Halbe Brüder (2015) Filmkritik

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Halbe Brüder (2015) Filmkritik

Halbe Brüder, D 2015 • 116 Min • Regie: Christian Alvart • Mit: Paul „Sido“ Würdig, Tedros „Teddy“ Teclebrhan, Fahri Yardim, Mavie Hörbiger, Detlev Buck, Roberto Blanco, Julia Dietze, Gregor Bloéb, Charly Hübner  • FSK: ab 12 Jahren  • Kinostart: 9.04.2015 • Deutsche Webseite

Werbe-Platzhalter. Von irgendwas müssen wir auch leben ;-)

HalbeBrueder1„Mama war ’ne Schlampe – Ohoo“ – yay, das ist das einzig eingängige Statement des Films „Halbe Brüder“. Dieser Song zu den End-Credits von Hauptdarsteller Paul „Sido“ Würdig und Tedros „Teddy“ Teclebrhan hat wahrlich ohrwurmhaften Charakter. Ansonsten schafft fast ausschließlich noch das rosa Inkassokaninchen (!) positiv aufzufallen, denn es könnte direkt aus einem bizarren Gangster-Film von Guy Ritchie stammen. Der restliche Film vereint zwar beliebte Zuschauermagneten wie Sido (sein viertes Album „30-11-80“ stieg November 2013 wieder direkt auf Platz 1 ein), Fahri Yardim (mittlerweile sowas wie Stammschauspieler bei Til Schweiger) und Tedros Teclebrhan (YouTubeStar), schafft jedoch nicht mehr als die abgegriffenen, abgründigen, abgedroschenen Klischeematchbälle über das Netz der mittelmäßigen Belanglosigkeit zu dreschen. Fans werden vielleicht wie bei vielen deutschen Produktionen auf ihre Kosten kommen, die nur sehr selten die Messlatte höher legen, als schwächliches Opium für die Gilde der Anhänger zu verticken.

Drei unterschiedliche Männer treffen sich bei einem Notar, um herauszufinden, dass sie eine gemeinsame Mutter haben. Die frisch gebackenen Halbbrüder  – der abgeklärte Trickbetrüger Julian (Paul „Sido“ Würdig), der verhätschelte sponsored-by-daddy Yasin (Fahri Yardim) und der rappende Tunichtgut Addi (Tedros „Teddy“ Teclebrhan) –  machen sich gemeinsam auf die Suche nach dem Erbe ihrer Mutter. Jeder von ihnen braucht Geld. Addi will seine Karriere starten, Yasin will Unabhängigkeit von seinem Vater und Julian Geld für seine Kinder. Doch der hochverschuldete Julian verschweigt, dass er die ganze Beute braucht, um sich bei Kredithaien freizukaufen. Auf dem Weg zum familiären und monetären Glück lernen die Jungs ihren verschollenen Väter kennen, treffen verwegene Schönheiten, tapsen durch Glück so wie Unheil und werden von einem schrägen rosa Inkassokaninchen verfolgt.

Halbe Brüder (2015) Filmbild 2In der Inhaltszusammenfassung steht zu Beginn: „Was haben ein deutscher Familienvater mit Hang zu Trickbetrug, ein verwöhnter Türke und ein draufgängerischer, rappender Afrikaner gemeinsam?“. Das kann man sich erstmal auf der Zunge zergehen lassen. Klingt wie ein schlechter Witz. Ist es auch. Man könnte auch direkt Schilder mit warnenden Piktogrammen vor dem Kino aufstellen, um auf lahme und zähe Frotzeleien über/mit Plattitüden aufmerksam zu machen. Es erwartet einen überraschenderweise keine ausgefeilte multikulturelle Identitätskrise, sondern ein Road-Movie mit eigener Identitätskrise. Die Szenen im Untergrund der Kredithai-Mafia machen hingegen der sonstigen unausgegorenen Entgleisungen Spaß. Herr Klopfer (Gregor Bloéb, das Kaninchen) ist eine rosa Version des Kaninchens aus „Donnie Darko“ und schafft es, mit seinem schmuddeligen, schrägen und seltsamen Auftritten für Wiedersehensfreude zu sorgen. Nicht weniger amüsant sind Chef-Gauner „U-Bahn-Lemmele“ (Charly Hübner) und seine Handlanger. Wenn es zur brutalen Vollstreckung der Inkassoschulden kommt, sollte man meinen, dass „hartgesottene“ Ganoven nicht mit der Wimper zucken. Hier werden die Publikumserwartungen erfreulicherweise charmant unterwandert.

Halbe Brüder (2015) Filmbild 3Kommen wir zurück zu den sonstigen Entgleisungen. Die Waage zwischen lustig und gefühlsbetont wirkt abgehackt und manipulativ. Dies liegt vor allem an Szenen, wo die drei halben Brüder den jugendlichen, kindlichen Nachholbedarf verspüren. Furz- und Urinwitze lassen grüßen. Adam Sandler winkt auch schon um die Ecke. Diese Momente taugen auch nicht als Comic-Relief, wenn zuvor mal wieder ein Zerwürfnis die Beziehung der drei Protagonisten beinah zerrüttet hat. Diese Holzhammer-Rohrkrepierer tun irgendwo im Bereich des Stammhirns physisch wirklich in wellenartigen Schmerzschüben weh. Nach dem Streit vertragen wir uns, indem wir schauen, wer am weitesten an eine Dose pinkeln kann. Sorry für den Spoiler. Die milden Afrikanerwitzchen finden ihren personifizierten Tiefpunkt in der Figur von Roberto Blanco. Er spielt zwar herrlichen selbstironisch den „Blanco“-Pleitegeier, dient aber auch einfach nur in erster Linie für peinliche Schmunzler über Afrolook. Zumindest haben all die kleinen Cameo-Auftritte ihren Spaß. Die Rührseligkeiten wechseln mit erzwungenem Witz genau so schnell wie die Settings Berlin, Frankfurt, Köln und Fehmarn. Die Familienodyssee gerät auch durch die lange Laufzeit ins Schlingern. Die mangelhaft ausbalancierte Erzählweise erteilt dann dem Spießrutenlauf durch Klamauk und Klischee den Gnadenstoß. Eigentlich mal wieder schade, denn sympathische Schauspieler verheizen so ihr Können, das einfach nicht die handwerklichen und kreativen Löcher kitten kann. Regisseur Christian Alvart („Tatort“, „Antikörper“) kann besser Krimi, Thriller oder Horror inszenieren. Also warum in die Ferne schweifen, wenn das Gute so nah liegt?

Trailer