Black Phone 2, USA 2025 • 114 Min • Regie: Scott Derrickson • Drehbuch: Scott Derrickson, C. Robert Cargill • Mit: Ethan Hawke, Mason Thames, Madeleine McGraw, Demián Bichir, Miguel Mora, Arianna Rivas • Kamera: Pär M. Ekberg • Musik: Atticus Derrickson • FSK: ab 16 Jahren • Verleih: Universal Pictures • Kinostart: 23.10.2025 • Deutsche Website
Der „Greifer“ greift wieder zu: In Scott Derricksons „Black Phone 2“ ist der Tod nur ein Wort, weshalb Ethan Hawke als unheimlicher Kindermörder diesmal aus dem Jenseits sein Unwesen treiben darf. In seinem Fokus steht die Rache am Teenager Finney (Mason Thames), der ihm im Vorgänger den Geraus gemacht hat. Über dessen übersinnlich begabte Schwester Gwen (Madeleine McGraw) versucht der Unhold diesmal, an sein Ziel zu gelangen. Die Joe-Hill-Adaption „The Black Phone“ war 2022 ein so großer Kassenerfolg, dass die Genre-Schmiede Blumhouse der eigentlich abgeschlossenen Geschichte dringend ein Sequel anhängen wollte. Als Inspiration hat man sich dabei sehr offensichtlich bei Wes Cravens legendärem „A Nightmare on Elm Street“ und dessen Killer-Ikone Freddy Krueger bedient. Zusätzlich wird das Geschehen in ein verschneites Feriencamp verlegt – neben Stanley Kubricks „Shining“ werden also auch die Slasher-Checkboxen „Cold Prey“ und „Freitag der 13.“ abgehakt. „Black Phone 2“ orientiert sich eindeutig mehr in Richtung Schlitzer-Kino, allerdings ohne die bedrohlich-klaustrophobische Stimmung, die den ersten Teil ausgezeichnet hat, aus den Augen zu verlieren.
Es beginnt im Jahr 1957: Eine junge Frau steht in einer Telefonzelle inmitten einer Schneelandschaft. Beunruhigt von dem mysteriösen Anruf, stapft sie auf eine Reihe verlassener Holzhütten zu. Nach einer erneut fulminanten Pre-Credits-Montage versetzt uns Derrickson schließlich in das Jahr 1982. Finney hat die Furcht während seiner Entführung in Wut umgewandelt und beantwortet klingelnde Münztelefone teilnahmslos mit einem „Ich kann dir nicht helfen“. Es ist seine Schwester Gwen, die plötzlich erneut von verstörenden Visionen geplagt wird, in denen unter anderem ihre verstorbene Mutter auf das christliche Camp Alpine Lake aufmerksam macht. Trotz Finneys Widerstand begeben sich die Geschwister letztlich gemeinsam mit Gwens Love Interest Ernesto (Miguel Mora spielte bereits dessen Bruder Robin im Vorgänger) unter dem Vorwand, Camp Counselor werden zu wollen, in das abgelegene Lager. Ein Schneesturm tobt und schneidet die Anwesenden – neben den Teenagern sind das noch der Aufseher Armando (Demián Bichir), dessen Nichte Mustang (Arianna Rivas) sowie die beiden Angestellten Barbara (Maev Beaty) und Kenneth (Graham Abbey) – von der Außenwelt ab. Sie sitzen in der Falle, denn wie Finney bald vom „Greifer“ höchstpersönlich erfährt, will ihn dieser nun genau an seinem einzigen Schwachpunkt treffen und zerstören: Der zum Traumdämon mutierte Killer hat es auf Finneys geliebte Schwester abgesehen …
Mit dem Haupt-Cast erneut an Bord, zeigt „Black Phone 2“ in seinem ersten Drittel auf, wie die grausigen Ereignisse die Leben der Beteiligten verändert haben. Finney hat sich in genau das verwandelt, wovor er im Vorgänger noch davongelaufen ist – ein Pausenhof-Schläger, der seinen inneren Schmerz mit Drogen betäubt. Die spirituelle Gwen hat sich ein äußerst loses Mundwerk zugelegt und möchte eigentlich eine unbeschwerte Zeit mit Jungs und Konzerten verbringen, wäre da nicht die dunkle Vergangenheit, die sie zunehmend einholt. Mason Thames und Madeleine McGraw haben bereits in „The Black Phone“ hervorragend als Geschwister harmoniert, doch während Thames im ersten Teil noch dominiert hat, ist dies nun eindeutig McGraws Film. In einer Sphäre zwischen Traum und Realität, ist ihre Gwen das leicht erreichbare Opfer des „Greifers“, der sie immer wieder heimsucht und physisch wie psychisch quält. Klar wird: Der Schurke konnte vielleicht mit Muskelkraft aus der Welt geschafft werden, doch in seinem Schattenreich herrschen jetzt andere Gesetze. Nun gilt es, ihm jene Energiequellen zu entziehen, die ihn weiter morden lassen.
Seit seinem enorm creepigen Schocker „Sinister“ mischt Scott Derrickson immer wieder analoge Formate wie Super 8 effektiv mit digitalem Material. In „Black Phone 2“ perfektioniert er dieses Vorgehen, indem er Gwens Schreckensvisionen in grober Low-Res-Ästhetik einfängt und diese zunächst von der High-Def-Wirklichkeit separiert. Bedrohlicher als in vielen modern gedrehten Genre-Werken, tritt der Antagonist langsam hinter dem Filmkorn aus der tiefsten Finsternis hervor. Im Verlauf verwischt diese Grenze weitgehend, wenn der Killer auch Zugriff auf die anderen Charaktere erhält. Hier gerät die Story-Logik von Derrickson und seinem langjährigen Co-Autoren C. Robert Cargill allerdings ein wenig ins Straucheln. Während der „Greifer“ Gwens Träume in seiner wahren Gestalt betreten kann, kann er mit den übrigen Figuren nur über ein Telefon in Kontakt treten. Allerdings besitzt er offenbar trotzdem die Fähigkeit, das natürliche Umfeld zu beeinflussen – etwa eine Eisdecke zum Einbrechen zu bringen. Vermutlich zieht er seine zunehmenden Kräfte aus der wachsenden Furcht der Teenager, ähnlich wie Pennywise aus Stephen Kings „Es“. So ganz klar wird das allerdings nie, und auch das große Warum wird relativ notdürftig und kurz abgefrühstückt. In diesem Punkt schaltet der Film tatsächlich etwas enttäuschend auf Subgenre-Autopilot, um die Action in Gang zu bringen.
Wie schon in „The Black Phone“ geht es in „Black Phone 2“ darum, sich seinen Ängsten zu stellen. Während das im Vorgänger aber überwiegend durch körperlichen Einsatz geschehen ist, muss diesmal der schützende, aber auch isolierende Panzer aufgebrochen werden, um die inneren Dämonen zu exorzieren. Wir erfahren mehr über Gwens und Finneys Mutter (Anna Lore) und wie ihr Weg das Leben ihrer Kinder beeinflusst hat, unter anderem auch weshalb ihr zurückgelassener Mann (erneut verkörpert von Jeremy Davies) verbittert das Trinken angefangen hat.
Bevor jetzt aber Horrorfans in Anbetracht des emotionalen Familiendramas das Interesse verlieren könnten: „Black Phone 2“ liefert zum Glück auch all das, was man sich als cineastisches Candy Corn für die Halloween-Zeit wünscht. Scott Derrickson serviert einen beklemmenden und visuell sehr ansprechenden Kino-Albtraum, der zwar die lauten Wünsche nach einem neuen Freddy-Krueger-Abenteuer durchaus aufgreift, aber dabei immer noch seiner eigenen DNA treu bleibt. Auch hier gibt es ausreichend humorvolle Momente, doch eine Splatstick-Eskapade, wie in den späten „Nightmare“-Beiträgen, bleibt einem definitiv erspart. Während Hawkes „Greifer“ im Vorgänger noch eine lauernde und seltsam gequälte Erscheinung war, ist die übersinnliche Ausgabe nun ein erbarmungsloser und überaus sadistischer Stalker. „Black Phone 2“ schraubt das Gewaltlevel in stets sehr kurzen, aber dennoch extrem verstörenden Momenten hoch. Wir werden diesmal nicht nur Zeugen, wie der Killer seine sehr jungen Opfer in die Falle lockt, sondern auch wie er ihnen ihr grausiges Ende beschert. Aufgeschlitzte Leiber mit heraushängenden Eingeweiden, gespaltene Schädel und abgetrennte Extremitäten – auch wenn dies weit von einem „Terrifier 2“ entfernt ist, dürfte mancher Anblick ein zartbesaitetes Publikum böse und unerwartet erwischen.
Doch nicht nur die Taten des „Greifers“ und dessen permanenter Terror, dem sich Gwen ausgeliefert sieht, gehen einem unter die Haut. Auch die schon spürbar kalten Bilder des schwedischen DPs Pär M. Ekberg („Lords of Chaos“) kriechen einem bis in die Knochen und lassen einen bibbern. Auch wenn „Black Phone 2“ sicher kein perfekter Genrebeitrag ist – die Hintergrundgeschichte bleibt etwas dünn und die meisten Nebenfiguren blass -, hat Derricksons Schaudermärchen das Zeug, zu einem weiteren Slasher-Franchise zu expandieren. Oscar-Nominee Ethan Hawke hat inzwischen sichtlich Spaß daran, aus seinem Nice-Guy-Image auszubrechen und Angst und Schrecken auf der Leinwand zu verbreiten. Dieses Sequel hat nun die Weichen für zukünftige Teile gestellt, inklusive zahlreicher Subgenre-Zitate. Das rasante Finale auf einem zugefrorenen See nimmt augenzwinkernd Bezug auf die einzig prägnante Szene aus dem kanadischen 80er-Slasher „Curtains“ und auch Chuck Russells beliebter dritter „Nightmare“ kommt dabei zum Zug. Scott Derrickson verleugnet seine Wurzeln nicht – doch ist er erfahren und kompetent genug, um aus „Black Phone“ letztlich auch sein eigenes Baby zu machen.
Für Blumhouse dürfte „Black Phone 2“ nach zahlreichen Misserfolgen der erste Schritt zurück in Richtung Horror-Olymp werden.








[…] Bastian G. von FilmfutterScott Derrickson verleugnet seine Wurzeln nicht – doch ist er erfahren und kompetent genug, um aus „Black Phone“ letztlich auch sein eigenes Baby zu machen. Für Blumhouse dürfte „Black Phone 2“ nach zahlreichen Misserfolgen der erste Schritt zurück in Richtung Horror-Olymp werden. 3.5 von 5 Sterne. […]