Die fantastische Welt von Oz (2013)

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Oz The Great And Powerful, USA 2013 • 127 Min • Regie: Sam Raimi • Drehbuch: Mitchell Kapner & David Lindsay-Abaire • Mit: James Franco, Mila Kunis, Rachel Weisz, Michelle Williams, Zach Braff • Kamera: Peter Deming • Musik: Danny Elfman FSK: ab 6 Jahren • Verleih: Walt Disney Kinostart: 07.03.2013 • Website

 

Ozx1 Oz liegt am Ende des Regenbogens – oder vielleicht gar auf der anderen Seite der Kinoleinwand: Regisseur Sam Raimi nutzt alle Möglichkeiten der modernen 3D-Technik, um uns in seinem Fantasyabenteuer „Die fantastische Welt von Oz“ mitten in die von L. Frank Baum erdachte Zauberwelt zu entführen. Dieser Film basiert dabei jedoch nicht direkt auf einem Werk des berühmten US-Schriftstellers, sondern spinnt eine Vorgeschichte zu dessen Kinderbuch-Klassiker „Der Zauberer von Oz“ von 1900. Wir lernen zu Beginn den Zirkusmagier Oscar Diggs (James Franco), kurz Oz genannt, kennen, der irgendwo im tristen Kansas sein Publikum mit billigen Tricks bei der Stange hält – er verkauft Illusionen, aber zu wahrer Magie ist er nicht imstande. Auf der Flucht vor Verantwortung und einem aufgebrachten Pöbel, gerät sein Ballon in ein finsteres Unwetter, das sein Leben zwar verschont, aber ihn in eine eigentümliche Landschaft katapultiert. Von der Hexe Theodora (Mila Kunis) bereits sehnlichst erwartet, erfährt er, dass dieses bunte Reich seltsamerweise seinen Namen trägt und er womöglich der lang erwartete Zauberer sein könnte, der die dortige Smaragdstadt von dem Schrecken einer weiteren Hexe befreien soll. Anstelle des flinken Reichtums erwartet Oz ein Abenteuer voller Gefahren, neuer Gefährten und einer unerwarteten Wendung …

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ozx2In einer Szene des Films berichtet Oz, was wahrer Zauber für ihn bedeutet. Er findet diesen beispielsweise in den Arbeiten von Thomas Edison, der die Welt mit der Erfindung des Kinetographen veränderte. An dieser Stelle schlägt das Werk einen sympathischen Bogen und offenbart seinen Zuschauern dabei seine eigene Intention: Es möchte uns mit allen verfügbaren Mitteln der Traumfabrik ins Staunen versetzen, uns ebenfalls in einem magischen Bann gefangen nehmen. Dazu beginnt der hier verantwortliche Kinomagier Raimi mit trister Schwarz-weiß-Gestaltung und einem beengten Normalbild (1,33:1), das sich erst nach der Ankunft von Oz in der surrealen Welt mit knalligen Farben füllt und zum mächtigen Cinemascope-Format (2,35:1) heranwächst. Durch die großen Augen von Oscar-Nominee James Franco („127 Hours“) erleben wir die Reise eines egoistischen Mannes, die ihn letztlich nicht bloß in eine neue Heimat, sondern ebenso zu einer neuen, selbstlosen Aufgabe führt. Die Geschichte hier ist bewusst einfach gestrickt, so dass „Die fantastische Welt von Oz“ trotz der einen oder anderen milden Horroreinlage (der Regisseur ist einst schließlich aufgrund seiner „Evil Dead“-Trilogie zu Weltruhm gelangt) ein vor allem visuell berauschendes Spektakel für Jung und Alt bereithält.

ozx3Doch trotz des wunderbaren Auftakts, der für die Zuschauer bereits mit dem liebevoll gestalteten Vorspann vielversprechend beginnt, und des cinephilen Finales, das erneut die bewegten Bilder als wahrhaft mächtiges Instrument etabliert, gibt es auch an dieser insgesamt unterhaltsamen und inszenatorisch beeindruckenden Arbeit Schwachstellen zu verkünden: So viel Spaß man nämlich anfangs mit all den menschlichen wie unmenschlichen Charakteren (am meisten werden neben dem charismatischen Oz sicherlich der von „Scrubs“-Star Zach Braff gesprochene, fliegende Affe Finley und die lebendige Porzellanpuppe China Girl im Gedächtnis haften bleiben), der aufwändigen 3D-Gestaltung und dem klassischen Märchenrahmen hat, so sehr leidet der Film im Mittelteil spürbar an erzählerischem wie innovativem Leerlauf. Sam Raimi ist stets dann voll in seinem Element, wenn er bei diesem Stoff over the top schießen darf und das manchmal etwas enge Hollywood-Korsett, das er spätestens seit seinen drei „Spider-Man“-Filmen kennt, genüsslich auszudehnen vermag. Konventionen, wie ein Auge auf das Zielpublikum und eine möglichst niedrige Altersfreigabe, standen ihm möglicherweise im Weg, um eine ganz persönliche Vision jener populären Fantasiewelt umzusetzen.

ozx4„Die fantastische Welt von Oz“ ist dabei sicherlich kein solch halbherziges Projekt wie etwa Tim Burtons phänomenal erfolgreiche Verfilmung von Lewis Carrolls „Alice im Wunderland“ (2010), aber auch hier hätte ein wenig mehr Mut zum Ausbruch aus altbekannten Strukturen nicht geschadet. Sicherlich, formal ist das alles sauber, doch der letzte Kick zum ganz großen Kinohighlight fehlt irgendwie. Das könnte eben daran liegen, dass sich der heraufbeschworene Leinwandzauber dann zu technisch, klinisch, perfekt anfühlt – es fehlt streckenweise an ablenkender Spontanität, so dass man schließlich doch die gespannten Drähte auf der Bühne wahrnimmt. Und das ist ein wenig schade, hätte doch gerade eine so grenzenlose Träumerei wie Baums Kreation einen noch viel ungezügelteren Ursprung verdient.

ozx5Bevor nun aber ein zu negativer Eindruck entsteht, sei abschließend noch einmal angemerkt, dass „Die fantastische Welt von Oz“ als potentieller Frühlingsblockbuster eine durchaus ansehnliche Figur macht. James Franco gelingt es, seinen Charakter eben nicht als typisch-aalglatten, strahlenden Helden zu interpretieren, sondern das Publikum aufgrund der schelmischen Darstellung bis zum Schluss in einer spannenden Ungewissheit bezüglich dessen edler Absichten zu lassen. Die Abenteuer, die sich jenseits des gelben Ziegelsteinweges zutragen, halten das, was man eben von einer solchen Großproduktion erwarten darf. Ja, Raimis Film ist ein Kompromiss zwischen einem kreativen Geist und wirtschaftlicher Kalkulation – das kann niemand abstreiten. Und so ist es auch mit „Der Herr der Ringe“, „Harry Potter“ und Co gewesen. Ein offenes Geheimnis. Hier kauft man ein Ticket, von dem man sich Spaß und ein paar eskapistische Stunden erhofft. Es funktioniert. Im ersten und letzten Drittel allerdings besser als im etwas dahindümpelnden, kraftlosen Mittelteil. Ein Gefühl von Kinomagie und ein zufriedenes Grinsen überkommen einen am Ende tatsächlich.

Vorhänge schließen sich, der Abspann läuft während diese im Hintergrund noch flattern. Dann plötzlich pluckert etwas aus den Lautsprecherboxen – Mariah Carey trällert uns ein Liedchen. Jetzt ist der Zauber wirklich vorbei und wir erheben uns von den Sitzen. Die einen etwas glücklicher als die anderen. Daran sind wahrscheinlich in erster Linie unterschiedliche Erwartungen schuld.


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