Während sich manche guten Filme automatisch für Fortsetzungen anbieten, brauchen andere keine. Der oscarprämierte Monumentalfilm Gladiator gehört auf den ersten Blick eindeutig zur zweiten Gruppe. Am Ende des Films besiegte der ehemalige römische General Maximus (Russell Crowe) im Kolosseum den brutalen Kaiser Commodus (Joaquin Phoenix), befreite Rom von seiner Tyrannei, rächte seine ermordete Familie und folgte ihr selbst ins Jenseits. Es war ein verdientes, bittersüßes Happy End für einen ergreifenden, bildgewaltigen Film, der kurzzeitig das totgeglaubte Genre der Sandalenfilme im Kino wiederbelebte. Die Geschichte war auserzählt.
Doch Regisseur Ridley Scott und Paramount Pictures sahen das anders. Bereits in den 2000ern gab es einen Anlauf, Gladiator II mit Russell Crowe zu drehen. Nick Cave (The Proposition) schrieb dazu ein irres Drehbuch, das Maximus aus dem Totenreich zurückgebracht hätte und ihm über verschiedene Zeitepochen und geschichtliche Konflikte bis zur Gegenwart gefolgt wäre. Details zum verworfenen Drehbuch sind online nachzulesen und ich kann es Euch herzlich empfehlen, alleine schon aus morbider Faszination.
Caves Ansatz war, gelinde gesagt, originell, doch letztlich zu abgefahren für Scott und das Studio. Stattdessen drehte der Altmeister 24 Jahre nach dem Originalfilm ein recht konventionelles Sequel ohne Crowe und mit Connie Nielsen und Derek Jacobi als einzigen Rückkehrern aus dem ersten Film. Diesmal ist es Lucius, der erwachsene Sohn von Nielsens Lucilla und Crowes Maximus, dessen Frau getötet wird und der versklavt und in die Gladiatorenarena geschickt wird, wo er sich nach Rache gegen die machtsüchtigen Kaiser Geta (Joseph Quinn) und Carcalla (Fred Hechinger) sehnt. Shooting Star Paul Mescal (Aftersun) übernahm in Gladiator II die Rolle des Lucius, Pedro Pascal ("The Last of Us") spielt den Feldherren Acadius, der widerwillig für Geta und Carcalla die römische Expansion vorantreibt. Das größte Highlight des Films ist jedoch Denzel Washington (American Gangster) als manipulativer und undurchsichtiger Macrinus, der selbst einst ein Sklave war und tiefen Groll gegen Rom hegt.
Gladiator II kam letztes Jahr in die Kinos und obwohl er mir besser gefallen hat als ich für ein unnötiges Sequel wie dieses angenommen hätte (Scott kann einfach solche Historienepen beeindruckend in Szene setzen!), lehne ich mich nicht zu weit aus dem Fenster, wenn ich behaupte, dass der Film nicht annähernd den Beliebtheitsstatus seines Vorgängers erreichen wird, nicht zuletzt weil Mescal trotz seines Talents in der Rolle fehlbesetzt ist und dadurch dem Sequel die emotionale Wucht des ersten Films fehlt. Bei den Oscars gab es diesmal lediglich eine einzige Nominierung für die Kostüme. An den Kinokassen lief es für Gladiator II mit mehr als 460 Millionen US-Dollar Einspiel ganz ordentlich. Scott hat bereits Pläne für einen dritten Teil in Aussicht gestellt.
Wer Gladiator II im Kino verpasst hat und Paramount+ abonniert, kann den Film dort ab dem 28. Mai im Stream nachholen. Trotz seiner gelegentlichen Schwächen ist er definitiv einen Blick wert, allein schon, weil es solche Filme heutzutage kaum noch gibt.
Quelle: Paramount+ Deutschland