Deutsche Filme haben hierzulande einen zweifelhaften Ruf. In den Augen der meisten Kinogänger:innen lässt sich der Großteil der heimischen Filmproduktion in vier Kategorien einteilen: Historienfilme über dunkle Kapitel der deutschen Geschichte, sperrige Alltagsdramen, anspruchslose Blödel-Komödien à la Matthias Schweighöfer und Til Schweiger sowie Kinderfilme. Genrefilme aus Deutschland gibt es höchstens mal im Stream bei Netflix. Der Anteil deutscher Filme an den jährlich verkauften Kinotickets liegt in der Regel zwischen 19% und 25% – und das auch nur, wenn man englischsprachige Co-Produktionen wie Die Tribute von Panem, John Wick: Kapitel 4 oder Uncharted mitzählt.
Einen ganz anderen Stellenwert haben lokale Filmproduktionen in unserem Nachbarland Frankreich. Dort gibt es keine Vorbehalte gegenüber heimischen Filmen – im Gegenteil: Oft werden sie Hollywood-Produktionen sogar vorgezogen. Das liegt vielleicht auch an der deutlich größeren Bandbreite an Filmgenres. Letztes Jahr erreichte der Marktanteil französischer Filme in Frankreich mit massiven 44% den höchsten Wert seit 15 Jahren – deutlich mehr als der Marktanteil der Hollywood-Filme (36,7%) im selben Jahr. Einen entscheidenden Anteil an diesem Erfolg hatten die Alexandre-Dumas-Verfilmung Der Graf von Monte Cristo und die Komödie Was ist schon normal?, die zusammen mehr als 20 Millionen Franzosen in die Kinos lockten.
Mit fast elf Millionen verkauften Tickets toppte Was ist schon normal? als erster französischer Film seit zehn Jahren die Jahrescharts in Frankreich. In dem Film spielen die französischen Komiker Artus ("Büro der Legenden"), der auch Regie führte, und Clovis Cornillac (Asterix bei den Olympischen Spielen) ein Vater-Sohn-Gaunerduo, das auf der Flucht vor der Polizei in einer Reisegruppe junger Menschen mit unterschiedlichen Behinderungen untertaucht. Dabei gibt sich der Vater als Betreuer aus, sein Sohn als einer der "eingeschränkten" Teilnehmer. Die Besonderheit: Die Reisegruppe wird von Laiendarsteller:innen mit tatsächlichen Behinderungen gespielt. Was ist schon normal? erfindet das Rad nicht neu, doch es ist nicht schwer zu verstehen, weshalb der Film so erfolgreich wurde. Er hat das Herz am rechten Fleck, geht respektvoll mit seinen Figuren um – und ist dabei stellenweise urkomisch.
Ein solcher Riesenerfolg rief natürlich Hollywood auf den Plan: Gerade mal ein Jahr nach der Veröffentlichung hat sich Sony kürzlich die Remake-Rechte gesichert. Dabei wurden nicht nur die Rechte an einer englischsprachigen Neuverfilmung für den US-Markt erworben, sondern auch für spanisch-, portugiesisch- und arabischsprachige Remakes. Praktischerweise hält Sony auch die Vertriebsrechte für das Original in Spanien, Lateinamerika, dem Nahen Osten und den USA – also genau in den Regionen, in denen die Sprachen gesprochen werden, in denen Sony die Remakes produzieren darf. Welche dieser Versionen letztlich tatsächlich umgesetzt werden, ist derzeit noch unklar. Die US-amerikanische Neuverfilmung des französischen Riesenhits Ziemlich beste Freunde – erschienen unter dem Titel Mein Bester & Ich – war in Nordamerika zwar ein Kassenhit, floppte jedoch nahezu überall sonst, wo das Original bereits sehr erfolgreich gewesen war. Da Was ist schon normal? außerhalb Frankreichs bislang jedoch nur mäßig lief, stehen die Erfolgsaussichten für potenzielle Neuverfilmungen deutlich besser.
Quelle: Deadline