The Cabin in the Woods (2012)

0
The Cabin in the Woods Kritik

The Cabin in the Woods, USA 201295 MinMit: Chris Hemsworth, Kristen Connolly, Fran Kranz, Anna Hutchinson, Richard Jenkins, Bradley Whitford, Sigourney WeaverRegie: Drew GoddardFSK: Ab 16 JahrenKinostart: 06.09.2012Deutsche Website

Handlung

Für die fünf College-Freunde Dana (Kristen Connolly), Curt (Chris Hemsworth), Jules (Anna Hutchinson), Marty (Fran Kranz) und Holden (Jesse Williams) sollte es ein entspanntes Wochenende in einer gemütlichen Hütte fernab der Zivilisation werden. Es gibt kein Internet, keinen Handyempfang, dafür aber idyllische Natur weit und breit. Ein Paradies eben. Da können auch die kryptischen Warnungen eines Hillbilly-Tankwarts die Vorfreude nicht dämpfen. In der Hütte angekommen, scheint das Wochenende perfekt vorbereitet zu sein. Curt will ein Paar ruhige Stunden mit seine Freundin Jules verbringen, die Streberin Dana soll mit Curts nettem Kumpel Holden verkuppelt werden und Marty will sich einfach entspannt dem Cannabis Konsum widmen. Doch weit gefehlt. Spätestens nachdem die jungen Leute die alte Treppe in den dunklen Keller hinabsteigen und dort auf einige seltsamen Dinge stoßen, merken sie, dass es hier nicht mit den rechten Dingen zugeht. Doch der Alptraum, der auf sie zukommt, übersteigt ihre ganze Vorstellungskraft. Derweil sitzen in einem unterirdischen Labor zwei versteifte, bürokratische Wissenschaftler mittleren Alters (Bradley Whitford und Richard Jenkins), führen banale Konversationen über Gott und die Welt, drücken routiniert irgendwelche Knöpfe und lassen die verschiedenen Abteilungen des Labors seltsame Wetten abschließen. Wie passen sie in das Gesamtbild hinein?

Kritik

Zunächst ein paar Worte der Warnung. Wenn es dieses Jahr einen Film gibt, bei dem der Genuss des Films proportional zur Unwissenheit des Zuschauers hinsichtlich der Plotdetails ist, dann ist es The Cabin in the Woods. Je weniger man über den Film vorher gelesen oder davon gesehen hat, desto besser. Dieser Film lebt zwar nicht bloß von Überraschungsmomenten, doch selten stellt ein Genrefilm die Erwartungen der Zuschauer so komplett auf den Kopf wie dieser. Zwar werden auch in dieser Rezension (wie üblich) keine großen Spoiler vorzufinden sein, doch im Falle von The Cabin in the Woods ist es schier unmöglich über den Film zu diskutieren, ohne auch nur ein bisschen von der Handlung und der Erzählweise zu verraten. Wer also weiterlesen will, der tue dies aufs eigene Risiko.

The Cabin in the Woods Kritik 2Im Horrorgenre wurde bereits alles Erdenkliche ausprobiert. Es scheint heutzutage einfach nicht mehr möglich zu sein, ein komplett originelles Konzept in einem Horrorfilm abzuliefern. Auch Trendsetter wie Saw oder The Ring hatten mehr als genug Vorbilder und wählten bloß einen etwas eigenen Ansatz und wurden erfolgreich vermarktet. Sogar die Genreklassiker wie Halloween oder Freitag der 13. sind nicht völlig originell. Was den Machern also bleibt, um dem immer anspruchsvoller werdenden Publikum gerecht zu werden, ist die Erwartungen der Zuschauer auf den Kopf stellen, indem man altbekannte (und geliebte) Elemente präsentiert und diese dann bloßstellt. Auch das versuchen die Horrorfilme spätestens seit Scream immer öfter. Manchmal gelingt es, oft leider nicht. Doch alle paar Jahre kommt ein Horrorfilm, der die Genrefans daran erinnert, warum sie dem Horror so verfallen sind. Der erste Scream war so ein Film. Zwar funktioniert er de facto auch als ein direkter Slasher, spielt aber auch sehr gekonnt mit allen Klischees dieses Horror-Subgenres, ohne jemals in den Klamauk von Scary Movie zu verfallen. Denn bei all den Genrezitaten, Augenzwinkern und der Mediensatire, war Scream immer noch ein spannender, brutaler und überraschender Horrorfilm. Die Fortsetzungen begaben sich dann zu sehr auf die Meta-Ebene, doch die Mischung zwischen Satire, „Self-Awareness“ und reinem Horror im Original war perfekt. Vor sechs Jahren erschien dann der deutlich weniger bekannte, doch bei den Horrorfans nicht minder beliebte Behind the Mask: Rise of Leslie Vernon. Diese im Doku-Stil gedrehte Horrorsatire nahm das Slasher-Genre Element für Element auseinander.

Mit The Cabin in the Woods kommt jetzt ein weiteres Argument dafür, dass gut gemachtes Horrorkino noch quicklebendig ist. Lange hat der Film auf sich warten lassen. Abgedreht im Frühjahr 2009 wurde der Film nach der Insolvenz von MGM auf unbestimmte Zeit verschoben. Doch wie schon einst bei Trick R Treat (ein weiteres, leider oft übersehenes Genre-Glanzstück) hat sich das Warten mehr als gelohnt. The Cabin in the Woods nimmt das, was Scream bereits in Ansätzen vorgelegt hat und geht dann einen großen Schritt weiter. Hat sich Scream vor allem mit der Bloßstellung des Slasher-Genres beschäftigt, ist The Cabin in the Woods eine äußerst gelungene Dekonstruktion des gesamten Horrorgenres.

The Cabin in the Woods Kritik 1Wie jeder selbst-respektierende Meta-Horrorfilm strotzt auch The Cabin in the Woods natürlich nur so vor diversen Horrorfilm-Zitaten. Natürlich erinnert das Grundkonzept direkt an Sam Raimis Genreklassiker Tanz der Teufel (OT: The Evil Dead), zu welchem sich hier diverse Referenzen finden. Die meisten Anspielungen sind jedoch in einer irrsinnigen, etwa 15-minütigen Sequenz am Ende des Films vorzufinden, die bei jedem einzelnen Horrorfan das Wasser im Mund zusammenlaufen lassen wird. So mysteriös und teilweise schon fast zurückhaltend der Film in den ersten zwei Akten ist, so wird er im Finale zu einem reinen visuellen Exzess, der einen Schocker nach dem anderen bietet, aber auch nie die satirische Komponente dabei vergisst. Ohne mehr zu verraten, kann ich nur sagen, dass es kaum eine große Horrorreihe gibt, an die hier nicht in sehr kreativer wie auch direkter Art und Weise angespielt wird. Am besten (und amüsantesten) wird hier mit dem asiatischen Horror der Marke Ring/Grudge abgerechnet. Auch Fans von H.P. Lovecraft werden hier auf ihre Kosten kommen. Doch The Cabin in the Woods geht weit über eine reine Parade an Genre-Referenzen hinaus. Im Gegensatz zu vielen anderen Horrorstreifen, die sich bemühen, durch Querverweise clever zu wirken, stehen hier die Referenzen voll und ganz im Sinne des Filmthemas. Dieses beschäftigt sich einerseits mit dem klassischen Aufbau eines Horrorszenarios, sei es in einem Film oder einem Buch und andererseits aber auch mit dem universellen Reiz, den Horror darstellt. Es ist ein Film über wahr gewordene Ängste und deren Ursprünge. Aber auch hier hört der Ehrgeiz von den Co-Autoren Drew Goddard und Joss Whedon nicht auf. The Cabin in the Woods ist auch ein Film über sein eigenes Publikum – die Horrorfans. Noch vor der Entstehung des Films hat Whedon angekündigt, dass sich seine kritische Haltung gegenüber der steigenden Blutrunst der Horrorfans (sichtbar an der Popularität des „Torture-Pron“ Trends) in The Cabin in the Woods niederschlagen wird und das tut sie auch. Hier im Film sieht man genau, was er und Goddard an dem Genre lieben, sogar verehren und was ihnen gar nicht passt.

The Cabin in the Woods Kritik 3So wird mit den jungen Hauptcharakteren direkt die übliche eindimensionale Riege der Horrorfilm-Protagonisten präsentiert. Da haben wir Jules, das blonde Flittchen, Curt die dumpfe Sportkanone, Holden, den netten Kerl von Nebenan, Marty, den Kiffer, Verschwörungstheoretiker und Witzbold der Truppe und Dana, die „Jungfrau“, die das ideale „Final Girl“ eines Horrorfilms ist. Damit hätte man schon die tausend Mal gesehene Charakteraufstellung eines Horrorfilms. Dann kommen natürlich noch andere unverzichtbare wie abgedroschene Elemente hinzu. Es gibt nackte Haut, viel Blut, grausame Morde  mittels verschiedener Gartenutensilien und natürlich die üblichen dummen Handlungen seitens unserer Charaktere, die diese immer weiter ins Verderben führt. Hier wurde die universelle Horrorliste eines Horrorfilms erstellt und jeder Punkt wurde nach und nach abgehakt. Doch schnell präsentieren sich Dinge anders als erwartet. Dana ist nicht so klug, wie sie scheint und eine Jungfrau erst recht nicht. Marty ist viel mehr als bloß ein ständig bekiffter Sprücheklopfer (und dem Cannabis kommt hier noch eine ganz besondere Bedeutung hinzu). Goddard und Whedon haben sichtlich Spaß daran mit allen abgedroschenen Klischees zu spielen und diese erst auf den Kopf stellen, um dann doch manchmal eine Kehrtwendung zu machen. Nachdem die erste Hälfte des Films (was die fünf Protagonisten betrifft) auf sehr betretenen Pfaden verläuft, geht der Streifen in der zweiten Hälfte weit darüber hinaus.

The Cabin in the Woods Kritik 4Eine große Rolle spielt dabei natürlich auch die Nebenhandlung mit den Wissenschaftlern. Anfangs scheint diese als würde sie einem ganz anderen Film entstammen und der langweilige Rhythmus im Labor, die besprochenen Banalitäten und die routinierte technische Arbeit passen so gar nicht zu den Grausamkeiten, die unseren Protagonisten widerfahren. Doch die beiden Erzählstränge sind sich näher als man denkt. Bradley Whitford und Richard Jenkins als die sich kebbelnden Geeks sind die absolute schauspielerischen Höhepunkte des Films und deren Plot verdient mindestens genauso viel Aufmerksamkeit wie die scheinbare Hauptgeschichte. Doch auch die Jungstars enttäuschen nicht. Alle spielen mit viel Hingabe ihren Stereotypen entsprechend. Insbesondere Fran Kranz, der mit Whedon schon bei Dollhouse zusammengearbeitet hat, hinterlässt einen bleibenden Eindruck, als der ständig unterschätzte Marty. Sowohl die beiden Altstars als auch die jungen Akteure stehen beide für verschiedene Aspekte der Filmemacher und Zuschauer – die blinde Akzeptanz von Logiklöchern (macht es Sinn sich als Gruppe aufzuteilen, wenn es eine Bedrohung gibt?), in die man hineinmanipuliert wird, der Wunsch mehr Blut und Sex zu sehen und die vollständige Desensibilisierung bzgl. des Leids von Menschen.

The Cabin in the Woods Kritik 5Doch bei all der Symbolik, der Verneigung vor den Großen des Genres und der beißenden Satire, ist The Cabin in the Woods zugleich trotzdem ein sehr ordentlicher Horrorfilm an und für sich. Goddard, der seine Erfahrungen mit dem Rätselhaften bei Lost sammeln konnte und der auch den hervorragenden „Found Footage“ Horror Cloverfield aufs Papier brachte, kennt sein Handwerkszeug sehr gut und serviert bei aller Cleverness auch das, was die Genrefans üblich erwarten – also Spannung, Grusel, eine unheilvolle Atmosphäre und ständig einen Schuss trockenen Humors. Für mich, als langjährigen Horrorfan, bot der Film mehr oder weniger alles, was ich mir hätte wünschen können und noch viel mehr, an das ich nie gedacht hätte. Assistiert wird er von Joss Whedon, der dieses Jahr vor allem durch seine Regiearbeit an Marvel’s The Avengers von sich reden ließ. Dabei scheint The Cabin in the Woods für ihn ein viel persönlicheres Herzensprojekt zu sein. Ein besserer Film ist er allemal. Sicher, manchmal erscheinen die Macher hier einen Tick zu selbstverliebt und vielleicht auch zu herablassend, aber Recht haben sie meistens dennoch.

Und eine Gewohnheit der Horrorfilme wird hier ganz bewusst völlig vermieden – die Vorbereitung einer unausweichlichen Fortsetzung. Das ist eine Tür, die hier klar und deutlich geschlossen bleibt, vielleicht deutlicher als es in jedem Horrorfilm gemacht wurde, den ich jemals gesehen habe. Hier helfen kein „Aber“ oder „Vielleicht“, die Intentionen zu The Cabin in the Woods nicht mehr zurückzukehren sind ganz klar und das ist auch gut so. Alles andere wäre angesichts der Themen des Films Selbstbetrug. The Cabin in the Woods ist nicht nur der beste Horrorfilm des Jahres bislang, sondern einer der besten Filme des Jahres überhaupt. Genre-Vorurteile werden eine Oscarnominierung für das Drehbuch sicherlich verhindern. Schade, denn verdient hätte der Film eine.

Fazit

The Cabin in the Woods ist der Horrorfilm, auf den Horrorfans ihr Leben lang warten. Blutig, witzig, reflektierend, genial geschrieben und ebenso geschauspielert ist Goddard und Whedon ein moderner Horrorklassiker gelungen.

Trailer