Der Mythos, dass jede Publicity gute Publicity ist, wurde von keinem Film dieses Jahr deutlicher widerlegt als von Disneys Schneewittchen. Die Realverfilmung des ersten US-amerikanischen abendfüllenden Zeichentrickfilms hat große Teile ihrer potenziellen Kinogänger:innen vergrault, bevor sie auch nur ein einziges Bild aus dem Film gesehen haben. Ein Grund dafür war leider die Wahl der Halb-Kolumbianerin Rachel Zegler in der Rolle der Prinzessin mit der schneeweißen Haut, die für ähnlich toxische Reaktionen sorgte, wie Halle Baileys Besetzung als Arielle vor zwei Jahren. Doch auch die aus PR-Sicht unglücklichen, abwertenden Kommentare der jungen Schauspielerin über den ikonischen Originalfilm erhitzten die bereits skeptischen Gemüter und ließen eine Welle aus Hass über sie und den Film hereinbrechen. Außerdem sorgte der Film für Schlagzeilen wegen der vermeintlichen Spannungen zwischen Zegler und ihrem israelischen Co-Star Gal Gadot wegen Zeglers offener pro-Palästina-Einstellung.
Doch auch Disney tat sich keinen Gefallen, indem das Studio versuchte, die kritischen Stimmen hinsichtlich der Darstellung der Zwerge zu besänftigen, indem diese stattdessen als "magische Kreaturen" benannt wurden, de facto aber immer noch mittelmäßig computeranimierte Zwerge waren. Die Bemühung, es jedem recht zu machen, endete letztlich darin, dass niemand zufrieden war. Als Schneewittchen dann nach einem monatelangen PR-Albtraum in die Kinos kam, hatte der Film eigentlich kaum noch eine Chance. Die meisten Meinungen waren bereits gebildet und Schneewittchen wurde als Affront gegen guten Geschmack und die Kindheitserinnerungen abgestempelt und gehörte boykottiert.
So kam es dann auch. Kritiker zuckten bei dem Film die Schultern, die meisten Kinogänger:innen ließen ihn links liegen. Mit einem weltweiten Einspiel von knapp über 200 Millionen US-Dollar und einem Produktionsbudget von 240-270 Millionen wurde Schneewittchen zu einem massiven Kassenflop. Rechnet man die beträchtlichen Marketingausgaben hinzu, wird der Verlust des Films auf mehr als 100 Millionen US-Dollar geschätzt, was ihm jetzt einen Platz unter den größten Kassenflops des Jahres garantiert. Nach dem fabelhaften Jahr 2024, in dem Disney die drei profitabelsten Filme des Jahres hatte, ist es eine große Box-Office-Niederlage des Studios, die an Disneys Flop-Quartett von 2023 (The Marvels, Indiana Jones und das Rad des Schicksals, Wish und Geistervilla) erinnert.
Doch ist der neue Schneewittchen-Film wirklich so schlecht wie sein Ruf, wenn man die politisierte Kontroverse mal außen vor lässt? Die Meinung können sich alle Disney+-Abonnenten bald selbst bilden, ohne für den Film noch extra zahlen zu müssen. Ab dem 11. Juni, 82 Tage nach seinem US-Kinostart, wird Schneewittchen beim Streamer erscheinen und vielleicht dort sein Publikum finden. Wirklich empfehlen kann ich den Film nicht, denn auch wenn Zegler und ihre Gesangskünste tatsächlich zu den wenigen Highlights des Films gehören, ist Schneewittchen leider einfach eine der vielen seelenlosen Disney-Realverfilmungen. Dass es auch besser (und viel erfolgreicher) geht, zeigt aktuell Lilo & Stitch in unseren Kinos.
Quelle: Disney+ Deutschland