Split (2016) Blu-ray-Kritik

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Split (2016) Filmkritik

Split, USA 2016 • 117 Min • Regie & Drehbuch: M. Night Shyamalan • Mit: James McAvoy, Anya Taylor-Joy, Betty Buckley, Jessica Sula, Haley Lu Richardson, Brad William Henke • Kamera: Mike Gioulakis • Musik: West Dylan Thordson • FSK: ab 16 Jahren • Verleih: Universal Pictures • Kinostart: 26.01.2017 • Heimkinostart: 8.06.2017 • Deutsche Website

Split (2016) Filmbild 1Die Metamorphose des M. Night Shyamalan ist vollendet: Nach seinem herrlich-schrägen Low-Budget-Schocker „The Visit“ (2015) verbindet der einst als legitimer Spielberg-Nachfolger gehandelte Regisseur in „Split“ seinen langsamen Spannungsaufbau aus alten Tagen perfekt mit dem frisch entdeckten Wahnwitz. Dass sich in der Karriere des Hoffnungsträgers etwas ändern musste, dokumentierten bereits seine Arbeiten ab dem etwas müden „The Village – Das Dorf“. Sowohl Zuschauer wie auch Kritiker waren irgendwann von den anfangs aufregenden Mystery-Stoffen mit Twist-Garantie gesättigt und erwünschten sich einen neuen Ansatz – der in Form des offenkundigen B-Movies „The Happening“ jedoch noch mehr Anhänger vergraulte. Nach weiteren künstlerischen Fehlgriffen ist Shyamalan nun endlich wieder auf der Höhe des Schaffens angekommen. Ein Kraftschlag, der nicht vielen Regisseuren auf dem Weg ins Abseits gelingt. Sein „Split“ ist ein Psychothriller, der teilweise an die verspielten Werke Brian De Palmas („Mein Bruder Kain“) erinnert, aber letztlich eindeutig den Stempel seines Schöpfers trägt und sogar eine Brücke zu dessen bis dato bestem Film „Unbreakable – Unzerbrechlich“ schlägt – wie irre und gleichzeitig cool ist das eigentlich?!

Split (2016) Filmbild 2Im Mittelpunkt der Geschichte steht ein junger Mann (James McAvoy). Allerdings einer, dessen Körper von stolzen 23 Persönlichkeiten geteilt wird. Sein Name ist Kevin – beziehungsweise Dennis, Patricia, Hedwig, Barry et cetera – und er (oder sie) führt (oder führen) etwas ganz Finsteres im Schilde: Nach einer Geburtstagsfeier verschleppt er die Teenagerinnen Casey (Anya Taylor-Joy), Claire (Haley Lu Richardson) und Marcia (Jessica Sula) und bringt sie in sein isoliertes Versteck. Dort werden die verstörten Mädchen zunächst mit der Eigenart ihres geheimnisvollen Entführers vertraut, der sie als auserwählte Beute einer als „Bestie“ bezeichneten Entität ausweist. Der erste Fluchtversuch aus dem kargen Raum misslingt, weshalb die drei schließlich voneinander getrennt werden. Die Außenseiterin Casey, die selbst auf dunkle Stellen in ihrem Leben zurückblickt, gibt sich weiterhin kämpferisch und versucht, eine Schwachstelle in ihrem gespaltenen Gegenüber auszunutzen. Die Zeit läuft, denn die „Bestie“ ist bereits auf dem Weg …

Split (2016) Filmbild 3Neben dem Kammerspiel, das sich zwischen dem Antagonisten und seinen Opfern zuträgt, weitet der Regisseur und Drehbuchautor das Geschehen außerdem auf das Verhältnis des gestörten Täters zu seiner Psychiaterin Dr. Karen Fletcher (Betty Buckley) aus. Diese nutzt ihren faszinierenden Patienten als Gegenstand ihrer Forschung, die von der Theorie ausgeht, dass Personen mit multiplen Persönlichkeiten mehr Kapazität ihres Gehirns verwenden und sogar zu übermenschlichen körperlichen Leistungen fähig sein können. Das ist aus wissenschaftlicher Sicht freilich ziemlicher Unfug, aber funktioniert in dem zwischen Schrecken und eigenwilliger Komik pendelnden Film als interessanter Aufhänger ausgezeichnet. „Split“ gibt sich keine Mühe, seine abgedrehte Idee verkrampft in der Realität zu verankern, sondern erschafft sich sein eigenes kleines Universum – in das Shyamalan mit dem Nachfolger übrigens erneut eintauchen will.

Split (2016) Filmbild 4Die ganz große Attraktion des auf billige Effekte vollständig verzichtenden Films hört natürlich auf den Namen James McAvoy („Drecksau“). So smart und individuell das Drehbuch auch sein mag – ohne die geniale Performance des schottischen Mimen wäre das Resultat nicht einmal die Hälfte wert gewesen. Die sich zu einer echten Gefahr für die Mädchen entwickelnden Charaktere müssen ein Traum für jeden ambitionierten Schauspieler sein, und McAvoy packt diese Herausforderung selbstbewusst und mit sichtlicher Freude am Schopf: mal divahaft, eiskalt, einfühlsam oder als pures Comic-Relief deckt er eine enorme Bandbreite an Eigenschaften ab, die die Zuschauer bis zum adrenalingetränkten Finale im Unklaren lassen, wie ernst die furchteinflößende Prophezeiung des Kidnappers letztlich zu nehmen ist. Mir fällt keine Genrearbeit ein, die sich mit der Zeichnung ihres Schurken ähnlich weit aus dem Fenster lehnt und trotzdem ein solch stimmiges Ergebnis abliefert. Irgendwie wachsen einem Kevin und Co. im Verlauf sogar richtig ans Herz, weshalb die Auflösung auch umso schockierender wirkt. Als Gegenpart zu diesem teilweise sympathischen Bösewicht kann auch die von der Newcomerin Anya Taylor-Joy („The Witch“) verkörperte Casey überzeugen, die sich mit ihrem bedachten Vorgehen klar von ihren oberflächlichen Mitgefangenen unterscheidet und mit dem Peiniger sogar mehr gemeinsam hat, als es zunächst scheint.

Mit „Split“ läutet M. Night Shyamalan sein definitives Comeback ein und zeigt in dieser quasi Origin-Geschichte auf sehr spezielle Weise, wie eng Grauen und Spaß beieinander liegen können. Weiter so!


Information zur Heimkinoveröffentlichung

Ab dem 8. Juni 2017 ist „Split“ im Verleih von Universal Pictures in deutscher, englischer und französischer Sprachfassung (mit wahlweise unterschiedlichen Untertiteln) als DVD, Blu-ray und 4K-Ultra-HD erhältlich.

Neben dem Hauptfilm liegen der DVD- und Blu-ray-Veröffentlichung folgende Extras vor:

Split (2016) Blu-ray Cover• Alternatives Ende
• Unveröffentlichte Szenen
• Making-Of
• Die vielen Gesichter von James McAvoy
• Aus der Sicht des Filmemachers: M. Night Shyamalan

 

(Cover © Universal Pictures)


Trailer