Thor: Ragnarok, USA 2017 • 130 Min • Regie: Taika Waititi • Mit: Chris Hemsworth, Mark Ruffalo, Tom Hiddleston, Cate Blanchett, Tessa Thompson, Jeff Goldblum, Karl Urban, Idris Elba, Antony Hopkins • FSK: n.n.b. • Kinostart: 31.10.2017 • Website
Handlung
Nach einer langen Odyssee durchs Weltall kehrt Thor (Chris Hemsworth) nach Asgard zurück, doch seine Heimat hat sich in seiner Abwesenheit stark verändert. Sein Adoptivbruder Loki (Tom Hiddleston), getarnt als Odin (Anthony Hopkins), lässt sich als großen Helden feiern und Anarchie in Asgard regieren. Thor durchschaut die List sofort und schnappt sich Loki, um ihren Vater von der Erde, wo der Oberschwindler ihn zurückließ, zurückzubringen. Mit ein wenig magischer Hilfe von Doctor Strange (Benedict Cumberbatch) finden die beiden Odin. Doch die glückliche Wiedervereinigung von Vater und Sohn wird durch Odins Ankündigung getrübt, dass Hela (Cate Blanchett), die Göttin des Todes, auf dem Vormarsch ist, um Asgard und alle anderen Welten zu unterjochen. Die Dame lässt nicht lange auf sich warten und zeigt Thor im Kampf schnell, wo der Hammer hängt, indem sie seinen zerstört. Geschlagen wird Thor durch die Welten geschleudert und landet auf dem Müllplaneten Sakaar. Dort herrscht der extravagante Grandmaster (Jeff Goldblum)und veranstaltet zu seiner Belustigung brutale Gladiatorenkämpfe. Ohne Hammer und sein langes Haar muss auch Thor in die Arena, wo er auf Grandmasters ungeschlagenen Champion trifft – seinen Avengers-Kollegen Hulk (Mark Ruffalo). Um Asgard von Helas Diktatur zu befreien, wird Thor jedoch nicht nur Hulks Unterstützung benötigen, sondern auch die seines verlogenen Bruders und der desillusionierten asgardischen Kriegerin Valkyrie (Tessa Thompson).
Kritik
Immer wenn sich ein Film etwas Neues traut und damit großen Erfolg hat, lassen Nachahmer nicht lange auf sich warten. Als Christopher Nolan mit Batman Begins und The Dark Knight das Genre des Superheldenkinos erdete, wollten Blockbuster im Allgemeinen und Comicverfilmungen im Speziellen plötzlich düsterer und bodenständiger sein. Nachdem Disney mit seinem Marvel Cinematic Universe cineastisches Neuland betrat, wollte plötzlich jedes Studio ein eigenes, vernetztes Filmuniversum haben. Doch Disney ruhte sich nicht auf den Lorbeeren aus und verließ sich nicht auf eine starre Erfolgsformel, sondern experimentierte und perfektionierte sie weiter. Eine weitere Wende kam 2014 mit Guardians of the Galaxy. Viele prophezeiten im Vorfeld den ersten Marvel-Flop. Wer kennt schon die obskuren Titelcharaktere? Regisseur und Drehbuchautor James Gunn strafte Kritiker Lügen und machte einen schießwütigen Waschbären und einen einsilbigen, lebenden Baum zu zwei der beliebtesten Blockbuster-Helden der letzten Jahre. Mit seinem groovy Soundtrack, seiner Respektlosigkeit und seinen liebenswürdigen Figuren wurde Guardians of the Galaxy wegweisend für moderne Blockbuster. Bei keinem anderen Film war der Einfluss des Guardians-Erfolgs so offensichtlich wie bei Thor – Tag der Entscheidung. Die gute Nachricht ist: es funktioniert fabelhaft!



Die andere starke, aber deutlich feindlicher gesinnte Figur im Film ist Cate Blanchetts tödliche Hela. Der Charakter ist leider etwas zu dünn geschrieben, um unter die besten Marvel-Bösewichte aufzusteigen, doch man merkt Blanchett den Riesenspaß beim Spielen an, der Gothic-Look sitzt perfekt und Thor bekommt es erstmals mit einer Bedrohung zu tun, die glaubwürdig mächtiger ist als er.

Was den Spaß (nahezu) perfekt macht, ist eine tolle Ansammlung von Nebencharakteren, wie Jeff Goldblums wundervoll schräger, farbenfroher Grandmaster, Karl Urban als Scourge, ein prahlerischer Wichtigtuer mit schlummerndem Gewissen, und der von Waititi selbst verkörperte höfliche Alien Korg, der mit seinen unwissend trockenen Sprüchen jede seiner Szenen stiehlt. Allein er ist ein guter Grund, den Film in seiner englischen Originalfassung zu sehen! Sehr willkommen sind der kurze Auftritt von Benedict Cumberbatch als Doctor Strange, der mittlerweile noch souveräner in seiner Rolle als Oberster Magier agiert, als das letzte Mal, dass wir ihn gesehen haben, sowie das vielleicht genialste Star-Cameo im gesamten MCU. Wer sich vor allem auf den großen Kampf zwischen Hulk und Thor freut, wird auch nicht enttäuscht sein. Die Fans werden zwar vermutlich nie den erhofften Planet-Hulk-Film zu sehen bekommen, doch sein Auftritt hier in voller Gladiatoren-Montur und viel gesprächiger, als man ihn bislang je erlebt hat, lässt keine Wünsche offen.

Thor – Tag der Entscheidung kommt nicht ohne einige kleine Makel daher, von denen viele bereits zur DNA der Marvel-Filme gehören. So hätten die meisten neuen Figuren, insbesondere Valkyrie, Hela und Scourge, von etwas mehr Tiefe profitiert. Alle drei haben mehr Potenzial für innere Konflikte und komplexere Motivationen, doch der Film hält sich damit nicht lange auf. Das Finale ist ein wenig chaotisch, punktet jedoch damit, dass es dann doch etwas anders kommt als man vielleicht erwarten würde. Pingeligen Zuschauern wird die eine oder andere Inkonsistenz auffallen, doch nichts davon stört den Gesamteindruck, dass dies der bislang beste Thor-Film und neben Guardians of the Galaxy Vol. 2 die spaßigste Comicverfilmung dieses Jahr ist.

