Arizona Dream (1992)

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Arizona Dream, USA/F 1992 • 142 Min Regie: Emir Kusturica Mit: Johnny Depp, Jerry Lewis, Vincent Gallo, Faye Dunaway, Lili Taylor FSK: ab 12 Jahren Deutscher Kinostart: 13.05.1993

Handlung

Axel (Johnny Depp) ist ein verträumter Einzelgänger, der eines Tages von seinem Bruder Paul (Vincent Gallo) aus seiner Wahlheimat New York nach Arizona gelockt wird, um dort in das Cadillac-Geschäft des Onkels Leo (Jerry Lewis) einzusteigen. Axel ist alles andere als ein begeisterter oder talentierter Autoverkäufer, verliebt sich dafür aber umso schneller in seine erste Kundin. Zwischen Axel und der um einiges älteren Elaine (Faye Dunaway) entwickelt sich gegen Leos Widerstand eine komplizierte Liebesbeziehung, welche zusätzlich immer wieder von Elaines Stieftochter Grace (Lili Taylor) sabotiert wird. Dennoch lebt Axel bald auf dem Anwesen von Elaine und Grace in der Steppe von Arizona. Während Axel an diversen Flugmaschinen werkelt, um Elaine den Traum vom Fliegen zu verwirklichen, durchleben die beiden Frauen Konflikte und psychische Krisen. Obwohl Elaines Traum am Ende wahr wird, führen  unterschiedliche Schicksalsschläge dazu, dass Axel sich vom unkonventionellen Leben in der Steppe lossagt und sich auf die Suche nach etwas Neuem macht.

Kritik

Arizona Dream Kritik 1Wer jung ist, möchte anders als die Alten sein, sich abgrenzen, etwas Neues wagen. Häufig gelingt dies auch, jedoch selten ohne Widerstand der Alten. So ähnlich ergeht es auch Axel, der sich in einem inneren Konflikt befindet, entweder seinen eigenen Traum vom freien und grenzenlosen Leben zu verwirklichen, oder dem Wunsch seines Onkels Leo zu folgen, um in bürgerlicher Sicherheit Autos zu verkaufen. Hier begegnen sich zwei Lebensmodelle, die unterschiedlicher nicht sein könnten. Axels  Bindung an den Lieblings-Onkel sind jedoch immer noch stark genug, um dem Autoverkauf immerhin einen Versuch zu gewähren. Doch die erste Gelegenheit zur Flucht (in Form der hübschen Elaine) nimmt er wahr, um sich dem Einfluss seines Onkels wieder zu entziehen. Nun lebt Axel in alternativer Manier, gebunden nur an die neue Freundin, und trotz der vielen Konflikte mit der sprunghaften Elaine, beneidet man als Zuschauer ein wenig die Freiheit, die er sich hier erkämpft hat. Dagegen ist Elaines Stieftochter Grace noch sehr in ihrer Familienstruktur verhaftet. Im Schatten ihrer Stiefmutter spielt sie stets die zweite Geige, sei es bei der Gestaltung des Alltags oder beim Flirten mit Männern. So konsequent Axel seine eigenen Ziele durchsetzt, so schwer fällt es Grace, sich von der Stiefmutter zu lösen und ein eigenes Leben aufzubauen. In der Folge ist sie ein äußerst frustrierter und unzufriedener Mensch, feindselig gegenüber ihren Mitmenschen eingestellt und depressiv in der Grundstimmung. Die mangelnde Distanz zur Stiefmutter führt in der Folge des Films häufig zu handfesten Auseinandersetzungen, die in ihrer Tragik fast schon wieder lachhaft wirken, getreu dem Motto „Komik ist Tragik in Spiegelschrift“. Der Kontrast zwischen Grace und Axel unterstreicht dennoch deutlich, wie wichtig Selbstständigkeit und Abnabelung für die jüngere Generation ist und wie folgenschwer das Ausbleiben derselben für alle Beteiligten sein kann.

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Arizona Dream Kritik 2Mit der Auseinandersetzung zwischen Axel und Leo zeigt Regisseur Emir Kusturica nicht nur, dass Träume unterschiedlicher Individuen auch konfligieren, einander widersprechen können. Darüber hinaus dekonstruiert er auch die positive Verheißung des Traumes an sich. So wichtig Träume im Alltag eines jeden sind – sie können zu Albträumen werden und (Lebens-) Träume können in Wahn umschlagen. So wandelt sich Elaines Traum vom Fliegen zu einer psychotischen Entrückung: Aus der selbstbewussten und eleganten Dame wird ein labiles und launisches Wesen, unnahbar und abweisend selbst ihrem Freund gegenüber. Für Axel, der seiner Freundin das Fliegen ermöglichen will, bedeutet die Konstruktion von absonderlichen Flugmaschinen eine Flucht aus dem Alltag. Lieber bastelt er an Propellern und Tragflächen, als für seinen Onkel Luxusautos zu verkaufen. Grace hingegen wünscht sich nichts sehnlicher, als aus dem Schatten von Elaine zu treten und an ihrer Stelle mit Axel eine Beziehung zu führen. Dass dieser ganz und gar der Stiefmutter verfallen ist, stellt eine Demütigung für Grace dar, die sie an den depressiver Abgründe führt und dem Film einige dramatische Momente bereitet. Hier führt ein Traum wegen seiner Unerfüllbarkeit geradewegs in die Selbstzerstörung. Paul wiederum wird durch seinen Traum vom glamourösen Schauspieler zu einer Karikatur von sich selbst. Anstatt die Schauspiel-Kunst  ernsthaft zu erlernen begnügt er sich damit, die Dialoge bekannter Film-Klassiker auswendig zu lernen. Als er bei einem Talentwettbewerb in dilettantischer Weise eine Szene von Hitchcocks „Der unsichtbare Dritte“ nachspielt, entsteht ein höchst humorvoller Moment – die antagonistischen Charaktere rücken in Harmonie zusammen und der Zuschauer kann ganz und gar die Komik der Situation genießen.

Arizona Dream Kritik 3Die Darstellungen der unterschiedlichen Träume vervollständigt Kusturica durch den Einbau surrealer Momente. Ein Eskimo auf Fischfang, ein Krankenwagen, der gen Vollmond fährt, oder ein Ferkel, das plötzlich auf dem Gelände des Autohauses auftaucht, geben dem Film eine fantastische Atmosphäre und lassen ihn gleichermaßen wie einen Traum wirken. Die dramatischen Momente des Films wirken dadurch weniger gravierend. Ähnlich mildernd wirken die häufigen und absurd-witzigen Situationen, die dem Film eine scherzhafte Leichtigkeit verschaffen. So verkommt Axels Lehre im Autohaus des Onkels zu einem Schauspielkurs, bei dem er lernen soll, besonders sexy zu reden. Ein gemütliches Dinner bei Elaine und Grace wiederum entwickelt sich zu einem absurden Schlagabtausch, der in absolutem Chaos endet. Ein beliebtes Stilmittel von Kusturica, nämlich der Einsatz des Akkordeons und die Darstellung einer Vielzahl von Tieren, setzt er auch in Arizona Dream ausgiebig ein. In dieser Hinsicht weist der Film deutliche Parallelen zu seiner Zigeuner-Komödie Schwarze Katze, weißer Kater auf und bereitet den Zuschauer gewissermaßen darauf vor.

Schauspielerisch überzeugt der Film nicht nur durch den verträumten Johnny Depp. Auch Jerry Lewis überzeugt in seiner Rolle des temperamentvollen Leo, der zwischen fürsorglichem Onkel und wutschnaubenden Choleriker hin- und herpendelt. Faye Dunaway kann sowohl die vornehme Dame als auch die debile Psychotikerin äußerst authentisch darstellen und Lili Taylor ruft mit ihrer depressiven Art nicht nur Mitgefühl hervor, sondern trägt auch häufig zur Erheiterung des Zuschauers bei.

Fazit

Eine gelungenes, surreal-komisches Zusammenspiel unterschiedlicher Menschen, die sich in genau einem Aspekt vereint sehen – der Verwirklichung ihres Traums.

Trailer

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