Best Exotic Marigold Hotel (2011)

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Best Exotic Marigold Hotel

The Best Exotic Marigold Hotel, USA/UK/VAE 2012 • 124 Min • Regie: John Madden • Mit: Judi Dench, Bill Nighy, Tom Wilkinson, Maggie Smith, Dev Patel, Celia Imrie, Penelope Wilton • FSK: ab 12 Jahren • Kinostart: 15.03.2012 • Deutsche Website

Werbe-Platzhalter. Von irgendwas müssen wir auch leben ;-)

Handlung

Eine bunte Truppe britischer Rentner reist nach Indien, um den Lebensabend in einer angeblich luxuriösen Hotelanlage in Jaipur zu verbringen. Die Beweggründe sind dabei unterschiedlich. Evelyn (Judi Dench), seit Kurzem verwitwet und finanziell belastet durch den Schuldenberg, den ihr Mann hinterlassen hat, weigert sich zu einem ihrer Söhne zu ziehen. Als sie über eine Broschüre zu einem Resort in Indien stolpert, beschließt sie prompt, ins exotische Land zu reisen, dort ihre „goldenen Jahre“ zu verbringen und einen Blog über ihre Abenteuer zu schreiben. Douglas und Jean Ainslie (Bill Nighy und Penelope Wilton) haben ihre gesamten Ersparnisse verloren, nachdem sie in eine missglückte Internetfirma ihrer Tochter investiert haben und suchen nun nach einem günstigen Wohnsitz. Ronald (Norman Pickup) ist ein liebeshungriger Aufreißer im Körper eines Siebzigjährigen, der nach weiblicher Gesellschaft auf dem anderen Kontinent sucht. Graham (Tom Wilkinson) ist ein Richter im Ruhestand, der in Indien einem Vorfall aus seiner Vergangenheit begegnen will. Die größte Hoffnung von Madge (Celia Imrie) ist es, einen reichen Maharadscha zu verführen und zu heiraten. Die letzte im Bunde ist Muriel (Maggie Smith), die gar nicht darüber froh ist, in Indien zu sein. Sehr britisch und mehr als nur ein bisschen rassistisch, benötigt sie ein künstliches Hüftgelenk. Jedoch kann sie die Operation sich im heimischen England nicht leisten und bricht deshalb gen Osten auf. Nach der Ankunft im „Best Exotic Marigold Hotel“ merken die Gäste schnell, dass der Glanz alter Tage längst verflogen ist und das Hotel nur noch eine heruntergekommene, marode Absteige ist. Der übereifrige, stets optimistische, aber leider völlig inkompetente junge Manager Sonny (Dev Patel) lässt sich aber nicht beirren bei seinem Wunsch, den Traum seines verstorbenen Vaters zu erfüllen und aus dem „Best Exotic Marigold Hotel“ eine prachtvolle Stätte für ältere Menschen zu erschaffen.

Kritik

Hin und wieder kommt unverhofft ein Feel-Good-Film in die Kinos, der so charmant, liebenswert und vor Lebensfreude überschäumend ist, dass er auch diverse Schwächen, Längen und Vereinfachungen überwindet. Best Exotic Marigold Hotel ist ein solcher Film. Trotz unvermeidlicher Rührseligkeit und abgenutzter Lebensweisheiten bezaubert der Film die Zuschauer mit seiner brillanten Besetzung und exotischen Schauplätzen und hinterlässt am Ende einen bleibenden Eindruck – und einen breiten Grinsen. Er erreicht letztlich genau das, was er sich als Ziel gesetzt hat – er bringt den Zuschauer dazu, sich gut zu fühlen und das ist bereits mehr als ich von einem Großteil der Filme behaupten kann, die Jahr für Jahr in die Kinos kommen.

John Madden, der seit Jahren darum kämpft, den überragenden Erfolg, den er mit Shakespeare in Love einst landen konnte, zu wiederholen, verfilmte dabei Deborah Moggachs „These Foolish Things“. Auch wenn ihm dabei vielleicht künstlerisch nicht der große Wurf gelang, lieferte er einen Film ab, der in puncto Wärme unter den Filmen der letzten paar Jahre seinesgleichen sucht.

Best Exotic Marigold Hotel 1Es bestehen wenig Zweifel darüber, dass Best Exotic Marigold Hotel ein präzise kalkuliertes Vorhaben darstellt, welches darauf abzielt, sein älteres Publikum zufrieden zu stellen und seine etwas abgedroschenen Botschaften möglichst ansprechend und unkompliziert verpackt zu vermitteln. Es ist ja eine sehr beliebte Idee in Filmen sowie im realen Leben, dass eine ausgedehnte Reise nach Indien (oder, als Ersatz, ein anderes fernöstliches Land) unweigerlich zu tollen neuen Einsichten und eine unglaublichen Selbstentdeckung führt. Auf der Basis dieser Prämisse arbeitet Maddens Film. Wer sich jetzt wundert, wieso mich das scheinbar nicht so sehr gestört hat, wie es sollte und weshalb ich dann eingangs in solch hohen Tönen vom Film geredet habe, tut dies natürlich mit Berechtigung. Die Wahrheit ist, dass obwohl all die Unzulänglichkeiten einem hinterher schnell bewusst werden, ist es nahezu unmöglich sich dem Charme dieser herzerwärmenden Geschichte von Freundschaft, Liebe, Selsbtfindung und Vergebung zu entziehen. Verpackt in die schönsten Bilder von modernem Indien (wir blenden jetzt einfach mal die in großen Teilen des Landes herrschende Armut aus), wird der Film von seinen Protagonisten getragen. Dame, König, As, Spion hat letztes Jahr eine der besten britischen Besetzungen der letzten Jahre auf der Leinwand zusammengebracht, doch Best Exotic Marigold Hotel nimmt die Herausforderung an und präsentiert mit Bill Nighy, Judi Dench, Tom Wilkinson und Maggie Smith eine nicht minder beeindruckende Ansammlung des britisches Schauspieladels. Ihnen sowie dem Rest des Ensembles gebührt der Löwenanteil am Erfolg dieses Films. Allesamt in Topform, könnten diese Mimen auch zwei Stunden lang vor einer weißen Wand stehend das Telefonbuch vorlesen und man wäre dennoch von jeder Minute fasziniert. Obwohl es dem Drehbuch und damit auch den Charakteren nicht an Klischees mangelt, erheben sich die Schauspielveteranen über den Stoff au dem Papier und nutzen alle Spielräume aus, die es gibt.

Best Exotic Marigold Hotel 2Judy Denchs Evelyn führt dabei den Zuschauer durch den Film und liefert einen generellen Überblick mit gelegentlichen Voiceover-Momenten. Durch sie erleben wir das Aufeinanderprallen der Kulturen und das Staunen über dieses so wundersame, weit entfernte Land. Die warmherzige und offene Figur von Evelyn könnte kaum weiter entfernt sein von der kalten und stoischen M, die Dench in Skyfall und sechs weiteren James-Bond-Filmen verkörpert hat. Bill Nighy spielt mit einem Höchstmaß an Zurückhaltung und bietet einen guten Gegenpol zu Dench, doch seine Augen und seine unsichere Körpersprache sagen mehr als tausend Worte. Die Chemie zwischen den beiden ist greifbar und natürlich. Die noch größeren schauspielerischen Highlights bilden jedoch Tom Wilkinson und Maggie Smith. Wilkinsons von Schuld und Bedauern geplagter Charakter ist die bewegendste Figur im Film und erlaubt es Wilkinson, alle seine Stärken auszuspielen. Sein Charakter steht für den weltoffenen, liberalen Abendländer, der die bunte und ausgelassene indische Kultur und Lebensweise von Anfang an in sein Herz schließt. Im starken Kontrast dazu steht Maggie Smiths misanthropische Kratzbürste Muriel. Smith größtes Talent in den letzten Jahren besteht darin, ungläubig, entsetzt oder angewidert dreinzuschauen (siehe „Downton Abbey“) und dazu hat sie in Best Exotic Marigiold Hotel mehr als genug Gelegenheiten. Sowohl den Part der verabscheuungswürdigen Rassistin als auch die unweigerliche Transformation meistert sie sehr überzeugend. Diese geht einen Tick zu flott vonstatten, doch Smith lässt uns daran glauben und verleiht ihrem Charakter mehr Tiefe gegen Ende des Films als man ihr zugetraut hätte. Ja, es ist schmalzig und vorhersehbar, doch es geht trotzdem sehr zu Herzen.

Auf den Rest der Besetzung entfällt deutlicher weniger Screentime. Pickup als Don Juan im Seniorenalter überzeugt mit überraschender Vitalität und viel Humor, während Penelope Wilton als Bill Nighys schnippische und permanent unzufriedene Ehefrau für ihren Charakter mehr Sympathien heraufbeschwört, als er es verdient hätte. Wenn es eine Schwachstelle unter den Schauspielern des Films gibt, dann ist es der Jüngling. Dev Patel aus Slumdog Millionär spielt den jungen Inder, der, gefangen zwischen Tradition und Moderne, es allen recht machen will, näher an eine Karikatur, denn an einen Menschen aus Fleisch und Blut. Seine problematische Liebesgeschichte mit einer emanzipierten jungen Frau ist eine Nebenhandlung, die im Film vernachlässigt wird. Möglicherweise auch zum Glück, doch dann hätte man es auch einfach lassen können.

Best Exotic Marigold Hotel 3Zum Glück glänzt die restliche Besetzung so sehr, dass dieser kleine Makel kaum auffällt. John Madden führt den Film mit sicherer Hand, hält jedoch die Regie möglichst einfach und lässt seine Schauspieler die Arbeit machen. Unter den gegebenen Voraussetzungen (durchschnittliches Drehbuch, grandiose Darsteller) war es die beste Entscheidung, die er treffen konnte. So stechen nicht nur einzelne Darbietungen heraus, sondern die gesamte Riege an Schauspielveteranen interagiert wundervoll natürlich und routiniert miteinander. Das hebt den Film von einer typisch prätentiösen, öden Selbsterfahrungsgeschichte à la Eat Pray Love ab. Man kann eine lange Zeit damit verbringen, die Mängel des Films auseinander zu nehmen – von seiner simplifizierten Erzählweise bis zu seiner naiven Faszination mit Indien, die alle Aspekte, die Touristen gerne sehen, betont und diejenigen vernachlässigt, die auch sonst häufig unter den Tisch fallen, wie das Kastensystem oder die blühende Armut. Oder man kann auch sich für zwei Stunden in diese Welt entführen lassen, durch diese Darsteller verzaubern lassen und diesen Film als einen wundervolle Köstlichkeit genießen – eine üppige Torte mit wenigen Nährstoffen aber doch so gut im Geschmack. Ich habe mich für die zweite Option entschieden. Mehrfach sagt Dev Patels Sonny im Film „Am Ende wird alles gut, und wenn es noch nicht gut ist, ist es noch nicht das Ende.“ Das ist der Leitspruch und das Mantra des Films und es funktioniert besser als man es sich vorstellen könnte. Wie auch Sonny bemüht sich der Film sehr, die Zuschauer glücklich zu machen und wie auch bei Sonny sind die Methoden nicht immer perfekt. Doch er hat sein Herz am rechten Fleck und so sehr man versucht sich ihm zu widersetzen, ist man zum Scheitern verurteilt. Wenn es einen Film letztes Jahr gab, der den Zuschauer mit einem dicken Grinsen und einem Wohlgefühl aus dem Kino entlassen hat, dann ist es dieser.

Fazit

Was Best Exotic Marigold Hotel an Vielschichtigkeit und einem klischeefreien Drehbuch fehlt, gleicht er durch viel Herz, Humor, Lebensfreude und eine der besten britischen Besetzungen, die man sich nur vorstellen kann, aus.

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