"Bruce Lee war etwas arrogant": Tarantino rechtfertigt kontroverse Szene aus Once Upon a Time in Hollywood

Brad Pitt und Mike Moh in Once Upon a Time in Hollywood © 2019 Sony Pictures

Quelle: Radar Magazine

Artikel enthält Spoiler zu einer Szene aus Once Upon a Time in Hollywood!

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Quentin Taratinos 9. Film Once Upon a Time in Hollywood war ab dem Zeitpunkt für Kontroverse prädestiniert, an dem bekannt wurde, dass er vor dem Hintergrund der Manson-Morde 1969 spielen würde. Geredet wird aktuell jedoch über eine ganz andere Kontroverse als vermutet. Die Schwester der von Manson-Anhängern ermordeten Sharon Tate sprach mit Tarantino im Vorfeld über den Film und gab ihren Segen. Hingegen wurde Shannon Lee, die Tochter der Martial-Arts-Ikone Bruce Lee, der einen kurzen, aber sehr markanten Auftritt in dem Film hat, gespielt von Mike Moh, außen vor gelassen und ist gar nicht begeistert von der Darstellung ihres Vaters durch Tarantino.

In der besagten Szene trifft der von Brad Pitt gespielte Stuntman Cliff Booth auf Bruce Lee am Set von seiner TV-Serie "The Green Hornet". In der Szene äußert Lee seine Bewunderung für den Boxer Muhammad Ali (damals noch als Cassius Clay bekannt), erklärt aber auch, er würde Ali, wenn es zu einem Kampf kommen sollte, zu einem Krüppel machen. Seine Hände, so Lee in dem Film, seien als tödliche Waffen registriert. Cliff nimmt die arrogante Bemerkung in Richtung von Ali nicht gut auf und fordert Bruce Lee zu einem Zweikampf heraus. Wer über drei Runden den anderen häufiger zu Boden bringt, gewinnt. In der ersten Runde triumphiert Lee problemlos mit einem Tritt, doch in Runde 2 überrascht Cliff Lee und schleudert ihn gegen ein Auto. Die beiden werden unterbrochen und der Kampf wird nie eindeutig entschieden.

Viele Bruce-Lee-Fans regten sich über die Szene auf, denn es sei erstens unrealistisch, dass ein Stuntman jegliche Chancen gegen Bruce Lee im Zweikampf gehabt hätte. Zweitens wirkte Lees Darstellung in dem Film als arroganter Angeber wenig schmeichelhaft. Shannon Lee zeigte sich besonders darüber empört, wie Tarantino mit dem Vermächtnis ihres Vaters umgeht, der, ihrer Meinung nach, als überheblicher Trottel dargestellt wird, der von Cliff blamiert wird. Sie bezeichnete die Darstellung respektlos.

Tarantino ist jedoch niemand, der solchen Kontroversen und Behauptungen aus dem Weg geht, und adressierte ihre Bedenken bei einer Pressekonferenz in Moskau, indem er darauf beharrte, die arrogante Darstellung der Realität entspreche und Cliff könnte als fiktiver Charakter Lee sehr wohl schlagen: (aus dem Englischen)

Bruce Lee war ein etwas arroganter Kerl. Die Art, wie er spricht, ich habe mir das nicht ausgedacht. Ich habe gehört, wie er vergleichbare Dinge gesagt hat. Leute sagen, er hätte nie gesagt, er könnte Muhammad Ali schlagen. Doch, hat er. Nicht nur hat er das gesagt, auch seine erste Ehefrau Linda Lee hat das in der ersten Biografie, die ich über ihn gelesen habe, gesagt. […] Könnte Cliff Bruce Lee schlagen? Brad Pitt könnte Bruce Lee nicht besiegen. Aber Cliff könnte es vielleicht. Es ist, als ob man fragt, wer in einem Zweikampf gewinnen würde: Bruce Lee oder Dracula. Es ist die gleiche Frage. Es ist eine fiktive Figur. Es ist die gleiche Situation. Wenn ich sage, Cliff kann Bruce Lee schlagen, dann kann er Bruce Lee schlagen, er ist eine fiktive Figur. Aber die Realität der Situation ist: Cliff ist ein Green Beret. Er hat viele Menschen im Zweiten Weltkrieg im Nahkampf getötet. Er ist ein Killer. Wovon spricht Bruce Lee in der Szene? Davon, dass er Krieger bewundert. Dass er den Kampf bewundert. Und Boxen ist als Sport näher an einem echten Kampf dran als Martial-Arts-Wettkämpfe. Cliff ist nicht einmal ein Sportler, er ist wirklich ein Krieger. Wenn Cliff im Rahmen eines Martial-Arts-Wettkampfes im Madison Square Garden gegen Bruce Lee kämpfen würde, würde Bruce Lee ihn umbringen. Aber wenn Cliff und Bruce Lee im philippinischen Dschungel gegeneinander kämpfen würden, würde Cliff ihn umbringen.

Shannon Lee erzählte in ihrem Interview mit der Los Angeles Times übrigens, dass auch Lees Witwe Linda Lee Caldwell die Darstellung furchtbar und karikaturhaft fand.

Lee-Darsteller Mike Moh hatte ursprünglich auch Bedenken, als er das Skript las, das angeblich einen noch peinlicheren Ausgang für Lee hatte (vermutlich eine Niederlage gegen Cliff). Er kam jedoch zum Schluss, dass die Szene Lee nicht zwingend negativ darstellt:

Als ich das Drehbuch erstmals gelesen habe, dachte ich: wow. Ich werde nicht sagen, was im Originalskript stand, aber als ich es gelesen habe, war ich hin- und hergerissen, weil er mein Held ist – Bruce ist für mich buchstäblich ein Gott. Er war kein Mensch für mich, er war ein Superheld. Ich denke, so sehen die meisten Menschen Bruce Lee. Aber die Sache ist die. Erstens ist es ein Tarantino-Film. Er wird nicht das tun, was die Leute erwarten. Man muss das Unerwartete erwarten. Zweitens wusste ich von Anfang an, dass Tarantino Bruce Lee vergöttert. […] In dem Film ist es eine Herausforderung: "der beste von drei". Ich bekomme den ersten Punkt, weil ich ihm in den Arsch trete. Bruce war in dem Moment so von sich überzeugt und vielleicht etwas aufgeregt, und er wusste nicht, dass Cliff Booth Dutzende von Menschen mit bloßen Händen getötet hat – und ich denke, das wird den Zuschauern vorher in dem Film nicht klar. Es ist eine enorm wichtige Szene in dem Film. Wie kann man besser vorführen, wie gefährlich Cliff ist, als ihn auf gleiche Stufe mit Bruce Lee zu stellen? Der einzige Grund, weshalb ich gegen das Auto geworfen wurde, war, weil ich so arrogant war. In dem Moment, in dem es passiert, wird Bruce klar, oh Scheiße, dieser Kerl ist nicht einfach nur ein Stuntman. Bruce Lee hat nicht alle Stuntleute respektiert, weil er besser war als alle Stuntleute.

Nachdem ich also gegen das Auto geworfen wurde, wird es ernst. Es beginnt eine Schlägerei, doch sie wird aufgelöst. Es bleibt unentschieden. Ich verstehe, dass die Leute denken, dass Bruce besiegt wurde, weil er gegen das Auto geworfen wurde, aber hätte man ihm fünf Sekunden mehr gegeben, hätte Bruce gewonnen. Ich weiß, dass sich Leute darüber aufregen werden, aber als ich Bruce Lee für die Rolle studiert habe, habe ich festgestellt, dass er vor allem wollte, dass die Leute wissen, dass auch er menschlich ist.

Wenn Ihr Euch von der (höchst unterhaltsamen) Szene selbst überzeugen wollt, könnt Ihr sie ab morgen (oder in heutigen Previews) im Kino sehen. Dann läuft Once Upon a Time in Hollywood endlich hierzulande an. Das Video von Tarantinos Original-Statement findet Ihr unten:

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