A Ghost Story, USA 2017 • 92 Min • Regie: David Lowery • Drehbuch: David Lowery • Mit: Casey Affleck, Rooney Mara, Will Oldham • Kamera: Andrew Droz Palermo • Musik: Daniel Hart • FSK: ab 12 Jahren • Verleih: Universal Pictures • Kinostart: 7.12.2017 • Deutsche Website
"Dieser Film ist ein ausdrücklicher Versuch, mit dem Zeitvergehen umzugehen. Die Uhr dreht sich weiter, ob ich es nun mag oder nicht", kommentiert Regisseur David Lowery (The Saints – Sie kannten kein Gesetz) seine dritte Regiearbeit. Wie Recht er damit hat…
Obwohl A Ghost Story eine Spielzeit von nur 92 Minuten hat, war ich nach einer morgendlichen Filmvorführung erstaunt darüber, dass es draußen noch nicht dunkel geworden war. Das ist nun insofern negativ, als der Film sich viel zu viel Zeit nimmt, um seine Wirkung zu entfalten. Andererseits hat mich dieser zähe Stoff im letzten Augenblick emotional doch noch erwischt. Ohne Zeitgefühl reflektierte ich während des Abspanns über mein eigenes begrenztes Dasein auf dieser Welt.
Ein zweischneidiges Schwert also, das sein Ziel wohl verfehlen würde, wenn es eines hätte. Denn es bleibt ein "Versuch", sich mit der Zeit, dem Tod und der Frage nach der Sinnhaftigkeit unserer Existenz auseinanderzusetzen. Welche Spuren hinterlassen wir nach unserem Ableben für die Nachwelt und welche Bedeutung könnten sie haben? Nach einem Autounfall versucht der verstorbene C (Casey Affleck) als Geist, seiner trauernden Frau M (Rooney Mara) beizustehen und diese Fragen zu beantworten. Im Limbus gefangen, begreift er, dass er nur zusehen kann, wie das Leben ohne ihn weitergeht. A Ghost Story ist ein melancholischer und sehr persönlicher Essay, der sich als solcher durchaus behaupten könnte, wenn er nur halb so lang wäre. Anders als man zunächst vermuten könnte, ist nämlich nicht das anfänglich noch unfreiwillig komische Umherirren des in Bettlaken gehüllten Casey Affleck das Problem. Diese naive Metapher funktioniert erstaunlicherweise sehr gut. Lowery verzichtet weitestgehend auf Gespensterklischees und lässt nur selten aber sehr gezielt etwa Geschirr durch scheinbar unsichtbare Hände umherwerfen. Bis auf solche gelegentlichen Aktionen unternimmt die Hauptfigur nichts. Sie ist stiller Beobachter in einem sehr begrenzten Raum, der sich unaufhörlich verändert – oder auch nicht. Womit wir zum eigentlichen Problem kommen.


Die schauspielerische Leistung der Hauptdarsteller ist top, die Chemie zwischen Oscar-Preisträger Affleck (Manchester by the Sea) und der Oscar-nominierten Mara (Carol) perfekt. Es ist beinahe unangenehm, ihnen im Bett beim Kuscheln zuzusehen. Denn nicht zuletzt aufgrund der Ewigkeit, die sich Lowery auch dafür nimmt, bekommt man das Gefühl, als wäre man besser vor der Schlafzimmertür geblieben, um dieses liebevolle Paar nicht zu stören. Dessen wenige gemeinsame Szenen reichen aus, um die nötige emotionale Verbindung zu den Figuren herzustellen.
Fazit
A Ghost Story ist sehr ambitioniert, originell und zum großen Teil schön gefilmt. Doch insgesamt ist es leider auch eine Geistergeschichte im wörtlichen Sinne: Sie fühlt sich über weite Strecken leer an und will einfach nicht enden. Zu oft wiederholen sich Metaphern und zu viel Zeit wird vergeudet. Ich wage die These, dass David Lowerys Vision in einem Kurzfilm deutlich besser zur Geltung gekommen wäre. Um vor Langeweile nicht selbst wie ein Geist im Kinosaal umherzuwandeln, kann ich einen Gang dorthin nicht empfehlen. Ich komme aber auch nicht umhin zu betonen, wie gut der Film in seiner zweiten Hälfte noch die Kurve kriegt. Vielleicht probiert man ihn im Heimkino bei entsprechender Gemütslage aus?
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