Ant-Man and the Wasp, USA 2018 •118 Min • Regie: Peyton Reed • Mit: Paul Rudd, Evangeline Lilly, Michael Douglas, Hannah John-Kamen, Laurence Fishburne, Michelle Pfeiffer, Walton Goggins, Michael Peña • FSK: ab 12 Jahren • Kinostart: 26.07.2018 • Deutsche Website
Handlung
Zwei Jahre sind vergangen, seit Scott Lang (Paul Rudd) Captain America und dessen Verbündeten nach Deutschland folgte, um sie dort als Ant-Man im Kampf gegen Iron Man und Co zu unterstützen. Da er dadurch gegen die Socovia Accords verstoßen hat, die Superhelden verbieten, eigenmächtig zu agieren, verbüßt er nun seine Strafe als Hausarrest samt Fußfessel. Von der alltäglichen Routine gelangweilt, sind die Besuche seiner Tochter Cassie (Abby Ryder Fortson) sein einziger Lichtblick. Strenge Auflagen untersagen ihm jeglichen Kontakt zu Dr. Hank Pym (Michael Douglas) und seiner Tochter Hope (Evangeline Lilly). Gut zu sprechen sind die beiden auf Scott jedoch sowieso nicht. Als Erfinder der illegalen Ant-Man-Technologie werden sie gesucht und befinden sich seit Scotts Deutschlandtrip auf der Flucht. In ihrem mobilen Labor schmieden sie einen neuen Plan: Seit es Scott gelungen ist, sich auf subatomare Größe zu schrumpfen und dann dennoch zurückzukehren, schöpfen die beiden Hoffnung, auch Hopes Mutter Janet (Michelle Pfeiffer) retten zu können, die vor 30 Jahren in der Quantenebene verschwunden ist. Als Scott plötzlich eine lebhafte Vision von Janet hat und dies Hank mitteilt, kidnappt Hope ihn nur wenige Tage vor Ablauf seiner Strafe kurzerhand aus seinem Haus, damit er ihnen bei der Rettungsmission helfen kann. Es dauert nicht lange, bis dem Trio nicht nur FBI-Agenten auf den Fersen sind, sondern auch ein schmieriger Waffenhändler (Walton Goggins) und eine mysteriöse, geisterhafte Gestalt (Hannah John-Kamen). Dieser Ghost verfolgt ganz eigene Ziele, die jedoch mit Hanks und Hopes untrennbar verknüpft sind.
Kritik
Marvels kleinster Held ist zurück mit einem mittelgroßen Abenteuer. Als Einbrecher ohne eigene Superkräfte, Reichtum, extrem hohe Intelligenz oder besonderes Training ist Scott bei seinen Unternehmungen als Held gänzlich auf sein Kostüm angewiesen. Neben allmächtigen Göttern, noblen Supersoldaten, hochtrainieten Agenten, einsilbigen Bäumen und genialen Wissenschaftlern repräsentiert er den absoluten Durchschnittskerl, einen liebenswerten Loser. Diese Wahrnehmung wird noch mehr durch die Besetzung von Paul Rudd verstärkt, der sich den Großteil seiner Karriere auf die Darstellung ebensolcher liebenswerten Loser und netten Durchschnittstypen von Nebenan spezialisiert hat. Das macht ihn für viele Zuschauer zu einer Identitätsfigur, in der sie sich eher wiederfinden als in Thor, Hulk oder Groot. Möglicherweise war das auch einer der großen Gründe, weshalb der erste Ant-Man-Streifen auf Anhieb zu einem Publikumsliebling avancierte – trotz einer problematischen Produktionsgeschichte (erster Regisseur Edgar Wright verließ nach acht Jahren Projektentwicklung kurzfristig den Film und wurde durch Peyton Reed ersetzt) und eines Helden, dessen Superfähigkeit ihn auf den ersten Blick wie eine Lachnummer hätte wirken lassen können. Ant-Man ist ein Außenseiter unter den Superhelden des Marvel Cinematic Universe. Seine Filme sind es auch.

Nach dem politisch geladenen, sehr zeitgemäßen Spektakel von Black Panther und dem superernsten, intergalaktischen Bombast von Avengers: Infinity War gewährt Ant-Man and the Wasp den Fans eine Verschnaufpause, drückt auf die Bremse und sorgt für ordentlichen Tempowechsel. Es geht lange Zeit recht gemächlich, wenn auch nicht langweilig zu, bis der Film dann doch das Bedürfnis verspürt, den Charakteren Feuer unter den Hintern zu machen. Diese Dringlichkeit wirkt jedoch leider zu gekünstelt, wenn man als Zuschauer dann vor die Tatsache gestellt wird, dass gleich mehreren Charakteren ausgerechnet im gleichen kurzen Zeitraum die Zeit rasant davonläuft, obwohl ihre jeweiligen Umstände (die hier nicht gespoilert werden sollen) bereits seit sehr langer Zeit bestehen.



Durch ihr Upgrade zur Superheldin The Wasp hat Evangeline Lilly im zweiten Film deutlich mehr zu tun und übernimmt den Großteil der Action. Ob in normaler oder geschrumpfter Form, tritt sie in Actionszenen sehr souverän auf und lässt Scott alt aussehen. Es würde echt Spaß machen, sie Seite an Seite mit Scarlett Johanssons Black Widow kämpfen zu lassen.

Man muss es den Machern lassen, dass sie sich nicht in die typische Versuchung haben führen lassen, das Sequel auf Teufel komm raus größer, lauter und bombastischer zu machen. Doch etwas mehr Aufregung und das Gefühl, dass die persönlichen Einsätze zumindest für die Hauptfiguren hoch sind (Scott könnte schließlich für 20 Jahre in den Knast wandern und Hope ihre Mutter nie wieder sehen), hätten nicht geschadet. Ein Punkt, in dem Ant-Man and the Wasp auf jeden Fall eine Schippe drauflegt, sind die visuellen Effekte. Es wird noch viel mehr mit Klein, Groß und Sehr Groß gespielt. Autos und ganze Gebäude werden geschrumpft, PEZ-Spender werden gigantisch und die entsprechenden Effekte werden sehr clever in Actionsequenzen und Verfolgungsjagden eingebunden. Die Fehlfunktionen eines Ant-Man-Kostüms von Scott sorgen hingegen für herrliche optische Humorspitzen. Fast noch bemerkenswerter sind jedoch die unglaublichen Verjüngungseffekte an Douglas, Pfeiffer und Fishburne. Diese Technologie hat seit X-Men – Der letzte Widerstand und TRON: Legacy Quantensprünge gemacht und ist sogar auf einem anderen Level, als man sie im ersten Ant-Man gesehen hat.

Die spektakulären Effekte und das charmante Zusammenspiel der Akteure lassen immer wieder vergessen, dass der Film keine echte Spannungskurve besitzt und im Prinzip über weitere Strecken locker vor sich hinplätschert. Wenn man jedoch nach der Sichtung auf den Film zurückblickt, bleibt nicht mehr viel hängen. Schon kurz nach dem Abspann beginnt der Film, aus der Erinnerung zu verschwinden, wie nach einem gewissen Fingerschnipsen in einem Marvel-Film auf jüngster Vergangenheit. Dessen Ereignisse bleiben hier natürlich nicht unbeachtet, auch wenn die Verbindung plötzlich in einem starken Kontrast zum ansonsten fröhlich entspannten Film steht.
Fazit
Wie schon seit Vorgänger, ist Ant-Man and the Wasp ein eher unbedeutender, wenn auch unterhaltsamer Beitrag zum Marvel-Kinouniversum. Das Sequel punktet mit sympathischen Darstellern und clever eingesetzten, fantastischen Effekten, entbehrt jedoch echter Spannung und überspannt gelegentlich den Bogen bei seinen Bemühungen, lustig zu sein. Wer jedoch schon beim ersten Mal riesengroßen Spaß hatte, wird sich auch am zweiten Film des kleinen Kerlchens erfreuen.

