbauen wird. Deshalb gehe ich weiterhin fest von einem Einspiel oberhalb von $400 Mio in Nordamerika aus. Die Frage ist viel eher, ob er die $409 Mio von Iron Man 3 toppen und unter die fünf erfolgreichsten Comicbuchverfilmungen aller Zeiten einziehen wird (weiter vorne wären nur noch The Avengers, The Dark Knight, Avengers: Age of Ultron und The Dark Knight Rises).

Pixars Cars 3 fiel um zwei Plätze und 55,2% auf $24,1 Mio und Rang 3 der Wochenendcharts. Damit brachte das Animations-Sequel sein Einspiel auf $98,8 Mio nach zehn Tagen und liegt jetzt 16% hinter Cars und Cars 2 im selben Zeitraum. Der Drop sieht besonders schlecht aus, weil Cars 3 nicht einmal nennenswerte Konkurrenz hatte. Kommendes Wochenende erwartet den Film die Übermacht von Ich – Einfach unverbesserlich 3, der für einen weiteren heftigen Rückgang des Pixar-Sequels sorgen sollte. Mehr als $165-175 Mio sind für den Film nicht drin, doch das wahre Geld kommt für Disney sowieso aus Merchandise-Umsätzen.

Die vermutlich größte Überraschung am Wochenende war der überschaubare Rückgang des Haithrillers 47 Meters Down, der mit einem Minus von 36,7% einen besseren Drop hinlegte als jeder andere Top-10-Film. Dadurch kletterte der Streifen um einen Platz nach oben in den Charts, auf Rang 4. Außerdem hielt sich 47 Meters Down bedeutend besser am zweiten Wochenende als The Shallows mit Blake Lively vor einem Jahr, der um 47,8% nachgab. Es gibt auf jeden Fall einen Markt für Haifilme im Kino, was ein gutes Zeichen für den Jason-Statham-Streifen MEG nächstes Jahr sein sollte. 47 Meters Down spielte an seinem zweiten Wochenende $7,1 Mio ein und steht jetzt bei $23,9 Mio. Insgesamt sollte der Film etwa $44 Mio erreichen, etwa das Vierfache von seinem Startwochenende, was sehr beeindruckend ist.

Auf Seite 2 erfahrt Ihr die aktuellen Einspielergebnisse des Tupac-Biopics All Eyez on Me, des Reboots Die Mumie und der Sequels Guardians of the Galaxy Vol. 2 und Pirates of the Caribbean: Salazars Rache.

The Girl with All the Gifts (2016) Blu-ray-Kritik

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The Girl with All the Gifts (2016) Filmkritik

The Girl with All the Gifts, GB/USA 2016 • 112 Min • Regie: Colm McCarthy • Drehbuch: Mike Carey • Mit: Gemma Arterton, Paddy Considine, Glenn Close, Sennia Nanua, Dominique Tipper • Kamera: Simon Dennis • Musik: Cristobal Tapia de Veer • FSK: ab 16 Jahren • Verleih: Universum Film • Kinostart: 9.02.2017 • Heimkinostart: 21.06.2017 • Deutsche Website

Die Geschichte des Zombie-Subgenres ist alles andere als homogen. Während in den Anfängen Gruselikone Bela Lugosi in dem Klassiker „White Zombie“ eine Frau noch mit Hilfe Schwarzer Magie in ein willenloses Geschöpf verwandelte, erfuhren die beliebten Horror-Kreaturen über drei Dekaden später mit George A. Romeros Meilenstein „Die Nacht der lebenden Toten“ eine radikale Frischzellenkur. Weg von dem noch relativ zahmen Bild der ergebenen Untertanen und hin zu Horden fleischfressender Ghule, die in ihrer Ära vor allem als Synonym für eine rücksichtslose Konsumgesellschaft dienten. Inzwischen ist der Zombie aus der bunten Medienlandschaft nicht mehr wegzudenken: Ob Kino, TV, Buch oder Videospiel. Ob schlürfend oder flink auf zwei Beinen. Ob bitterernst oder humorvoll – das Interesse an den Untoten scheint im Laufe der Zeit eher gewachsen als stagniert zu sein. Nicht zuletzt der Serien-Evergreen „The Walking Dead“ hat vor sieben Jahren zusätzlich Kohlen in den Popularitäts-Ofen geworfen. Auch der auf Mike Careys Roman „Die Berufene“ basierende Dystopie-Thriller „The Girl with All the Gifts“ widmet sich diesen bedrohlichen Wesen und verleiht ihnen zugleich ein menschliches Anlitz. Im Zentrum stehen hier nicht etwa verweste Schreckgestalten, sondern Kinder, die aufgrund einer mysteriösen Pilzinfektion von einem instinktgetriebenen Hunger dominiert werden.

Nach einer apokalyptischen Epidemie, die große Teile der Zivilisation entweder ausgerottet oder in umherstreifende Karnivoren – sogenannte Hungries – mutiert hat, wird in einer umkämpften Militärbasis noch immer nach einem Impfstoff geforscht. Als Versuchsobjekte dienen besondere Kinder, die von dem Pathogen zwar befallen sind, aber neben dem mörderischen Hunger noch ihre Intelligenz und menschlichen Eigenschaften besitzen. Die aufgeweckte Melanie (Sennia Nanua) ragt mit ihrem empathischen Wesen aus der kleinen Gruppe hervor und ist sowohl der Liebling ihrer Lehrerin Helen Justineau (Gemma Arterton), wie auch der der kühlen Wissenschaftlerin Dr. Caroline Caldwell (Glenn Close). Dass auch sie aber letztlich nicht mehr wert ist als die Erkenntnisse, die sich aus ihrem Körper gewinnen lassen, muss Melanie schon bald erfahren. Lediglich ein fataler Großangriff der Hungries und das beherzte Eingreifen Justineaus bewahren das Mädchen vor der geplanten Sezierung. Zusammen mit ihrer Retterin, Dr. Caldwell und dem grimmigen Sergeant Parks (Paddy Considine) muss sie sich nun durch die von ihren aggressiven Artgenossen bevölkerte Landschaft schlagen und eine neue Schutzzone finden. Während zu Anfang das Misstrauen bei ihren Begleitern vorherrscht, zeichnet sich mit der Zeit ab, dass das zarte Monster mit seinem einmaligen Gespür die einzige Chance für das Überleben aller darstellt …

Wie die meisten Genre-Vertreter, die sich bewusst von reiner B-Ware abheben, verzichtet auch der durch TV-Serien bekannte Regisseur Colm McCarthy (u.a. „Peaky Blinders“) in „The Girl with All the Gifts“ auf den inflationären Begriff „Zombie“. Zusammen mit Mike Carey, der sich neben dem Roman auch gleich für die Drehbuchadaption verantwortlich zeichnet, entwirft er eine Survival-Story, die neben Richard Mathesons großem Original „Ich bin Legende“ inhaltlich wie stilistisch besonders an Danny Boyles „28 Days later“ und die qualitativ fast ebenbürtige Fortsetzung „28 Weeks later“ erinnert. Rau und blutig ist der Kampf durch die von den Infizierten überrannte Stadt, und die trostlosen Bilder lassen Gedanken an reale Kriegsschauplätze aufkommen. Kinder sind hier nicht die Opfer der offensichtlichen Feinde, sondern werden im Zeichen des Fortbestandes der Menschheit geschlachtet. Doch bedeuten Kinder nicht generell Zukunft? Der Film wirft in seinem actionreichen Horrorgerüst spannende moralische Fragen über den Wert eines Individuums im Angesicht des Aussterbens einer gesamten Bevölkerung auf. Wie menschlich muss ein Infizierter sein, um sich seinen Platz neben der Ursprungsspezies zu verdienen? Mit der Figur von Melanie, die von der Newcomerin Sennia Nanua absolut fantastisch gespielt wird, kann die Geschichte nicht nur auf eine starke Identifikationsfigur zurückgreifen, sondern verfügt zugleich auch über eine ambivalente Heldin, die im schlimmsten Fall auch Tod und Verderben über ihre Truppe bringen könnte. Während ihr die idealistische Justineau als treue Verbündete zur Seite gestellt wird, ist es Oscar-Nominee Glenn Close („Eine verhängnisvolle Affäre“) als rein rational funktionerende Dr. Caldwell, die keine Abweichungen von ihrer glasklaren Agenda akzeptiert und deshalb knallhart agiert.

Wenn sich der gängige Zombie-Dunst in der zweiten Hälfte lichtet und die junge Melanie in den Straßen auf Gleichaltrige stößt, baut das Werk zudem eine Nähe zu William Goldings „Herr der Fliegen“ auf, in dem Schüler nach einem Schiffsunglück auf einer Insel stranden und dort ohne den Einfluss Erwachsener überleben müssen. In „The Girl with All the Gifts“ entspricht diese Katastrophe der langsamen Dämmerung der Menschheit und der möglichen Entstehung einer neuen Zivilisation. Können die Kinder in Harmonie mit den letzten Menschen existieren? Das etwas süßliche Ende mag den Film vielleicht nicht besonders elegant abrunden, doch mindert es den sehr positiven Gesamteindruck nicht nachhaltig. Colm McCarthy ist ein packender, emotionaler und gelegentlich extrem grausamer Eintrag ins Genre-Buch gelungen, der neben dem Ozploitation-Kracher „Wyrmwood – Road of the Dead“ zu den aktuell besten Vertretern seiner Art gehört. Wie wichtig selbst in Geschichten über Untote lebendig gezeichnete Protagonisten sind, unterstreicht das Werk dann auch gleich doppelt.

Mit inszenatorischer Kraft und ambitionierten Performances ist der spannende wie intelligente „The Girl with All the Gifts“ weit mehr als eine Schlachtplatte für Splatterfans.


Information zur Heimkinoveröffentlichung

Ab dem 21. Juni 2017 ist The Girl with All the Gifts im Verleih von Universum Film in deutscher und englischer Sprachfassung (mit wahlweise deutschen Untertiteln) als DVD und Blu-ray erhältlich.

Neben dem Hauptfilm liegen der DVD- und Blu-ray-Veröffentlichung folgende Extras vor:

The Girl with all the Gifts BD
• Behind the Scenes
• Interviews

 

 

(Cover © Universum Film)


Trailer


Box-Office USA: Cars 3 startet durch, Wonder Woman bleibt ein Phänomen

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Cars 3 Box Office

Links: Cars 3: Evolution © 2017 Walt Disney Pictures
Rechts: Wonder Woman © 2017 Warner Bros. Pictures

Quelle: Boxofficemojo

Vier breite Neustarts, von denen drei den Erwartungen gemäß gut anliefen oder diese gar übertrafen, sorgten für deutlich vollere Kinosäle in Nordamerika als vor einer Woche. Auch der Vatertag am Sonntag begünstigte das Geschäft für diverse Filme, insbesondere für actionreiche Produktionen und Filme mit einem männlichen Zielpublikum. Das Ergebnis war eine Steigerung der Top-12-Einnahmen um 32% gegenüber der Vorwoche auf $183,1 Mio. Dennoch konnte das Kinogeschäft nicht mit dem gleichen Wochenende aus dem Vorjahr mithalten, als Findet Dorie den besten Animations-Start aller Zeiten auf Platz 1 hinlegte. Im direkten Vergleich lag die diesjährige Top 12 19% tiefer.

In der Pixar-Zentrale in Emeryville gab es Grund zur Freude. Cars 3: Evolution wurde zum 16. (von 18) Pixar-Filmen, die zum breiten Start direkt auf Platz 1 der Kinocharts einsteigen konnten. Das zweite Sequel der Reihe, die vor elf Jahren begann, spielte $53,7 Mio von 4256 Kinos ein und erzielte einen Schnitt von $12615 pro Lichtspielhaus in Nordamerika. Es ist das bislang achtbeste Startwochenende des Jahres und der beste Start eines Animationsfilms 2017. Doch so gut wie dieser Start auch erscheint und die Marke Pixar als eigenes Box-Office-Magnet abermals bestätigt, sollte man ihn auch aus anderen Blickwinkeln betrachten. Cars 3 wurde in mehr Kinos gestartet als jeder Pixar-Film zuvor, mit der Ausnahme von Findet Dorie letzten Sommer, der in 4305 Spielstätten anlief. Nichtsdestotrotz startete der Film unter Cars ($60,1 Mio) und Cars 2 ($66,1 Mio) sowie unter jedem anderen Pixar-Film außer Ratatouille, Das große Krabbeln, Arlo & Spot und Toy Story. Gerade für ein Pixar-Sequel ist es ein recht verhaltener Start, insbesondere wenn man bedenkt, dass der letzte große Animationsfilm, The Boss Baby, fast drei Monate her ist und Cars 3 den Markt nahezu komplett für sich hatte. Bislang startete jede Fortsetzung eines Pixar-Films besser als ihr jeweiliger Vorgänger.

Der Grund für den Einnahmenrückgang liegt größtenteils beim direkten Vorgänger des Films. Cars 2 gilt als einer der schwächsten Pixar-Filme überhaupt und wurde 2011 zum ersten Pixar-Werk, dem die Kritik die kalte Schulter zeigte. Trotz eines größeren Starts als der erste Film, lag das Gesamteinspiel von Cars 2 mit $191,5 Mio deutlich hinter dem von Teil 1 ($244,1 Mio), was für mittelmäßige Mundpropaganda spricht. Die Begeisterung für Cars 3: Evolution hielt sich also sogar unter Pixar-Fans in Grenzen, insbesondere als es sich abzeichnete, dass der dritte Film ebenfalls zu den schwächeren Filmen der goldenen Animationsschmiede gehören würde. In Anbetracht dieser Umstände, ist es beeindruckend, dass Pixar immer noch einen $50-Mio-Start locker aus dem Ärmel schütteln kann.

Bei den Kinogängern kommt Cars 3 immerhin besser an als der zweite Film. Sie bewerteten Evolution mit einem "A"-CinemaScore (äquivalent einer "1"), während Cars 2 einen "A-"-CinemaScore (äquivalent einer "1-") erhielt. Etwa 75% der Zuschauer am Wochenende waren Familien und 35% des Publikums waren unter dem Alter von 13. Gerade dieses Zielpublikum wird Ich – Einfach unverbesserlich 3 in zwei Wochen hart treffen. Es ist wahrscheinlicher, dass das Box-Office des Films einen ähnlichen Verlauf nehmen wird wie bei Cars 2. Mit dem gleichen Multiplikator würde der Streifen auf $156 Mio kommen. Da die Zuschauerreaktionen positiver sind, gehe ich von $160-170 Mio als Gesamteinspiel aus. Mit einem $175-Mio-Produktionsbudget ist Cars 3 zwar günstiger als Cars 2, der $200 Mio verschlang, dennoch aber ein teueres Unterfangen, das sich erst mit dem internationalen Einspiel rentieren wird. Doch eigentlich sind diese Zahlen Disney und Pixar völlig egal, denn den wahren Profit bringt die Reihe mit ihrem Merchandise ein und dieser ist immens. Allein bis 2013 hat das Cars-Merchandise alleine Disney etwa $10 Milliarden (!!) eingebracht. Ein neuer Film bedeutet natürlich einen neuen Verkaufsschub und im Vergleich zu diesem ist das Kinokassengeschäft weitgehend irrelevant. Es würde mich also nicht wundern, wenn Cars 4 in absehbarer Zeit angekündigt werden würde.

Obwohl der Streifen nach zwei Wochen von der Chartspitze verstoßen wurde, war Wonder Woman wieder einmal die größte Erfolgsgeschichte am Wochenende. Mittlerweile ist die DC-Verfilmung ein waschechtes Box-Office-Phänomen, das weiterhin alle Erwartungen sprengt. Nach einem hervorragenden Drop am zweiten Wochenende (bester für eine große Comicverfilmung seit dem ersten Spider-Man), fiel Wonder Woman in der dritten Woche um unglaubliche 29,5% auf $41,3 Mio und brachte das nordamerikanische Gesamteinspiel des Films auf $275,1 Mio nach nur 17 Tagen. Wir erinnern uns: Wonder Woman startete deutlich unter den anderen drei Filmen des DC Extended Universe. Mittlerweile liegt der Film jedoch 11% vor Man of Steel, 5% vor Suicide Squad und nur noch 7% hinter Batman v Superman: Dawn of Justice im selben Zeitraum.

Um zu rekapitulieren, wie gut sich der Film bislang gehalten hat, schauen wir uns seine bisherigen drei Wochenendergebnisse an. Das Startwochenende des Films lag auf Platz 40 der umsatzstärksten aller Zeiten. Das zweite Wochenende war bereits das 24.-beste zweite Wochenendergebnis. Das dritte Wochenende ist nun das elftstärkste aller Zeiten und das zweitstärkste für Warner Bros., hinter The Dark Knight ($42,7 Mio). Es ist bemerkenswert, wie nah das dritte Wochenende von Wonder Woman und The Dark Knight beieinander liegen, nachdem The Dark Knight zum Start knapp $55 Mio mehr einspielte und ebenfalls sehr positive Mundpropaganda hatte. Neben dem großen Hype in den Medien, die den Film aufgrund seiner Zuschauer- und Kritikererfolgs und der Darstellung einer starken Frau in einem Blockbuster zum Popkultur-Phänomen des Sommers erhoben haben, hat auch der Vatertag seinen Teil zum tollen Rückgang am Wochenende beigetragen. Wonder Woman fiel lediglich um 4,7% von Samstag auf Sonntag. Nach dem Startwochenende des Films waren $300 Mio denkbar, nach dem zweiten Wochenende steuerte der Film auf $350 Mio zu, doch nach diesem grandiosen dritten Wochenende hat der Film sogar sehr gute Chancen auf $400 Mio. Sollte er diese Marke knacken, wäre Wonder Woman der Realfilm mit dem niedrigsten Startwochenende seit Avatar, der $400 Mio in Nordamerika erreichen konnte (unter Animationsfilmen gelang dies auch Die Eiskönigin). Nur sieben Comicbuchverfilmungen konnten bisher mehr als $400 Mio in den USA und in Kanada einspielen, den niedrigsten Start darunter hatte Spider-Man mit $114,8 Mio. Dass Wonder Woman nach einem $103,3-Mio-Startwochenende auf ein Gesamtergebnis von $405-415 Mio zusteuert, macht den Streifen zu einer der größten Box-Office-Überraschungen der letzten zehn Jahre und seine Mundpropaganda zu einer der besten für einen Blockbuster im selben Zeitraum. Wer weiß, wie weit Wonder Woman noch gehen könnte, nachdem der Film Woche für Woche alle Erwartungen übertroffen hat.

Auf Seite 2 könnt Ihr erfahren, wie die Tupac-Filmbiografie All Eyez on Me und der Haithriller 47 Meters Down angelaufen sind und wie schlimm die Scarlett-Johansson-Komödie Girls Night Out floppte. Außerdem gibt es Einspiel-Updates zu Guardians of the Galaxy Vol. 2 und Pirates of the Caribbean: Salazars Rache.

Pet (2016) Blu-ray-Kritik

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Pet, USA/ES 2016 • 94 Min • Regie: Carles Torrens • Drehbuch: Jeremy Slater • Mit: Dominic Monaghan, Ksenia Solo, Jennette McCurdy, DaVone McDonald, Nathan Parsons • Kamera: Timothy A. Burton • Musik: Zacarías M. de la Riva • FSK: ab 18 Jahren • Verleih: Pandastorm Pictures • Heimkinostart: 23.06.2017 • Deutsche Website

„Pet“ entpuppt sich als keinesfalls so kuschelig, wie sein harmloser Titel vermuten lässt. Der Horrorthriller des Spaniers Carles Torrens entwickelt sich im Verlauf gar zu einem richtigen Biest, das sein wahres Gesicht jedoch erst in der zweiten Hälfte offenbart. Erzählt wird hier die Geschichte eines jungen Mannes, der sich in eine attraktive Frau verliebt. So weit, so gut. Allerdings arten die Herzensambitionen dieses Individuums schließlich zu einer regelrechten Obsession aus, als die frischen Gefühle auf keine entsprechende Gegenreaktion stoßen. Kurzerhand wird das Objekt der Begierde entführt und in einem Keller in einen Käfig gesperrt. Doch damit beginnt der Kampf um die Oberhand bei dem ungleichen Paar erst – denn der Regisseur und sein Drehbuchautor Jeremy Slater (der Schöpfer der neuen Serie „The Exorcist“) haben ihrem Werk eine fiese Überraschung untergemischt.

Als Wärter eines Tierheims kann man finanziell keine großen Sprünge machen – davon kann auch der junge Seth (Dominic Monaghan) ein Liedchen singen. Der Alltag des schüchternen Eigenbrödlers besteht darin, Käfige zu säubern, den Vierbeinern Fressen zu stellen und gelegentlich dem Tierarzt beim deprimierenden Einschläfern zu attestieren. Eines Tages trifft er im Bus auf die Kellnerin Holly (Ksenia Solo), auf die er schon während der High-School-Zeit ein Auge geworfen hat. Beide sind in ihren Karrieren nicht sehr weit gekommen, doch Holly hat etwas, das Seth fehlt: Schönheit und Temperament. Nach einem ersten bitteren Korb und tiefergehenden „Recherchen“ gelangt Seth schließlich in den Besitz des Tagebuchs seiner Angebeteten und fasst den Entschluss, ihr zu helfen. Als herausragender Plan schwebt ihm kurzerhand ihre Entführung und „Domestizierung“ vor. Denn wie er meint, kommt die Liebe nicht aus heiterem Himmel, sondern ist das Resultat harter Arbeit …

Es wird an dieser Stelle schwierig, denn näher auf den Inhalt von „Pet“ einzugehen, würde einem dicken Spoiler gleichkommen. Man darf aber wohl bereits verraten, dass der Film seinem Publikum bewusst Informationen vorenthält, um diese ab einem bestimmten Zeitpunkt wie eine Bombe in die Luft gehen zu lassen. Dass Seth eine gestörte Seele ist, bleibt unbestritten – erst recht, als sein Selbstbewusstsein nach der sorgfältig durchgeführten Tat massiv zu wachsen scheint. Allerdings wird sich im Verlauf die zunächst als oberflächliche Zicke gezeichnete Holly als interessanteste Figur in dem perversen Szenario herausstellen. Es gibt eine recht frühe Szene, in der ihr Seth durch ein heruntergekommenes Stadtviertel folgt. Während dieser unaufgelöste Moment zunächst für Verwirrung sorgt, geben die späteren Gespräche in dem Versteck mehr Aufschluss über die dortigen Vorgänge und auch über den Charakter Hollys. Schauspielerisch ist dieses mal markant andere Kräftemessen der Geschlechter durchaus beeindruckend geraten: Sowohl „Lost“-Star Dominic Monaghan wie auch Ksenia Solo („Black Swan“) tragen die fiese Indie-Produktion sehr sicher auf ihren Schultern und können einiges an Potential aus ihren Rollen schöpfen. Für etwas Komik und zusätzlichen Nervenkitzel sorgt außerdem der als aufmerksamer Wachmann Nate besetzte Da’Vone McDonald. Und da wäre noch Jennette McCurdy als Hollys treue Freundin Claire …

Trotz einer bemerkenswert straffen Umsetzung, dem bösen Twist und ein paar gemeinen Ekeleinlagen ist Carles Torrens mit „Pet“ noch kein absoluter Genre-Volltreffer gelungen. Zum einen ist es natürlich durchaus unterhaltsam, wenn sich die Story plötzlich unvorbereitet dreht und das Publikum eiskalt vor den Kopf stößt, zum anderen kommt man sich als aufmerksamer Zuschauer durchaus hintergangen vor, wenn das große Geheimnis aus dem Nichts auftaucht und der Weg dorthin einer einzigen inszenatorischen Manipulation gleichkommt. Der Trick bestand schlicht darin, gewisse Kenntnisse des psychisch gestörten Romeos zu unterschlagen und anschließend den deftigen Mix aus „Misery“ und „Venus im Pelz“ mit einer pikanten Portion Morbidität zu füllen. Das Resultat mag dann durchaus schmecken, doch mindert das Wissen über den Einsatz künstlicher Aromastoffe dann doch nachträglich die cineastische Gaumenfreude.

Als kleiner Kammerspiel-Schocker mit romantischer Note taugt „Pet“ zumindest allemal für den soliden Heimkinoabend.


Information zur Heimkinoveröffentlichung

Ab dem 23. Juni 2017 ist Pet im Verleih von Pandastorm Pictures in deutscher und englischer Sprachfassung (mit wahlweise deutschen oder englischen Untertiteln) als DVD und Blu-ray erhältlich.

Neben dem Hauptfilm liegen der DVD- und Blu-ray-Veröffentlichung folgende Extras vor:

Pet BD
• Originaltrailer
• Trailershow

 

 
 
 

(Cover © Pandastorm Pictures)


Trailer


Baby Driver (2017) Kritik

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Baby Driver (2017) Filmkritik

Baby Driver, USA/GB 2017 • 112 Min • Regie & Drehbuch: Edgar Wright • Mit: Ansel Elgort, Kevin Spacey, Lily James, Jon Hamm, Jamie Foxx, Eiza Gonzalez, Jon Bernthal • Kamera: Bill Pope • Musik: Steven Price • FSK: ab 16 Jahren • Verleih: Sony Pictures • Kinostart: 27.07.2017 • Deutsche Website

Nachdem vor sechs Jahren Nicolas Winding Refn in seinem stylischen Neo-Noir-Thriller „Drive“ Ryan Gosling als mysteriösen Fluchtwagenfahrer hinter das Steuer setzte, legt nun der Brite Edgar Wright („Shaun of the Dead“) mit seinem ultralässigen „Baby Driver“ einen nach. Nicht nur thematisch gibt es zwischen beiden Werken deutliche Überschneidungen. Wie auch der namenlose Held aus dem Cannes-Liebling, entpuppt sich die vom Newcomer Ansel Elgort („Das Schicksal ist ein mieser Verräter“) verkörperte Titelfigur Baby als ein Charakter, der lieber nachdenkt und zuhört, als wie ein Wasserfall zu plappern. Der Einsatz eines markanten Soundtracks prägte außerdem Refns meisterhafte Arbeit nachhaltig, und auch bei Wright kommt die Musik nicht zu kurz – im Gegenteil: Die Klänge aus den verschiedenen Dekaden der Pop-Geschichte dienen hier nicht bloß der auditiven Berieselung, sondern spielen in dem Film eine fast schon übergeordnete Rolle. „Baby Driver“ ist eine verträumt tänzelnde und manchmal wild rockende Action-Romantik-Wundertüte, wie man sie in dieser Form noch nicht auf der Leinwand erlebt hat. Rhythmus ist Leben. Und „Baby Driver“ ist Rhythmus.

Die Story entspricht dabei einem Best-Of des Crime-Genres: Ein tragischer Held wird von einer finsteren Organisation für ihre Zwecke ausgenutzt und versucht nach der Offenbarung der großen Liebe einen Ausweg aus der befleckten Vergangenheit zu finden. In diesem Fall spielt Oscar-Preisträger Kevin Spacey („American Beauty“) den Gangster-Mastermind Doc, der den jungen Baby einst als herausragendes Talent für seine penibel ausgearbeiteten Raubzüge entdeckt hat und seitdem strikt auf die bislang überaus erfolgreiche Zusammenarbeit besteht. Sein virtuoser Fahrer hat seit einem fatalen Unfall in der Kindheit ein Handicap, das sich in seiner Lage jedoch als unerwarteter Vorteil herausstellt. Nach einem Autoaufprall, der seinen Eltern das Leben kostete, leidet Baby unter einem grausamen Tinnitus, der nur durch den permanenten Konsum lauter Musik kompensiert werden kann. Die auf das jeweilige Vorhaben perfekt abgestimmten Tracks dienen letztlich als Taktgeber für seine blitzschnellen Reaktionen, die ihn und seine Passagiere selbst aus schier aussichtslosen Situationen retten. Das kriminelle Leben des aufgeweckten Jungen ist schon festgefahrene Routine, als er schließlich die süße Diner-Bedienung Debora (Lily James) kennenlernt und mit ihr einen Neuanfang wagen möchte. Doch da hat er die Rechnung ohne den auf bedingungslose Loyalität pochenden Doc gemacht …

Während ein Großteil der modernen Genrefilme inzwischen immer mehr auf bitteren Zynismus setzt, kontert Edgar Wright diesem Trend mit seinem locker-optimistischen „Baby Driver“ auf äußerst sympathische Weise. Dabei ist es weniger der recht bewährte Inhalt, der das Werk von anderen Crime-Stoffen absetzt, als vielmehr die Art, mit der der Schöpfer der kultigen „Cornetto-Trilogie“ seine Geschichte in Szene setzt. Einen Choreographen erwartet man in der Regel wohl eher in den Credits von Tanz- oder Martial-Arts-Filmen zu lesen, doch auch hier kommt ein solcher nicht grundlos zum Einsatz. Schon der beschwingte Vorspann, während dem sich Baby wie ein Tänzer mit fließenden Bewegungen durch den Alltag treiben lässt, deutet auf einen absolut ungewöhnlichen Actionthriller hin. Während bei Horrorfilmen ja gerne der Begriff „Grusical“ zum Einsatz kommt, darf man sich nach dem Genuss von „Baby Driver“ vielleicht mal über eine äquivalente Bezeichnung Gedanken machen. „Actical“, „Crimical“ oder „Heistical“? Okay, das klingt alles reichlich blöd, aber der Punkt ist: Noch nie zuvor hat ein Werk die Phrase „Mein Leben hat einen Soundtrack“ so perfekt in Bilder gepackt wie dieses. Zu jedem Moment, jedem Namen und jedem Anlass gibt es den passenden Song, und Baby ist quasi der DJ seiner eigenen kleinen Welt, in die er die Realität in Form von Samples integriert.

Doch neben dem Rhythmus wird das Leben auch maßgeblich von der Chemie bestimmt. Zum Beispiel von der Chemie zwischen Menschen. Auch in diesem Punkt vollbringt Wright zusammen mit seiner teils prominenten Besetzung einen fantastischen Job. Die Charaktere von „Baby Driver“ sind nicht nur auf dem Papier faszinierend, sondern werden von den jeweiligen Schauspielern vortrefflich mit Leben gefüllt. An der Spitze des bunten Haufens steht freilich die romantische Beziehung zwischen Baby und Debora, die beide eine Leidenschaft für Musik teilen und zusammen buchstäblich wie ein Duett harmonieren. Für Bass, Gitarren, Schlagzeug und raue Laute sind auf der anderen Seite die von Jamie Foxx, Jon Hamm und Eiza González gespielten, schweren Jungs (und Mädels) zuständig, mit denen der sensible Held im Verlauf noch böse aneinandergeraten soll. So gewaltbereit diese Ganoven auch sein mögen – in „Baby Driver“ wird der Adrenalin-Bolus grundsätzlich auch mit einem bewussten Zwinkern injiziert. So zum Beispiel bei einem geplanten Überfall mit Michael-Myers-Halloween-Masken, welche eine haarsträubende Diskussion unter den Beteiligten verursachen.

Auch wenn das Szenario mit viel Humor angereichert ist, sollte trotzdem festgehalten werden, dass Edgar Wright hier keine übertriebene Slapstickschlacht entfacht, sondern einen erfrischend handgemachten Thriller mit vielen schrulligen Elementen vorlegt. Mit phänomenalen Verfolgungsjagden und vereinzelten Gewaltausbrüchen könnte er außerdem jene Zuschauer anziehen, die mit dem anfangs erwähnten „Drive“ und seiner subtilen Gestaltung wenig anfangen konnten und sich von dem fetzigen Titel eigentlich einen flotten Kick erhofft hatten. Den Fuß stets auf dem Gaspedal und den Schalk im Nacken, ist „Baby Driver“ in der Filmografie Wrights der durchgeknallten Love-Story „Scott Pilgrim gegen den Rest der Welt“ wohl am nähesten. Allerdings mit dem deutlichen Unterschied, dass der Regisseur und Autor hier auf den Einsatz knalliger Trickeffekte weitgehend verzichtet und die sehr individuelle Wirkung vor allem durch den rasanten Schnitt in Verbindung mit dem musikalischen Fundament verursacht wird. Es mag abschließend etwas verlegen um Worte klingen, aber was diesen Film zu etwas Besonderem macht, muss man einfach selbst erleben.

Mit einer Playlist voller Killer-Tracks ist „Baby Driver“ schon jetzt ein heißer Anwärter auf den coolsten Film des Jahres.


Trailer


Box-Office USA: Wonder Woman hält sich fantastisch, Die Mumie enttäuscht

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Die Mumie Box Office

Links: Wonder Woman © 2017 Warner Bros. Pictures
Rechts: Die Mumie © 2017 Universal Pictures

Quelle: Boxofficemojo

Obwohl sich gleich vier neue Filme in der Top 12 der nordamerikanischen Wochenendcharts platzierten, sorgte keiner von ihnen für großes Aufsehen und die größte Geschichte am Wochenende war der phänomenal gute Rückgang von Wonder Woman in der zweiten Woche. Die Gesamteinnahmen der Top 12 gingen um 23% gegenüber der Vorwoche zurück auf $138,9 Mio. Verglichen zum Vorjahr, als Conjuring 2 den ersten Platz der US-Charts belegte, lag die Top 12 3% tiefer.

Spätestens nach dem letzten Wochenende dürften keine Zweifel mehr bestehen: Wonder Woman ist ein gigantisches Box-Office-Phänomen in Nordamerika und wird für den Erhalt und die Beliebtheit von DCs Kinouniversum Wunder wirken. Die vierte Comicbuchverfilmung im DC Extended Universe verteidigte nicht nur mühelos den Spitzenplatz der Kinocharts, sondern legte dabei noch trotz direkter Blockbuster-Konkurrenz durch Die Mumie einen mehr als beeindruckenden Rückgang hin. Der Streifen fiel lediglich um 43,3% auf $58,5 Mio und steht nach zehn Tagen bereits bei fantastischen $206,3 Mio. Wonder Woman ist auf Platz 5 der erfolgreichsten Filme 2017 geklettert und wird in den nächsten Tagen in die Top 3 aufsteigen. Wie gut der Drop des Films an seinem zweiten Wochenende war, kann gar nicht genug betont werden. Am besten veranschaulicht das der direkte Vergleich mit den Rückgängen von Man of Steel, Batman v Superman und Suicide Squad, die in der zweiten Woche jeweils um 64,6%, 69,1% und 67,4% fielen. Wonder Woman hatte zwar das kleinste Startwochenende von den vier DC-Filmen, jedoch das mit Abstand größte zweite Wochenendergebnis und wird von nun an schnell die Distanz zwischen sich und den anderen drei Filmen überbrücken. Aktuell liegt der Film noch 2% hinter Man of Steel, 7% hinter Suicide Squad und 21% hinter Batman v Superman im selben Zeitraum. Zum Vergleich: nach seinem Startwochenende vor einer Woche lag Wonder Woman noch 23% hinter Suicide Squad. So schnell wird die Differenz aufgeholt. Die Mundpropaganda für Wonder Woman ist grandios, der "A"-CinemaScore (äquivalent einer "1"), eine Zuschauerwertung, die eine große Umfrage am Startwochenende ergab, zeigt jetzt schon Wirkung.

Ein solcher Rückgang am zweiten Wochenende ist nicht nur im Vergleich zu den anderen DC-Verfilmungen beeindruckend, sondern eigentlich zu allen großen Blockbustern der letzten Jahre. Es ist absolut normal, dass sogar Filme mit guter Mundpropaganda mindestens um 50% an ihrem zweiten Wochenende nachgeben, wenn sie wirklich groß starten. Weder Guardians of the Galaxy noch The Dark Knight oder The Avengers konnten ein Minus von 50% an ihrem zweiten Wochenende vermeiden. Wonder Woman hielt sich an seinem zweiten Wochenende besser als jede große Comicverfilmung seit dem ersten Spider-Man vor 15 Jahren! Tatsächlich hielten sich lediglich vier weitere Filme, die mit mehr als $100 Mio gestartet sind, an ihrem zweiten Wochenende besser als Wonder Woman: Star Wars – Das Erwachen der Macht, Spider-Man, Shrek 2 und The Jungle Book. Bei zwei von ihnen fiel das zweite Wochenende auf einen Feiertag bzw. lag in der Weihnachtszeit, sodass sie einen Vorteil hatten. Insofern ist Wonder Woman ein echtes Box-Office-Wunder. War nach dem Startwochenende ein Gesamteinspiel von $300 Mio in Nordamerika lediglich eine Möglichkeit, ist es jetzt absolut sicher, dass er die Barriere mit Leichtigkeit erreichen wird. Es ist auch sehr wahrscheinlich, dass er Batman v Superman ($330,4 Mio) überholen und zum umsatzstärksten Film des neuen DC-Kinouniversums in Nordamerika werden wird. Aktuell sieht es nach einem Gesamteinspiel von $340-355 Mio für den Film aus, was einen unglaublich guten Multiplikator nach seinem Startwochenende bedeuten würde. Weltweit hat Wonder Woman bereits $439 Mio eingenommen und steuert auf mehr als $750 Mio zu.

Weit abgeschlagen auf Platz 2 landete das neue Reboot von Die Mumie mit Tom Cruise und spielte zum Start $31,7 Mio von 4065 Kinos ein, was einen Schnitt von $7853 pro Spielstätte bedeutete. Für die $125 Mio teure Produktion (Marketingkosten ausgeschlossen) ist es ein sehr enttäuschender Start und der schwächste Start eines Films überhaupt, der in mehr als 4000 Kinos angelaufen ist. Insbesondere für einen Film, der ein ganzes Kinouniversum von Monsterfilmen von Universal ins Rollen bringen soll, ist das Startwochenende mehr als durchwachsen, wenn auch nicht sonderlich überraschend. Die Kritiker haben den Film zerrissen, die Zeiten von Tom Cruise als Box-Office-Magnet in Nordamerika sind vorüber und das Marketing zum Film hat es nicht geschafft, ihn als echtes Kino-Event zu positionieren. Es ist das neuntbeste Startwochenende in der Karriere von Tom Cruise, vor Edge of Tomorrow ($29,8 Mio), aber hinter Minority Report ($35,7 Mio) und Oblivion ($37,1 Mio). Dass das Franchise an sich deutlich größeres Potenzial hat, zeigten die Filme mit Brendan Fraser. Sogar wenn man die Inflation außer Acht lässt, startete jedes seiner drei Mumien-Abenteuerbesser als der neue. Der erste Teil schaffte 1999 mit $43,4 Mio den damals neuntbesten Start aller Zeiten und spielte insgesamt $155,4 Mio ein, Die Mumie kehrt zurück gelang 2001 mit $68,1 Mio sogar das zweitbeste Startwochenende aller Zeiten, bevor er insgesamt $202 Mio einnahm, und Die Mumie: Das Grabmal des Drachenkaisers startete mit $40,5 Mio und spielte $102,5 Mio in den USA und in Kanada ein. Sogar der Ableger Scorpion King startete 2002 mit $36,1 Mio besser als das neue Reboot und trug dabei ein Budget von nur $60 Mio. Das muss wehtun. Nicht nur Kritiker, sondern auch Kinogänger waren von Die Mumie nicht begeistert und vergaben im Schnitt einen "B-"-CinemaScore an den Film, äquivalent einer "2-", was für einen Blockbuster in heutiger Zeit wirklich schwach ist. Als Ausgleich legte der Film immerhin einen ordentlichen internationalen Start hin, mit knapp $141 Mio aus der Übersee am Wochenende. In Nordamerika wird er bestenfalls etwa $75-85 Mio einnehmen und hat noch einen sehr langen Weg vor sich, bis er seine Kosten wieder deckt.

Auf Seite 2 findet Ihr Neuigkeiten zu den Einspielzahlen von Guardians of the Galaxy Vol. 2, Pirates of the Caribbean: Salazars Rache und Alien: Covenant.

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