Oscars 2015: Unsere Vorschau – Teil 1

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Bestes adaptiertes Drehbuch

Die Kandidaten hier sind viel eindeutiger, da mehr von ihnen auch in der Königsklasse konkurrieren.

Sichere Kandidaten

Adam McKay & Charles Randolph (The Big Short) – Wie Spotlight in der Originaldrehbuch-Kategorie, so ist The Big Short der große Favorit für den Sieg für das "Beste adaptierte Drehbuch". Sowohl die Kritik als auch die Industrie steht auf der Seite des Films, der spätestens seit den BAFTA-Nominierungen neben Spotlight als einer der größten Anwärter für den Hauptpreis gilt. Das Drehbuch wurde sowohl von der BAFTA nominiert als auch von den Golden Globes, der Autorengewerkschaft und der BFCA. Die Kritiker von Chicago, Florida und Toronto zeichneten es ebenfalls als das beste des vergangenen Jahres aus. Zwar könnten Aaron Sorkin und Drew Goddard ihm den Sieg noch streitig machen, doch eine Nominierung ist unausweichlich. Wer hätte gedacht, dass der Regisseur und Autor von Anchorman und Stiefbrüder ein Oscarkandidat werden würde?

Oscars 2015 Vorschau Teil 1 Steve JobsAaron Sorkin (Steve Jobs) – Bis auf den überraschenden Sieg bei den Golden Globes, hat Aaron Sorkins Drehbuch zu Steve Jobs kaum Preise abgeräumt, wurde jedoch überall nominiert, wo es zählt – bei den BAFTAs, der WGA, der BFCA und zahllosen Kritikerverbänden. Auch wenn es keine Überschneidung zwischen den Globes und den Oscars hinsichtlich der Wähler in der Kategorie gibt, sagt der Globes-Sieg des Drehbuchs dennoch einiges aus. In etwa 70 Jahren Golden-Globes-Geschichte wurde lediglich sechsmal zuvor ein Drehbuch von der Hollywood Foreign Press Association ausgezeichnet und später bei den Oscars nicht nominiert – zuletzt war es vor 13 Jahren bei About Scmidt der Fall. Sorkin erwartet also mit allerhöchster Wahrscheinlichkeit seine dritte Oscarnominierung nach The Social Network und Moneyball.

Wahrscheinliche Kandidaten

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Oscars 2015 Vorschau Teil 1 RaumEmma Donoghue (Raum) – Wenn Autoren ihre eigenen Bestseller als Drehbücher adaptieren, kann das in den Augen der Oscar-Wähler offenbar auch nach hinten losgehen. Das prominenteste Beispiel ist Gillian Flynns Adaption von Gone Girl, die im Vorfeld zahlreiche Preise gewann und überall nominiert wurde, wo es zählt, dennoch aber eine Oscarnennung verpasste. Emma Donoghues Drehbuch zu Raum wurde, wie auch Gone Girl, von der BAFTA, der BFCA, den Golden Globes und vielen Kritikerverbänden nominiert. Das macht es aber scheinbar noch nicht zu seinem sicheren Ding, doch ich glaube auch nicht, dass die gleiche Geschichte wie bei Gone Girl sich wiederholen wird. Urteilt man nach den objektiven Kriterien, ist die Position des Films, der auch eine Nennung als "Bester Film" erhalten könnte, gut genug, insbesondere da seine Hauptdarstellerin Brie Larson die Favoritin im Rennen ist.

Nick Hornby (Brooklyn) – Für Der große Trip – Wild wurde Hornby ungerechterweise ignoriert, doch mit Brooklyn stehen seine Chancen noch besser, da der Film selbst noch bessere Kritiken hat und eine größere Rolle im Oscar-Rennen zu spielen scheint – spätestens nach der PGA-Nominierung. Die BAFTAs und die BFCA nominierten das Drehbuch, der Kritikerverband von San Francisco zeichnete es sogar aus. Sollte einer der Top-Kandidaten plötzlich durch eine Überraschungsnominierung für einen anderen Film herausfallen, wird es vermutlich Hornbys Brooklyn sein, doch momentan sieht es nicht danach aus.

Drew Goddard (Der Marsianer) – Nominiert von der Autorengewerkschaft und der Broadcast Film Critics Association, wurde Drew Goddards Adaption von Andy Weirs Erfolgsroman auch von den Filmkritikern von St. Louis, Las Vegas und von der National Board of Review, einem der prestigeträchtigsten Kritikerverbände der USA ausgezeichnet. Nichtsdestotrotz verpasste Goddard die wichtige Nominierung bei den BAFTAs, was seine Position ein wenig schwächt. Dennoch sollte der Film, der vermutlich viele Nominierungen einheimsen wird, weit genug vor der Konkurrenz in der Kategorie liegen, um mit einer Nominierung zu rechnen.

Weitere Anwärter

Phyllis Nagy (Carol) – Der einzige Grund, weshalb das Drehbuch zu Carol nicht höher positioniert ist, liegt darin, dass der Film selbst im Gegensatz zu einigen der obigen Kandidaten seit der verpassten Nominierung von der Produzentengewerkschaft schwächer im Rennen liegt als gedacht. Auch die Golden Globes nominierten das Drehbuch des Films trotz insgesamt fünf Nennungen nicht. Dafür staubte der Streifen Nominierungen seitens der WGA und der BAFTAs ab, jedoch nicht bei der BFCA. Hier ist wirklich alles möglich und der letzte Platz auf der Liste wird vermutlich zwischen Der Marsianer, Carol und Brooklyn ausgefochten werden.

Alejandro González Iñárritu (The Revenant – Der Rückkehrer) – Iñárritus neuster Film hat viele Stärken und kann am Donnerstag sicherlich mit zahlreichen Oscarnominierungen rechnen, doch das Drehbuch gehört eher nicht dazu. Es ist ein sehr visueller Film und kein Film, der von seiner Handlung oder seinen Dialogen vorangetrieben wird – ganz im Gegenteil zu Birdman aus dem letzten Jahr. Deshalb wurde The Revenant vermutlich auch nicht von der Writers Guild of America nominiert, obwohl er, im Gegensatz zu Brooklyn und Raum, durchaus zulässig war für eine Nominierung. Auch die BAFTAs und die Golden Globes nominierten zwar den Film (die Globes zeichneten ihn sogar dreifach aus), jedoch nicht sein Drehbuch. Das ist tatsächlich der einzige Schwachpunkt des ansonsten im Rennen sehr gut liegenden Westerns.

John McNamara (Trumbo) – Ein Drehbuch über einen Drehbuchautor ist etwas, was Hollywood eigentlich liebt und in einem schwächeren Jahr wäre der von der WGA nominierte John McNamara ein stärkerer Kandidat. Da er diese Nominierung aber nur schaffte, weil Konkurrenz seitens Raum und Brooklyn nicht zulässig war, wird es vermutlich auch dabei bleiben, denn ansonsten erhielt der Film keine weiteren Nennungen für sein Skript.

Ryan Coogler (Creed – Rocky’s Legacy) – Hier gab es eigentlich keine Prädiktoren im Vorfeld, doch sollte die Academy insgesamt viel Liebe für das Rocky-Spin-Off zeigen, könnte dabei auch eine verdiente Nom für das starke Drehbuch entfallen.

Außenseitertipp

Oscars 2015 Vorschau Teil 1 AnomalisaCharlie Kaufman (Anomalisa) – Es gibt keine Zweifel daran, dass die Academy Charlie Kaufman mag. Der exzentrische und einfallsreiche Autor wurde bereits für seine Drehbücher zu Being John Malkovich, Adaption und Vergiss mein nicht! nominiert. Für letzteres gewann er den Goldjungen. Allein auf dieser Liebe und der Neigung der Oscars, in der Drehbuchkategorie gelegentlich kleinere Filme überraschend zu nominieren, basiert unsere Erwähnung von Anomalisa. Im Vorfeld erntete das Drehbuch des Films, der als "Bester Animationsfilm" sicherlich im Rennen sein wird, nur seitens der Kritiker viel Liebe, erhielt jedoch keine nennenswerten großen Nominierungen, sei es bei den BAFTAs, den Golden Globes oder der BFCA. Allerdings zeigte die Academy in Vergangenheit mit unerwarteten Nominierungen für Filme wie Nader & Simin – Eine Trennung, The Messenger oder Der große Crash – Margin Call, die zuvor eigentlich auch kaum irgendwo auftauchten, dass sie durchaus gerne kleine Filme anerkennen, die von der Kritik bejubelt wurden. Deshalb hat auch Kaufmans Anomalisa durchaus Chancen, auch wenn die Konkurrenz dieses Jahr schwer zu bewältigen scheint.

Vorhersage:

The Big Short
Brooklyn
Der Marsianer
Raum
Steve Jobs

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Seid Ihr mit meiner Analyse einverstanden oder glaubt Ihr an andere Favoriten? Lasst es uns hören und wir machen morgen weiter mit den vier  Schauspielkategorien.

Weitere Ausgaben:

Teil 2 (Bester Hauptdarsteller/Nebendarsteller, Beste Hauptdarstellerin/Nebendarstellerin)

Teil 3 (Beste Regie, Bester Film)