Alle größeren Streaming-Anbieter aus den USA produzieren inzwischen eigene Filme bzw. kaufen die exklusiven Vertriebsrechte an anderen Filmen. Wie sie mit der Veröffentlichung dieser Filme verfahren, unterscheidet sich jedoch von Streamer zu Streamer. Bei Disney gibt es beispielsweise eine klare Trennung zwischen Filmen, die direkt bei Disney+ erscheinen (und inzwischen immer weniger werden) und Filmen, die eine vollwertige Kinoauswertung erhalten. Filme von HBO Max (wie Salem’s Lot oder Am I OK?) erscheinen in den USA nur im Stream, kommen aber in anderen Ländern in ausgewählte Kinos. Netflix gewährt hauptsächlich seinen besonders prestigeträchtigen Filmen und Oscarkandidaten einen Alibi-Kinostart, der jedoch meist nur eine bis zwei Wochen vor der Streaming-Veröffentlichung liegt und dessen Einspielergebnisse nie offiziell erfasst werden.
Apple und Amazon sind da etwas großzügiger. Apple schickt ebenfalls hauptsächlich die prestigeträchtigsten Filme wie Napoleon, Killers of the Flower Moon oder den kommenden Formel-1-Film F1 mit Brad Pitt in die Kinos, lässt aber ein deutlich längeres Fenster zwischen dem Kinostart und der Streaming-Veröffentlichung der Filme. Amazon bringt mehr eigene Filme in die Kinos als die Streaming-Konkurrenz. Ganz glücklich sind viele Kinobetreiber mit Amazons Veröffentlichungsstrategie aber auch nicht, denn viele ihrer Filme landen weniger als zwei Monate nach Kinostart bereits bei Prime, so wie Dwayne Johnsons Weihnachts-Abenteuerfilm Red One oder der Jason-Statham-Actioner A Working Man. Ersterer wurde aus diesem Grund von mehreren Kinoketten boykottiert.
Auch The Accountant 2 mit Ben Affleck und Jon Bernthal als zwei grundverschiedene, aber ähnlich tödliche Brüder erhielt von Amazon lediglich ein sechswöchiges exklusives Kinofenster. Bereits ab morgen, dem 5. Juni wird das Action-Sequel weltweit bei Amazon Prime im Stream erscheinen. Immerhin kam er überhaupt erst in die Kinos im Gegensatz zu Amazons Nur noch ein kleiner Gefallen.
Ein Grund für die schnelle Streaming-Veröffentlichung könnte, wie bei A Working Man, das enttäuschende Abschneiden des Films an den Kinokassen sein. Bei einem Budget von 80 Millionen US-Dollar spielte er nur 102 Millionen ein. Der vor neun Jahren veröffentlichter erste Film, der noch von Warner Bros. produzierte wurde, kostete nur halb so viel, nahm aber $155 Millionen ein. Dabei ist The Accountant 2 nicht nur eine würdige Fortsetzung, sondern, meiner Meinung nach, auch der bessere Film als der erste, hauptsächlich dank der großartigen brüderlichen Chemie zwischen Affleck und Bernthal, die im ersten Teil kaum zum Tragen kam, im Nachfolger aber voll ausgeschöpft wurde. Nicht umsonst wurde The Accountant 2 beim South by Southwest Festival mit dem Publikumspreis ausgezeichnet.
Ob wir den von Regisseur Gavin O’Connor und Drehbuchautor Bill Dubuque geplanten dritten Film bekommen werden, ist noch offen. Reine Kinoeinspielergebnisse sprechend dagegen, doch für Amazon ist das nur ein Teil der Rechnung. Schließlich floppte Red One auch in den Kinos, rehabilitierte sich aber ein bisschen mit dem erfolgreichsten Streaming-Start eines Films in der Geschichte von Prime hin. Ich würde mich jedenfalls über The Accountant 2 freuen, wenn er der Linie des zweiten Films treu bleibt. O’Connor hat den potenziellen dritten Film als einen "Buddy Actionfilm" und "Rain Man auf Steroiden" beschrieben.
Unten findet Ihr den deutschen Trailer zu The Accountant 2. Falls Ihr den Film im Kino verpasst habt, kann ich ihn zumindest allen Actionfans unter Euch sehr ans Herz legen.
Quelle: Prime Video Deutschland