Annabelle Comes Home, USA 2019 • 106 Min • Regie: Gary Dauberman • Mit: Mckenna Grace, Madison Iseman, Katie Sarife, Vera Farmiga, Patrick Wilson • FSK: ab 16 Jahren • Kinostart: 4.07.2019 • Deutsche Website
Handlung
Im Jahr 1968 stellen die verheirateten Dämonologen und paranormalen Ermittler Ed und Lorraine Warren (Patrick Wilson und Vera Farmiga) die Porzellanpuppe Annabelle sicher, in deren Umfeld sich unheimliche Vorkommnisse ereignet haben. Nach einem gruseligen Zwischenfall auf dem Heimweg, können die Warrens Annabelle mithilfe eines Priesters im Artefaktenraum ihres Hauses hinter einer Vitrine aus gesegnetem Kirchenglas unterbringen und vorerst unschädlich machen. Einige Zeit später werden die Dienste der Warrens wieder benötigt. Sie verreisen über Nacht und lassen ihre Tochter Judy (Mckenna Grace) in der Obhut der liebenswerten Babysitterin Mary Ellen (Madison Iseman) zurück. Gemeinsam wollen die beiden Judys anstehenden 11. Geburtstag schon früh feiern. Doch auch Mary Ellens beste Freundin Daniela (Katie Sarife), die von der Arbeit der Warrens fasziniert ist, lädt sich selbst ins Haus ein. Judy, die wegen ihrer Eltern an der Schule gehänselt wird, ist für jede Aufmerksamkeit dankbar und protestiert nicht. Daniela führt jedoch was im Schilde. Wenn Mary Ellen und Judy kurz aus dem Haus sind, schleicht sie sich in den verbotenen Artefaktenraum ein, um ihren bei einem Autounfall verstorbenen Vater zu kontaktieren. Dabei öffnet sie trotz expliziter Warnung unbedacht Annabelles Vitrine und entfesselt ihre bösartige Macht, die auch andere Dämonen und Geister zum Leben erweckt. Die drei Mädchen erwartet eine lange Nacht im Geisterhaus.
Kritik
Geboren aus dem Erfolg des ersten Conjuring-Films heraus, hat die Gruselpuppe Annabelle das Mutter-Franchise mit ihrer eigenen Reihe offiziell überholt. Während Conjuring 3 aktuell erst gedreht wird, sucht Annabelle bereits zum dritten Mal im Alleingang die Kinos heim. Wobei diese Aussage bei näherer Betrachtung nicht ganz stimmt. Zunächst einmal ist Annabelle selbst gar nicht besessen, wie Vera Farmiga als Lorraine im Prolog aufklärt, sondern dient lediglich als Leitkanal für das Böse aus dem Jenseits. Das erklärt, weshalb Annabelle im Gegensatz zu Chucky nie lebendig wird und ihren Opfern mit einem Messer hinterherjagt. Das erklärt allerdings nicht, in welcher Welt irgendjemand jemals diese Puppe, der "Ich bin böse" ins schelmische Gesicht förmlich geschrieben steht (die Realität ist übrigens deutlich weniger gruselig), besitzen wollen würde. Vermutlich die gleichen Leute, die Clowns mögen. Die naheliegende Frage, weshalb man die Puppe nicht einfach zerstört, wird mit einem "Das würde alles noch schlimmer machen" wegerklärt. Okay. Jedenfalls ist die für den Film notwendige Erläuterung damit noch nicht vorbei, denn später erkennt Lorraine auch, dass Annabelle zudem als Leuchtfeuer für alle anderen paranormalen Wesen dient und sie anzieht. Damit schafft der Film die Grundlage dafür, was Gary Dauberman, der Drehbuchautor alle drei Annabelle-Filme, der mit Teil 3 sein Regiedebüt feiert, letztes Jahr als Horrorversion von Nachts mit Museum beschrieben hat. Wie schon jene Fantasy-Komödie mit Ben Stiller, bleibt aber auch Annabelle 3 hinter dem Potenzial zurück, das ihre Prämisse ermöglicht.

Zugleich untergräbt jedoch die tiefe Verankerung des Plots von Annabelle 3 in der Geschichte der Warrens jeglichen noch bestehenden "Wahrheitsanspruch" dieser Reihe. Conjuring begann als Aufarbeitung angeblich wahrer Erlebnisse der Warrens und setzte dies auch im zweiten Film fort. Da sie an den Spin-Offs bislang nicht beteiligt waren, fiel es noch leicht, diese offen fiktiven Ereignisse von den Hauptfilmen zu trennen. Aber wenn wir mal davon ausgehen, dass es keine Episode im Leben der Warrens gab, in der ihre zehnjährige Tochter samt Babysitterin von zahlreichen Geistern und Dämonen durchs Haus gejagt wurde, unterminiert das auch die letzten Reste der "wahren Geschichte" der Filme. Die meisten Genrefans dürfte das jedoch nicht stören.

Natürlich könnte man die Sinnhaftigkeit dessen hinterfragen, dass erfahrene Dämonologen wie Ed und Lorraine eine Puppe, die sie als Magnet für alle anderen Dämonen und paranormale Wesen sehen, ausgerechnet in einem Raum ausstellen, in dem sie von zahllosen besessenen Objekten umgeben ist. Auch könnte man sich fragen, ob jemand, der an all das offenbar glaubt, ernsthaft so blöd wäre, eine Vitrine aufzumachen, die explizit davon warnt, es unter keinen Umständen zu tun. Manchmal fühlt man sich wie bei der Kellerszene aus The Cabin in the Woods, die eben all diese Genrekonventionen von dummen Horror-Protagonisten gekonnt parodierte. Aber ohne diese hätten wir wohl das halbe Horrorgenre nicht.


Fazit
Wer nach dichter Atmosphäre und echtem Grusel sucht, ist bei Annabelle 3 an der falschen Adresse. Einfallsreicher als der erste Teil, aber deutlich spannungsärmer als der zweite, wirkt der siebte Film des Conjuring-Universms wie eine aufwendige Geisterbahn von einer Horror-Kirmes, die mit Genreklischees um sich schlägt und erst im letzten Drittel in Fahrt kommt. Bonuspunkte gibt es für den Auftritt der Franchise-Veteranen Patrick Wilson und Vera Farmiga.

