Him – Der Größte aller Zeiten (2025) Kritik

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Him, USA 2025 • 96 Min • Regie: Justin Tipping • Drehbuch: Skip Bronkie, Zack Akers, Justin Tipping • Mit: Marlon Wayans, Tyriq Withers, Julia Fox, Tim Heidecker, Jim Jefferies • Kamera: Kira Kelly • Musik: Bobby Krlic • FSK: ab 16 Jahren • Verleih: Universal Pictures • Kinostart: 27.11.2025 • Deutsche Website

American Football als Horror-Freakshow – wer könnte diesem ungewöhnlichen Konzept widerstehen? Nicht Jordan Peele, der Justin Tippings sportlichem Schocker „Him – Der Größte aller Zeiten“ als Produzent zur Geburt verholfen hat. US-Kritiker, die Peeles eigene Regie-Arbeiten „Get Out“, „Wir“ und „Nope“ für ihre smarten Ideen in den Himmel gelobt haben, spucken nun vermehrt Gift und Galle auf dessen neues Output unter dem Monkeypaw-Banner (u.a. auch Nia DaCostas „Candyman“ und Dev Patels „Monkey Man“). Soll sich der Genre-Überflieger so sehr in dem Drehbuch von Skip Bronkie, Zack Akers und Tipping getäuscht haben oder hat die Presse die Messlatte bei der Beurteilung schlicht viel zu hoch angelegt?

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„Him“ erzählt von dem aufstrebenden Quarterback Cam Cade (Tyriq Withers), der seit seiner Kindheit tief mit der brutalen Sportart verbunden ist. Nicht zuletzt, da sein fanatischer Vater ihn von Beginn an selbst auf eine solche Karriere vorbereitet hat. Cam soll einmal in die Fußstapfen seines großen Idols, der Legende Isaiah White (Marlon Wayans), treten und der „Greatest of All Time“ (kurz „GOAT“) werden. Bevor es dazu kommt, wird er von einer mysteriösen Gestalt hinterrücks niedergeschlagen und erleidet eine Schädelverletzung. Fast scheint der Traum von der großen Karriere ausgeträumt, bis Cam aus dem Nichts eine Einladung vom charismatischen Isaiah erhält, der ihn höchstselbst auf seinem abgelegenen Anwesen zum nächsten Star aufbauen will. Was im Vorfeld schon reichlich unwirklich angemutet hat, soll sich in den folgenden Tagen zu einem regelrechten Albtraum entwickeln – denn Isaiahs privates Football-Boot-Camp setzt auf mehr als bizarre Trainingsmethoden …

Gleich vorweg: Wer in „Him“ nur im Ansatz ein intelligentes Werk wie etwa „Get Out“ sucht, wird bitter enttäuscht werden. Es stellt sich recht schnell heraus, dass diese Story die Tiefe einer Pfütze hat und teils äußerst platte Symbolik bemüht. In sechs Kapiteln, die jeweils einen Tag in Cams Training erzählen und Titel wie „Spaß“ oder „Opfer“ tragen, versucht Newcomer Tipping („Kicks“) den Leidensweg eines Profisportlers bis ganz an die Spitze zu skizzieren und das Football-Geschäft als regelrechten Pakt mit dem Teufel zu präsentieren. „GOAT“ ist schließlich auch Englisch für „Ziege“ …

Isaiah hat auf seinem Höhepunkt eine schwere Knieverletzung erlitten und ist wie durch ein Wunder genesen. Nun ist er in die Jahre gekommen und sein Sportmediziner Marco (Jim Jefferies) infundiert Bestandteile von dessen Blut in das frische Talent Cam. Genre-Kenner ahnen, wohin diese Reise führt, und sie werden inhaltlich keine großen Überraschungen erleben. „Him“ ist so etwas wie die testosterongetränkte „Rosemaries Baby“-Variante für Sportsfreunde mit Marlon Wayans in der Ruth-Gordon-Rolle. Als Beilage gibt es eine dicke Portion Daddy Issues und eine Prise Fan-„Kult“.

Schade ist es schon, dass die Arbeit keinen originelleren Stoff für die sehr gut aufgelegten Hauptdarsteller parat hat. Wayans hat offensichtlich Spaß an seiner dämonischen Figur und lässt dem Irrsinn freien Lauf. Auch Tyriq Withers, der zuletzt im mauen „Ich weiß, was du letzten Sommer getan hast“-Requel positiv herausgeragt hat, überzeugt als zunehmend irritierter Quarterback – kein Wunder, hat er doch eine tatsächliche Karriere als College-Spieler hinter sich. In amüsanten Nebenrollen sind außerdem Julia Fox als Isiahs undurchsichtige Frau Elsie, Comedian Tim Heidecker als Cams Manager Tom und Jim Jefferies als der kauzige Arzt Marco zu sehen.

Wie bereits geschrieben, scheitert „Him“ kläglich dabei, einen – abgesehen vom Setting – inhaltlich wirklich spannenden neuen Beitrag für das Horror-Genre zu leisten. Als audiovisueller Trip kann der Film dagegen voll punkten und entpuppt sich als wohl bislang stylischter Kino-Schocker des Jahres. Mit grotesken Bildern, die einem delirösen Fiebertraum entsprungen sein könnten und zum Teil an „Marilyn Manson“-Musikvideos aus den 90ern erinnern, dürfte das Werk all jene Genre-Fans prächtig unterhalten, die gerne auch mal deftige B-Ware goutieren und auf eine tiefe Botschaft verzichten können. Ich gebe zu, dass diverse Momente bei mir schlicht eine WTF-Reaktion hervorgerufen haben – nicht jede bizarre Szene scheint hier einen Sinn zu haben.

Im Grunde ist „Him“ Grindhouse-Kost im Arthouse-Gewand: Hemmungslos durchgeknallt und mit einigen heftigen Gore-Einlagen, aber ebenso experimentierfreudig und außerordentlich schick von DP Kira Kelly eingefangen. Das Design von Isaiahs Domizil ist zusätzlich eine echte Augenweide und man kann sich absolut vorstellen, dass der Leibhaftige es sich dort gut gehen lassen würde. Ein ominöser Score von Bobby Krlic („Midsommar“) begleitet die rasanten Montagen, in denen u.a. in Röntgenbildern die Athleten-Körper brutal kollidieren. Wie auch Rob Zombies „The Lords of Salem“ oder Nicolas Winding Refns „The Neon Demon“ ist „Him“ eine Übung darin, Substanz über Stil zu vermitteln. Für viele bedeutet das „prätentiös“ oder schlicht „style over substance“. In Tippings Film ist die Substanz äußerst dünn ausgefallen, doch schwimmen darin dicke Style-Brocken. Solch eine Suppe schmeckt sicher nicht jedem, doch als feurigen Mitternachtssnack sollten Horrorfreunde das kurzweilige Werk mal antesten. Das etwas lächerlich-symbolische Finale sorgt für eine ordentliche Fleischeinlage.

„Him“ verschenkt einiges an Potential, ist aber sicher nicht die Vollkatastrophe, die jetzt viele aus ihm machen wollen. Mir hat er zumindest deutlich mehr Spaß als die überwiegend wohlwollend rezipierten Gurken „The Monkey“ und „Clown in a Cornfield“ gemacht. Die Regeln von American Football muss man übrigens nicht vor der Sichtung studiert haben.


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1 COMMENT

  1. The review captures the films stylish, grindhouse horror vibe but feels a bit overly critical. I appreciate the honest take, though Id have enjoyed more depth than whats offered. Still, its a good summary for potential viewers!

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Him, USA 2025 • 96 Min • Regie: Justin Tipping • Drehbuch: Skip Bronkie, Zack Akers, Justin Tipping • Mit: Marlon Wayans, Tyriq Withers, Julia Fox, Tim Heidecker, Jim Jefferies • Kamera: Kira Kelly • Musik: Bobby Krlic • FSK: ab 16 Jahren •...Him - Der Größte aller Zeiten (2025) Kritik