The Impossible (2012)

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The Impossible, E 2012 • 114 Min • Regie: Juan Antonio Bayona • Drehbuch: Sergio G. Sánchez • Mit: Naomi Watts, Ewan McGregor, Tom Holland, Oaklee Pendergast, Samuel Joslin, Geraldine Chaplin • Kamera: Óscar Faura • Musik: Fernando Velázquez FSK: ab 12 Jahren • Verleih: Concorde Filmverleih Kinostart: 31.01.2013

Werbe-Platzhalter. Von irgendwas müssen wir auch leben ;-)

 

Das Unmögliche – ein Wunder – , das möchte uns Juan Antonio Bayona („Das Waisenhaus“) in seinem neuen Film „The Impossible“ präsentieren. Als Vorbild hat er sich dafür die bewegende Geschichte einer spanischen Familie ausgesucht, die im Dezember 2004 die fürchterlichen Folgen des Tsunamis überstanden und trotz des anschließenden Chaos wieder zueinander gefunden hat. Die Protagonisten in Bayonas Version (eine spanische Produktion) sind nun Engländer, und auch sonst wirkt das Werk insgesamt so, als habe man dringlich ein Auge auf westliche Sehgewohnheiten geworfen. Böse Zungen könnten auch mutmaßen, das hier sei mit all seinen arg konstruierten, pathetischen Einlagen für das kommende Oscarrennen geradezu maßgeschneidert worden. Die Streicher setzen ein, die Tränendrüse wird gedrückt und Menschen laufen sich wie durch Zauberhand inmitten eines apokalyptischen Szenarios mit Massen verzweifelter Gesichter am selben Ort im selben Augenblick über den Weg. Das könnte berühren, wäre die Inszenierung eben nicht derart aufgesetzt. Die wuchtigen Bilder überrollen die Emotionen quasi und spülen sie fast davon. Fast.

Zu Beginn lernen wir die Familie Bennett kennen, die ihren Weihnachtsurlaub in Thailand verbringt. Mutter Maria und Vater Henry werden von Naomi Watts und Ewan McGregor verkörpert, die hier nach Marc Forsters Mysterythriller „Stay“ (2005) ein weiteres Mal als Paar auf der Leinwand zu sehen sind. Den eigentlichen Star des Films stellt aber wohl der Newcomer Tom Holland dar, der Lucas, einen der drei Bennett-Söhne, spielt. Nach einer kurzen Einführung, die gerade genug Zeit lässt, einen Einblick in das harmonische Familienleben zu werfen, lässt Bayona bereits den Schrecken über uns und seine Charaktere hereinbrechen: Ohne Vorwarnung bahnt sich eine gigantische Welle ihren Weg über das Hotel am Strand und dringt weiter in das Landesinnere vor. Maria und Lucas gelingt es gerade noch, sich gemeinsam aus der reißenden Flut zu retten, doch von dem Rest der Familie fehlt jede Spur. Der Junge transportiert mit Hilfe einiger Einwohner seine schwer verletzte Mutter in ein Krankenhaus. Bis hierhin hat „The Impossible“ bereits einiges an Spielzeit verstreichen lassen und darf trotz dramaturgischer Schwächen auf intensive, oftmals nahezu dokumentarische Bilder verweisen – es ist ein purer Überlebenskampf, dem wir da beiwohnen. Dann jedoch wechselt der Regisseur arg unglücklich die Perspektive und kehrt zu Henry zurück, der mit den zwei anderen Kindern die Katastrophe ebenfalls überlebt hat. Der Glaube des Publikums an wunderbare Zufälle wird im weiteren Verlauf so penetrant eingefordert, dass man eigentlich nur noch müde abwinken möchte. Selbst wenn sich das alles womöglich in ähnlicher Form so abgespielt hat: Es fühlt sich hier leider wie ein klischeebeladenes, am Hollywood-Reißbrett zusammengesetztes Katastrophendrama an.

Ein Film bleibt immer ein Film – ganz egal, wie akribisch man sich möglicherweise an überlieferte Fakten halten mag. Die Kamera zeigt uns immer nur Ausschnitte einer Geschichte, lenkt unseren Blick auf einen Moment, blendet dabei wieder andere Details aus. Oft gesellt sich dann noch Musik dazu, die uns unter den Aufnahmen Gefühle zu vermitteln versucht, unser Empfinden manipuliert. Daran ist im Prinzip auch nichts verkehrt – eine geschickte Erzählung setzt diese Mittel allerdings weise ein und erschlägt ihre Zuschauer damit nicht. „The Impossible“ verlässt sich dagegen nach seinem vergleichsweise nüchternen Auftakt auf die Holzhammermethode. Das tatsächliche Ereignis, das zu den tödlichsten Naturkastrophen der Weltgeschichte (mindestens 230.000 Opfer) zählt, wird nur anfangs physisch spürbar. Was dann geschieht, zeigt zwar erneut schön die Hilfsbereitschaft von Menschen in Extremsituationen auf, will einen aber dann auch wieder nicht recht ergreifen. Da wird audiovisuell dick aufgetragen, aber unter der Oberfläche fehlt es an echter Tiefe. Oscar-Nominee Naomi Watts („21 Gramm“) schafft es mit ihrer kraftvollen Darstellung, Empathie zu erwecken, doch leider fällt ihre Rolle über die gesamte Dauer recht spärlich aus. Der bereits erwähnte Tom Holland erweist sich letztlich als größter Held der Geschichte, dem es gelingt, fremde Familien nach dem Unheil wieder zusammenzuführen. Auch das ist nett anzusehen, doch vermisst man den krassen Kontrast: Viele haben damals ihr Leben gelassen oder geliebte Mitmenschen verloren – deren Anteil kommt in „The Impossible“ definitiv zu kurz. Trotz grausigster Szenen dringt das emotionale Leid nicht wirklich durch.

Handwerklich ist Bayona ein durchaus begabter Regisseur, der zumindest noch bei dem Vorgänger das Drama gut mit der klassischen Geisterstory verweben konnte. Hier wusste er offenbar nicht viel mit dem Stoff anzufangen. Letztlich lebt das Werk von seiner beklemmenden Tsunamisequenz, der durchweg starken Naomi Watts-Performance und einigen bewegenden Spitzen (ein Telefonanruf McGregors nach der Katastrophe etwa). Dazwischen gibt es viel Standardprozedere, aber nichts, was einem nachhaltig zu Herzen geht. Und vor allem das ist schade.


Trailer