Britischer Bestseller-Autor John le Carré ist tot

Foto: John le Carré 2017 bei einer Rede in der Deutschen Botschaft London

Quelle: The Guardian

John le Carré, gebürtig David Cornwell, der sich über mehr als fünf Jahrzehnte einen Namen als einer der erfolgreichsten Spionagethriller-Autoren der Welt gemacht hat, ist Samstagabend im Royal Cornwall Hospital in Truro an einer Lungenentzündung gestorben. Das bestätigte die Familie des britischen Schriftstellers. Er war 89 Jahre alt. Sein Tod steht laut der offiziellen Mitteilung nicht im Zusammenhang mit Covid-19.

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Le Carré widmete sein schriftstellerisches Leben hauptsächlich den Spionen im Kalten Krieg und dessen Ausläufern. Er wusste, wovon er schrieb, denn er selbst war einige Jahre lang bei britischen Geheimdiensten beschäftigt. Angeworben wurde er bereits Ende der vierziger Jahre, als er in der Schweiz Deutsch studierte. Während seiner Studienzeit in Eton arbeitete er für den MI5 und spionierte linksextreme Gruppierungen aus, auf der Suche nach Informationen über mögliche sowjetische Agenten. Später rekrutierte er und kümmerte sich um britische Spione hinter dem Eisernen Vorhang. Im Jahr 1960 wechselte er zum britischen Auslandsgeheimdienst Secret Intelligence Service, besser bekannt als MI6, und kam in dessen Auftrag in die damalige Bundeshauptstadt Bonn, wo er verdeckt bei der britischen Botschaft angestellt war. Seine Zeit in Bonn inspirierte seinen fünften Roman, "Eine kleine Stadt in Deutschland". Später zog er als politischer Konsul nach Hamburg.

Inspiriert von einem MI5-Kollegen, begann le Carré noch während seiner Geheimdienstarbeit mit dem Schreiben. Weil die Angestellten der britischen Geheimdienste nicht unter ihren eigenen Namen publizieren durften, wählte David Cornwell "John le Carré" als Pseudonym. Bereits in seinem Romandebüt "Schatten von gestern" führte er seinen bekanntesten Protagonisten ein, den mit allen Wassern gewaschenen, abgeklärten Spion George Smiley. Smiley trat in insgesamt neun von le Carrés Romanen auf und wurde als realistischer Gegenentwurf zu Ian Flemings James Bond konzipiert. In le Carrés Romanen sind Geheimagenten keine Womanizer, die aufregende Abenteuer erleben und Martinis schlürfen, sondern ergraute, desillusionierte Bürokraten, die triste, deprimierende Leben in einer moralischen Grauzone führen. Mehrere Schauspieler verkörperten Smiley im Kino und im Fernsehen, allen voran Alec Guinness in zwei Miniserien, basierend auf "Dame, König, As, Spion" und "Agent in eigener Sache", und Gary Oldman in dem Dame, König, As, Spion-Kinofilm.

Zahlreiche von le Carrés Werken wurden als Filme oder Serien adaptiert. Gerade in den letzten Jahren, beflügelt von Erfolg von Dame, König, As, Spion, gab es einen neuen Boom von le-Carré-Verfilmungen, darunter die Miniserien "The Night Manager" und "Die Libelle" (OT: "Little Drummer Girl") sowie die Filme A Most Wanted Man und Verräter wie wir (OT: Our Kind of Traitor).

Mit seinem Roman "Das Vermächtnis der Spione", in dem Smiley inzwischen als 90-Jähriger im Ruhestand lebt, wollte le Carré 2017 seine Schriftstellerkarriere abschließen. Doch der Mann, der immer zeitgemäß schrieb und vom aktuellen Weltgeschehen beeinflusst wurde, veröffentlichte 2019 einen weiteren, allerletzten Roman mit dem Titel "Federball", in dem er seinen Unmut über den anstehenden Brexit verarbeitete. Aus Liebe zum europäischen Ideal beantragte le Carré 2019 mit Erfolg einen irischen Pass, um auch nach dem Brexit ein Bürger der EU zu bleiben.

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