David Lynch hat "null Interesse" am neuen Dune, das eigene Fiasko schmerzt noch sehr

Francesca Annis und Kyle MacLachlan in "Der Wüstenplanet" (1984) © Universal Pictures

Quelle: The Hollywood Reporter

Wenn alles gut läuft, wird Denis Villeneuves epische Adaption von Frank Herberts Sci-Fi-Romanklassiker "Der Wüstenplanet" im Dezember in unsere Kinos kommen. Kürzlich gewährten erste Fotos einen Einblick in den Film, der nur der erste Teil der geplanten zweiteiligen Adaption ist. Mit einem Meister wie Villeneuve im Regiestuhl und einer herausragenden Schauspielerriege, gibt es jeden Grund, optimistisch zu sein.

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Doch natürlich ist Villeneuves Dune nicht die erste Adaption der Welt von Frank Herbert. Die vielleicht faszinierendste Version, geplant vom chilenischen Arthouse-Regisseur Alejandro Jodorowsky Anfang der Siebziger, ist leider nie zustandegekommen, weil er das nötige Budget nicht aufbringen konnte. Seine umfassenden Pläne sahen H.R. Giger und Jean Giraud als Szenenbildner, Dan O’Bannon und Douglas Trumbull als Effektespezialisten, Peter Gabriel und Pink Floyd als Musiker, und Mick Jagger, Salvador Dalí, Orson Welles, Gloria Swanson und David Carradine als Darsteller vor. Sein extrem, ausführliches Drehbuch wäre in einem mehr als zehn Stunden langen Film resultiert. Es war ein unmögliches Unterfangen, das in der herausragenden Doku Jodorowsky’s Dune dokumentiert wurde.

Nach dem großen Kassenerfolg von George Lucas' Star-Wars-Filmen wurde das Interesse an Weltraumabenteuern wie Dune wieder geweckt und David Lynch wurde als Regisseur verpflichtet. Es ist rückblickend kaum vorstellbar, dass man einen so außergewöhnlichen, überhaupt nicht mainstreamtauglichen Regisseur wie Lynch für Dune engagiert hat, doch nach acht Oscarnominierungen für Der Elefantenmensch stand Lynch in Hollywood tatsächlich hoch im Kurs. Ihm wurde sogar die Regie von Die Rückkehr der Jedi-Ritter angeboten (wie wäre der Film wohl geworden?!), die er aber abgelehnt hat. Dune hat er übernommen, ohne je das Buch gelesen oder gar Interesse an Science-Fiction gehabt zu haben. Ausgestattet mit mehr als $40 Mio Budget – damals eine stattliche Blockbuster-Summe – machte er sich an die Arbeit. Doch die Erfahrung war für Lynch, der es nicht gewohnt war, so wenig Mitspracherecht zu haben und sich dem Studio-Willen beugen zu müssen, keine gute. Der Wüstenplanet floppte an den Kinokassen. Zwar erlangte der Film in den darauffolgenden Jahren Kultstatus, die ursprünglichen Kritiken waren ablehnend und Lynch selbst war nie zufrieden mit dem Endprodukt.

Als er kürzlich von The Hollywood Reporter auf die neue Adaption von Villeneuve angesprochen wurde, lehnte er kategorisch ab, diese zu sehen. Grund dafür ist, dass ihn das Scheitern seines Films immer noch schmerzt: (aus dem Englischen)

Ich habe null Interesse an Dune… weil es für mich ein Herzschmerz war. Es war ein Fehlschlag, und ich hatte nicht das Privileg der finalen Schnittfassung. Ich habe diese Geschichte eine Milliarde Male erzählt. Es ist nicht der Film, den ich machen wollte. Ich mag gewisse Teile davon sehr, aber es war ein komplettes Fiasko für mich.

Die erste Rohfassung von Lynchs Film war vier Stunden lang. Nach der Post-Production wollte Lynch einen dreistündigen Film herausbringen, doch Produzent Dino De Laurentiis bestand auf einer kürzeren, für die Massenzuschauer verträglicheren Fassung. So wurde viel mehr aus dem Film entfernt, als Lynch je wollte, und neue Szenen wurden nachgedreht, um das entfernte Material bündig zusammenzufassen. Der Film, wie er in die Kinos kam, war nicht Lynchs künstlerische Vision. Universal fragte viele Jahre später bei Lynch nach, ob er Interesse an der Zusammenstellung eines Director’s Cuts hätte, er lehnte jedoch ab und möchte mit Dune nichts mehr zu tun haben.

Im gleichen Interview erklärte Lynch, dass er sowieso nicht mehr an das Kino glaube und die Zukunft für ihn im hochwertigen Fernsehen liege:

Aktuell haben Spielfilme, meiner Meinung nach, ein großes Problem, abgesehen von den großen Blockbustern. Die Arthouse-Filme haben keine Chance. Sie sind vielleicht eine Woche lang im Kino, und wenn es ein Multiplex ist, landen sie im kleinsten Saal und enden dann auf Blu-ray oder On Demand. Das Leinwanderlebnis ist heutzutage vorbei. Vorbei, aber nicht vergessen.

Ich liebe wirklich eine fortlaufende Geschichte, und ich würde behaupten, dass Kabelfernsehen das neue Arthouse ist. Der Ton ist nicht so gut wie in einem großen Kino; das Bild ist nicht so groß – aber Fernseher werden immer größer und immer besser, also gibt es Hoffnung. Und dann hat man die Gelegenheit, eine Geschichte immer weiter zu erzählen, also ist es das neue Arthouse, würde ich sagen.

Lynchs "Twin Peaks"-Revival von 2017 ist genau die Art des Geschichtenerzählens, die er meint. Mehrere Publikationen bezeichneten die Rückkehr von "Twin Peaks" als einen 16-stündigen Film anstelle einer Serie. Vielleicht wäre es auch diese Form des Erzählens gewesen, in der Lynchs Dune heutzutage viel besser funktioniert hätte, als der Originalfilm, bei dem er viele Kompromisse eingehen musste.

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