Hellraiser: Das Schloss zur Hölle (2022) Kritik

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Hellraiser, USA 2022 • 120 Min • Regie: David Bruckner • Drehbuch: Ben Collins, Luke Piotrowski • Mit: Odessa A’zion, Jamie Clayton, Adam Faison, Drew Starkey, Brandon Flynn, Aoife Hinds, Goran Višnjić, Hiam Abbass • Kamera: Eli Born • Musik: Ben Lovett • FSK: n.n.b. • Verleih: Paramount+ • Deutscher Streamingstart: 15.04.2023 • Website

Bis Regisseur David Bruckner („The Ritual“) endlich seine Vision von „Hellraiser“ (in Deutschland unter dem etwas dämlichen Titel „Hellraiser: Das Schloss zur Hölle“ erhältlich) verwirklichen konnte, musste das beliebte Horror-Franchise erstmal Ewigkeiten durch die buchstäbliche Hölle billigst produzierter Direct-to-Video-Sequels wandern. Diese wurden letztlich nur dazu in Auftrag gegeben, um dem Genre-Studio Dimension Films weiterhin die Rechte an der Reihe zu sichern. Sicher waren nicht alle dieser Beiträge gänzlich uninteressant oder grottig, doch die Budget- und Zeitrestriktionen merkte man qualitativ deutlich auch den besseren Vertretern von Scott Derrickson („Hellraiser: Inferno“) und Make-Up-Künstler/„Hellraiser“-Urgestein Gary J. Tunnicliffe („Hellraiser: Judgment“) an.

Hellraiser (2022) Filmbild 4

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Nach endlosem, gescheitertem Hin und Her mit Regisseuren wie Pascal Laugier („Martyrs“) oder Patrick Lussier („My Bloody Valentine 3D“) ist die Wahl für einen aufwändigen Neustart schließlich auf Bruckner und das Autorenduo Ben Collins/Luke Piotrowski gefallen, die zusammen mit „The House at Night“ den wohl besten Schocker des Jahres 2020 vorgelegt haben. Ihrem Vorgänger und „Hellraiser: Das Schloss zur Hölle“ ist nun leider der Umstand gemein, dass beide Filme hierzulande ausschließlich über Streamingdienste abrufbar sind. Dabei wäre ein Kinorelease in beiden Fällen schon aufgrund von David Bruckners großem Gespür für dichte Atmosphäre geboten gewesen.

Wer sich nun fragt, ob dieser „Hellraiser“ nun ein Remake, Reboot oder Sequel von Clive Barkers düsterer Story ist, dem kann man salopp antworten: Alles und nichts davon. Selbstverständlich handelt auch diese Version von der mysteriösen Puzzlebox, mit der man den Höllenpriester Pinhead (erstmals verkörpert von der Schauspielerin Jamie Clayton) und die sadistischen Zenobiten heraufbeschwören kann. Ansonsten gibt es aber keinerlei Verweise zu früheren Charakteren oder Handlungssträngen aus der Reihe oder der Novellen-Vorlage.

Hellraiser (2022) Filmbild 3

Die Geschichte beginnt in Belgrad mit der Übergabe einer Holzkiste gegen eine beträchtliche Summe Geld. Auf einer Party in einem luxuriösen Anwesen in Massachusetts erfahren wir schließlich, welches Objekt bei dem Treffen erworben wurde – selbstverständlich der bereits erwähnte, unter dem Namen Lament-Konfiguration bekannte, mechanische Würfel. Ein junger Gast wird von dem geheimnisvollen Millionär Roland Voight (Goran Višnjić) dazu ermuntert, das Objekt zu testen. Einige Handgriffe und eine Verletzung an einer herausspringenden Klinge später, wird der unglückliche Besucher von Ketten in Stücke gerissen, während sich für den erfreuten Voight ein Portal öffnet.

Im Mittelpunkt steht allerdings die sich von ihrer Drogensucht rehabilitierende Riley (Odessa A’zion), die mit ihrem Bruder Matt (Brandon Flynn) und dessen Partner Colin (Adam Faison) in einer WG lebt. Zwischen den Geschwistern herrscht dicke Luft und nach einer weiteren Auseinandersetzung wirft Matt Riley schließlich aus der Wohnung. Seit einem Einbruch in eine Lagerhalle besitzt die junge Frau die Lament-Konfiguration, die sie in ihrer misslichen Lage öffnet, dabei allerdings unwillentlich ihren Bruder den Zenobiten als Opfer serviert. Um Matt zurückzubekommen, recherchiert Riley zu den Hintergründen der Box und stößt letztlich auf den Fall des scheinbar vom Erdboden verschluckten Roland Voight …

Hellraiser (2022) Filmbild 2

Allein handwerklich ist Bruckners „Hellraiser“ meilenweit von der meist nur schnell runtergekurbelten Billigware entfernt und besticht durch die finsteren und oft in Primärfarben getränkten Bilder von Kameramann Eli Born. Die ursprünglich von der SM-Szene geprägten Höllenwesen muten in dieser Variante nicht weniger grotesk an, nur lässt der Regisseur deren immer noch ziemlich heftige Gore-Exzesse meist nur in sehr kurzen Augenblicken aufblitzen. Diese reichen jedoch völlig aus, wenn man das Franchise nicht lediglich als Splatter-Maschine betrachtet.

Puristen dürften sich eher daran stören, dass Bruckner und seine Autoren die sexuellen Perversionen des Originals nicht wirklich verfolgen und stattdessen einen anderen Ansatz wählen. Die Mythologie der Puzzlebox wird hier auf interessante Weise weiter ausgebaut und wir erfahren, dass diese je nach Verlangen des Besitzers unterschiedliche Formen annehmen kann, wie etwa die Lazarus-Konfiguration für Wiedergeburt und mehr. Besonders spannend und clever ist jedoch, dass in diesem Film die Privilegierten auch andere Personen missbrauchen können, damit sich diese für deren Streben nach mehr Macht letztlich aufopfern. Das hat doch sogar ein bisschen was von manchen Zuständen in unserer Gesellschaft …

Hellraiser (2022) Filmbild 1

Schauspielerisch darf vermeldet werden, dass – sofern man sich dem Werk offen nähert und nicht verbohrter Doug-Bradley-Anhänger ist – in Jamie Clayton einen großartigen Pinhead-Ersatz mit ganz eigenen, unheimlichen Qualitäten gefunden hat. Sollte man Clive Barkers offiziellen Fortsetzungs-Roman „The Scarlet Gospels“ also irgendwann mal verfilmen wollen, müsste man für die Rolle des/der Antagonistin/en nicht wieder extra suchen müssen.

Was Odessa A’zion („Grand Army“) als Riley angeht, so gibt sie eine trotz ihres Makels sympathische Heldin ab, steht aber vor allem im Dienst des von Mystery getriebenen Plots. Die von Geheimgängen durchdrungene Villa Voights, in der sie und ihre Mitstreiter im Finale in bester „Die Nacht der lebenden Toten“-Manier Schutz vor den Dämonen suchen, ist übrigens derart interessant in Szene gesetzt, dass sie fast zum eigenen Charakter wird.

Etwas zu gut gemeint hat man es dagegen mit der Laufzeit von zwei Stunden. Es ist nicht so, dass der Film an diversen Stellen störend langweilig wird und ein gemächliches Tempo ist im Horror durchaus willkommen. Ein gewisses Gefühl von Repetition bekommt man in der zweiten Hälfte dennoch und ein paar Blödheiten von Figuren aus offensichtlich dramaturgischen Gründen lassen einen gegen Ende schon etwas aufstöhnen.

Hellraiser (2022) 5

Diese Neuauflage bzw. Weiterführung der „Hellraiser“-Saga ist gewiss kein bahnbrechendes Meisterwerk, aber nach Barkers eigener Kult-Adaption sicherlich der inhaltlich frischeste und inszenatorisch stärkste Eintrag. Ja, noch vor Tony Randels effektlastigem „Hellbound: Hellraiser II“.


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