The Power of the Dog, West Side Story und "Succession" räumen bei den Golden Globes 2022 ab

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Golden Globes 2022

Links: Benedict Cumberbatch in The Power of the Dog © 2021 Netflix
Mitte: Rachel Zegler in West Side Story © 2021 20th Century Studios
Rechts: Sarah Snook in "Succession" © 2021 HBO

Werbe-Platzhalter. Von irgendwas müssen wir auch leben ;-)

Quelle: Hollywood Foreign Press Association

In der Nacht von Sonntag auf Montag wurden in Los Angeles die 79. Golden Globes verliehen. Gesehen hat die Verleihung bis auf eine Handvoll ausgewählter Gäste jedoch niemand. Es gab weder eine Ausstrahlung noch einen Livestream der Veranstaltung, die viele Jahre lang als glamouröses Star-Event und einer der wichtigsten Vorläufer und Prädiktoren der Oscars galt. Die Ergebnisse wurden live über die Social-Media-Kanäle der Veranstalter veröffentlicht. Lediglich ausgewählte Gäste und Mitlieder der Hollywood Foreign Press Association (HFPA) waren zur abendlichen Veranstaltung im Beverly Hilton Hotel eingeladen. Als zentraler Grund dafür wurden seitens der HFPA die Covid-Pandemie und die in Zusammenhang mit der Omikron-Variante steigenden Infektionszahlen angeführt.

Doch der wahre Grund lautet: Die Golden Globes und die HFPA sind in Hollywood in Ungnade gefallen. Letztes Jahr hat die Los Angeles Times berichtet, dass seit fast 20 Jahren kein neues schwarzes Mitglied in die HFPA aufgenommen wurde. Dies spiegelte sich auch in der Auswahl der nominierten Schauspielerinnen und Schauspieler. Die Organisation, deren aktuelle Präsidentin die gebürtige Hamburgerin Helen Hoehne ist, veröffentlicht nicht die Namen ihrer Mitglieder, hat jedoch zugegeben, dass sie derzeit keine schwarzen Wähler hat und kündigte massive Änderungen und eine Ausweitung der Wählerschaft mit besonderem Schwerpunkt auf unterrepräsentierte Gruppen an. Zu wenig, zu spät, urteilten Studios wie Warner Bros., Amazon und Netflix und kündigten vorerst einen Boykott der Globes an. Diese Haltung merkte man auch, als im Dezember die Nominierungen der Golden Globes 2022 bekanntgegeben wurde. Während früher die Studios ihre Filme mit den ergatterten Nominierungen massiv beworben hatten, haben sich die meisten diesmal dafür entschieden, diese in den Werbekampagnen gar nicht zu erwähnen.

US-Sender NBC, der erst 2018 einen acht-Jahres-Exklusivvertrag mit der HFPA für die Ausstrahlung der Golden Globes abgeschlossen hat, welcher der Organisation rund 60 Millionen US-Dollar pro Jahr einbringen sollte, kündigte im Mai 2021 an, dass die Zeremonie 2022 vom Sender nicht übertragen werden würde. Man wolle die Geschäftsbeziehunhg nicht dauerhaft kündigen, laut NBC, sondern hoffe, dass die HFPA die angekündigten Änderungen bis 2023 umsetzen könne. Das, gekoppelt mit der Tatsache, dass angesichts der Kontroverse kaum ein Star zur Verleihung erschienen wäre, war der eigentliche Grund, weshalb die Veranstaltung in einem so kleinen Rahmen abgehalten wurde. Die dubiosen Praktiken der HFPA – zu denen auch offensichtliche Bestechung der Wähler durch Studios durch Einladungen zu exklusiven Events und luxuriöse Geschenke gehörten – warfen schon lange kein gutes Licht auf die Organisation, die aktuell rund 90 Mitglieder zählt. Es ist erstaunlich, dass sie erst jetzt öffentlich zur Rechenschaft gezogen wurde.

Aber mal zurück zur Sache, denn es gab dieses Jahr natürlich trotzen Gewinner unter Filmen und Serien. Trotz dieses ausführlichen und angesichts der wirklich umfassenden Machenschaften der HFPA zugleich recht kurzen Exkurses zu den Hintergründen der entschieden unglamourösen Veranstaltung dieses Jahr, geht es in dem vorliegenden Artikel nicht darum, sondern um die Filme, Serien und KünstlerInnen, die von der HFPA ausgezeichnet wurden. Die Golden Globes werden häufig als wichtigste Preise im Oscar-Rennen genannt, ihr Einfluss und Überschneidung mit den Oscars werden jedoch auch immer wieder überschätzt. Letzten Endes sind die Golden Globes nämlich Kritikerpreise und keine Industriepreise und zwischen den Mitgliedern der HFPA und den Oscar-Wählern der Academy gibt es so gut wie keine Schnittmenge. Nur in sechs der letzten zehn Jahre gewann der "Bester Film"-Laureat der Oscars zuvor den Golden Globe in dieser Kategorie.

The Power of the Dog und Belfast gingen mit jeweils sieben Nominierungen als Favoriten bei den Filmen ins Rennen. Ersterer gewann drei Preise, darunter als "Bester Film – Drama", und holte als erster Netflix-Film den Hauptpreis bei den Globes. Jane Campion wurde nach Barbra Streisand 1984 und Chloé Zhao im Vorjahr erst zur dritten Frau in der Geschichte der Globes, die für die Regie ausgezeichnet wurde. Belfast war mit nur einem Preis (für Kenneth Branaghs Drehbuch) zum größten Verlierer des Abends. Ganz leer gingen trotz jeweils vier Nominierungen Don’t Look Up und Licorice Pizza aus.

Steven Spielbergs West Side Story gewann drei von seinen vier Nominierungen, darunter auch als "Bester Film – Komödie/Musical". Schauspieldebütantin Rachel Zegler wurde als Hauptdarstellerin prämiert, während Nebendarstellerin Ariana DeBose nach ihrem Globes-Sieg endgültig als Favoritin für den Oscar gilt. The Power of the Dog und West Side Story waren die einzigen Filme, die mehr als einen Golden Globe gewonnen haben.

Die größte Überraschung in den Filmkategorien war vermutlich die Auszeichnung von Nicole Kidman für Being the Ricardos. Es war bereits Kidmans sechster Golden Globe und ihr vierter für eine Filmrolle. Sie setzte sich gegen die Favoritinnen Kristen Stewart (Spencer) und Jessica Chastain (The Eyes of Tammy Faye) durch. Die doppelnominierte Chastain ging dieses Jahr leer aus. Hans Zimmer erzielte nach elf erfolglosen Nominierungen in Folge für die Musik von Dune endlich seinen dritten Golden-Globe-Sieg.

Die komplette Auflistung der Nominierungen und Sieger (in grün) in den Filmkategorien findet Ihr unten:

FILME

Bester Film (Drama)

The Power of the Dog
Belfast
CODA
King Richard
Dune

Bester Film (Komödie/Musical)

West Side Story
Tick, Tick… Boom!
Cyrano
Don’t Look Up
Licorice Pizza

Beste Regie

Maggie Gyllenhaal (Frau im Dunkeln)
Steven Spielberg (The Power of the Dog)
Kenneth Branagh (Belfast)
Jane Campion (The Power of the Dog)
Denis Villeneuve (Dune)

Bester Hauptdarsteller (Drama)

Denzel Washington (The Tragedy of Macbeth)
Will Smith (King Richard)
Benedict Cumberbatch (The Power of the Dog)
Javier Bardem (Being the Ricardos)
Mahershala Ali (Swan Song)

Beste Hauptdarstellerin (Drama)

Nicole Kidman (Being the Ricardos)
Olivia Colman (Frau im Dunkeln)
Kristen Stewart (Spencer)
Lady Gaga (House of Gucci)
Jessica Chastain (The Eyes of Tammy Faye)

Bester Hauptdarsteller (Komödie/Musical)

Peter Dinklage (Cyrano)
Leonardo DiCaprio (Don’t Look Up)
Andrew Garfield (Tick, Tick… Boom!)
Cooper Hoffman (Licorice Pizza)
Anthony Ramos (In the Heights)

Beste Hauptdarstellerin (Komödie/Musical)

Rachel Zegler (West Side Story)
Jennifer Lawrence (Don’t Look Up)
Alana Haim (Licorice Pizza)
Marion Cotillard (Annette)
Emma Stone (Cruella)

Bester Nebendarsteller

Kodi Smit-McPhee (The Power of the Dog)
Ciarán Hinds (Belfast)
Jamie Dornan (Belfast)
Ben Affleck (The Tender Bar)
Troy Kotsur (CODA)

Beste Nebendarstellerin

Aunjanue Ellis (King Richard)
Kirsten Dunst (The Power of the Dog)
Ariana DeBose (West Side Story)
Ruth Negga (Seitenwechsel)
Caitgriona Balfe (Belfast)

Bester Animationsfilm

Encanto
Flee
My Sunny Maad
Raya und der letzte Drache
Luca

Bester fremdsprachiger Film

The Hand of God
A Hero
Drive My Car
Parallele Mütter
Abteil Nr. 6

Bestes Drehbuch

Kenneth Branagh (Belfast)
Paul Thomas Anderson (Licorice Pizza)
Aaron Sorkin (Being the Ricardos)
Jane Campion (The Power of the Dog)
Adam McKay (Don’t Look Up)

Beste Filmmusik

Alexandre Desplat (The French Dispatch)
Germaine Franco (Encanto)
Hans Zimmer (Dune)
Alberto Iglesias (Parallele Mütter)
Jonny Greenwood (The Power of the Dog)

Bester Song

"No Time to Die" (Keine Zeit zu sterben)
"Dos Oruguitas" (Encanto)
"Be Alive" (King Richard)
"Down to Joy" (Belfast)
"Here I Am" (Singing My Way Home)"
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Bei den Serien hatte Erfolg weniger Glück als bei den Filmen. Nicht-englischsprachige Zuschauerhits "Squid Game" und "Lupin" zogen gegen HBOs "Succession" in der Hauptkategorie den Kürzeren. Die Serie mit Brian Cox gewann insgesamt drei Globes (von fünf Nominierungen). Bei den Comedyserien setzte sich "Hacks" gegen "Ted Lasso" durch und gewann insgesamt zwei Preise. "The Morning Show" ging trotz vier Nominierungen leer aus.

Mit ihrer Auszeichnung für "Pose" schrieb MJ Rodriguez Geschichte und wurde zur ersten Transperson überhaupt, die einen Golden Globe gewonnen hat. Bei den Oscars oder den Primetime Emmys ist das noch nie passiert. Kate Winslet ergatterte für "Mare of Easttown" ihren fünften Golden Globe.

Alle Nominees und Sieger der TV-Kategorien findet Ihr unten:

SERIEN/TV-FILME

Beste Serie (Drama)

"Pose"
"Squid Game"
"Lupin"
"The Morning Show"
"Succession"

Bester Hauptdarsteller (Drama)

Brian Cox ("Succession")
Jeremy Strong ("Succession")
Lee Jung-jae ("Squid Game")
Omar Sy ("Lupin")
Billy Porter ("Pose")

Beste Hauptdarstellerin (Drama)

Jennifer Aniston ("The Morning Show")
MJ Rodriguez ("Pose")
Christine Baranski ("The Good Fight")
Uzo Aduba ("In Treatment")
Elisabeth Moss ("The Handmaid’s Tale")

Beste Serie (Komödie/Musical)

"Hacks"
"Ted Lasso"
"Only Murders in the Building"
"Reservation Dogs"
"The Great"

Bester Hauptdarsteller (Komödie/Musical)

Jason Sudeikis ("Ted Lasso")
Anthony Anderson ("Black-ish")
Steve Martin ("Only Murders in the Building")
Martin Short ("Only Murders in the Building")
Nicholas Hoult ("The Great")

Beste Hauptdarstellerin (Komödie/Musical)

Jean Smart ("Hacks")
Hannah Einbinder ("Hacks")
Elle Fanning ("The Great")
Tracee Ellis Ross ("Black-ish")
Issa Rae ("Insecure")

Beste Miniserie oder TV-Film

"Impeachment: American Crime Story"
"The Underground Railroad"
"Dopesick"
"Maid"
"Mare of Easttown"

Bester Hauptdarsteller (Miniserie/TV-Film)

Michael Keaton ("Dopesick")
Paul Bettany ("WandaVision")
Oscar Isaac ("Scenes from a Marriage")
Ewan McGregor ("Halston")
Tahar Rahim ("Die Schlange")

Beste Hauptdarstellerin (Miniserie/TV-Film)

Jessica Chastain ("Scenes from a Marriage")
Kate Winslet ("Mare of Easttown")
Margaret Qualley ("Maid")
Elizabeth Olsen ("WandaVision")
Cynthia Erivo ("Genius: Aretha")

Bester Nebendarsteller (Serie/Miniserie/TV-Film)

Oh Young-soo ("Squid Game")
Kieran Culkin ("Succession")
Mark Duplass ("The Morning Show")
Billy Crudup ("The Morning Show")
Brett Goldstein ("Ted Lasso")

Beste Nebendarstellerin (Serie/Miniserie/TV-Film)

Sarah Snook ("Succession")
Kaitlyn Dever ("Dopesick")
Jennifer Coolidge ("The White Lotus")
Andie MacDowell ("Maid")
Hannah Waddingham ("Ted Lasso")
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Wie findet Ihr die diesjährigen Gewinner? Welche habt Ihr gesehen, welchen Filmen oder Serien hättet Ihr mehr bzw. weniger Auszeichnungen gewünscht?